Protocol of the Session on July 1, 2011

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Frage: Seitens der Landesregierung wurde hier ausgeführt, dass man immer schauen müsse, ob man nicht weiter privatisiert, weil es ja Dinge zu optimieren und Kosten einzusparen gebe und Synergieeffekte zu nutzen gelte. Deshalb frage ich die Landesregierung: Wie weit sind Sie bereit, in Ihren Privatisierungsbestrebungen in den verschiedenen Bereichen zu gehen, und wo gibt es für Sie auch Grenzen der Privatisierung? Ich sehe diese Grenzen hier längst überschritten.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, bitte!

Die Landesregierung macht, wie ich es ja schon dargestellt habe, immer Organisationsüberprüfungen. Für mich ist es sinnvoll, dann zu privatisieren, wenn die Privaten es tatsächlich wirtschaftlicher machen können.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der Rest ist egal, Hauptsache wirtschaftlicher?)

Das müssen wir uns anschauen. Da muss man aber einen fairen Wettbewerb zwischen öffentlichem Dienst und den Privaten haben. Das muss man dann unter dem Strich auch bewerten.

Ich habe mir das in diesem Zusammenhang genau angeschaut und habe gesehen, dass zumindest in den nächsten zehn Jahren das Land bei der Privatisierung auch nicht unbedingt wirtschaftlicher dastehen würde, weil wir auf der einen Seite parallel noch das Landespersonal haben, das sehr spezialisiert ist, und auf der anderen Seite auch dann, wenn ich die Aufgabe sofort voll privatisiere, trotzdem noch die Kosten für die Räumung bzw. für die Entschärfung bezahlt werden müssen. Aus diesen Gründen ist es hier zumindest in den nächsten zehn Jahren wirtschaftlich wenig sinnvoll. Deshalb haben wir uns anders entschieden.

Frau Kollegin Twesten stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Herr Schünemann, wie bewertet die Landesregierung die Kampfmittelbeseitigung mit Blick auf die hohe Verantwortung gerade in diesem Bereich beim JadeWeserPort unter der Verantwortung des noch bestehenden Kampfmittelbeseitigungsdienstes?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte!

Da es da keine Änderungen gibt, wird es auch keine Verschlechterungen geben. Es muss auch keine Verbesserungen geben, weil in diesem Zusammenhang optimal gearbeitet wird.

Herr Kollege Adler stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Der Innenminister hat eben im Zusammenhang mit der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis davon gesprochen, dass Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und fachliche Qualifikation der beteiligten Personen geprüft werden, wenn das jetzt an Private übertragen wird. Mit welchem Verwaltungsmehraufwand rechnen Sie, um wiederum zu kontrollieren, dass das eingehalten wird?

(Zustimmung bei der LINKEN - Unru- he - Glocke des Präsidenten)

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass man sich auch in den Fraktionen auf Mündliche Anfragen vorbereitet. Aber wenn es eine neue Sachlage gibt, muss man die Fragen vielleicht auch anpassen.

Ich kann nur sagen, dass es gerade in dem Bereich, der zu 100 % privatisiert wird, auch schon private Firmen gegeben hat, die von Kommunen angefordert und eingesetzt worden sind. Deshalb gibt es dort überhaupt keine Veränderungen. Insofern erübrigt sich die Frage.

Der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass uns die Aufgabe der Kampfmittelbeseitigung dem Grunde nach und vom Umfang her leider auch auf längere Zeit erhalten bleibt und auch der Ablauf selbst so gut wie keine Effizienzsteigerungsmöglichkeiten bietet, frage ich die Landesregierung: Ist es richtig, dass sich bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung der Kosten im Grunde genommen so gut wie nichts ändert, sondern Kosten nur in betriebswirtschaftlicher Hinsicht verschoben werden?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte!

Nein, das ist nicht richtig. Weil wir die Luftbildauswertung an einer Stelle konzentrieren und an einen Dienstleister geben, der in diesem Bereich viel Know-how hat, gibt es in diesem Bereich eindeutige Synergieeffekte. Darüber hinaus gibt es im Ablauf beim Kampfmittelbeseitigungsdienst durchaus Effekte, sodass wir auch bei dem bestehenden Kampfmittelbeseitigungsdienst Verbesserungen im Ablauf und bei der Wirtschaftlichkeit haben werden, sodass wir insgesamt Einsparungen erzielen werden. Dabei wird es sich nicht um volkswirtschaftliche Einsparungen in Höhe von 1,35 Millionen Euro handeln, weil die Kommunen einen Teil übernehmen müssen; das ist richtig. Aber insgesamt werden wir durch diese Veränderungen - ich überschlage einmal - Einsparungen in der Größenordnung von einer halben Million Euro erzielen.

Herr Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt seine zweite Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage auch noch einmal wegen der Kosten für die Kommunen. Wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie von 800 000 bis 1 Million Euro gesprochen, die als Mehrbelastung auf die Kommunen zukommen. Ich frage, wie Sie mit der Ungleichverteilung dieser Mehrbelastungen umgehen wollen,

weil die Bomben und Kampfmittel sehr ungleich zwischen Stadt und Land verteilt sind. Wie gehen Sie damit um, dass einige Kommunen einen Löwenanteil dieser Mehrkosten tragen müssen, während andere eher entlastet werden? Wie sehen Sie dies vor dem Hintergrund der Konnexität und der Vorgabe, gleichwertige Lebensbedingungen im Land zu schaffen?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Meyer, die Konnexität kommt ins Spiel, wenn Aufgaben neu auf die Kommunen übertragen werden. Aber hier geht es nicht um eine Neuübertragung von Aufgaben, sondern die Kommunen haben diese Aufgabe. Insofern trifft das nicht zu.

