Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion zielt auf eine Annahme des Antrags in einer anderweitig geänderten Fassung ab.
Die antragstellenden Fraktionen haben sich in Person von Herrn Bernd-Carsten Hiebing zu Wort gemeldet. Er hat das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male befasst sich der Niedersächsische Landtag heute mit der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Ich betone dies, weil man in jüngster Vergangenheit aus manchen Äußerungen, auch der Oppositionsfraktionen, den Eindruck gewinnen konnte, das Thema sei quasi noch brandneu und bedürfe somit ausführlicher Beratung im Fachausschuss und im Plenum.
Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sehen das nicht so. Tatsache ist nämlich, dass die Reformbemühungen des Bundes, in dessen Zuständigkeit sich die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung befindet, mitnichten ganz neu sind. Sie sind vielmehr seit einigen Jahren im Gange. Ich glaube, das Ganze hat unter Verkehrsminister Tiefensee begonnen und wird heute unter Verkehrsminister Ramsauer fortgesetzt.
Gerade aufgrund der möglichen Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur in Niedersachsen ist es richtig und wichtig, dass der Landtag hierzu Position bezieht und seine Hinweise und Anmerkungen zu der vom Bund getragenen und zu verantwortenden Reform abgibt. Das war und ist Ziel und Intention des gemeinsam von der CDU- und der FDP-Fraktion eingebrachten Entschließungsantrags.
Wir sind ausdrücklich der Meinung, dass dieses Signal heute durch die abschließende Beratung und Beschlussfassung ausgesendet werden kann, zumal in jüngster Vergangenheit vonseiten der Opposition, soweit ich es festgestellt habe, keine neuen Argumente und Erkenntnisse in die Debatte eingebracht wurden.
Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass die Beratungen in dieser Sache heute nicht zum ersten Mal geführt werden, zeigt eines sehr deutlich, nämlich dass unsere Wasserstraßen und Häfen - und zwar ausdrücklich sowohl die Seehäfen und Seewasserstraßen als auch die Binnenhäfen und Binnenwasserstraßen - für Niedersachsen von sehr großer Bedeutung sind.
Wer meint, durch eine eher willkürliche, auf jeden Fall aber unvollständige Aufzählung einiger Binnenhäfen oder durch die Hinzufügung Oldenburgs zur Liste der Seehäfen in einem ansonsten weitgehend von uns abgeschriebenen Antrag einen fachlichen Beitrag generieren zu können, der hat vielleicht die tatsächliche Bedeutung des Themas noch nicht erkannt. Wenn man, liebe Kolleginnen und Kollegen, beide Anträge nebeneinanderlegt, stellt man fest: Vieles ist von unserem Antrag wortwörtlich abgeschrieben.
- Das ist nicht verboten, Herr Kollege Krogmann, aber nachdem ich Ihre erste Rede dazu im Plenum gehört hatte, hatte ich den Eindruck, dass Sie sich seinerzeit mit unserem Antrag gar nicht befasst hatten. Vielleicht haben Sie ihn erst später gelesen und festgestellt, wie gut er doch ist, und haben nun das meiste davon übernommen.
Herr Kollege Krogmann, Sie hatten in der letzten Plenardebatte Oldenburg als südlichste Seehafenstadt Deutschlands verortet. Meines Wissens ist das immer noch Papenburg. Schauen Sie einmal auf eine Landkarte. Dann werden Sie selber zu dieser Erkenntnis kommen.
- Das kann in der Hektik des Geschäfts einmal passieren; aber man sollte eben auch immer genau hinschauen.
Meine Damen und Herren, der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ war in der Vergangenheit eigentlich immer für eine besonders konstruktive und auf Konsens bedachte Arbeitsweise bekannt. Leider haben die Oppositionsfraktionen diesen, wie ich finde, guten Weg weitestgehend verlassen. Wenn Sie mit dem Änderungsantrag den Versuch unternehmen wollen, von dieser Tatsache abzulenken, Herr Kollege Krogmann, Herr Kollege Lies, so gelingt das nicht.
In der Ausschussberatung wurde gleich mehrfach und vehement behauptet, der Antrag von CDU und FDP bekenne sich nicht zum Erhalt beider Wasser-
und Schifffahrtsdirektionen. Dazu kann ich nur sagen: Bitte lesen Sie erst genau nach, und kommentieren Sie dann. Hätten Sie das getan, dann wären Sie nämlich zu der Erkenntnis gekommen - das habe ich auch im Ausschuss deutlich betont -: Die Bedeutung beider Wasser- und Schifffahrtsdirektionen wird durch unseren Antrag hervorgehoben, und damit einher geht auch die Forderung nach dem Erhalt beider Standorte.
