- Bleischrot? - Ja, natürlich! Herr Ehlen, Bleischrot gehört verboten! Auch Sie wissen doch um die Umweltprobleme. Auch Sie wissen um die verendeten Tiere. Auch Sie wissen, dass Blei in die Nah
rungsketten kommt. Sie kennen all die Probleme, die sich daraus ergeben. Vor diesem Hintergrund sind die anderen Bundesländer schon sehr viel weiter als Sie hier. Blei muss verboten werden. Moderne Waffen brauchen es nicht. Schrot werden Sie aber zukünftig einsetzen müssen.
- Man merkt an den Zwischenrufen, dass zu dem Thema eine unglaubliche Anzahl von sachkundigen Kolleginnen und Kollegen anwesend ist. - Bitte, Herr Kollege!
Sie haben eine wirklich schwierige Aufgabe übernommen. Sie hätten lieber zu Weihnachtsgänsen reden sollen, zu Martinsgänsen,
vielleicht zu gerupften Gänsen oder zu Gänsebraten. Aber ausgerechnet zur Gänsejagd - das war ein Griff daneben.
In der Anhörung ist von verschiedenen Experten dargestellt worden, dass - ich zitiere beispielhaft den Arbeitskreis Feuchtwiesenschutz Westniedersachsen - der Ursprungsantrag in verschiedener Hinsicht am Thema vorbeigeht und sich im Übrigen auf unzutreffende Behauptungen stützt. - Ihr nachgereichter Änderungsvorschlag sieht entsprechend gerupft aus. Sie haben die schlimmsten Fehler herausgestrichen. Das macht allerdings noch keinen guten Antrag.
In keiner Weise haben Sie sich mit der Vielzahl der in Niedersachsen vorkommenden Gänsearten beschäftigt. Hätte die Fraktion DIE LINKE dies getan, müsste im Zusammenhang mit Ihrem Antrag nicht nur über Graugänse und Kanadagänse, sondern
auch über Nilgänse, Blässgänse, Saatgänse, Nonnengänse, Ringelgänse, Kurzschnabelgänse, Zwerggänse und auch über die Rothalsgänse gesprochen werden.
Wir in der CDU-Fraktion akzeptieren, dass es Menschen gibt, die ein Problem mit der Bejagung von Gänsen haben. Aus unserer Sicht ist die Jagd aber eine der nachhaltigsten Methoden, um gesundes Fleisch als Nahrungsmittel zu gewinnen.
Für mich ist es unverständlich, warum die Antragstellerin davon spricht, dass Freizeitjäger nicht in der Lage seien, nachhaltig zu jagen. Der Kernpunkt der Kritik gegen die Gänsejagd bezieht sich auf die Jagd auf nordische Arten. Von Naturschutzverbänden wie dem NABU wird immer wieder kritisiert, dass in Niedersachsen die Jagdzeit für Bläss-, Saat- und Ringelgänse eingeführt worden ist. Auch Frau Schröder-Ehlers hat das aufgegriffen. Diese Behauptung ist eben falsch; denn die Ringelgans unterliegt zwar dem Jagdrecht. Für sie ist aber in Niedersachsen weder in der ferneren noch in der jüngeren Vergangenheit eine Jagdzeit festgelegt worden. Vielmehr ist die Ringelgans immer ganzjährig geschont worden.
Die Bestandsschätzungen von internationalen Vogelschützern ergeben für die Blässgänse in den letzten fünf Jahrzehnten einen enormen Anstieg und eine Stabilisierung der Bestände auf sehr hohem Niveau. Ca. 120 000 bis 140 000 Tiere überwintern in Deutschland- und jetzt hören Sie gut zu! -, wovon weniger als 1 % geschossen wurde. Von ca. 30 000 in Niedersachsen überwinternden Saatgänsen wurden 0,6 % erlegt. Das ist ein sehr geringer Eingriff, der - das muss ich hier sagen - die Nachhaltigkeit der Jagd unterstreicht.
Sie haben in Ihrem Antrag die Nilgans vergessen. Bei der Nilgans handelt es sich um ein Neozoon. Aufgrund internationaler Verpflichtungen besteht in diesem Fall eine besondere Aufgabe zur Regulierung und Kurzhaltung der Bestände. Deshalb müsste in dem Antrag die Nilgans zumindest mit aufgeführt werden. Das haben Sie aber unterlassen.
Die Fraktion DIE LINKE beschwört die Gefahr herauf, dass auch Gänse bedrohter Arten erlegt würden. In der Tat ist die Zwerggans vom Aussterben bedroht. Die Teilpopulation, die in Westeuropa überwintert, umfasst größenordnungsmäßig etwa 100 Tiere. Ähnlich sieht es bei anderen bedrohten Arten aus. Setzen Sie doch einmal diese wenigen
Tiere in Relation zu den 400 000 bis 900 000 Gänsen, die in Europa überwintern! Dann ist es doch absolut böswillig zu behaupten, dass es sich bei jedem zehnten Abschuss um einen Fehlabschuss handelt,
und somit bei einer Strecke von 10 000 Gänsen insgesamt 1 000 Fehlabschüsse zustande kommen. So viele sind doch überhaupt nicht da!
Der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums hat uns aufgezeigt, dass in Niedersachsen mit den hier zu verzeichnenden Abschusszahlen dokumentiert werden kann, dass eine nachhaltige Jagd auch auf nordische ziehende Gänse durchgeführt wird. Wer sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzt, muss einräumen, dass sich die Zahl der Nonnengänse als besonders zu schützende Anhang-I-Art in den vergangenen Jahren von etwa 200 000 Tieren auf etwa 770 000 Tiere mehr als verdreifacht hat und dass es in einigen Regionen Niedersachsens, insbesondere im Raum Cuxhaven-Kehdingen, eine derartige Konzentration von Nonnengänsen gibt, dass es den Landwirten vor Ort nur noch schwer zuzumuten ist, die entsprechenden Fraßschäden hinzunehmen. Das ist doch die Wahrheit!
Verstehen Sie mich richtig: Niemand verlangt die Jagd auf Nonnengänse. Aber Sie, Frau König, stellen sich hin und wollen Gänsefraßschäden auf landwirtschaftlichen Flächen entschädigen. In den gerade abgeschlossenen Haushaltsberatungen haben Sie aber keinen entsprechenden Antrag gestellt. Das passt doch nicht!
Bei der von Ihnen aufgeworfenen Munitionsfrage geht es ebenfalls munter durcheinander. Das hat auch Frau Schröder-Ehlers nicht verstanden. Bedenken Sie bitte, dass in Niedersachsen heute schon an Gewässern nicht mit Bleischrot gejagt werden darf. Im Übrigen muss auch bei Kugelmunition bedacht werden, dass bei den einzelnen Munitionsarten ein völlig unterschiedliches Abprallverhalten zu verzeichnen ist, was z. B. bei Gesellschaftsjagden zu einer Gefährdung von Menschen führen kann.
Von wegen ballern, totschießen und Fehlabschüsse. Ich sage Ihnen einmal, was geübte Praxis ist. Schon der Jungjäger lernt: Der erste Schlag soll dich zum Jäger weih’n, der zweite Schlag dir Waidgerechtigkeit verleih’n, der dritte Schlag sei ein Gebot: Was du nicht kennst, das schieß nicht tot. - Ihr Antrag wird abgelehnt.
Als Nächste hat sich Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Frau Janssen-Kucz, Sie haben das Wort. Bitte sehr!
Vor der letzten Landtagswahl 2008 haben CDU und FDP beschlossen, die Jagd auf durchziehende und überwinternde Gänse zu eröffnen. Wenn es darum geht, Wählerstimmen bei Jägern und bei manchen Landwirten zu sammeln, ist Ihnen offenbar jedes Mittel recht. Das ziehen Sie seitdem durch.
Seit 2008 dürfen u. a. die bei uns durchziehenden und überwinternden Gänse wie Bläss- und Saatgänse geschossen werden. Das Ministerium hat mitgeteilt, dass jährlich im Durchschnitt 1 200 Blässgänse und 200 Saatgänse geschossen werden. Aber nicht mitgeteilt wurde die Zahl der unbekannten Gänse,
wie die Zwerggans, die Ringelgans, die nicht geschossen werden dürfen, die aber vor Ort geschossen werden.
Meine Damen und Herren, der Kollege DammannTamke hat ganz deutlich gesagt: Liebe Jäger, schauen Sie den Gänsen in die Augen, sonst können Sie sie nicht erkennen.
- Dann ist das Herr Ehlen gewesen. Aber lieber Herr Ehlen, das mit dem In-die-Augen-Schauen funktioniert nicht, und bei Nebel, bei dem einige unterwegs sind, funktioniert das noch weniger.
(Lachen bei der CDU - Frank Oesterhelweg [CDU]: Sie stochern hier im Nebel, Frau Kollegin! - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)
Ein Wort noch zu dem Antrag der Linken. Was die Forderung nach der Einstellung der Bejagung von Zugvögeln angeht, stimmen wir dem Antrag zu. Auch bei dem Verbot von Bleischrotmunition und bei der Frage der Entschädigung ist der Antrag, denke ich, auf dem richtigen Weg. Aber hinsichtlich der Entschädigung - das muss man sagen - ist auch die Landesregierung auf dem richtigen Weg. Das kann ich für das Rheiderland nur so sagen. Aber der Ansatz im Antrag der Linken zur Bejagung von Grau- und Kanadagänsen geht uns nicht weit genug. In Naturschutzgebieten und EU-Vogelschutzgebieten muss doch die Jagd vollständig ausgeschlossen sein.