Protocol of the Session on September 13, 2011

Wenn man sich einmal ansieht, wer in der Vergangenheit - der Blick zurück ist ja auch immer wichtig - wie gewirtschaftet hat, dann ergibt sich ein vergleichsweise eindeutiges Bild: Rote Schuldenjahre in Rheinland-Pfalz, die höchste Nettokreditaufnahme in der Landesgeschichte 2010 unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Kurt Beck mit 2,3 Milliarden Euro. Rot-grüne Schuldenjahre in Nordrhein-Westfalen. SPD und Grüne haben die Schulden allein 2003 und 2004 um insgesamt 14 Milliarden Euro erhöht. Hannelore Kraft ist mittlerweile fest entschlossen, an diese Tradition anzuknüpfen. Grün-rote Schuldenjahre stehen den Bürgern jetzt in Baden-Württemberg bevor. Grün-Rot plant, die Schuldenbremse auf das Jahr 2020 zu verschieben.

Zu guter Letzt, meine Damen und Herren, erinnern wir uns auch an die roten Schuldenjahre hier bei uns in Niedersachsen. Die SPD ist bei uns für Rekordschulen verantwortlich. Der Doppelhaushalt 2002/2003 hatte eine Gesamtverschuldung von 6,5 Milliarden Euro. Wenn es eines Beweises bedurfte, dass Sozialdemokraten und Grüne schlicht und einfach nicht mit Geld umgehen können, dann ist es die Bilanz Ihrer Haushaltspolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich bin seit 2003 hier im Landtag. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Haushaltsdebatten, als Sie uns damals vorgeworfen haben, wir würden das Land kaputt sparen. Sie haben beispielsweise die Abschaffung der Bezirksregierungen kritisiert. Ich sage Ihnen: Mit der Verwaltungsmodernisierung und der konsequenten Haushaltspolitik von CDU und FDP haben wir erst den Spielraum erarbeitet, der es uns heute ermöglicht, in Bildung und Infrastruktur zu investieren.

(Johanne Modder [SPD]: Erklären Sie mal 1,6 Milliarden!)

200 Millionen Euro werden zusätzlich für die niedersächsischen Landesstraßen zur Verfügung gestellt. Eine neue Schulform wird finanziert, und die Klassen werden verkleinert. Zusätzlich 490

Referendare stellen sicher, dass wir auch in Zukunft Lehrerinnen und Lehrer in Niedersachsen haben. 8 Milliarden Euro und damit ein Drittel des Landeshaushalts geben wir für Bildung aus.

Zukunftsinvestitionen und Haushaltskonsolidierung gehören bei uns untrennbar zusammen. Herr Schostok, Herr Klein, Sie reden davon, wir machen das.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Klein gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dürr, eines muss man Ihnen lassen: Mutig sind Sie. Wie sich der Vorsitzende einer FDPFraktion hier hinstellen und Grünen sowie SPD mangelnde Kompetenz in Sachen Wirtschafts- und Finanzpolitik vorwerfen kann, ist mir schlicht schleierhaft. Vor vielen Jahren einmal sind Sie mit einem beeindruckenden Ergebnis in den Bundestag gewählt worden, weil Sie mit dem Versprechen angetreten sind, eine gute Wirtschafts- und Finanzpolitik zu machen.

(Zuruf: Das war ein Versprecher!)

Wie sind die weiteren Wahlen verlaufen? - Nachdem Sie die Chance hatten, all das, was Sie versprochen haben, unter Beweis zu stellen, sind Sie inzwischen bei 2 bis 3 % gelandet.

(Johanne Modder [SPD]: Eher 2 %!)

Das sollte Ihnen zu denken geben.

Sie sind als die Kompetenten in der Steuerpolitik angetreten. Sie wollten die Steuern vereinfachen. Das Erste, was Sie gemacht haben, war aber, die Mehrwertsteuern zu verkomplizieren. Sie sind angetreten, um Steuern zu senken. Sie wollten diese Steuern auch dann immer noch senken, als Ihnen die Schwarmintelligenz sämtlicher deutscher Bürgerinnen und Bürger das Gegenteil erklärt hatte. Trotzdem haben Sie daran festgehalten.

