Meine Damen und Herren, Ihnen geht es nicht um das Wohl des behinderten Kindes. Ihnen geht es um den Schulbetrieb. Natürlich ist es notwendig,
einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Aber nach dem Gedanken der Inklusion geht das nicht, indem man schwierige Kinder - was man als schwierig bezeichnet und empfindet, ist ja ein weites Feld - in eine Sondereinrichtung abschiebt. Das ist nicht der Gedanke der UN-Konvention. Die Lösung kann nur sein, die inklusive Schule so auszustatten, dass sie auch Kinder, die schwierig sind, vernünftig fördern kann, mitnimmt und nicht ausgrenzt.
Natürlich kann das im Einzelfall großen Aufwand erfordern. Aber gucken Sie doch einmal in die Förderschulen mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, welch hoher Aufwand dort bisher schon betrieben wird.
Billig ist das auch nicht. Wenn wir diese Ressourcen in die allgemeine Schule kriegen könnten, dann hätten wir viel gewonnen. Aber da sperren Sie sich lieber.
Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass alle drei vorliegenden Gesetzentwürfe - wir Grüne haben 2009 einen sehr fundierten Gesetzentwurf vorgelegt - in die Anhörung gehen und gleichberechtigt und ernsthaft beraten werden. Unser Gesetzentwurf wird ja seit zwei Jahren verschoben.
Herr Althusmann, noch eines zum Schluss: Wir würden es gar nicht schlimm finden, wenn Sie in diesem Falle etwas aus unserem Gesetzentwurf übernehmen oder sogar abschreiben. Sie müssten es in diesem Falle nicht einmal ordnungsgemäß kenntlich machen.
(Jens Nacke [CDU]: Frau Korter, das war ganz unterste Schublade! Wir können die Verbände leider nicht zwingen, Ihren Gesetzentwurf ernst zu nehmen! - Gegenruf von Ina Korter [GRÜNE]: Dann lesen Sie die Proto- kolle der Anhörung! Dann wissen Sie Bescheid!)
- Einige Fraktionen haben noch eine Restredezeit. Wir nehmen noch Wortmeldungen entgegen. Aber nicht vom Platz aus, das läuft so nicht! - Bitte, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich heißt es ja „Was lange währt, wird endlich gut“. Ich sage ganz offen: Über das, was Sie hier vorgelegt haben, bin ich enttäuscht und auch verärgert. Ich hatte gedacht, wir alle hätten schon etwas gelernt, z. B. auf der Ausschussreise nach Südtirol.
Ich frage mich, warum Sie jetzt einen solchen Gesetzentwurf vorgelegt haben. Sie nennen Ihren Gesetzentwurf zwar „Einführung der inklusiven Schule“, aber eigentlich wollen Sie gar nichts ändern. Auch wenn Sie in der Begründung sagen, die UN-Behindertenrechtskonvention sei in Deutschland geltendes Recht, werden Sie dieses Recht so mit Sicherheit nicht umsetzen können.
Für mich liegen die Gründe klar auf der Hand: Sie wollen Inklusion nicht finanzieren, sondern Sie wollen auf Biegen und Brechen an Ihrem ausgrenzenden und diskriminierenden Förderschulsystem in Niedersachsen festhalten, und das angeblich zum Wohl des Kindes.
Sie streichen zwar den Gesetzesvorbehalt für gemeinsamen Unterricht aus § 4 des Schulgesetzes. Aber stellen Sie damit den Rechtsanspruch für jedes Kind mit Förderbedarf auf einen Platz an einer allgemeinbildenden Schule sicher, oder gibt es wenigstens ein wirkliches Elternwahlrecht? - Weit gefehlt! In § 59 schreiben Sie den Vorbehalt einfach wieder ins Gesetz und hebeln damit das Elternwahlrecht wieder aus. Angesichts all der Versprechungen, die vorher zu hören waren, halte ich das schlicht und einfach für unredlich.
Aber es kommt noch schlimmer: In § 61 wird unter „Ordnungsmaßnahmen“ die mögliche Überweisung an eine Förderschule aufgenommen, wieder an
Damit sind dem Abschieben schwieriger Kinder auf eine Förderschule gegen den Willen der Eltern Tür und Tor geöffnet.
Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, damit wollen Sie das Scheitern der Schule, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen, den Schülerinnen und Schülern auflasten. Was Sie hier als Gesetzentwurf einbringen, hat mit Inklusion nichts zu tun.
Ich sage Ihnen: Soll Inklusion gelingen, sind zwei parallele Fördersysteme gar nicht finanzierbar. Dies hat schon die Kollegin Korter gesagt; dem stimme ich zu.
Bei Ihrem starren Festhalten am System frage ich mich schon, ob da nicht doch auch Lobbyinteressen eine Rolle spielen; denn viele Förderschulen haben nun einmal private Träger.
Zumindest für die Jahrgänge 1 bis 4 soll die Förderschule Lernen sukzessive abgeschafft werden. Hier funktioniert über die regionalen Integrationskonzepte schon einiges gut.
Aber genau in diesem Bereich ist die Ausgrenzung ja auch besonders skandalös. Gucken Sie sich einmal die Quote der Migranten an Förderschulen für den Bereich Lernen an! Ab dem Jahrgang 5 gibt es die Förderschule Lernen dann wieder; denn da sind die Schüler wieder zu schwierig, z. B. für das gegliederte Schulsystem. Ich meine, auch das muss in die Überlegungen einbezogen werden. Meine Damen und Herren, so wird das nicht funktionieren! Zwei oder auch mehr Förderschullehrerstunden im Rahmen der sonderpädagogischen Grundversorgung allein werden es nicht richten.
Dem widerspricht das von Ihnen vorgeschlagene Modell mit zwei fast unverändert bestehen bleibenden Parallelsystemen ohne wirkliches Elternwahlrecht völlig.
Wir brauchen einen Aktionsplan; das ist richtig. Wir müssen Schwerpunkte setzen, um jetzt anzufangen, Inklusion tatsächlich umzusetzen. Wir sind nicht gegen Übergangsregelungen. Man kann nicht Knall auf Fall alle Förderschulen umwandeln. Aber das Ziel muss bleiben, genau das zu tun, alle Beteiligten dabei mitzunehmen und zu überzeugen, dass das der richtige Weg ist.
Wir müssen jetzt die Grundvoraussetzungen schaffen: Weiterbildung, Ausbildung. Was ist z. B. mit multiprofessionellen Teams, die die Kinder an den Schulen betreuen? Die Eltern müssen mitgenommen werden.
Ich bin auf die zweite Anhörung im Ausschuss - wir haben ja schon eine umfangreiche Anhörung zu dem Thema gehabt - sehr gespannt.
Ich bin froh darüber, dass wir heute hier nichts abzustimmen haben. Für uns ist dieser Gesetzentwurf in dieser Form in keiner Weise zustimmungsfähig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich an dieser Diskussion etwas stört, ist die Auffassung einzelner Vertreterinnen im Haus, die meinen, Inklusion wäre nur so richtig, wie sie sie machen wollen.
Denn Inklusion wird wahrlich nicht durch Gesetze gemacht oder durch Gesetz beschlossen, sondern Inklusion wächst in den Köpfen der Menschen. Die Menschen sind diejenigen - - -