Das betrifft nicht nur Flüchtlinge, sondern jetzt auch linke demokratisch Gesinnte. Sie verstoßen mit Ihrem Antrag zumindest gegen die Artikel 3, 4 und 5 des Grundgesetzes, wenn Sie eine zugelassene und demokratische Partei wie DIE LINKE kriminalisieren und diffamieren.
Was soll eigentlich geschehen, wenn sich DIE LINKE Ihnen nicht beugt, wie Sie es erwarten? Was planen Sie bezüglich linker Organisationen, Parteien und deren Wählerinnen und Wählern und Sympathisantinnen und Sympathisanten? Die Überwachung durch den Verfassungsschutz haben wir bereits. Folgt dann etwa wieder Berufsverbot? Folgen Beugehaft, Isolation aus der Gesellschaft?
(Björn Thümler [CDU]: Das hat man in der DDR gemacht! - Ulf Thiele [CDU]: Man soll nicht von sich auf andere schließen, Frau Wegner! - Zuruf von der CDU: Schauen Sie mal in den Spiegel! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
„Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben!“
Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die DDR war ein Unrechtsstaat.
Menschenrechte galten in diesem Regime nichts. Allein Tausend Flüchtlinge starben an der innerdeutschen Grenze. Daran wurde erst vor wenigen Wochen anlässlich des 50. Jahrestages des Mauerbaus erinnert.
Ich selbst war am 14. August dieses Jahres in Salzgitter und habe zusammen mit dem Bürgermeister von Salzgitter einen Kranz an der Gedenktafel der Zentralen Erfassungsstelle niedergelegt. Ich habe anschließend sehr intensive Gespräche mit den ehemaligen Leitern dieser Zentralen Erfassungsstelle geführt, u. a. mit Staatsanwalt Grasemann. Er hat sehr eindrucksvoll geschildert, welche Menschenrechtsverletzungen dort stattgefunden haben und dass dort 41 000 Vorermittlungsakten gesammelt wurden.
Ich kann Ihnen hier natürlich nicht alle Beispiele darstellen. Mir ist aber vor allem eines in Erinnerung geblieben. Das ist gar nicht einmal das abschreckendste, aber es zeigt, wie absurd dort geurteilt worden ist. Und zwar ist in der DDR jemand verurteilt worden, weil er einen Witz gegenüber dem Staatsratsvorsitzenden gemacht hat. In der Urteilsbegründung stand, dieser Witz sei so absurd gewesen, dass er nicht vor Gericht vorgetragen und auch nicht in dem Urteil festgehalten werden konnte. Derjenige wurde zu mehreren Monaten Haft verurteilt.
Dieses Beispiel führt vor Augen, dass Menschen willkürlich verhaftet und verurteilt worden sind, weil sie vielleicht dem Stasi-Regime nicht genehm waren. Meine Damen und Herren, insofern muss doch völlig klar sein, dass wir alles daransetzen müssen, dass das, was damals passiert ist, nicht in Vergessenheit gerät.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Nach den Debattenbeiträgen von der linken Seite des Hauses - übrigens auch dem Beitrag von dem sehr geschätzten Kollegen Bartling, aber auch von Herrn Briese - ist mir spontan noch eingefallen, dass eine Gedenkplakette in Salzgitter nicht ausreicht, sondern dass wir, solange es noch Zeitzeugen gibt, diese Ereignisse dokumentieren und aufarbeiten müssen, im Bildungsbereich, im Bereich der Schulen und der Erwachsenenbildung. Denn, meine Damen und Herren, es sieht so aus, als ob doch vieles schon in Vergessenheit geraten ist.
Ich sage das deshalb in diesem Zusammenhang, weil der Kollege Nacke mit Recht darauf hingewiesen hat, dass am 13. August nicht nur des Mauerbaus gedacht worden ist, sondern auch in einer Tageszeitung eine Überschrift auf der ersten Seite gestanden hat, die einen sprachlos gemacht haben muss: „Danke“ für die Mauer. - Wenn man den Artikel weiterliest, dann wird es allerdings wirklich perfide. Denn darin konnte man auch lesen, dass man in Dankbarkeit an das in Hohenschönhausen untergebrachte Stasi-Gefängnis erinnert - in Dankbarkeit! Meine Damen und Herren, in Hohenschönhausen waren während der DDR-Zeit politische Häftlinge eingesperrt. Hohenschönhausen war eine Folterstätte der Stasi. Menschen wurden dort gebrochen und Biografien zerstört.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass Sie das so nicht sagen wollten. Aber es muss doch klar sein, auch für Herrn Briese und für Herrn Bartling, dass es eine Selbstverständlichkeit für jedes Par
lament im wiedervereinigten Deutschland sein muss, ein Signal gegen diese unglaublichen Veröffentlichungen zu setzen. Deshalb ist es notwendig, sich damit auch politisch auseinanderzusetzen.
Ich sage Ihnen: Solange die Partei DIE LINKE hier im Niedersächsischen Landtag tätig ist und sich nicht eindeutig von der jungen Welt distanziert, meine Damen und Herren, dürfte es keine echte Zusammenarbeit, Gespräche, in irgendeiner Form geben. Denn das würde nichts anderes bedeuten, als dass man die Opfer des Stasi-Regimes verhöhnt. Deshalb warte ich auf ein Signal, von der ganz linken Seite, glaube ich, zwar vergebens, aber von der linken Seite des Hauses, meine Damen und Herren.
Dass es von der ganz linken Seite des Hauses kein Signal geben kann, ist klar; denn es gibt ganz enge Verknüpfungen der Partei DIE LINKE in Niedersachsen - auch von ihren führenden Persönlichkeiten - mit der jungen Welt. Es ist schon dargestellt worden, wer dort Redakteur gewesen ist - Frau Jelpke und andere -, das will ich nicht wiederholen. Aber ich erinnere daran: Am 13. August ist der erwähnte Artikel in der jungen Welt erschienen. Am 7. September erschien eine weitere Ausgabe der jungen Welt, in der Sie, Frau Flauger, eine „wunderbare“ Anzeige geschaltet haben. Damit haben Sie die junge Welt nicht nur mitfinanziert, sondern Sie haben sich damit eindeutig solidarisch erklärt.
Herr Dr. Sohn - ich habe ihn extra gefragt - hält Anteile an der jungen Welt und ist damit Miteigentümer der jungen Welt.
Meine Damen und Herren, wer noch nach dem 13. August dieses Jahres dazu steht, der muss sich im Prinzip vorhalten lassen, dass er auf der Seite der Täter und nicht der Opfer des StasiRegimes steht.
Meine Damen und Herren, ich wollte es eigentlich bei diesem Beispiel belassen. Alle anderen Punkte könnten genauso durchdekliniert werden. Aber was mich wirklich nachdenklich gemacht hat, war - ich sage es noch einmal - der Beitrag von Herrn
Bartling. Er hat sich hier hingestellt und gesagt „Ich will mich damit nicht befassen“ - um es vorsichtig auszudrücken. Deshalb, sehr geehrter Herr Bartling, müssen Sie sich schon fragen lassen, ob Sie sich hier im Parlament politisch nicht damit auseinandersetzen wollen, dass sich die Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE nicht eindeutig vom Unrechtsregime der SED-Diktatur distanziert und den Kommunismus nach wie vor ausdrücklich als Ziel ihrer Politik bezeichnet.
dass sich die Landesministerin a. D. Marianne Linke weigert, den zahlreichen Todesopfern an der Berliner Mauer in einer Schweigeminute zu gedenken? Wollen Sie sich tatsächlich politisch nicht damit auseinandersetzen, dass prominente Politiker der Partei DIE LINKE, wie etwa die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Jelpke, durch wiederholte Glückwünsche und Solidaritätsbekundungen an Ex-Stasi-Kader deutlich machen, dass sie auf der Seite der Täter und nicht auf der Seite der Opfer sind?
Sehr geehrter Herr Bartling, als ehemaliger Innenminister können Sie doch nicht hier erklären, dass Sie sich nicht politisch damit auseinandersetzen wollen, dass Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE Kontakte zu terroristischen Organisationen wie FARC, ETA oder PKK unterhalten,
zum Teil deren Interessen vertreten und sich vor allem nicht offen vom Antisemitismus der islamistischen Organisationen Hamas und Hisbollah distanzieren.
Schauen Sie sich den Antrag der Regierungsfraktionen an! Darin steht nicht, dass die Partei DIE LINKE verboten werden soll. Darin steht nicht, dass festgestellt werden soll, dass sie verfassungsfeindlich ist und deshalb verboten werden muss. Darin steht, dass man sich politisch davon distanzieren muss, wenn nicht ein ganz klares Signal von ihrer Seite kommt, dass sie sich von all den Dingen, die im Antrag aufgeführt worden sind, eindeutig distanziert.
In der Rede von Frau Zimmermann konnte man nichts, aber auch gar nichts davon spüren, dass sie merken würde, dass das, was ihre Parteigenossen, aber vor allen Dingen die Spitze dieser Partei und auch dieser Fraktion machen, wirklich nichts mit dem zu tun hat, was in unserem Grundgesetz, in der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, dokumentiert ist und was wir leben.
Meine Damen und Herren, deshalb ist es richtig, dass wir uns politisch damit auseinandersetzen. Es ist nicht so, wie Herr Sohn dies gerne wünscht, dass man den Kampf außerparlamentarisch führen muss. Nein! Der Kampf um die wahre Meinung und um das, was Demokratie ausmacht, gehört genau in dieses Parlament. Dafür müssen wir sorgen.
Für die Fraktion DIE LINKE, die um zusätzliche Redezeit geben hat, hat Herr Adler für zwei Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die mir jetzt noch zur Verfügung stehende kurze Redezeit erlaubt es nicht, auf alle Diffamierungen einzugehen, die wir gerade vom Innenminister gehört haben.