Wir erbringen eine Billigkeitsleistung in diesem Zusammenhang. Der Kern dieser Billigkeitsleistung wird erhalten, indem wir die Kosten für die Entschärfung selbst nicht in Rechnung stellen, was wir übrigens zum Teil machen könnten. Dies wollen wir aber nicht tun.

Wir haben von Anfang an auch gesagt: Würden wir komplett privatisieren, würden wir auch Billigkeitsleistungen in der Größenordnung von 1 Million Euro zur Verfügung stellen. Dies werden wir jetzt nicht tun, sondern werden diese Million nehmen, um die Kosten beim Kampfmittelbeseitigungsdienst nicht zur Verfügung zu stellen. Da die Aufgaben so übertragen sind und es gesetzlich geregelt ist, dass diejenigen, die tatsächlich betroffen sind, die Kosten übernehmen müssen, sehen wir keine Möglichkeit, bei der Kostenerstattung eine Verschiebung vorzunehmen. Das ist so.

Bei der Übertragung von Aufgaben sind beispielsweise auch im Sozialbereich, gerade auch in der Jugendhilfe, die Kommunen unterschiedlich stark betroffen. Auch da gibt es durchaus regional unterschiedliche Probleme. Hier sind es Bomben, von denen die eine Region mehr betroffen ist als die andere. In anderen Bereichen sind andere Kommunen besonders betroffen. Das ist auch immer wieder vor dem Staatsgerichtshof ausgefochten worden. Aber der kommunale Finanzausgleich ist auch in diesem Zusammenhang durchaus richtig gewährleistet.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Kollegin Korter stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, habe ich Sie richtig verstanden, Sie wollen für das Land durch Ihr Modell der stärker privatisierten Kampfmittelbeseitigung, das aus meiner Sicht die Risiken für die Sicherheit erhöht, durch diese „Reform“ oder Veränderung etwas mehr als 1 Million Euro einsparen, und die Kommunen sollen dann diese 800 000 Euro bis 1 Million Euro aufbringen? Da sehe ich nicht so richtig die Einsparung. Halten Sie es als Innenminister eigentlich für legitim, den Kommunen, die ohnehin schon heftig belastet sind, auch noch diese Kosten aufzudrücken?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte!

Die Kommunen haben die Aufgabe, dies zu erledigen. In der Vergangenheit war es so, wie ich es dargestellt habe, dass sie die Kosten in einigen Fällen erstattet bekommen haben und in anderen Fällen nicht. Dieses System ist schlichtweg nicht sinnvoll und nicht vernünftig. Deshalb ist es sinnvoll, dass wir jetzt einen klaren Schnitt machen und die Kostenerstattung über den kommunalen Finanzausgleich sicherstellen, wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben. Wir haben jetzt aber eine klare Zuordnung in diesem Zusammenhang. Deshalb ist das nicht nur gerechtfertigt und nicht nur im Sinne des Landes, sondern auch eine Sache der Gerechtigkeit.

Frau Kollegin Flauger stellt ihre zweite Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass gerade von Herrn Schünemann auf meine letzte Frage hin ausgeführt wurde, dass er für die Grenzen seiner Privatisierungsbestrebungen lediglich das Kriterium der Wirtschaftlichkeit anlegt, sowie vor dem Hintergrund - - -

Nicht weiter „vor dem Hintergrund“! Bitte jetzt die Frage!

- - - dass wir den sensiblen Bereich der Kampfmittelräumung im staatlichen Bereich sehen möchten und nicht privatisiert sehen wollen, frage ich die Landesregierung noch einmal, welche weiteren Kriterien sie möglicherweise - falls überhaupt welche - an die Frage der Grenzen der Privatisierbarkeit anlegt.

Herr Minister!

Hier spielt die Sicherheit eine übergeordnete Rolle; das ist doch gar keine Frage. Aber wenn die Standards auch bei Privaten sichergestellt werden können und die Aufsicht gewährleistet werden kann, kann das kein K.-o.-Kriterium sein.

Weitere Meldungen zu Zusatzfragen liegen mir nicht vor.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ich hatte noch eine Wortmeldung abgegeben!)

- Das war vielleicht ein Missverständnis mit der Schriftführerin. Herr Hagenah, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Schünemann bei den von ihm prognostizierten maximalen Einsparungen von 1,3 Millionen Euro aufseiten des Landes Mehrbelastungen von 1 Million Euro aufseiten der Kommunen in Kauf nimmt, ob das Land aufgrund dieser eindeutigen Mehrbelastung für die kommunale Seite in Niedersachsen den Anteil im kommunalen Finanzausgleich für die Bombenräumungen um diesen Betrag erhöhen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Nein, dies ist nicht vorgesehen, weil beim kommunalen Finanzausgleich nicht für jede Aufgabe im Detail definiert wird,