Protocol of the Session on June 29, 2011

ich gehe davon aus, dass Sie wissen, was „Veranschlagungsreife“ bedeutet.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Das stimmt!)

Noch einmal detailliert zur Großen Anfrage: Es sind 47 Punkte, darunter 21 Unterpunkte, thematisiert worden. 62 Fragen mussten die Mitarbeiter der Landesregierung beantworten. Einige davon waren tatsächlich sehr bizarr. So wurde die Taktfrequenz der Schnellbusverbindung abgefragt. Das ist besonders skurril; denn wenn Herr Adler mit dem Fahrrad durch Oldenburg fährt, kann er selbst beobachten, dass direkt vor der Uni schon jetzt ein Bus nach Groningen abfährt. Das ist also schon jetzt ganz einfach. Auch nach den Übernachtungsmöglichkeiten für 40 Studierende in Oldenburg und Groningen zu fragen, halte ich für übertrieben.

Die Ministerin hat zu der Pressemitteilung - auch die Kollegen haben es deutlich gemacht, auch Herr Wulf - Stellung genommen. Ich versuche es einmal auf diesem Wege: Ich lade Sie zu einem Gedankenexperiment ein. Zu dieser späten Stunde kann das sicherlich nicht verkehrt sein. Stellen Sie sich einmal vor, der Kollege Hans-Henning Adler und andere Kollegen aus der Partei DIE LINKE hätten zu der Zeit der Veröffentlichung des Kommunistischen Manifests gelebt. Dann hätten sie wahrscheinlich zu Karl Marx und Friedrich Engels gesagt: Euer Kommunismus ist eine Totgeburt; denn das Kommunistische Manifest enthält keine Reisekostenverordnung für junge Pioniere! Und überhaupt: Wie kommen die mit dem Bus zu Parteitagen? Und wo können die später in Berlin übernachten? Euer Kommunismus ist eine Totgeburt, er funktioniert nicht! - Das war dann doch etwas sehr platt in der Presseerklärung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Victor Perli [LINKE]: Humor ist Ihre Sache nicht!)

Die Mitarbeiter der Landesregierung mussten sich mit Kostenvergleichen zu Göttingen und Hannover beschäftigen. Sie haben in den vorangegangenen Sitzungen bereits Elegien auf das Gesundheitssystem in Kuba gesungen. Deshalb können die Mitarbeiter froh sein, dass sie nicht auch noch Vergleiche zu Havanna ziehen mussten. Aber nun gut.

Herr Dr. Siemer, gestatten Sie ein Zwischenfrage?

Da ich ohnehin gleich am Ende meiner Ausführungen bin, erübrigt sich das.

Ich fasse zusammen: Die European Medical School Groningen-Oldenburg wird ein Erfolg. Sie hat ein innovatives Konzept. Was entscheidend ist: Es passt in die Zeit und ist für den Nordwesten und Niedersachsen ein großer Gewinn. Insbesondere freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit den Freunden in den Niederlanden. Da haben wir mit Groningen einen ganz hervorragenden Partner gefunden. Wir sind dort auf einem guten Wege, und die Wissenschaftspolitik ist bei dieser Landesregierung auch über 2013 hinaus in guten Händen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun Frau von BelowNeufeldt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fange einmal so an: Groningen und Oldenburg - eine innovative Konzeption auf gutem Wege! Ich bin nämlich Optimist.

(Zustimmung bei der CDU)

Es ist gut und wird auch von meiner Fraktion grundsätzlich sehr begrüßt, dass diese neue Medizinische Fakultät im Nordwesten mit zunächst 40 Plätzen eingerichtet werden soll. Herr Wulf, da sind wir einmal einer Meinung. Es ist gut, dass die Medizinstudienplätze im Nordwesten geschaffen werden; denn das ist in dieser Region ganz neu. Das Bundesland Bremen bietet keine Medizinische Fakultät und investiert nicht ins Medizinstudium. Der mit 30 000 Euro dotierte NordWest Award der Bremer Landesbank für das EMS-Konzept lässt allerdings etwas hoffen.

Die von der SPD gewünschte Einrichtung zum Wintersemester 2011/2012 wegen des doppelten Abiturjahrgangs ist nicht realisierbar. Das haben wir alle gehört und verstanden. Schließlich muss ein Konzept gründungsreif entwickelt werden, das für die niederländische Hochschule in Groningen Bachelor- und Masterabschlüsse vorsieht, in Deutschland aber mit dem modular aufgebauten Studium zum Staatsexamen führt. Das ist wichtig; denn die deutsche Approbationsordnung ist unverändert. Sie regelt Niederlassung und Behandlung.

Das ist vielleicht auch die Antwort an Sie, Frau Dr. Heinen-Kljajić.

Der heutige Zeitplan der Landesregierung sieht den Start für das Wintersemester 2012/2013 vor, was aus meiner Sicht auch noch recht ambitioniert ist; denn es sind noch einige sehr wichtige Fragen zu besprechen. Die geplanten künftigen Stellen sind zwar bereits zugeordnet, und auch die Anschubfinanzierung aus dem VW-Vorab sieht gesichert aus. Aber einer näheren Betrachtung bedarf sicherlich noch der gesamte Finanzbedarf nach dem Start auch für den von mir gewünschten und befürworteten Dauerbetrieb.

Zu begrüßen ist, dass zwei neuartige Forschungsschwerpunkte an der EMS für Niedersachsen geplant werden, nämlich Neuro-Sensorik und Versorgungsforschung. Beide sind innovativ und zukunftsweisend. Für die Gesunderhaltung kann man vielfach selbstverständlich selbst etwas tun, ganz individuell, aber Gesundheit und Lebensqualität müssen oft durch medizinische Berufe wiederhergestellt werden, wenn die Gesunderhaltung eben nicht möglich war. Genau dafür soll nun die EMS mit neuen Lehrkonzepten eingerichtet werden. Das ist zu begrüßen und sichert einen praxis- und berufsorientierten Qualitätsstandard.

Was mich als Liberale aber auch ganz besonders anspricht, sind die Möglichkeiten vor Ort, die sich im Umfeld der EMS ergeben könnten, nämlich für die Ansiedlung von Life-Science-Unternehmen. Schon heute hat sich in der Region Oldenburg ein interessanter und starker Zweig der Gesundheitswirtschaft entwickelt. Für sie und viele weitere Unternehmer erwarte ich von der EMS gute und zukunftsweisende Impulse.

Aber ich würde mir auch wünschen, dass mehr als nur 60 % der Absolventen als Ärzte tätig sein werden. Immer mehr junge Frauen studieren Medizin. Es ist deshalb ganz besonders wichtig, schon in den klinischen Semestern die familiengerechte Ausgestaltung des Berufs zu vermitteln und vorzuleben. Das ist ein Thema, das ich unbedingt mit der Einrichtung der EMS verknüpft sehen möchte.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Wenn die klinische Tätigkeit attraktiv ist, haben wir künftig die notwendigen Ärzte in den Krankenhäusern in der Fläche.

Noch einmal zur Finanzierung: Mich freut, dass die Anschubfinanzierung nun gesichert ist. Aber an dieser Stelle darf die Schuldenbremse nicht uner

wähnt bleiben. Sie wird auch von der SPD unterstützt. Insgesamt bin ich aber zuversichtlich.

Fast zum Schluss noch ein Gedanke zu Europa: Das Projekt kann ein echter Leuchtturm werden!

Ich komme zum Schluss. Ja zur EMS, auch wenn noch wichtige Fragen zu klären sind. Damit meine ich mit Blick auf die Linke bestimmt nicht Busverbindungen oder Studienbeiträge. Auch ich finde Ihre Presseerklärung unerträglich.

Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern des MWK für die Beantwortung der Großen Anfrage.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Adler hat sich zu einer Kurzintervention auf den Beitrag von Frau von Below-Neufeldt gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten Redezeit. Bitte schön, Herr Adler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier sind mehrere Rednerinnen und Redner der Versuchung erlegen, die Frage nach den Busverbindungen ins Lächerliche zu ziehen. Nach dem uns vorliegenden Konzept sollen die Studierenden zwischen den beiden Studienorten pendeln. Man muss sich einmal die gegenwärtigen Verkehrsverbindungen zwischen Oldenburg und Groningen angucken. Mit dem Zug können Sie das vergessen. Es gibt einen privaten Bus, der derzeit zwischen diesen beiden Städten hin- und herfährt. Seine Kapazitäten sind aber nicht ausreichend. Deshalb muss man sich über diese Fragen Gedanken machen. Machen Sie eine solche Frage nicht lächerlich; denn die Studentinnen und Studenten werden mit diesem Bus fahren müssen. Sie müssen die Möglichkeit haben, zeitnah den anderen Studienort zu erreichen. Die wollen in Groningen ja nicht unbedingt eine Zweitwohnung nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin Wanka hat noch einmal um das Wort gebeten. Das erteile ich Ihnen jetzt. Bitte schön, Frau Ministerin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz kurz zu den Studienplätzen, die hier mehrfach angesprochen worden sind. Gerade auf der linken Seite des Hauses kann man, wenn es um Bildungs- und Wissenschaftspolitik geht, immer eine ziemlich starke abwehrende und skeptische Haltung gegenüber dem föderalen System feststellen. Wenn man hier aber die Rechnungen hört, ist es so, als wenn Niedersachsen eine autonome Republik wäre, d. h. dass wir an jeder Stelle genau entsprechend dem Bedarf im Land ausbilden. So funktioniert es im Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland aber nicht. Das ist völlig klar. In der Bundesrepublik wird jeder dritte Veterinärmediziner in Hannover ausgebildet. Wir haben zwar eine Menge Pferde, aber so viele Veterinärmediziner brauchen wir in Niedersachsen nicht.

