Protocol of the Session on September 16, 2011

- Ich habe ja gesagt: Das kann man machen, muss man aber nicht.

Gerade in diesen Tagen habe ich einen ganz wunderbaren Artikel im Hamburger Abendblatt vom 13. September bekommen. Hamburg hat große Probleme mit den Honorarverträgen:

(Ina Korter [GRÜNE]: Wer hat sie ein- geführt?)

„Alle jetzt zu prüfenden Verträge wurden vor meinem Amtsantritt in den Jahren 2006 bis 2010 auf den Weg gebracht“

Wissen Sie, wer da Kultusministerin in Hamburg war?

(Ina Korter [GRÜNE]: Ja, 2006 war das Frau Dinges-Dierig!)

- Pardon, 2008! - Christa Goetsch von den Grünen. Das ist ja ganz unerhört! Da sind über 3 000 Verträge abgeschlossen worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Unglaublich!)

Und damit auch Sie gut wegkommen, Frau Heiligenstadt: Der dortige heutige Senator der SPD, Ties Rabe, sagte:

„Für eine voreilige Aufkündigung von Honorarverträgen oder einen Stopp neuer Verträge besteht kein Grund, wenn alle Beteiligten die entsprechenden Regularien einhalten“

Aber es kommt noch besser. Die dortige SPDAlleinregierung hat jetzt alle in den Ruhestand geschickten Lehrer angeschrieben und gesagt:

„‚Nach langjähriger Tätigkeit im Hamburger Schuldienst befinden Sie sich nun im wohlverdienten Ruhestand, den Sie hoffentlich genießen können’, schreibt Norbert Rosenboom, Leiter des Amts für Bildung“ usw.

Dann kommt ein von einigen als unmoralisch empfundenes Angebot:

„‚Gern möchten wir Ihnen anbieten, Ihre vielfältigen pädagogischen Kompetenzen auch über die aktive Dienstszeit hinaus im Rahmen der Lernförderung einzusetzen’ … ‚Die Lernförderung wird mit einem Höchstsatz von 15,97 Euro pro Förderstunde (45 Minuten) vergütet’, preist Rosenboom den Extrajob an.“

Ties Rabe setzt nach wie vor auf Honorarverträge, um die Hausaufgabenhilfe in Hamburg abzusichern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ralf Borngräber [SPD]: Der Vergleich ist unzulässig! - Björn Thümler [CDU]: Scheinheilig bis zum Ende!)

Meine Damen und Herren, liebe Freunde von der SPD und von den Grünen, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, es gibt noch einen Wunsch auf eine Frage. Lassen Sie sie zu? - Frau Korter, bitte!

(Heiner Schönecke [CDU]: Jetzt kommt die grüne Wahrheit!)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister Althusmann, ist Ihnen bekannt, dass seit 2005 die damalige CDU-Schulsenatorin Alexandra DingesDierig zwar die Zahl der Ganztagsschulen erhöht,

aber die Ausstattung der Ganztagsschulen durch Absenkung des pädagogischen Mehrbedarfs um gleich 60 % massiv verschlechtert und Honorarverträge eingeführt hat, die Christa Goetsch 2008 wieder zurückgefahren hat? - Wenn schon Vortrag, dann die ganze Wahrheit!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte!

Frau Abgeordnete Korter, ich muss Sie enttäuschen. Wir haben uns natürlich die unterschiedlichen Regierungszusammensetzungen in Hamburg angeschaut: die von Ihnen erwähnte, dann 2008 Frau Goetsch, dann, nachdem das schwarz-grüne Bündnis zerbrochen worden war, war es, glaube ich, für kurze Zeit Herr Wersich, und heute ist es Herr Ties Rabe. Wissen Sie, was allen gemeinsam ist? - Alle haben auf Honorarverträge gesetzt.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ina Korter [GRÜNE]: Aber die einen haben sie ausgeweitet, und die anderen haben sie zurückgefah- ren! - Filiz Polat [GRÜNE]: Wer im Glashaus sitzt, ist ja wohl klar!)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Heiligenstadt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Althusmann, um das gleich zu Beginn klarzustellen: Ich bin Abgeordnete dieses Hauses, und ich habe die Pflicht - die werde ich auch gewissenhaft erfüllen -, das Handeln dieser Landesregierung zu überprüfen und zu kontrollieren. Da können Sie mir tausendmal mit rechtsstaatlichen Verfahren drohen.

(Björn Försterling [FDP]: Aber Sie ha- ben nicht das Recht, zu verleumden!)

