Protocol of the Session on November 9, 2011

(Beifall bei der SPD)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Adler für die Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr, Herr Adler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als das Gesetz eingebracht wurde, hatte ich schon gesagt: Die Flexibilisierung des Pensionseintrittsalters - zwischen 60 und 70 Jahren - ist eine gute Regelung, und auch die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften, die mit diesem Gesetz geregelt wird, ist in Ordnung.

Aber der Kern des Gesetzes ist, dass jetzt sozusagen das Pensionseckdatum, das Regeleintrittsalter, für die große Mehrheit der Beamtinnen und Beamten von 65 auf 67 Jahre heraufgesetzt worden ist. Dies hat zur Folge, dass die meisten Beamtinnen und Beamten Pensionskürzungen werden hinnehmen müssen. Denn meine Prognose lautet: Die meisten werden mit 65 oder früher gehen. Wenn einer z. B. mit 60 geht, dann bedeutet das, dass er nur drei Viertel der Pension bekommt, die er mit 67 Jahren bekäme. Das hängt damit zusammen, dass er pro Jahr 3,6 % weniger bekommt.

Schon jetzt kann man bei den Arbeitnehmern sehen, dass viele das Renteneintrittsalter von 65 Jahren gar nicht erreichen und dass sich die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre, die der Bundestag leider auch mit den Stimmen der SPD und der Grünen beschlossen hat, dazu führt, dass es im Ergebnis nur Rentenkürzungen geben wird und dass Altersarmut gefördert wird. Das wird bei den Beamten nicht anders sein. Deshalb sagen wir: Einen Fehler, den man bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemacht hat, sollte man bei den Beamten nicht fortsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Prognose ist: Auch bei den Beamtinnen und Beamten wird es so sein, dass die meisten von der Flexibilisierung in der Weise Gebrauch machen werden, dass sie früher gehen. Ich will hier ganz besonders die Berufsgruppe der Lehrerinnen und Lehrer ansprechen, weil das ja die meisten Beamtinnen und Beamten in Niedersachsen sind. Diese Lehrer leiden schon seit Jahren darunter, dass sie einen Stressberuf ausüben müssen, und dieser Stress hängt wesentlich damit zusammen, dass es in Niedersachsen sehr große Klassen gibt.

(Lothar Koch [CDU]: Sehr richtig! Da stimme ich völlig zu! - Gegenruf von Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Was soll das jetzt? - Gegenruf von Lo- thar Koch [CDU]: Dazu stehe ich!)

Schauen Sie sich nur einmal die Zahl der Frühpensionierungen an. Sie ist ein Indiz dafür, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Deshalb kann man mit Sicherheit sagen: Auch die meisten Lehrer, die vielleicht noch unter der Krankheitsgrenze liegen, die noch nicht so weit sind, dass der Amtsarzt ihnen die Dienstunfähigkeit bescheinigen wird, werden von der Möglichkeit Gebrauch machen, so früh wie möglich in die Pension einzutreten, und sie werden die damit verbundenen Kürzungen in Kauf nehmen. Deshalb ist es im Ergebnis, wenn man es unter dem Strich betrachtet, nichts anderes als ein Gesetz der Pensionskürzungen. Das sollte man hier in aller Klarheit sagen. Deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben anlässlich dieses Gesetzes ein Anliegen aufgegriffen, das uns die Feuerwehrleute vorgetragen haben. Sie haben nämlich darauf hingewiesen, dass ihre Feuerwehrzulage seit 1999 unverändert ist. Das kann man daran erkennen, dass im gegenwärtigen Gesetz noch der krumme Betrag von 130,56 Euro steht. Dieser krumme Betrag kommt dadurch zustande, dass man irgendwann nur den D-Mark-Betrag umgerechnet hat. Würde man einen Inflationsausgleich gewähren, müsste man heute den Forderungen der Feuerwehrleute nachkommen und ihnen 155 Euro nach zwei Dienstjahren gewähren. Und - das ist auch eine Forderung der Feuerwehrleute, die wir aufgenommen haben - man sollte diesen Gehaltsbestandteil auch ruhegehaltsfähig machen. Das ist nun wirklich keine unangemessene Forderung, sondern das hätte man bei der Gelegenheit schnell mit erledigen können.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sehr richtig!)

Von der SPD ist in den Beratungen gesagt worden, es gebe auch noch andere Zulagen, die man einbeziehen sollte.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ja! Polizei, Justizvollzug, Gerichtsdienst usw.!)

Das ist durchaus nachvollziehbar. Aber dann würde ich vorschlagen, dass wir vielleicht im Jahr 2012 einen gemeinsamen Änderungsantrag einbringen, um das auf diese Weise zu bereinigen. Denn die Forderungen der Feuerwehrleute müssten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, langsam einmal unterstützen; denn sie sind wirklich plausibel.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer sich - das ist die dritte Bemerkung, die ich noch machen will - als Problemlöser in Szene setzen will, tatsächlich aber unfähig ist, Probleme zu lösen, oder Probleme nicht lösen will - ich denke z. B. an das Flüchtlingsproblem; wen ich meine, ist klar; ich meine Herrn Schünemann -, der erfindet Probleme, die er dann angeblich lösen kann.

(Lothar Koch [CDU]: Was?)

Das ist das Burkaverbot. Da wird ein Scheinproblem aufgebaut, und anschließend wird die Lösung im Gesetz präsentiert. Es gibt überhaupt keine Beamtin in Niedersachsen, die eine Burka trägt. Es gibt in ganz Deutschland keinen einzigen Fall, und wir müssen uns mit einem solchen Blödsinn beschäftigen! Das haben wir Herrn Schünemann zu verdanken.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Johanne Modder [SPD] - Jens Nacke [CDU]: Ich habe schon im Rechtsausschuss versucht, Ihnen das zu erklären, Herr Kollege!)

Herr Kollege Güntzler, Sie haben jetzt für die CDUFraktion das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie von Frau Kollegin Rübke schon angesprochen, hat uns die Föderalismuskommission I im Jahr 2006 die Möglichkeit verschafft, die Gesetzgebungskompetenz für das Versorgungsrecht

der Beamtinnen und Beamten zu übernehmen. Die Versorgung der niedersächsischen Beamtinnen und Beamten soll nun in ein eigenes niedersächsisches Beamtenversorgungsgesetz einfließen, das wir heute abschließend beraten werden. Frau Kollegin Rübke, ich habe nicht das Gefühl, dass wir das, was wir heute beraten, nicht schon ausgiebig beraten hätten. Ich gebe Ihnen recht: Es gab viele Punkte, die in die Beratungen mit eingebracht worden sind, die mittlerweile gar nicht mehr Gegenstand der heutigen Beratungen sind.

(Johanne Modder [SPD]: Aber die kommen wieder, nicht wahr?)

- Sie kommen wieder. Wir haben das schon vorbereitet. Sie konnten es schon einmal lesen. Das ist auch gut so. Aber die Dinge, die heute zur Abstimmung anstehen, sind ausführlich beraten worden. Ich kann mich Ihrem Dank an Herrn Dr. Wefelmeier nur ausdrücklich anschließen, der uns hervorragend durch diese Beratungen geleitet hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz übernimmt die Grundstrukturen des alten Beamtenversorgungsrechts. Das ist auch gut so; denn es ist nicht sinnvoll, dauernd alles neu zu erfinden.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Vielmehr sollte man das Bewährte übernehmen. Aber im Rahmen der Föderalisierung des Dienstrechts wurden auch die neuen Spielräume für die Ausgestaltung der Altersgrenze und der Altersteilzeit genutzt. So wird es jetzt zu einer Flexibilisierung des Eintritts in den Ruhestand kommen. Ziel ist es dabei, die vorhandenen personellen Ressourcen besser auszuschöpfen. Die Erfahrungen lebensälterer Beamtinnen und Beamter können so genutzt werden. Die Möglichkeiten einer individuellen Ausgestaltung der Lebensarbeitszeit werden erweitert. Aufgrund des demografischen Wandels - wir alle kennen das Problem: Anstieg der Lebenserwartung, niedrige Geburtenraten - ist es auch bei den Beamten richtig, die Altersgrenze neu zu regeln.

(Zustimmung von Jan-Christoph Oet- jen [FDP])

Es ist deshalb vorgesehen - wie übrigens in der gesetzlichen Rentenversicherung; das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit -, die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre zu erhöhen. Dies geschieht

aber in einer stufenweisen Anhebung für die Jahrgänge 1946 bis 1964.