Jetzt haben Sie einen Bundes- und Landesvorsitzenden, der Ihren Appell an ruhige und stabile Aussagen in dieser Zeit offensichtlich nicht gehört hat, sondern mit wirklich blödsinnigen Äußerungen

den gesamten Finanzmarkt wieder aufscheucht - - -

(Glocke des Präsidenten)

Einen Satz noch, Herr Klein!

- - - und in diesem Land einen riesigen Schaden verursacht, den wirklich kein Mensch in irgendeiner Form akzeptieren kann. Sie hätten in letzter Zeit ruhig sein sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Dürr, wollen Sie erwidern? - Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Klein, auch ich höre Ihnen immer gern zu, gar keine Frage. Ich glaube, das sollten wir uns nach wie vor gegenseitig zugestehen.

Ich möchte noch einmal auf einen Punkt hinweisen. Im Jahr 2004 - Rot-Grün befand sich seinerzeit nicht gerade auf seinem Höhepunkt; das zum Thema Kompetenz bei Haushaltspolitik - haben sich die Strategen Gerhard Schröder und Joschka Fischer überlegt: Wie finanzieren wir all das, was wir den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland versprochen haben? - Dann sind die nach Paris gefahren und haben gesagt: Hören Sie mal zu. Das alles ist ganz schwierig. Wir müssen das im Prinzip über neue Schulden machen, und die Stabilität des Euro kann jetzt in solch einer Phase wohl nicht ganz so wichtig sein. - Wer Parteipolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, über Währungsstabilität stellt, der sollte sich hier sehr, sehr vorsichtig zu Wort melden, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen nur eines: Ich nehme die Krise, die wir derzeit in der Europäischen Union mit der gemeinsamen europäischen Währung haben, ohne Frage sehr, sehr ernst. Der Euro ist auch ein Friedensinstrument im vereinigten gemeinsamen Europa. Wir sollten alles dafür tun, dass die Länder, die jetzt Schwierigkeiten haben, zurück auf den

Pfad der Konsolidierung kommen, und dass die Länder, die in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet haben - wie auch Schwarz-Gelb in Berlin in den letzten zwei Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren -, durch Eurobonds nicht bestraft werden. Dafür steht die Solidität dort, und dafür steht die Solidität dieser Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Herr Dr. Sohn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist erstens vor allem ein Haushaltsentwurf der Angst vor dem eigenen Volk. Mit dem nämlich möchte Herr McAllister in dem Jahr, in dem ein neues Parlament gewählt wird, über eines auf keinen Fall sprechen, nämlich über die Verteilung der finanziellen Mittel des Landes. Diese Mittelverteilung aber ist das wichtigste Recht dieses Parlaments, und ausgerechnet das möchten die Schwarzen aus der demokratischen Willensbildung unseres Volkes heraushalten. Das gibt einen tiefen Einblick in die schwarze Seele dieser Patentdemokraten.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit ist das zweitens ein Haushalt der Missachtung des Parlaments. Artikel 7 unserer Verfassung - er stellt ein „insbesondere“ voran, Herr Jurist McAllister - besagt, dass es eines der hervorragendsten Rechte dieses Parlaments, und zwar jährlich, ist, die Haushalte zu beschließen. Natürlich ist das als ein jährliches Haushaltsrecht gedacht. Sie aber möchten dieses jährliche Haushaltsrecht jetzt zu einem Gelegenheitsrecht machen. Sie beginnen mit Zweijahresplänen. Man weiß angesichts der wunderlichen Wendungen von Frau Merkel ja nicht mehr, ob Sie irgendwann nicht bei Fünfjahresplänen landen, Herr Möllring.

(Zuruf von der CDU: Die hatten Sie doch damals!)