Wenn Sie hier schon zitieren, dann sage ich Ihnen: Herr Dr. Althusmann, Ihre Zitierweise wird an anderer Stelle geprüft.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Die Pressemitteilung, die Sie anführen, spricht in der Tat von mutmaßlichen kriminellen Machenschaften von der Regierungsbank. Da sage ich ganz deutlich, dass die Darstellung des Ministers der seit nunmehr acht Jahren auch von dieser Landesregierung praktizierten Handhabung im Ganztagsschulbereich zumindest Anlass dafür gegeben hat, dass die Staatsanwaltschaft in mehr als 24 000 Verfahren ermittelt. Das, meine Damen und Herren, ist ein Riesenskandal, und das ist hier nicht kleinzureden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn der Minister sagt, er sei der größtmögliche Aufklärer, dann frage ich mich, wie die berechtigten Fragen der Grünen in der Großen Anfrage von diesem Minister gegenüber dem Parlament so beantwortet werden konnten. Herr Althusmann, ich sage Ihnen ganz deutlich: Ein Minister, der aufklären und daran arbeiten will, dass das Problem gelöst wird, der beantwortet die Große Anfrage nicht so wie Sie, indem Sie immer nur sagen: Wir können diese Fragen nicht unter zumutbaren Bedingungen recherchieren lassen. - Das ist kein Beitrag zur Aufklärung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie sind nicht bereit, an der Aufklärung mitzuwirken. Sie können bis heute nicht belegen, wofür die Mittel an den Ganztagsschulen tatsächlich ausgegeben wurden. Sie können z. B. nicht sagen, in welcher Größenordnung Verträge mit Honorarkräften und wie viele Kooperationsverträge abgeschlossen worden sind. Meine Damen und Herren, wir reden hier über 35 Millionen Euro. Die Landesregierung aber hält es bis heute nicht für nötig, die Probleme der letzten acht Jahre aufzuarbeiten.

Ich will Ihnen einmal ganz deutlich sagen: Jeder Bäcker an der Ecke, der eine Fachkraft einstellt und das Geld für die zwei Stunden am Tag, die sie arbeitet, cash überweist und die Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt, wird belangt. Jeder Tankstellenbesitzer, der Hilfskräfte ohne sozialversicherungspflichtige Beiträge beschäftigt, bezahlt, wenn er erwischt wird, ein Bußgeld und muss dann natürlich alle Beiträge nachzahlen. Aber das Land Niedersachsen unter der Verantwortung der Minister Busemann, Heister-Neumann und Althusmann darf acht Jahre lang jährlich bis zu 6 000 Verträge abschließen,

(Björn Thümler [CDU]: Sie haben Jür- gens-Pieper vergessen! - Heinz Rol- fes [CDU]: Es ist unglaublich, was sie hier wieder erzählt!)

ohne die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Das, meine Damen und Herren, ist nicht in Ordnung. Herr Althusmann, der Staatsanwalt ermittelt in Ihrem Haus.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Sie haben nicht ein- mal zugehört!)

Sie haben die Verpflichtung und Verantwortung dafür, dass Menschen wieder das Vertrauen haben können, dass wenigstens der Staat sich an seine eigenen Gesetze Whält.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist unglaub- lich!)

Aber was macht diese Landesregierung? - Sie stellt in der Antwort auf die Große Anfrage lapidar fest, es habe niemand beabsichtigt, Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten. - Meine Damen und Herren, das ist ja mal was ganz Neues. Der Minister teilt uns mit, er wolle sich an Recht und Gesetz halten und er habe nie beabsichtigt, gegen Gesetze zu verstoßen. Nur, Herr Althusmann, Sie haben acht Jahre lang in der Zeit der Regierungsverantwortung von CDU und FDP Mittel für Ganztagsschulen - das IZBB-Programm haben Sie angesprochen - möglicherweise unter Umgehung von geltendem Arbeitsrecht in Anspruch genommen. Das bestätigt mittlerweile in Niedersachsen ein Arbeitsgericht nach dem anderen; denn Sie unterliegen in nahezu jedem Prozess.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Sie haben nicht nur Tausende von Honorarverträgen abschließen lassen, die so nie hätten abgeschlossen werden dürfen. Sie haben voraussichtlich hohe Nachzahlungen an die Sozialversicherungen, auch möglicherweise in steuerlicher Hinsicht zu leisten, die im Haushaltsplanentwurf noch gar nicht eingeplant sind. Sie haben den betroffenen Kräften und den Schulleitungen gegenüber mangelnde Fürsorge walten lassen, indem Sie die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel jahrelang nicht kontrolliert haben. Ich beziehe mich noch einmal auf das Beispiel Bäcker und Tankstellenbesitzer und sage: Jedem Bäcker und Tankstellenbesitzer, der in so großem Umfang und über so lange Zeit gegen Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht

und Steuerrecht verstoßen hätte, wie Sie das möglicherweise getan haben,

(Beifall bei der SPD - Björn Försterling [FDP]: Möglicherweise! - Heinz Rolfes [CDU]: Verleumderin!)

würde die Gewerbeerlaubnis entzogen.

Meine Damen und Herren, ich darf Frau Heiligenstadt mal eben unterbrechen. - Frau Heiligenstadt, Frau Korter möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.