Protocol of the Session on February 23, 2012

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Behrens. - Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Prüssner zu diesem Tagesordnungspunkt.

Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Kleinkunst - im Gegensatz zur hohen Kunst ist sie sozusagen die Kunst der kleinen Form, ist sie ein niedrigschwelliges Angebot für eine breite Schicht von Kulturinteressierten und ein ganz wichtiger Bestandteil der darstellenden Kultur insgesamt. Wir alle - ich denke, das haben wir gehört - sind vom vielfältigen Nutzen der Kultur überzeugt. Deshalb hat es sich die Landesregierung auch zum Ziel gesetzt, die Kultur breit zu fördern und ihr in all ihren Facetten möglichst gute Rahmenbedingungen zu verschaffen. Wir wollen den Menschen in Niedersachsen möglichst flächendeckend ein vielfältiges Angebot in allen Sparten der Kunst bieten.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben uns in den letzten Haushaltsberatungen intensiv mit dem Thema Soziokultur auseinandergesetzt, die in weiten Teilen aus kleinkünstlerischen Aktivitäten besteht.

Meine Damen und Herren, wer schon einmal eine Kleinkunstvorstellung besucht hat, weiß, dass der besondere Reiz der Kleinkunst sicherlich einerseits in den unterschiedlichsten Facetten des Bühnenprogramms besteht. Andererseits lebt die Kleinkunst aber auch von den unterschiedlichsten, oft sehr ungewöhnlichen Spielorten. Denken Sie z. B. an das Straßentheater bei Festivals.

So ist die Kleinkunst in Niedersachsen - übrigens seit 30 Jahren auch in meiner Heimatstadt - zu einem festen Bestandteil des Kulturlebens geworden und aus den Kulturkalendern nicht mehr wegzudenken.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Sehr schön!)

Die vielen Sparten der Kleinkunst haben sich inzwischen über das klassische Figurenspiel hinaus etabliert. So hat die Kleinkunst nicht nur, wie es im

SPD-Antrag steht, an Bedeutung gewonnen, sondern die Kleinkunst ist bereits bedeutend.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Wichtig für Niedersachsen!)

Die Kleinkunst ist gerade im Bereich Comedy aus vielen Programmen des Fernsehens gar nicht mehr wegzudenken. Hier betreibt die Politik nicht nur Kulturförderung mit dem Portmonee, nein, wir wissen, dass alle, die in der Politik tätig sind, der Kleinkunst - zugegeben: meist eher unfreiwillig - immer wieder Inspirationen liefern.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Be- sonders Herr Schminke!)

Diese Inspirationen ufern zum Teil auch aus, so im Mai 2011 - Sie haben das sicherlich gehört - bei der Vergabe des Kleinkunstpreises an den Kabarettisten Georg Schramm geschehen, der - wie ich gehört habe - von der Partei der Linken als Bundespräsident vorstellbar wäre.

(Daniela Behrens [SPD]: Ist das schon bestätigt? - Gegenruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Der hat schon abgelehnt!)

- Er hat schon abgelehnt.

Der Antrag der SPD-Fraktion, über den wir heute abstimmen, fordert nun die Auslobung eines niedersächsischen Staatspreises für Kleinkunst. Wir haben uns im Ausschuss in der Tat sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Dabei ist von allen Fraktionen die Bedeutung der Kleinkunst hervorgehoben worden.

An Anerkennung, Frau Behrens, mangelt es also nicht. Aber nach einer Unterrichtung durch das MWK wurde deutlich, dass ein niedersächsischer Staatspreis überflüssig ist, und das nicht nur wegen der notwendigen zusätzlichen Mittel, die in anderen Bereichen sicherlich besser für die Kultur auszugeben wären, sondern auch, weil es schon sehr viele Preise gibt, die sowohl vom Land als auch im Land vergeben werden. Zur Stärkung und Anerkennung der Kleinkunst ist die Vergabe eines Preises sicherlich nicht immer das richtige Mittel. Unsere Aufgabe sollte eher die allgemeine Förderung dieser Kunstsparte sein.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das ei- ne tun, und das andere nicht lassen! - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Wir tun es auch!)

Bei der Vielfalt der Kleinkunst ist das sicherlich noch ein großes Feld. Wir lehnen diesen Antrag ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP )

Danke schön, Frau Kollegin Prüssner. - Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Dr. Heinen-Kljajić. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Losgelöst von der konkreten Situation in Niedersachsen, mag der Antrag der SPD-Fraktion zweifellos sympathisch sein; denn Kunstpreise stellen grundsätzlich eine öffentlichkeitswirksame Würdigung künstlerischer Arbeiten dar und können kulturpolitische Innovationen befördern. Aber ob ein vom Land finanzierter Kleinkunstpreis in Niedersachsen das Mittel der Wahl ist, die Kleinkunst aufzuwerten, bezweifeln wir.

Es gibt zweifellos eine Vielzahl von qualitativ sehr anspruchsvollen Kleinkunstaufführungen in Niedersachsen. Aber wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dass das häufig überregional eingekaufte Künstler von außerhalb Niedersachsens sind. Das ist für Veranstalter auch schlicht eine Frage der Kalkulation; denn große Namen lassen sich nun einmal besser verkaufen als noch relativ unbekannte Nachwuchskünstler aus der Region.

Zur Kenntnis nehmen muss man auch: Von den vielen mit einer Vielzahl deutscher Kleinkunstpreise preisgekrönten Kleinkünstlern kommen, relativ gesehen, nur wenige aus Niedersachsen. Selbst bei den niedersächsischen Kleinkunstpreisen haben niedersächsische Künstler - das ist aber völlig normal und korrekt - oft das Nachsehen, wenn man beispielsweise an den Wilhelmshavener Knurrhahn oder den vom Theater am Küchengarten vergebenen Gaul von Niedersachsen denkt. Und ein Preis, bei dem nur Künstler aus Niedersachsen prämiert würden - ich glaube, da sind wir uns einig -, würde keine Strahlkraft entwickeln.

Wie dem auch sei, man tut niemandem Unrecht, wenn man feststellt, dass die Kleinkunst in Niedersachsen etwa im Vergleich zum Rheinland, zu Berlin oder Hamburg - bei aller Wertschätzung für die vielen Kleinode in der niedersächsischen Szene - ein eher zartes Pflänzchen ist. Diese Einschätzung muss bedacht sein, wenn man einen

Landespreis auflegen will. Denn erstens würde es schwer werden, für diesen Preis eine überregionale Aufmerksamkeit zu erreichen. Das schafft man nur, wenn man ein ordentliches Preisgeld im mindestens fünfstelligen Bereich auslobt und die Auswahl der prämierten Künstler nicht auf Niedersachsen beschränkt. Da hilft auch eine schöne Gala nichts.

Zweitens erscheint es unter den gegebenen Umständen wesentlich sinnvoller, gemeinsam mit den Fachverbänden wie dem Landesverband freier Theater oder der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur ein Programm zur Konzeptionsförderung für einzelne Künstler und Künstlergruppen aufzulegen. Da man das Geld nur einmal ausgeben kann, verspricht aus unserer Sicht dieser Weg mehr. Deshalb lehnen wir den SPD-Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU)

Danke schön, Frau Dr. Heinen-Kljajić. - Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Frau von BelowNeufeldt. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kleinkunst - da fällt mir gleich das Kleine Fest im Großen Garten hier in Herrenhausen ein, das in diesem Jahr schon zum 27. Mal stattfindet: auf 30 Bühnen an 18 Tagen. Kleinkunst fand auch am Rande des Braunschweiger Bürgerbrunches in 2011 statt: wunderbare Fabelwesen auf Stelzen, Jongleure, buntes, heiteres Treiben - schön, allgemein bewundert und mit viel Freude vom Publikum wahrgenommen. Aber braucht es einen Staatspreis? - Wir meinen, nein. Kleinkunstmetropolen sind außerhalb von Niedersachsen zu finden: Berlin, Hamburg, München, Köln.

Kleinkunst - eine Begriffsdefinition gibt es nicht wirklich. Sie ist laut Wikipedia „ein Genre der darstellenden Künste“. Ursprünglich verband man damit, dass nicht mehr als drei Akteure gleichzeitig auftreten. Kennzeichnend für die Kleinkunst sind heute aber wohl die Publikumsnähe, der geringe bühnentechnische Aufwand und der wechselnde, flexible Spielort.

Kleinkunstpreise gibt es übrigens bereits. Der prominenteste ist der Deutsche Kleinkunstpreis, der seit 1972 verliehen wird. Aus der niedersächsischen Kleinkunstszene ist kaum jemand dabei.

Damit bleibt die bundesweite Aufmerksamkeit für niedersächsische Kleinkunst aus.

Eine Bestandsaufnahme des MWK zeigte, dass es bereits mehrere Kleinkunstpreise gibt. Es gibt eigene Preise an den jeweiligen Veranstaltungsorten, und das Land vergibt selbst zwei Preise: den Nicolas-Born-Preis und den Praetorius-Musikpreis. Außerdem gibt es einen Preis des Norddeutschen Rundfunks und mehrere weitere Preise.

Niedersachsen sagt also seit vielen Jahren Ja zur Kleinkunst. Spielstätten werden mit Landesmitteln gefördert, und zwar aus dem Haushaltsansatz für Soziokultur.

(Zustimmung bei der CDU)

Dabei werden Literaturbüros institutionell gefördert. Sie bestreiten aus ihren Etats ganz tolle Programme. Manche haben schon Tradition, z. B. der Poetry Slam im Lüneburg.

2009 sind 317 Kleinkunstaufführungen, Kabarett- und Comedyveranstaltungen in soziokulturellen Einrichtungen und Zentren durchgeführt worden. Sie wurden projektbezogen vom Land gefördert. Und übrigens richten die Veranstalter auch Anträge an Drittmittelgeber, z. B. an die Wirtschaft oder andere Träger.

Was bewirken Preise eigentlich grundsätzlich? - Die Frage muss man sich doch stellen. Sie sollen anregen und Dinge pushen, Aufmerksamkeit erzeugen und Publikum locken. Beim Kleinen Fest im Großen Garten waren im letzten Jahr 157 000 Besucher. Braucht es da einen Preis?

Kleinkunst - Ihr Antrag verweist auf die Vielfalt künstlerischer Darbietungen, beschreibt eine ganz tolle Entwicklung, dass sich viele Künstler in Niedersachsen etabliert hätten und dass bereits eine positive Entwicklung in einer herausragenden Kunstsparte unterstützt wird. Kleinkunst sei also Sprungbrett für eine künstlerische Karriere, so sagt es Ihre Begründung.

Kleinkunst hat viele Bühnen und findet an vielen Orten statt. Sie findet bereits Anerkennung. Seien wir doch damit zufrieden, und lehnen wir diesen Antrag ab!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Frau von Below-Neufeldt. - Für die Fraktion DIE LINKE hat nun Herr Perli das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Niedersächsische Landtag hat die Chance verpasst, sich ernsthaft mit der Situation der sogenannten Kleinkunst und der Nachwuchskünstler in Niedersachsen zu befassen.

(Christian Grascha [FDP]: Dann ist es ja gut, dass wir Sie haben!)

Der Vorschlag der Linken, zu diesem Thema eine Ausschussanhörung durchzuführen, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Das ist sehr bedauerlich und wird diesen Kultursparten nicht gerecht, die sich vielerorts großer Begeisterung erfreuen, aber viel zu selten die Aufmerksamkeit der Kulturpolitik und der Feuilletons erfahren.

Wir haben in Niedersachsen zahlreiche Kleinkunstbühnen, die Spielstätten für freie Theatergruppen, Singer-Songwriter, Kabarettisten, PoetrySlammer, Jugend- und Soziokultur und viele andere Kunstformen sind. Viele Veranstaltungsorte sorgen sich um den Erhalt und die Zukunftssicherung ihrer Einrichtungen. Wir erinnern uns an den schwarz-gelben Sozial- und Kulturkahlschlag in Braunschweig. Wir wissen um die Sorgen im SPDgrünen Hannover, um die bedrohliche Situation in Hildesheim. Diese Beispiele gelten für alle Teile des Landes. Da hilft ein neuer Preis herzlich wenig, meine Damen und Herren.