Parallel zu diesen Änderungen der Regelaltersgrenze wird es aber auch eine größere Flexibilisierung der Ruhestandsregelung geben. So wird es - Herr Adler hat es, wenn ich es eben richtig mitbekommen habe, auch gelobt - einen Korridor von zehn Jahren für die Beamtinnen und Beamten und von acht Jahren für die Richterinnen und Richter geben, in dem die Antragsaltersgrenze auf 60 Jahre herabgesetzt wird und das Herausschieben der Altersgrenze bis 70 bei Beamtinnen und Beamten bzw. bis 68 bei Richterinnen und Richtern möglich wird. Das Ganze wird sogar mit einem Zuschlag von 8 % auf das Grundgehalt versüßt. Wir haben eine Regelung für die Altersteilzeit gefunden, die einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglichen wird.

Ich kann zusammenfassend feststellen, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die neuen Gestaltungsspielräume genutzt worden sind, dass aber eben auch Bewährtes übernommen worden ist.

Frau Kollegin Rübke, Sie haben zwei Dinge angeführt, die Sie geändert haben wollten. Mehr Änderungsvorschläge haben wir von Ihnen jedenfalls im Innenausschuss nicht gehört. Von daher war ich mit Spannung heute hierher gekommen, um zu hören, wie Sie dieses Beamtenrecht noch weiter modernisieren, noch anders gestalten wollen. Aber Sie haben wieder nur zwei Punkte angesprochen.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Nein, es wa- ren mehr!)

- Sie hat zwei Punkte angesprochen. Zum einen war es das Thema der abschlagsfreien Versorgungs- und Pensionszahlungen schon bei 40 statt bei 45 ruhegehaltsfähigen Dienstjahren, so wie es derzeit im Gesetz vorgesehen ist. Aber da kann man auch darauf hinweisen, dass es in der gesetzlichen Rentenversicherung genauso geregelt ist. Man kann nicht alles vergleichen;

(Helge Limburg [GRÜNE]: Doch, ma- chen Sie das einmal, Herr Kollege!)

aber in diesem Fall ist es, finde ich, schon gerecht, sodass man das vergleichen kann.

Ein weiteres Thema, das uns beschäftigt hat, ist die Ruhegehaltsfähigkeit von Zulagen für besondere Belastungen bei Polizei, Justiz und Feuerwehr. Darüber haben wir viel diskutiert. Sie ist im Jahr 1998 abgeschafft worden. 1990 war sie erst einge

führt worden. Ich will darauf hinweisen, dass nur Bayern und ansonsten kein anderes Land diese Zulagen ruhegehaltsfähig gemacht hat. In Nordrhein-Westfalen gibt es wohl ein Ansinnen, aber ansonsten ist es nicht geschehen. Ich habe auch im Ausschuss schon gesagt, dass ich dies auch für systemfremd halten würde; denn dies ist ja eine Zulage für besondere Belastungen im Dienst. Diese Belastungen treten natürlich im Ruhestand nicht mehr ein.

(Zuruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD])

- Das ist eine sinnvolle Argumentation, weil sie stringent ist, Herr Kollege Bachmann.

(Beifall bei der CDU - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Dieser ständige Stress und die Gesundheitsbelastung haben vielleicht auch später noch Auswirkungen!)

- Es geht um besondere Belastungen, die in Ruhestandszeiten selbstverständlich nicht mehr anfallen können. Von daher glaube ich, dass es systemgerecht ist, es hier so zu handhaben. Wir haben deshalb keine Änderungen vorgenommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Von daher: Wenn das Ihre einzigen beiden Änderungen waren, dann verstehe ich nicht, warum Sie im Ergebnis dieses Gesetzeswerk nicht für gut befinden und ihm letztendlich nicht zustimmen wollen. Meines Erachtens sind wir mit diesem Gesetzeswerk auf dem richtigen Weg.

Wir haben eben schon angesprochen, dass wir versucht haben, parallel auch andere Dinge zu regeln. Das Ministergesetz und das Abgeordnetengesetz sind genannt worden. Ich will nur sagen, dass ich es nach wie vor für richtig halte, dass wir für die Abgeordneten ebenfalls eine Regelaltersgrenze von 67 Jahren einführen, wenn wir das für die Beamtinnen und Beamten tun. Das Gleiche gilt für die Minister. Von daher haben wir auch angekündigt, dass wir dieses Gesetzesvorhaben nicht fallen lassen werden, sondern bei der Beratung über die Trennung der Systeme weiter darüber beraten werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Thema „Burkaverbot, Verhüllungsverbot“ hat Herr Adler hier angesprochen. Die SPD hat es gar nicht mehr angesprochen. Das hat mich schon ein wenig überrascht, weil uns dieses Thema ja auch in der Breite beschäftigt hat. Wir halten das - - -