Protocol of the Session on February 23, 2012

Eine Umkehr in der Bahnpolitik der Landesregierung ist nach Einschätzung der Linksfraktion dringend geboten. Es ist ebenfalls nicht hinnehmbar, dass der JadeWeserPort in Wilhelmshaven als das bedeutendste niedersächsische Hafenprojekt kurz vor seiner Fertigstellung steht, aber keine effektive Bahnanbindung vorhanden ist.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus der neuen, im Januar 2012 bekannt gemachten Positionierung der Deutsche Bahn AG hinsichtlich der Y-Trasse?

2. Mit welcher Rechtfertigung hält sie an eigenen 5 Millionen Euro Haushaltmitteln für die Vorberei

tung der Y-Trasse fest, statt diese Mittel sofort für die von der Deutschen Bahn angeregten Alternativen bzw. weitere Alternativen umzuwidmen?

3. Welche konkreten, kontrollfähigen Maßnahmen plant die Landesregierung, den Transitgüterkraftverkehr signifikant von der Straße auf alternative Verkehrsträger, insbesondere die Schiene, zu verlagern?

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Bode.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es besteht Einigkeit darin, dass wir für den Personenverkehr und für den Güterverkehr auf der Schiene weitere Kapazitäten brauchen. Die Nahverkehrszüge zwischen Hannover und Bremen sowie zwischen Hannover und Hamburg sind mehr als gut ausgelastet. Es gibt eine gute, aber keine wirklich schnelle Anbindung der Bremer und Hamburger an das Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Bahn. Schnell wird es für die Hanseaten erst ab Hannover. Jeder Fahrgast, der auf diesen Routen unterwegs ist - sei es im ICE oder im Nahverkehrszug -, weiß, wie ausgelastet diese Strecken heute bereits sind, und kennt die Ansage auf dem Bahnhof: Verspätung infolge hoher Streckenauslastung.

Die Güterverkehre nehmen kontinuierlich zu und haben, was die Häfen betrifft, bereits wieder das Niveau der Zeit vor der Krise erreicht. Ohne baldige neue Eisenbahninfrastruktur werden wir nicht nur unter Verspätungen bei den Personenzügen leiden, sondern dieser Engpass wird sich durch Verlagerung auch auf die bereits heute gut ausgelasteten Straßen auswirken. Es wäre ein Glücksfall, wenn in einer solchen Situation eine Lösung des Problems raumordnerisch, planerisch und finanziell bereits so weit fortgeschritten wäre, dass eine Realisierung absolut absehbar wäre. Dieser Glücksfall liegt leider aber nicht vor.

Wir haben bereits ein Raumordnungsverfahren für den größten Teil des Projektes in der Schublade. Für den kleineren Teil, eine ergänzende neue Strecke in Richtung Lehrte, ist noch ein weiteres Verfahren erforderlich. Die Y-Strecke ist berechtigterweise im aktuellen Investitionsrahmenplan des Bundes als Vorhaben aufgeführt. Sie wird dort als

ein Projekt benannt, das sich überwiegend in einem frühen Planungsstadium befindet und somit noch nicht bis 2015 in den Bau geht, dessen Planung aber weiter vorangetrieben bzw. abgeschlossen werden soll.

Auch dieser Fakt ist nicht selbstverständlich; denn Minister Ramsauer legt im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger sehr viel Wert darauf, dass nur finanzierbare Vorhaben aufgelistet werden. Es ist also ein ganz außergewöhnlicher Sonderfall in Deutschland, dass der Bund bereits in der Planungsphase 19 Millionen Euro an die Deutsche Bahn zahlt, obwohl er erst bei Baubeginn in der Schuld steht. Ebenso hat das Land Niedersachsen eine Vereinbarung über ein Darlehen in Höhe von 10 Millionen Euro für weitere Planungsschritte der Deutschen Bahn abgeschlossen. Somit haben die Planer der Deutschen Bahn beste Voraussetzungen für eine solide Planung.

