Meine Damen und Herren, jetzt liegt eine Wortmeldung von Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE vor.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon spannend, dass man offensichtlich in einem Plenarsaal zwei Besprechungen führen kann; denn Frau Ernst scheint in der Debatte etwas ganz anderes wahrgenommen zu haben als ich.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie merken schon gar nicht mehr, dass Sie alles negativ sehen! - Gegenruf von Jo- hanne Modder [SPD]: Ein bisschen dünnhäutig!)
Die Grundschulen in Niedersachsen sind so vielfältig wie das Land. Das zeigt diese Große Anfrage eindrucksvoll. Das ist nicht nur den teils detaillierten Fragen der SPD zu verdanken, sondern auch und vor allem der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium, die die Anfrage beantwortet haben.
Diese Vielfalt wird sich fortsetzen. Schon jetzt müssen die Kommunen als Schulträger ganz unterschiedliche Herausforderungen bewältigen, weil die demografische Entwicklung in Niedersachsen so unterschiedlich verläuft und wir auf der einen Seite Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang und auf der anderen Seite Regionen mit starkem Bevölkerungsanstieg haben. Aufgabe des Landes muss es dabei sein, den Schulträgern den notwendigen Rahmen zu geben, um auf diese unterschiedlichen Entwicklungen zu reagieren.
Derzeit sind zwei Fünftel der Grundschulen nicht mehr mindestens zweizügig. Wir müssen alles dafür tun, um den Grundsatz „Kurze Wege für kurze Beine“ aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Funktionsfähigkeit der Grundschulen und die pädagogische Qualität ihrer Angebote sicherzustellen.
Kultusminister Althusmann hat versprochen, dass keine Grundschulen geschlossen werden. Sicher, er greift nicht in die Kompetenz der Schulträger ein. Aber auf die Schulträger wird, wie man vielerorts hört, erheblicher Druck ausgeübt - sei es von der Schulbehörde, vom Innen- oder vom Kultusministerium -, doch Schulen zu schließen. So wird der Schwarze Peter weitergeschoben. Ich frage mich, ob wirklich immer die Frage der pädagogischen Qualität der Grund dafür ist.
Zur Qualität gehört auch eine gute Schulleitung. Aus aktuellem Anlass möchte ich hier meine tiefe Empörung über das aussprechen, was in Rechterfeld passiert ist. Es ist ein absolutes Unding, wenn Einwohner des Dorfes gegen einen Menschen aufgrund seiner sexuellen Orientierung Stimmung machen.
Diese tief verwurzelten Vorurteile sind furchtbar. Ob der Bewerber homo- oder heterosexuell ist, darf bei der Entscheidung über die Leitung einer Grundschule keine Rolle spielen.
Ein Blick in die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, wie schwierig die Suche nach Schulleiterinnen und Schulleitern derzeit ist. Allerdings ist es angesichts des riesigen Arbeitsberges und der im Vergleich zu den Leitungspositionen an anderen Schulformen schlechten Bezahlung auch kein Wunder. Die Landesregierung will nicht nur dem Motto „Kurze Wege für kurze Beine“ folgen, sondern offensichtlich auch dem Motto „Kurze Bezahlung für kurze Beine“.
Dabei wird in der Grundschule das Fundament für die weitere Bildung der Kinder gelegt. Wir brauchen beste Pädagogen an den Grundschulen. Aber beste Pädagogen kriegt man nicht mit der schlechtesten Bezahlung.
Die Antwort auf die Große Anfrage führt 169 Grundschulen auf, die länger als ein halbes Jahr ohne Schulleitung dastanden. Das kommt nicht von ungefähr, sondern ist ein Beleg für die schlechte Ausstattung der Stellen durch das Land.
Ebenfalls interessant in Bezug auf die Leitungsstellen ist Folgendes: Wir haben derzeit 89 % Grundschullehrerinnen und 11 % Grundschullehrer. Bei den Leitungsstellen ist das Verhältnis entscheidend anders. Der männliche Anteil ist fast dreimal so hoch. Wir haben 31 % männliche und 69 % weibliche Grundschulleiter. Auch vor diesem Hintergrund sollten Sie, Herr Althusmann, Ihre Vorstellungen zur Grundschulleitung noch einmal überdenken.