Ob Artikel 7 oder 71 - mit der Verfassung sind Sie eh auf Kriegsfuß. Ihr erster Entwurf - das ist durch Ihre Taten inzwischen quasi amtlich besiegelt - war ein Verstoßversuch gegen Artikel 71. Nun ist Herr Möllring als unser Oberfinanzminister ja ein Mann des flotten Wortes nach dem Motto: Legal, illegal, ganz egal. 71 ist ja eh nur ein Fetzen Papier. - Das

war doch der Kern Ihres Petitums für diesen Verfassungsverstoß. Aber Herr McAllister - das muss man ihm zugestehen - hatte immerhin so viel Angst vor dem eigenen Volk, dass er hier noch einmal die Notbremse gezogen und eine Kehrtwende um 180 Grad eingeleitet hat.

Das Ergebnis ist - das hat Herr Möllring in seiner ihm eigenen flapsigen Art schon gesagt -, dass dieses schöne Papier, die Mipla, jetzt regierungsamtlich empfohlen wird zur Abstützung wackliger Tische oder Stühle, als so eine Art Möbelergänzungsmaterial für FDP-Minister.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens ist das ein Haushalt des naiven Glaubens an herbeifantasierte Selbstheilungskräfte des Kapitalismus.

(Zurufe von der CDU)

Dabei hat man natürlich gesehen: Herr Dürr ist hinsichtlich der Selbstheilungskräfte nicht mehr ganz so optimistisch wie Herr Thümler. Ganz schussfest ist die FDP zum Glück nicht mehr. Herr Thümler hat es ja immer ganz ausführlich gesagt.

Dieser Glaube an die Selbstheilungskräfte fußt auf den sehr optimistischen Annahmen der Steuerschätzungen vom Mai. Die wiederum fußen auf dem Mantra der Wirtschaftsminister Brüderle und Rösler vom XXL-Aufschwung, der jetzt da sei und uns nie wieder verlassen werde. Das ist ja der Kern dieses herbeifantasierten Optimismus. Das aber wird sich als Illusion herausstellen. Herr Thümler, Sie können Ihren Kopf so tief in den Sand stecken, wie Sie wollen. Diese Krise ist eben nicht weg. Sie hat nur ihre Kleidung gewechselt.

Herr Thümler, was mich an Ihrer Rede am meisten beeindruckt hat, ist, dass Sie von Zeitungen umliegender Länder gesprochen und gesagt haben, diese Zeitungen würden jetzt vom German Jobwunder erzählen. Ich kenne weder polnische noch niederländische, noch französische oder dänische Zeitungen, die dies tun. Dies sind die umliegenden Länder. Ich weiß nicht, welche Zeitungen Sie da in Polen gefunden haben.

(Zuruf von Björn Thümler [CDU])

Der Kern dieser Krise aber ist - und deshalb kommt die in neuem Gewande zurück -: Es hat eine massive Umverteilung von unten nach oben gegeben.

Herr Schostok, ich fand, Ihre Rede war die beste Rede, die ich von Ihnen in der letzten Zeit gehört habe. Ich fand sie ziemlich großartig.

(Zurufe)

- Ja, die war wirklich gut. Ich muss jetzt wirklich einmal von Kollege zu Kollege sagen: Ich bin völlig neidlos davon begeistert, dass Sie bewiesen haben, dass Herr Möllring kein Realist, sondern ein Linealist ist. Das war wirklich große Klasse.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotzdem kann man Ihnen aber nicht ersparen, zu sagen: An dieser Umverteilungspolitik haben SPD, auch Grüne, FDP und die CDU sowieso gemeinsam gewerkelt. Das ist die historische Wahrheit. Und deshalb, Frau Modder, ist es übrigens auch so, dass die Linke unentbehrlich ist, um darauf aufzupassen, dass Ihnen das nicht wieder passiert, egal, ob in der Regierung oder in der Opposition. Sie ist in diesem Landtag deshalb unentbehrlich.