Zu dieser soliden Planung gehört derzeit auch die Bewertung von Alternativlösungen. Genau dieser Planungsschritt findet heute statt. Der Bund hat die Deutsche Bahn beauftragt, im Rahmen der Planung für die Y-Trasse die Möglichkeiten von Alternativen für die gleiche enorme Kapazität wie die der Y-Strecke zu prüfen. Als Land begrüßen wir die Bewertung möglicher Alternativen, weil so sichergestellt wird, dass wirklich die beste Lösung umgesetzt wird. Wir begleiten diese Planungen konstruktiv. Es ist nicht konstruktiv, auf der einen Seite die Y-Strecke schlechtzureden, und auf der anderen Seite jede alternative Variante, sobald sie skizziert ist, vor Ort zu bekämpfen. Wir brauchen strategisch mehr Infrastruktur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kritiker des Y toben sich derweil mit angeblichen Alternativen aus. Einige Vorschläge hierzu sind vielleicht schneller umsetzbar, werden aber eben kaum Trassen ergeben. Oder es werden als Alternative radikale Ausbaumaßnahmen für heute eingleisige engkurvige Strecken vorgeschlagen, was für die geforderte Kapazitätsleistung einem Neubau gleichkommt. Damit verbunden sind ebenfalls neubaumäßige Kosten und Zeitvorläufe. Die vom Bund beauftragte Untersuchung der Alternativen bezieht sich auf die großen Bestandsstrecken und auf neue Kapazitäten speziell für den Güterverkehr. Ich bin gespannt, wie die Machbarkeit für zusätzliche Gleise durch historische Städte bewertet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht alles Y, was Schiene ist. Es gibt weiteren

Bedarf, Nachfrage und Kapazitäten in Einklang zu bringen. So sind z. B. die Bereiche Hamburg und Bremen heute und absehbar Engpässe für den Personenverkehr und den Güterverkehr. Während so mancher Kritiker sich darauf ausruht, dass die Y-Strecke nicht alle Engpässe im Land beseitigt und daher abzulehnen sei, schauen wir mit unseren Nachbarländern, mit dem Bund und der Bahn sowie anderen nach Lösungen und setzen die Realisierung in Gang.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.

Zu Frage 1: Herr Dr. Grube hat - jetzt muss ich ein Fragezeichen machen, wir dachten, es sei der 31. Januar dieses Jahres gewesen, Sie hatten eben vom 30. gesprochen; wir meinen dieselbe Veranstaltung, das müssen wir vielleicht noch nachträglich klären - jedenfalls Ende Januar am Rande eines Neujahrsempfangs mit den Gegnern der Y-Strecke gesprochen. Hierbei hat er den zeitlichen Ablauf der Planungen dargestellt. Zu den Planungen gehört die derzeitige Untersuchung, inwieweit Alternativen geeignet sind, die erforderlichen Kapazitäten, welche die Y-Strecke bringen wird, zu erreichen. Solange diese Alternativprüfungen laufen, sind die konkreten Planungsarbeiten für die eigentliche Y-Trasse natürlich zurückgestellt.

Der letzte Halbsatz gelangte dann ins Radio. Diese Unterrichtung war also keine Positionierung oder Neupositionierung der DB, wie Sie es nennen, sondern ein Bericht zum aktuellen Planungsstatus. Es ist nur vernünftig, dass die Deutsche Bahn nicht Planfeststellungsverfahren für die Y-Strecke durchführt und gleichzeitig Alternativen für dasselbe Planungsverfahren untersucht. Wenn beides gleichzeitig stattfinden würde, würde ein positives Ergebnis einer Alternativlösung das Verwerfen der bisher durchgeführten anderen Maßnahmen - und damit Verschwendung im Hinblick auf die dann unnötigen Planfeststellungsverfahren - bedeuten. Wenn bei der Untersuchung herauskäme, dass nur die Y-Strecke eine geeignete, machbare und bezahlbare Lösung ist, dann wären Sie die Ersten, die die Glaubwürdigkeit dieser Untersuchung anzweifeln würden, weil es vorher die Alternativuntersuchungen und -prüfungen nicht gegeben hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Dr. Grube hat in Walsrode mitgeteilt, dass die Y-Strecke weiterverfolgt und konkret geplant wird, wenn die Alternativuntersuchungen abgeschlossen sind und ein entsprechendes Ergebnis vorliegt.