Vor knapp zwei Monaten haben wir hier das Gesetz zur inklusiven Schule verabschiedet. Unsere Zweifel an der Umsetzung sind Ihnen bekannt. Wir haben in Niedersachsen derzeit knapp 21 000 Grundschullehrerinnen und -lehrer. Wie werden sie auf die Inklusion vorbereitet? - In der Antwort auf Frage 24 finden wir dazu: Es gibt superkurze Fortbildungen - 5,5 Tage - mit einem vollen Programm, das kaum vollständig und tiefgehend umgesetzt werden kann. Bislang wurden 1 378 Teilnehmer fortgebildet. Weitere 500 sollen folgen. Angesichts von 21 000 Lehrkräften und weiteren Pädagogischen Mitarbeiterinnen ist das lächerlich wenig.
So gut die regionalen Integrationskonzepte im Grundschulbereich auch funktionieren mögen: Auf dem Weg zur inklusiven Schule sind insbesondere für die dort tätigen Lehrkräfte mehr Qualifikationsmöglichkeiten zu schaffen. Da muss mehr investiert werden.
Zuletzt noch eine grundsätzliche Bemerkung zur Situation unserer Grundschulen. Dort wird eine hervorragende Arbeit geleistet und der Grundstein guter Bildung gelegt. Aber nach vier Jahren müssen Schullaufbahnempfehlungen gegeben und die Kinder auf unterschiedliche Schulen verteilt werden. Der Leistungsdruck, dem die zehnjährigen Kinder ausgesetzt werden, ist immens und kommt viel zu früh. Wie viel besser könnten unsere Grundschulen noch werden, wenn wir diese unsinnigen Schullaufbahnempfehlungen nicht mehr
(Starker Beifall bei der LINKEN - Karl- Heinz Klare [CDU]: Das war eine flammende positive Rede! - Weitere Zurufe)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kultusministeriums für die Erstellung der Antwort auf diese Große Anfrage danken. Ich glaube, es war eine sehr mühsame Arbeit. Die Zahlen zeigen aber, dass es sich durchaus gelohnt hat. Man erkennt wirklich viele positive Ansätze im Kern, die belegen, dass die Grundschulen in Niedersachsen in der Tat hervorragende Arbeit leisten. Deswegen gilt der Dank auch allen dort tätigen Lehrerinnen und Lehrern und natürlich auch den Schulleitungen.
Lassen Sie mich mit der Situation der Schulleitungen an niedersächsischen Grundschulen beginnen. In der Tat sind dort einige Posten unbesetzt. Das ist ein Problem. Auch ich würde mir wünschen, dass wir diese Positionen schneller besetzen können. Bei der Besetzung ist es für mich völlig unerheblich, ob es Männer oder Frauen sind und ob diese schwul oder lesbisch sind. Das darf in Niedersachsen keine Rolle spielen. Die Hauptsache ist, wir finden gute und qualifizierte Schulleiterinnen und Schulleiter.
Die Frage, wie wir diese finden, lässt sich nicht allein über die Besoldung lösen. Geld ist immer nur eine kurzfristige Motivationsspritze. Die meisten Schulleitungen bleiben aber über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte an einem Standort in der Verantwortung. Deswegen ist der Weg, der jetzt mit der neuen Arbeitszeitverordnung gegangen wird, richtig. Dadurch werden Möglichkeiten zur Entlastung für das Hin- und Herschieben bei Schulverbünden geschaffen. Zu sagen, die Schulleitungen würden hier alleine gelassen, ist nicht richtig. Insbesondere die von der Opposition merkwürdigerweise immer wieder kritisierten Stel
lenschaffungen bei der Landesschulbehörde werden dafür sorgen, dass wir die Schulleitungen vor Ort entlasten und die Landesschulbehörde als Serviceeinrichtung insbesondere für die kleinen Grundschulen stärken, damit sich die Schulleiter wirklich auf das pädagogische Geschäft konzentrieren können. Auch die Altersstruktur im Lehrkörper der niedersächsischen Grundschulen spielt eine gewisse Rolle. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es uns wie in der Vergangenheit gelingt, alle Stellen wiederzubesetzen. Für die CDU und die FDP kann ich garantieren: Bei uns werden alle Ressourcen im System bleiben. Wir werden diese Stellen wiederbesetzen.