Der Kollege Hagenah hat in der letzten Plenardebatte wissen lassen, dass es nach seiner Ansicht eine Forderung nach sozialverträglichen Lösungen nur bei massivem Personalabbau geben sollte. Wir sehen das ausdrücklich anders und fordern daher die Sozialverträglichkeit einer jeden Maßnahme. Ich glaube, das ist auch richtig so, meine Damen und Herren.
Der Arbeitskreis „Häfen und Schifffahrt“ der CDU- und der FDP-Fraktion hat viele Besuche im Land gemacht. Wir sind bei beiden Wasser- und Schifffahrtsdirektionen gewesen. Wir haben mit Personalvertretern gesprochen. Wir waren bei vielen Ämtern. Auch die Ämter gehören ja zu dieser Struktur. Wir sind bei den westlichsten, in Emden und Meppen, und auch bei den Ämtern in Ostniedersachsen, in Helmstedt und anderswo, unterwegs und sprechen mit den Betroffenen. Ich denke, das ist auch der richtige Weg, um am Ende aus unserer Sicht das Beste für Niedersachsen daraus zu machen.
Wir haben uns in unserem Antrag auch dazu bekannt, dass die Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für uns Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sind. Den bisherigen Bemühungen und Argumenten vor allem aus Niedersachsen und sicherlich auch der anderen Küstenländer ist es zu einem Großteil zu verdanken, dass die vorgesehene Kategorisierung der Wasserstraßen rein nach Güterverkehrstonnen, also in Tonnenkilometer, neu überdacht worden ist. Ich denke, unser stetiges Bohren und Arbeiten hat schon Erfolge gezeitigt.
Ich sage daher noch einmal mit aller Deutlichkeit: Wir sollten uns gemeinsam und mit Vehemenz dafür einsetzen, dass bei der Reform der Häfen- und Schifffahrtsverwaltung niedersächsische Interessen gewahrt werden. Daran hängen viele Ar
beitsplätze, in der Schifffahrt, in den Häfen, in hafennahen Wirtschaftszweigen sowie in der gesamten maritimen Verbundwirtschaft und in den Verkehrs- und Logistikbranchen.
Meine Damen und Herren, ich will es heute noch einmal deutlich wiederholen: Bei der in den kommenden Jahren zu erwartenden Zunahme des Transportaufkommens ist es wichtig, den ökologisch besonders wertvollen Verkehrsträger Wasserstraße deutlich zu stärken. Ich glaube auch, dass dieser über die einzigen nennenswerten Kapazitätsreserven verfügt.
Unsere Position ist bekannt. Wir haben sie in dem vorliegenden Antrag noch einmal deutlich gemacht. Die gestellten Forderungen sind absolut richtig.
Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich die Parlamentarischen Geschäftsführer bitten, zu überlegen, ob wir vor der Mittagspause noch einen Punkt zusätzlich erledigen können, weil wir unserem Zeitplan ungefähr 15 Minuten voraus sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Bernd-Carsten Hiebing, ob Papenburg oder Oldenburg der südlichste Seehafen ist, messen wir noch einmal nach. Dazu bin ich gerne bereit. Wir könnten auch noch mit Schleuse und ohne Schleuse messen. Aber wenn ich mich vertan haben sollte, würde ich dies natürlich mit dem Ausdruck des größten Bedauerns zurücknehmen. Ich denke, über diesen Streit werden sich unsere Freunde von den großen Seehäfen Niedersachsens sowieso nur amüsieren. - Aber das nur am Rande.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen benötigt leistungsfähige Wasserwege. Wir brauchen sichere Zufahrten für unsere Seehäfen, wir brauchen funktionierende Binnenwasserstraßen, Schleusen,
Brücken für unsere Industriebetriebe an den Kanal- und Flusshäfen. Wir wollen sichere Rahmenbedingungen für unseren Wassersport, für unseren Wassertourismus.