Zu Frage 2: Auch diese Frage verrät sehr deutlich, dass bei den Fragenden keinerlei Kenntnis über die Vorgänge vorhanden sind. Die Deutsche Bahn hat nie, wie Sie es formulieren, angeregt, Alternativen zu untersuchen. Vielmehr ist die Bahn vom Bund aufgefordert worden, im Rahmen der Y-Planung auch die im Raum stehenden Alternativen näher zu untersuchen. Diese Betrachtungen gehören zu dem Teil der Planungen, die vom Land vertragsgemäß nicht vorfinanziert werden. Hierfür stehen die Mittel des Bundes, der diese Untersuchungen verlangt, zur Verfügung.

Die Planungsmittel des Landes sind für die anschließende Planungsphase vereinbart. Nach Abschluss der aktuellen Untersuchungen werden Bund und Deutsche Bahn Entscheidungen zum weiteren Vorgehen treffen. Es gibt keinen Anlass, jetzt leichtfertig eine Umwidmung der Steuermittel für eine bereits vom Bund finanzierte Planung mit ungewissem Ausgang zu avisieren. Die Vereinbarung, die das Land mit der DB so getroffen hat, würde bei einem Abbruch der Planungen hinfällig, da alles, was die Deutsche Bahn derzeit macht, im Rahmen der Y-Planung stattfindet. Von daher ist diese Frage nicht schlüssig.

Zu Frage 3: Erst fragen Sie, warum wir die Planung von Schieneninfrastruktur unterstützen, und zum Schluss kommt die Frage, was wir für eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene tun. Die Planungen für die Y-Strecke laufen bei der Deutschen Bahn. Wir begleiten die Planungen und unterstützen Bund und Deutsche Bahn bei der Kommunikation. Bei der Kommunikation stellt sich immer wieder heraus, dass der größte Widerstand gegen Schienenprojekte von denen kommt, die angeblich auf die Schiene verlagern wollen. Hier haben wir noch viel zu tun, damit mehr Verkehr auf der Schiene möglich wird. Das gilt übrigens nicht nur für die Y-Strecke.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Hagenah stellt die erste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der Ausführungen von Minister Bode, dass die Landesregierung die Alternativenuntersuchungen konstruktiv unterstützt, wie denn diese Unterstützung bei einem möglichen Ausgang dieser Untersuchungen für die Alternativen und gegen

die Umsetzung der Y-Trasse aussehen wird. Wird man dann die bisher für die Y-Planfeststellung bereit gehaltenen Mittel im Haushalt auch auf die Alternativenplanungen umwidmen? Oder ist für Sie, die Landesregierung, unter diesen Umständen die gesamte Vereinbarung hinfällig, wenn die Bahn das Y also nicht mehr weiter verfolgt?

Herr Minister Bode.

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Hagenah, selbstverständlich begleiten wir die Planungsschritte zur Y-Strecke in allen Bereichen konstruktiv mit - gerade auch was die Kommunikation angeht -, um auch dort, wo es noch Zweifel gibt, eine möglichst hohe Bereitschaft und Zustimmung für die Infrastruktur zu bekommen.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Wenn am Ende der Untersuchungen der Alternativen herauskommt, dass wir die gleiche Kapazität auf eine andere Weise schneller und günstiger bekommen, dann wüsste ich niemanden, der sich nicht darüber freuen würde, dass das Gleiche schneller und günstiger geht. Allerdings weiß die Landesregierung auch, dass die Haushaltshoheit beim Parlament liegt. Und das Parlament hat uns das Geld für die Y-Trasse zur Verfügung gestellt. Deshalb setzen wir es für die Y-Trasse ein - es sei denn, das Parlament entscheidet etwas anderes.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage wird ebenfalls von Herrn Hagenah gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass schon jetzt erhebliche Planänderungen für die Y-Trasse - geringere Höchstgeschwindigkeit, deutlich höherer Güterverkehrsanteil - vonseiten des Bundes bekannt gegeben worden sind. Wenn dies von Anfang an Planungsgrundlage gewesen wäre, hätte man mit ganz anderen Streckenführungen planen können. Man hätte für diese Geschwindigkeiten nicht derartige Bögen machen müssen.

