Protocol of the Session on December 6, 2011

Heute hat der Kollege Humke noch einmal betont, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Er hat in seinen Ausführungen gar nicht darauf hingewiesen, dass alle anderen Fraktionen diesem Antrag der Linken nicht folgen, u. a. wegen sehr unsolider Kalkulation der Kosten. Er hat versäumt, darauf hinzuweisen, dass es zur Frage „Angriff an diesem Rednerpult“ sehr wohl ein Einvernehmen im Ältestenrat gegeben hat und dass eine 15-minütige Debatte zu diesem Antrag vereinbart wurde. Das ist absolut kein Grund, sich hier zu echauffieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist deutlich geworden, und das muss vor diesem Hintergrund noch einmal klar werden.

Für uns gilt ganz einfach: Wir haben die kommunale Selbstverwaltung zu beachten. Wir freuen uns sehr darüber, dass es viele Kommunen im Land Niedersachsen gibt, die ihrer Bevölkerung ein entsprechendes Angebot präsentieren. Aber das ist eine freiwillige Leistung, die die Kommunen finanzieren müssen.

Dieser Antrag sieht vor, dass dort, wo ein entsprechendes Angebot in der Fläche nicht vorhanden ist, das Land einspringt. Das bedeutet mehr oder weniger eine Ungleichbehandlung, die ganz einfach nicht zu rechtfertigen ist. Wir sind auch nach der Kommunalwahl im September dieses Jahres dafür, dass die kommunale Selbstverwaltung und Entscheidungen im eigenen Wirkungskreis gültig bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Sinne haben wir diesen Antrag mit breiter Mehrheit - nicht nur mit der Regierungsmehrheit - abgelehnt. Ich freue mich, dass wir heute die Gelegenheit haben, das im Plenum noch einmal zu verdeutlichen. Ein Wünsch-dir-was-Antrag findet keine Mehrheit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Herr Brunotte von der SPDFraktion, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn heute Nikolaustag ist, rechtfertigt das nicht alle Mehrheiten, die hier zustande kommen. Es gibt durchaus Unterschiede in der Ablehnung des Antrages der Linken. Deswegen möchte ich das hier für uns noch einmal ganz deutlich darstellen.

Mit dem Grundrecht auf Mobilität und soziokulturelle Teilhabe können wir uns durchaus anfreunden, weil wir es für ganz elementar halten. Für uns beinhaltet gesellschaftliche Teilhabe sowohl die soziale als auch die politische Partizipation am gesellschaftlichen Zusammenleben. Für uns Sozialdemokraten geht der Rechtsanspruch somit deutlich weiter als das, was der Wohlfahrtsstaat in Teilen definiert.

Herr Riese, Sie haben gerade davon gesprochen, dass Teile von den Kommunen dargestellt werden sollten. Für uns Sozialdemokraten ist klar: Ein starker und handlungsfähiger Staat hat für die Menschen zu sorgen. Auf unserem Bundesparteitag - deswegen ist der Kollege Watermann noch nicht da - wurde eine Steuerausstattung beschlossen, die die elementare Basis dafür ist, das, was die Linken beantragen, darstellen zu können.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage ist, welche Ebene das, was hier beschrieben

wurde, darstellen soll. Für uns ist klar: Auch wenn wir den grundsätzlichen Anspruch teilen, dass allen der Zugang zu einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr offenstehen muss, ist das im Kern durch die Hartz-IV-Regelsätze darzustellen. Deswegen geht unsere Kritik nicht an Kommunen, die dies darstellen, oder an das Land. Hier ist vielmehr der Bundesgesetzgeber gefordert, für einen auskömmlichen Hartz-IV-Regelsatz zu sorgen und den Mobilitätsanteil, der aktuell bei 22,78 Euro liegt, so hoch zu schrauben, dass eine normale Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs damit darstellbar ist.

Von daher sind wir im Ziel einig, in den Maßnahmen nicht. Deswegen lehnen wir den Antrag der Linken ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Brunotte. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/3855 ablehnen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? -

(Jens Nacke [CDU]: Das sind aber wenige!)

Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt wurde.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Abschließende Beratung: a) Kultur und Tourismus zusammenbringen - Niedersachsens Regionen stärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3742 - b) Der Kulturtourismus in Niedersachsen stärkt Wirtschaft und Regionen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4121 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/4202

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion der SPD abzulehnen und den Antrag der

Fraktionen der CDU und der FDP unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Tippelt zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der „Kulturwirtschaftsbericht Niedersachsen“ geht davon aus, dass in unserem Land mindestens 62 000 Menschen im Kultursektor beschäftigt sind. Weiterhin besagt dieser Bericht, dass die niedersächsische Kulturwirtschaft einen Jahresumsatz von etwa 6 Milliarden Euro aufweist. Schon diese Zahlen machen deutlich, dass wir es hier mit einem Wirtschaftszweig zu tun haben, der - um im aktuellen Sprachgebrauch zu bleiben - „too big to fail“ ist.

Der erwähnte Bericht kommt auch zu dem alarmierenden Schluss:

„Niedersachsen ist … im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich auf die Kulturwirtschaft spezialisiert.“

Wenn wir also heute hier über den vorliegenden Antrag von CDU und FDP entscheiden, der, nebenbei bemerkt, eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Antrag aufweist, den wir als SPD im Juni dieses Jahres erarbeitet haben,

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das ist ja peinlich! - Gegenruf von der SPD: Ja, für euch!)

dann müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass die Verbindung von Kultur und Tourismus eine enorm große Chance für die Kulturwirtschaft in Niedersachsen bedeutet.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Diese Chance gilt es heute zu nutzen.

Dem vorliegenden Antrag von CDU und FDP kann man in den Passagen zustimmen, die Sie aus dem SPD-Antrag abgeschrieben haben,

(Zustimmung bei der SPD)

mit einer Ausnahme: In Ihrem Antrag steht, dass „die niedersächsischen Kommunen in dem Bestreben“ unterstützt werden sollen, „ihre kulturellen Angebote zu sichern, zu stärken und auszubauen“. - Richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Den entscheidenden Punkt haben Sie aber vergessen, nämlich das Wie: Wie müssen die Kommunen unterstützt werden? - Nur mit schönen Worten und ohne Taten wird das nicht gelingen.

(Beifall bei der SPD)

Artikel 6 der Niedersächsischen Verfassung lautet:

„Das Land, die Gemeinden und die Landkreise schützen und fördern Kunst, Kultur und Sport.“

Aber welche Spielräume haben denn zukünftig die Landkreise angesichts der Schuldenbremse noch? Wie freiwillig können oder sollten die Kulturausgaben der Kommunen sein? - Das sind nur einige der Fragen, denen Sie sich hätten stellen müssen. Wir sagen Ihnen dazu ganz klar: Das Innenministerium muss hier den Kommunen größeren Handlungsspielraum geben. Wenn wir anfangen, in diesem Bereich bei den freiwilligen Leistungen zu kürzen, ist das der Anfang vom Ende, und zwar nicht nur für den Kulturtourismus, sondern auch für den Tourismus generell, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich wundere mich übrigens ein wenig darüber, dass im CDU/FDP-Antrag sogar die eigene Ministerin ignoriert wird. Die von Frau Wanka mit in Auftrag gegebene Studie zur Kulturintegration von Migrantinnen und Migranten halte ich, auch wenn noch keine Ergebnisse vorliegen, für absolut erwähnenswert.

Darüber hinaus vermisse ich den Hinweis auf das Kulturentwicklungskonzept KEK. Eine Untersuchung der Finanzierungs- und Verteilungsmechanismen innerhalb der Kulturförderung, um die Kulturpolitik des Landes effizienter zu gestalten, scheint doch genau die Basis zu sein, auf der sich auch ein Konzept für den Kulturtourismus aufbauen lässt. Man hätte doch wenigstens erwarten können, meine Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, dass Sie in Ihrem Antrag darauf hinweisen, dass die Ergebnisse dieser beiden Studien ernst genommen werden sollen.

Das bringt mich zum Abschlussbericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“. Die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen müssen endlich ernst genommen und umgesetzt werden. Als Schlagwörter dienen hier: Eigenverantwortung der Kulturverwaltung stärken, Landesentwicklungspläne erarbeiten, Informationsmöglichkeiten verbessern. Ich weiß nicht, ob Sie den Bericht

überhaupt gelesen oder ob Sie erneut nur unsere Forderungen kopiert haben. Fakt ist, dass Sie langsam anfangen sollten, darauf hinzuwirken, dass diese Empfehlungen auch umgesetzt werden. Wenn Sie noch einmal vier Jahre warten, ist es längst zu spät, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)