Genau aus diesen Gründen - ich denke, da sind wir einer Meinung - brauchen wir auch für Niedersachsen eine funktionierende Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Was wir nicht brauchen, ist eine Verlagerung der Investitionsmittel in den Westen und in den Süden des Landes. Was wir in diesem wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge auch nicht brauchen, ist die Devise „privat vor Staat“, und was wir als SPD vor allem nicht wollen, sind Beschäftigte, die sich um ihren Arbeitsplatz und um ihre Standorte sorgen müssen. Deshalb haben wir als SPD-Fraktion schon im letzten Jahr einen Antrag eingebracht. Damals waren Sie noch dagegen, dass wir in die Reform der WSV die Sorgen der Beschäftigten mit aufnehmen. Jetzt kommen Sie mit einem eigenen Antrag. Dazu können wir nur sagen: Besser spät als nie. Wir diskutieren natürlich gerne noch einmal.
Meine Damen und Herren, wir fühlen uns für die Beschäftigten verantwortlich. Sie haben in den letzten Jahren bereits erhebliche Reformschritte bewältigen müssen. Sie fürchten jetzt wieder um ihre Standorte. Sie haben einen Anspruch auf unsere Solidarität.
Es geht aber nicht nur um die Beschäftigten. Es geht auch um die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Niedersachsen. Herr Hiebing, Sie haben es völlig zu Recht beschrieben: Wir erwarten in den nächsten Jahren eine deutliche Zunahme der Transportmengen. Das sind alles Gütermengen, die von den Häfen ins Hinterland transportiert werden müssen, und das wird ohne einen Ausbau des Verkehrsträgers Wasserstraße nicht möglich sein. Deshalb geht es bei der Diskussion, die wir hier führen, nicht nur um Korrekturen oder um sinnvolle Ergänzungen oder um Anmerkungen; vielmehr müssen wir klarmachen: CDU und FDP in Berlin sind in dieser Sache völlig auf dem Holzweg; sie laufen in die völlig falsche Richtung.
Wenn man einen solchen Antrag hier einbringt, dann muss man das, finde ich, auch so klar formulieren. Sonst ist er das Papier nicht wert, auf dem er steht.
Ihr Antrag bleibt leider klar hinter dieser Anforderung zurück. Aber wir wollen uns ja hier in Hannover nicht streiten. Das bringt in dieser Sache nichts. Wir wollen in Berlin - vielleicht gemeinsam - etwas auf den Weg bringen. Deshalb haben wir mit unserem Änderungsantrag - ein Änderungsantrag ist immer ein Änderungs-Antrag; deshalb ist er in Teilen auch immer der Antrag der Antragstellenden; Herr Hiebing, das ist so - angeboten: Wir könnten den Antrag mittragen, wenn es zu einigen wichtigen Änderungen käme.
Erstens. Wir möchten, dass ein klares Bekenntnis zu unseren Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nordwest in Aurich und Mitte in Hannover und ein klares Bekenntnis zu den nachgelagerten Wasser- und Schifffahrtsämtern enthalten ist. Wir wollen nicht, dass uns in Niedersachsen die Arbeitsplätze verloren gehen. Wir wollen, dass das Know-how und die Entscheidungskompetenz über unsere Wasserstraßen hier in unserer Region bleibt, und wir wollen nicht, dass über unsere Wasserwege in Münster oder in Kiel oder wo auch immer entschieden wird. Das können wir hier in Niedersachsen gemeinsam besprechen.
Zweitens. Die Frage der Reform der Verwaltung wird eng mit der Frage verbunden, wie künftig Investitionen gesteuert werden. Deshalb finden wir, dass wir auch hier Klarheit schaffen sollten. Wir sollten auch klar sagen, dass wir der Kategorisierung in diesem Modell eine Absage erteilen, weil für Niedersachsen einfach kein Segen darauf liegt. Dabei sehen wir nicht gut aus. Damit werden unsere Zukunftschancen riskiert. Wenn es aber zu der Kategorisierung kommt, dann sollte Niedersachsen natürlich in die höchste Priorität aufgenommen werden. Das ist ganz klar, und das könnte man auch noch einmal klar sagen.
Jetzt komme ich aber zu dem dritten Punkt, der ganz entscheidend für uns ist. Wir wollen, dass der Landtag ein klares Signal an die Beschäftigten sendet. Sie haben völlig zu Recht gesagt, Herr Hiebing, dass diese Diskussion schon länger läuft. Aber obwohl seit Jahren über die Zukunft der WSV gesprochen wird, sind die Personalvertretungen bislang überhaupt noch nicht eingebunden. Das ist aus unserer Sicht ein Unding. So geht man mit Beschäftigten nicht um. Das kann man nicht machen.