Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Forderung nach einem Nachteilsausgleich auch für Gehörlose ist nicht neu. Sie wurde auch im Zusammenhang mit dem Blindengeld immer wieder diskutiert. Ein solcher Nachteilsausgleich existiert ja auch in einigen Bundesländern.
Es ist doch klar - das wissen Sie alle -: Die wichtigste Forderung, die behinderte Menschen haben, ist Teilhabe. - Es wurde eben darauf hingewiesen: Nach dem Behindertengleichstellungsgesetz besteht wohl ein Anspruch auf Gebärdendolmetscher und Kommunikationshilfen bei der Ausführung von Sozialleistungen oder im Verwaltungsverkehr. Aber die Umsetzung der tatsächlichen Inklusion erfordert mehr. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, wie Sie sich hier einer Prüfung dieses Sachverhalts entziehen können.
Ich möchte betonen, dass bei dieser Prüfung auch eine Einschätzung darüber abgegeben werden sollte, ob eine solche länderspezifische Regelung nicht die Erreichung des aus unserer Sicht vordringlichen Ziels, nämlich die Einführung eines bundeseinheitlichen Teilhabegeldes auf Bundesebene, erschweren würde. Ein solches Teilhabegeld würde nämlich die Probleme lösen.
In dem Eckpunktepapier der Sozialminister - da müssten Sie ja auch ganz bei uns sein - ist im Jahre 2010 genau dieser bundeseinheitliche Nachteilsausgleich - wir nennen ihn „Bundesteilhabegeld“ - als Ziel formuliert worden. Das wäre durchaus finanzierbar. Das hat der Landesbehindertenbeauftragte, Herr Karl Finke, bereits im Jahre 2010 beim Auftakt der Landessozialministerkon
ferenz vorgerechnet. Nach seinen Angaben schätzen Experten die Kosten bundesweit auf 600 Millionen Euro bis maximal 1 Milliarde Euro. Selbst bei einer sehr großzügigen Ausgestaltung wäre diese Summe also geringer als die 1,2 Milliarden Euro, die die jetzige Bundesregierung durch die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für die Hoteliers dem Landes- oder Bundeshaushalt weggenommen haben.
Das heißt, wenn man dies zurücknehmen würde, hätten wir das Geld, um alle Behinderten mit einem Teilhabegeld auszustatten.
Wir finden, das ist prüfenswert. Ich finde es wirklich sehr schade, dass Sie das alles ablehnen und nicht einmal einer Prüfung zustimmen.
Herr Böhlke, Sie haben sich hier sieben Minuten Zeit genommen. Im Ausschuss haben wir kaum ein Argument gehört.
Als ich dem Kollegen Riese eben zugehört habe, habe ich gedacht: Wenn ein Zyniker hier im Raum säße, dann müsste er bei all diesen wunderbaren Vorteilen für Hörbehinderte, die Sie hier aufgezählt haben, denken, man müsste sich geradezu wünschen, man wäre hörbehindert. Ich fand das wirklich unsäglich.
- Ein Zyniker würde das so sagen. Sie haben alles durcheinander gemischt, was es an Hilfen gibt, sich aber nicht an dem orientiert, was hier eigentlich gewollt wird.
Ich fürchte, das wird der UN-Konvention nicht gerecht. Ich fürchte übrigens auch, dass das, was von dieser Landesregierung als Entwurf eines Landesaktionsplans vorgelegt wird, für die behinderten Menschen das Papier nicht wert sein wird, auf dem es geschrieben ist.
Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche auf Kurzinterventionen. Zunächst Herr Riese, dann Herr Böhlke.
Verehrte Frau Helmhold, wer sich beim Gehörlosenverband danach erkundigt, welche Nachteilsausgleiche es in der Gegenwart für Gehörlose gibt, der kommt ungefähr zu dem Katalog, den ich gerade vorgetragen habe. Dass Sie mir an dieser Stelle vorwerfen, ich sei zynisch, wenn ich hier eine solche Rechtsauskunft erteile, finde ich wiederum außerordentlich zynisch von Ihnen. Ich verwahre mich dagegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Helmhold hat kritisiert, dass nicht ausreichend Gelegenheit bestand, über den Antrag im Ausschuss zu diskutieren. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass, kurz nachdem der Antrag vom Antragsteller begründet worden ist, sowohl die Fraktion der SPD als auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen deutlich gemacht haben, dass sie diesen Ursprungsantrag nicht mittragen können. Daraufhin war der Kollege Humke bereit, diesen Prüfauftrag entsprechend auf den Weg zu bringen.
Wir haben unsere Position gleich mit klaren und unmissverständlichen Worten deutlich gemacht und haben darauf hingewiesen, dass ein Prüfen immer auch eine Konsequenz nach sich zieht und dass dann immerhin bestimmte Aspekte, die ich in meiner Rede aufgeführt habe, zu beachten sind. Das haben wir getan. Die jeweilige Position ist also unmissverständlich deutlich gemacht worden.
Frau Kollegin, wenn der Bund bereit ist, entsprechende Initiativen mit auf den Weg zu bringen, dann sind wir bereit, das zu unterstützen. Wir werden das aber auf Bundesebene nicht zu prüfen haben, sondern dafür sind andere zuständig.
Die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung ist die weitergehende Empfehlung. Wir stimmen daher zunächst über diese ab. Nur dann, wenn sie abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4174 ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, der Beschlussempfehlung wurde gefolgt. Damit ist zugleich der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4501 (neu) nach § 39 Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung abgelehnt.
Meine Damen und Herren, es ist jetzt 14.05 Uhr. Die Fraktionen haben darum gebeten, anderthalb Stunden Mittagspause zu machen. Wir treffen uns also um 15.35 Uhr wieder. Ich weise darauf hin, dass es - wie zwischen den Fraktionen vereinbart worden ist - mit dem Tagesordnungspunkt 19 weitergeht.
Abschließende Beratung: Bürgerrechte wieder einführen - parlamentarische Kontrolle verbessern - Verfassungsschutzgesetz reformieren - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3744 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 16/4527
Ich eröffne die Beratung. Zunächst hat sich der Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verfassungsschutz ist ins Gerede gekommen. Die Aufdeckung der NSU-Terrorzelle wirft zu Recht auch die Frage nach den Konsequenzen für die Arbeit und die Kontrolle des Verfassungsschutzes auf. Der Antrag, über den wir heute abstimmen werden, hat damit allerdings nur am Rande zu tun. Der Kollege Ralf Briese hat diesen Antrag nämlich bereits im Sommer 2011 zur ersten Beratung in den Landtag eingebracht, also weit vor der aktuellen Debatte.
Wir haben darüber nachgedacht, ihn jetzt noch nachzubessern und in Teilen vielleicht noch schärfer zu fassen. Aber die von uns vorgeschlagenen Einschränkungen im Verfassungsschutzgesetz und die Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes sind aus unserer Sicht schnell notwendig. Die aktuelle Debatte mag dazu führen, dass später noch einmal nachgelegt werden muss. Aber zumindest diese Vorschläge können auch jetzt beraten werden.
„um eine neue Austarierung von Sicherheit und Freiheit. Die Freiheit hat im Lande Niedersachsen in den letzten Jahren sehr gelitten.“
Was fordern wir im Einzelnen? - Der sogenannte Große Lauschangriff soll für den niedersächsischen Nachrichtendienst gestrichen werden. Wohlgemerkt, wir wollen dem Verfassungsschutz die Möglichkeit zum Abhören nicht in Gänze nehmen, sondern es geht um das Verbot des Abhörens von privaten Wohnräumen.