Unter diesen Voraussetzungen frage ich die Landesregierung: Ist das derzeit laufende Planungsverfahren unter diesen veränderten Rahmenbedingungen denn überhaupt noch rechtlich gültig und weiter durchführbar? Oder müsste nicht ohnehin angesichts dieser veränderten Rahmenbedingungen mit mehr Güterverkehr ein neues Planungsverfahren aufgelegt werden?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hagenah, es ist immer ein Problem, zu fragen: Wenn vor zehn Jahren etwas anderes gesagt worden wäre, wie hätte sich was dann wie wo entwickelt? - Das kann die Landesregierung so nicht einschätzen. Zur Frage, ob das Planverfahren rechtlich zulässig ist: Ja.

(Jens Nacke [CDU]: Politik macht man nicht im Konjunktiv!)

Die nächste Frage wird von der Kollegin Twesten von Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Bode, wie ich gehört habe, machen Sie sich bereits Gedanken über Alternativstrecken. Mich würde interessieren, welche konkreten kurzfristigen Ausbaubedarfe im Schienengüterverkehr Sie für Niedersachsen in den kommenden fünf bis zehn Jahren in diesem Zusammenhang für nötig und sinnvoll halten.

(Jens Nacke [CDU]: Das müssten sie doch eigentlich selber wissen! Sie sind doch vom Fach!)

- Ich weiß das auch.

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Twesten, vielen Dank für die Auskunft, dass Sie gehört haben, dass ich mir über Alternativstrecken Gedanken mache. Ich habe das noch nicht gehört; aber ich finde es schon interessant. - Wir begleiten den Bereich der Alternativen,

die bei der Bahn geplant und geprüft werden, natürlich konstruktiv mit. Ich selber mache mir keine Gedanken über mögliche Alternativstrecken, sondern ich gehe sogar davon aus - da habe ich die gleiche Einschätzung wie übrigens auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Ferlemann -, dass am Ende dieses Verfahrens der Prüfung von Alternativen - das ist auch in der Antwort deutlich geworden - herauskommen wird, dass die Lösungen, die im Raum stehen, nicht die Kapazitäten und die Trassen werden erbringen können, die bei der Y-Trasse erreicht werden.

Es gibt aber natürlich - das ist das, was wir immer gesagt haben und was übrigens auch der Parlamentarische Staatssekretär Ferlemann sagt - einen Punkt, den man dabei - auch wenn Sie sich die Zeitschiene ansehen - ebenfalls sehen muss. Die Y-Trasse kann nach jetziger Einschätzung die maximale Anzahl an Trassen bzw. Kapazität bringen - aber natürlich erst, wenn sie komplett fertiggestellt ist. Das heißt, hier ist von einem langen Verfahren, bis die Trassen vorhanden sind, auszugehen.

Durch die Alternativvarianten bzw. den Ausbau der bestehenden Trassen könnte natürlich in der Zeit vorher eine weitere Kapazitätserhöhung schneller ermöglicht werden. Auch das muss man dabei sehen. Deshalb sind wir in der Tat der Meinung, dass aufgrund des Zuwachses des Güterverkehrs auch hier weitere Maßnahmen erforderlich sind. Daher treten wir dafür ein.

Die nächste Zusatzfrage wird vom Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bode, wir haben eben von Ihnen gehört, dass Sie die Planung von Alternativen zur Y-Trasse konstruktiv begleiten, aber auf nähere Nachfrage wurde nicht so richtig deutlich, in welcher Weise Sie gestaltend eingreifen. Aber es ist doch eigentlich gerade die Aufgabe eines Landesverkehrsministers, sich in diesen Prozess einzuschalten und selbst Lösungen vorzulegen.

Was fragen Sie, Herr Adler?