Im Bereich der Inklusion gehe ich davon aus, dass die Grundschulen ganz gut vorbereitet sind. 52,4 % arbeiten bereits im Regionalen Integrationskonzept. Für sie ist es keine große Herausforderung mehr, Inklusion ab dem 1. August 2012 bzw. ab dem 1. August 2013 zu leben. Man darf auch nicht vergessen, dass wir bereits 2011 mit einem großen Fortbildungsprogramm gestartet sind und seitdem kontinuierlich Lehrkräfte im Grundschulbereich fortbilden, damit die Inklusion gelingt. Ich glaube, die Grundschulen sind ganz besonders gut aufgestellt.
Wir als CDU/FDP-Koalition haben in den letzten Jahren ein sehr großes Augenmerk auf die Frage gelegt, wie wir den Übergang vom Kindergarten auf die Grundschule stärken können. Das hat zum einen mit der Sprachförderung zu tun. Auch hier muss eine Brücke zwischen der Sprachförderung in Kindertagesstätten und der Sprachförderung in Grundschulen geschaffen werden. Das hat zum anderen etwas damit zu tun, dass wir sehr stark in das Projekt „Brückenjahr“ investiert haben. Es sind ganz hervorragende Kooperationen entstanden. Allen Unkenrufen zum Trotz leben diese Kooperationen weiter. Wir werden mit dem Modellversuch zur Zusammenarbeit von Grundschulen und Kindertagesstätten den nächsten Schritt machen, um vertieft arbeiten zu können.
Lassen Sie mich auf die Situation der kleinen Grundschulen eingehen. Für die FDP galt schon in den 70ern die Devise „Kurze Wege für kurze Beine“. Ich kann Ihnen versichern, diese Devise gilt in der FDP auch heute noch. Auch in den 70erJahren dieses Jahrhunderts wird „Kurze Wege für kurze Beine“ noch unsere Devise sein. Deswegen
werden wir von Hannover aus nicht Grundschulstandorte schließen. Wir stellen auch nicht die Qualitätsfrage, Frau Kollegin Weddige-Degenhard, wie Sie es in Ihrem Redebeitrag gemacht haben. Ich glaube, es kommt im Wesentlichen auf den Unterricht, auf die Beziehung zwischen der Lehrkraft und den Schülerinnen und Schülern an und nicht darauf, ob im Lehrerzimmer noch 6, 10 oder 20 andere Kollegen in der Pause getroffen werden können. Deswegen darf man diese Qualitätsfrage nicht stellen.
dann liegt es auch in Ihrer Verantwortung, sich diese Statistik ganz genau anzusehen. Sie werden feststellen, dass u. a. die Grundschule Halchter aus der Stadt Wolfenbüttel kleiner als einzügig geführt wird. Dann will ich Sie in Ihrem Wahlkreis, in dem Sie als Ratsfrau in der Selbstverwaltung des Schulträgers verantwortlich sind - - -
Dann will ich sehen, dass Sie dieser Grundschule sagen, dass sie schlecht arbeitet und dass Sie diese Grundschule schließen wollen. Wenn Sie diesen Mut aber nicht aufbringen, dann waren alle Ihre Redebeiträge hier Schall und Rauch.
Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt Herr Kollege Klare von der CDU-Fraktion. Er hat noch drei Minuten Redezeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, Sie haben das negative Vokabular schon so verinnerlicht, dass Sie gar nicht mehr merken, wie Sie ständig schlechtreden, und dass Sie schon gar nicht mehr glauben, dass Sie dies tun.
Ich will Ihnen nur ein paar Beispiele dafür nennen, was sich in der Grundschule in den letzten Jahren entwickelt hat. Ich muss ehrlich sagen: Ich habe den Eindruck, dass die gesamte positive Entwick