Ich habe hier schon mehrfach vorgetragen, dass es in der Bundesrepublik Deutschland keinen Mangel an Medizinstudenten gibt, auch wenn dies zum Teil anders gesehen wird. Was wir jedoch brauchen, sind Mediziner, die sich als Allgemeinmediziner niederlassen und auch aufs Land gehen wollen. Dazu habe ich vorhin gesagt: Das, was wir in diesem Studiengang machen - Hausärzte einzubeziehen -, ist außerordentlich wichtig. Wir würden nicht einfach nur 40 zusätzliche Plätze einrichten, wenn es normale Medizinstudenten wären, sondern hier besteht eine Sondersituation.

Herr Wulf, zu den konkreten Zahlen. Na klar kriegen Sie konkrete Zahlen! Das ist doch völlig klar. Sie sind doch ein erfahrener Parlamentarier und wissen, dass die Landesregierung nicht schon vor ihrer Haushaltsklausur anfängt, mit Eurobeträgen um sich zu werfen.

Was die Schnelligkeit angeht, so bin ich Frau Heinen-Kljajić für ihr Verständnis für universitäre Prozesse dankbar. Die Entscheidung im Wissenschaftsrat ist Ende letzten Jahres gefallen. Jetzt haben wir Juni. Wir haben einen Gründungsausschuss, einen Gründungsdekan und viele andere Dinge mehr. Wir haben uns wirklich fast überschlagen und haben mit einer hohen Intensität gearbeitet. Weitere Informationen folgen. Ich berufe einen Gründungsausschuss doch nicht, wenn es für ihn nichts zu tun gibt, weil schon alles vorher geklärt und von den Ministerialbeamten entschieden worden ist. Das ist doch nicht der Sinn der Sache.

Ein letzter Punkt: Hier wird unter Krokodilstränen immer wieder über den Eigenanteil der Universität gesprochen. Aber klar: Diese Universität muss in Form von Ressourcen einen Eigenanteil leisten. Was meinen Sie, was passieren würde, wenn jede Universität in diesem Land eine Idee entwickeln und fordern würde, diese Idee additiv zu ihrem sonstigen System zu 100 % finanziert zu bekommen? - Nein, es müssen inhaltliche Anknüpfungspunkte sein, und es muss ein Eigenbeitrag geleistet werden. Der ist realistisch, und darüber verhandeln wir mit der Universität. Ich glaube, nur dann, wenn sich außer dem Land auch alle anderen Beteiligten engagieren, funktioniert es.

(Zustimmung bei der CDU - Victor Perli [LINKE]: Was ist Ihre Position dabei?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich stelle fest, dass die Besprechung der Großen Anfrage damit abgeschlossen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Niedersachsen braucht Nachwuchs. Wenn Abgeordnete dazu beitragen, dass das funktioniert, dann ist das umso schöner. Wir gratulieren Herrn Seefried herzlich dazu, dass er Papa geworden ist!

(Lebhafter Beifall)

Alles Gute allen Beteiligten! Der Nachwuchs heißt Jasper.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Abschließende Beratung: Bildungspaket als Schwung für den Ausbau von schulischer Sozialarbeit nutzen und bessere Rahmenbedingungen für Schulpsychologie, Beratungslehrkräfte und schulische Sozialarbeit schaffen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3422 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/3695

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Brammer für die SPDFraktion. Sie haben jetzt das Wort, Herr Brammer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag fordert die SPD-Fraktion, dass endlich das immer wieder angekündigte Konzept für ein Beratungs- und Unterstützungssystem an allen Schulen vorgelegt und umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD)