Protocol of the Session on December 6, 2011

Halb Deutschland ist potenzielle Verpressungsfläche. Dabei zeigen Verpressungen in norwegischen Formationen jetzt schon dramatisch auf, was alles passieren kann. In der Utsira-Formation steigt der

Druck des verpressten CO2 nicht an, was auf ein unbegrenzt offenes Aquifer hinweist. Damit ist das Auftreten von Leckagen nur noch eine Frage der Zeit. Mehrere als dicht geltende Tonschichten sind bereits durchwandert, da CO2 dem Ton Wasser entzieht und ihn damit durchlässig macht. In Snøvit liegt ein salines Aquifer vor. Dort droht der hohe Druck des CO2 bereits das Deckgebirge zu sprengen.

Das alles zeigt, dass sich CO2 entweder unkontrolliert im Untergrund ausdehnt und damit letztlich auch Trinkwasser bedroht oder CO2 Gesteinsformationen sprengt bzw. kollabieren lässt.

Um es ganz klar zu sagen, meine Damen und Herren: Die Linke will nicht nur das jetzige Erprobungsgesetz nicht. Sind nämlich erst die sogenannten Demonstrationsanlagen genehmigt, haben Konzerne nach EU-Recht automatisch Anspruch auf die großindustrielle Nutzung, wenn die Anlagen 2017 als dicht definiert werden, da dann bereits Milliarden investiert worden sind.

Wir wollen bei CCS keine Hintertüren - wie die CDU - für eine fossile Renaissance. Wir wollen keine Ausnahmen für bestimmte Industriezweige, wie die Bundestags-Grünen. Wir wollen keine Eiertänze, wie sie die SPD in ihrer Antragsbegründung mit den Worten beschreibt:

„Deswegen müssen bis zu einer endgültigen Entscheidung zuerst die Ergebnisse der Demonstrationsanlagen bewertet werden.“

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir wollen auch keine Verpressung in der ausschließlichen Wirtschaftszone, wo McAllisters Allmacht Makulatur ist.

(Zuruf von der CDU: Was?)

Nein, wir wissen, dass es sich bei CCS nicht um eine Brückentechnologie handelt, auch nicht um eine nur konkurrierende Technologie zu regenerativen Energien, sondern um eine gegensätzliche, letztlich sich ausschließende.

Wohin es gehen soll, wird in einer von der EU bezahlten Studie der üblichen Verdächtigen Vattenfall, RWE und EON deutlich:

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Unab- hängig!)

Deutschland soll das Zentrum eines 50 Milliarden Euro teuren europäischen Pipelinenetzes darstellen, das schon gebaut werden soll, bevor die Er

gebnisse der Demonstrationsanlagen vorliegen, natürlich massiv gefördert durch Europäische Union und nationale Regierungen.

Deshalb geht es uns Linken nicht um den Streit um Nuancen und Vokabeln, nicht darum, jeden Fitzel Grund einzeln und mit aufwendigen Ausnahmebegründungen von der CCS-Nutzung auszunehmen, sondern um ein echtes Verbot dieser gefährlichen und rückständigen Technologie.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür bietet die zugrunde liegende EU-Richtlinie in Artikel 4 genau die Handhabe für die nationale Gesetzgebung. Lesen Sie nach in der Bundestagsdrucksache 17/5232, im Gesetzentwurf der Linken-Bundestagsfraktion! Dann wissen Sie, wie das konsequent geht mit dem Verbot des CCS.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Herrn Dr. Hocker das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niedersachsen übernimmt wie kein anderes Bundesland Verantwortung beim Thema Endlagerung. Wir haben den Schacht Konrad, wir haben die absaufende Asse und stehen in jedem Jahr mit den Kosten für die Castortransporte in Millionen- und Abermillionenhöhe allein dar. Deshalb steht für uns fest: Das Maß ist voll! Für die CCS-Technologie ist in Niedersachsen kein Platz - weder in Wittmund noch in Hannover, noch im Emsland, noch in Uelzen oder auch nicht in Friesland oder auf Wangerooge. Nicht bei uns, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dafür gibt es gute Gründe. Das ist keine bockige Verweigerungshaltung, die uns zu dieser Meinung gebracht hat, sondern es kann nach wie vor niemand ausschließen, dass sich im Untergrund verpresstes CO2 Wegsamkeiten an die Oberfläche sucht und dort zu einer Gefahr für Mensch und Tier werden kann. Nach wie vor kann niemand ausschließen, dass es keine Kontaminationen oder Verunreinigungen des Grundwassers in diesen Regionen geben würde.

Wenn CO2 in den Boden verpresst werden würde, würden andere Nutzungsmöglichkeiten kategorisch

ausgeschlossen werden; denn die geologischen Voraussetzungen für CCS sind ähnlich wie z. B. die der Geothermie. Niedersachsen, das innovative Energieland Nummer eins, das gerade die Geothermie mit viel Geld fördert, würde sich die Chance verbauen, diese Technologie tatsächlich anzuwenden.

(Zustimmung bei der FDP)

Die fehlende Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien könnte durch Druckluftspeicher überwunden werden. Druckluftspeicher finden geeignete geologische Voraussetzungen dummerweise genau da, wo CCS zumindest technisch möglich wäre. Niedersachsen, das innovative Energieland Nummer eins, soll sich selbst der Chance berauben, diese Technologie, an der weltweit geforscht wird und mit der man übrigens auch viel Geld verdienen kann, anzuwenden, meine Damen und Herren?

Ganz zu schweigen vom Tourismus! Niedersachsen mit seinen Nationalparks, mit seinem Weltnaturerbe vergrault doch nicht seine Gäste durch die Anwendung einer Technologie, die noch nicht ausgereift ist. Wir wären doch mit dem Klingelbeutel gepudert, wenn wir diese Wettbewerbsvorteile Niedersachsens, seine Vorreiterrolle bei den erneuerbaren Energien und die Bedeutung des Tourismus für unseren Mittelstand leichtfertig aufs Spiel setzen und anfangen würden, CO2 ins Erdreich zu verpressen.

Wenn andere Bundesländer das anders sehen, wie etwa Herr Platzeck in Brandenburg, dann ist das ihr gutes Recht. Schwach besiedelte Bundesländer ohne Nutzungskonflikte sollen sich anders entscheiden können. Das ist eben Föderalismus. Für Niedersachsen aber gilt, meine Damen und Herren: Bis 2013 und darüber hinaus, so lange Schwarz-Gelb in Niedersachsen regiert, wird es bei uns kein CCS geben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt las- sen wir den Klingelbeutel herumge- hen!)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Wenzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU hält sich vornehm zurück bei diesem Tagesordnungspunkt.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das kommt noch!)

Dabei gäbe es viele Möglichkeiten, hier jetzt steuernd einzugreifen. Wir haben zurzeit eine Situation, in der es Verhandlungen zwischen Bundesrat und Bundestag gibt. Wir haben eine Richtlinie der Europäischen Union, die das Ergebnis intensiver Lobbytätigkeit dort gewesen ist, die aber in dieser Form eigentlich keiner braucht. Wir haben gestern gehört, dass in Brandenburg der Vattenfall-Konzern sein letztes Projekt aufgegeben hat. Und wir wissen, CCS ist eine unwirtschaftliche Technologie, wenn man das CO2 nicht eigentlich für ganz andere Zwecke einsetzen will, nämlich für das sogenannte Enhanced Oil Recovery, also für die Förderung von Öl in der Nordsee. Das aber wäre ein doppelt klimaschädliches Projekt, weil zum einen Kohle in einem Kohlekraftwerk verbrannt würde und zum anderen zusätzliches Öl verbrannt würde.

Daher ist jetzt die entscheidende Frage: Welchen Weg findet man in Niedersachsen, im Bund und im Bundesrat, um zu verhindern, dass am Ende Experimente auf Kosten der Bewohnerinnen und Bewohner oder auf Kosten des Meeresschutzes gemacht werden?

Das Beste wäre, die CCS-Richtlinie der Europäischen Union zurückzuziehen. Das Zweitbeste wäre, eine Länderklausel einzubauen, die sicherstellt, dass kein Land, das nicht will, am Ende solch eine Anwendung von CCS durchführen oder dulden müsste.

Die dritte Möglichkeit hat Österreich gewählt. Österreich hat gesagt: Wir machen ein reines Forschungsgesetz, und wir reduzieren die Forschung so weit wie möglich. Die Frage dabei ist, ob man für diesen Forschungsfall auch eine großflächige Anwendung braucht oder ob es nicht viel sinnvoller ist, z. B. über chemische und biologische Bindungsmöglichkeiten von CO2 zu forschen und dort intensiver anzusetzen. Das ist ein weites Feld, auf dem meines Erachtens für die Zukunft noch einige vielversprechende Entwicklungen zu erwarten sind.

Wir werden aber keinen Beifall klatschen, wenn die Landtagsfraktionen, die die Regierung stellen, hier einen Antrag zur Abstimmung stellen wollen, der

am Ende nur suggeriert, dass er in Niedersachsen das Thema CCS für die Zukunft verhindert, der aber keine wirkliche Anwendung verhindert, weil es Lücken in der Formulierung gibt, die hier bislang gewählt wurde.

Mein Appell: Setzen Sie sich im Bundesrat dafür ein, dass die Europäische Union diese Richtlinie wieder aufhebt! Lassen Sie uns gemeinsam nach Wegen suchen, hier tatsächlich in der richtigen Richtung zu forschen! Aber beenden Sie das Kapitel CCS in der Form, wie es zurzeit auf dem Tisch liegt!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Körtner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Wenzel, die CDU hält sich nicht vornehm zurück, sondern die CDU hält im Gegensatz zu den Grünen und auch im Gegensatz zu Ihnen ganz klaren Kurs.

Unser Antrag vom 7. März diesen Jahres, keine Speicherung von CO2 in Niedersachsen zuzulassen, ist heute genau so aktuell wie am 16. März bei der ersten Behandlung im Plenum. Der Bundesrat hat inzwischen mit der Mehrheit der Länder das Gesetz der Bundesregierung abgelehnt. Nunmehr ist der Vermittlungsausschuss in zwei Sitzungen damit befasst. Es wird nachverhandelt werden müssen. Wir werden die Forderungen aus unserem Antrag weiterhin in das jetzt laufende Verfahren einbringen.

Sie haben Vattenfall angesprochen. Ob es nach dem Ausstieg von Vattenfall in Brandenburg weitere Konzerne geben wird, die sich das antun und die Erprobung der Speicherung von Kohlendioxid weiter betreiben, steht im Augenblick noch ein bisschen in Zweifel.

Wir fordern - das ist hochaktuell -, dass die dauerhafte geologische Speicherung von Kohlendioxid nicht gegen den Willen der Länder ermöglicht wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir fordern, dass auch die Analyse und die Bewertung des Speicherpotenzials bei den Ländern liegen. Das war unsere Position am 7. März, und das ist unsere Position. Die wollen wir jetzt in Verhandlungen in Berlin umgesetzt sehen.

Sie wissen, dass die EU von Deutschland ein CCS-Gesetz verlangt. Die Zeit drängt. Bereits seit dem 25. Juni dieses Jahres sollte eine entsprechende EU-Richtlinie national umgesetzt werden. Deutschland droht jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren.