Gemessen an diesen Erwartungen, ist der vorliegende Pakt eine große Enttäuschung. Die Bundesregierung hat nicht einmal 20 % des Bedarfs von 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Niedersachsens Hochschulen können jetzt mit bis zu 15 Millionen Euro jährlich rechnen. Pro Student sind das etwa 100 Euro oder auch maximal ein zusätzliches Tutorium pro Semester und Student.
Das ist keine wirksame Förderung. Aber das will der Pakt auch nicht. Der Pakt will neue Leuchttürme schaffen und ein Gegeneinander der Hoch
schullehre forcieren. Stattdessen brauchen wir aber eine flächendeckende Verbesserung der Lehrbedingungen.
15 Millionen Euro sind kein Schritt in die falsche Richtung. Aber sie reichen überhaupt nicht aus, um eine tatsächliche Verbesserung herbeizuführen. Man vergleiche nur mit den Summen, die zusätzlich in die Forschung fließen! Für die Exzellenzinitiative II stehen binnen fünf Jahren 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Für den Qualitätspakt für die Lehre stehen binnen zehn Jahren nur 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Lehre wird unzureichend gewürdigt.
Meine Damen und Herren, nun zu den Studiengebühren. Diese Landesregierung ist doch noch für eine Überraschung gut. In der Begründung des Gesetzentwurfs räumt sie erstmals ein, dass durch den Wegfall von Studiengebühren ein Anreiz für die frühzeitige Studienaufnahme gesetzt werde.
Im Umkehrschluss heißt das: Studiengebühren schrecken ab. Herr McAllister, Frau Wanka, zu dieser Erkenntnis darf man Ihnen gratulieren.
Aber Sie sind völlig inkonsequent. Richtig wäre es, den Anreiz zur Studienaufnahme auch auf die Volljährigen auszuweiten. Sie fallen hinter Ihre eigene Argumentation zurück, wenn Sie nur den Minderjährigen die Studiengebühren erlassen. Dadurch wird das System keinen Deut besser. Niedersachsen bleibt Gebühreninsel, Niedersachsen hat weiterhin die striktesten und teuersten Regelungen bundesweit und benachteiligt seine Landeskinder und die Hochschulstandorte gleichermaßen.
Dabei gibt es Alternativen. Diese liegen im Änderungsantrag der Linken vor. Wir wollen die Studiengebühren für alle abschaffen. Wir wollen nicht nur die Studiengebühren für das Erststudium, sondern auch die Langzeitstudiengebühren und auch die Verwaltungskostenbeiträge abschaffen. Das Geld ist jetzt da. Die Steuerschätzungen haben deutliche Mehreinnahmen signalisiert. Damit können wir die Gebührenfreiheit an den Hochschulen bezahlen.
(Beifall bei der LINKEN - Almuth von Below-Neufeldt [FDP]: Das ist schlicht Unsinn! - Zurufe von der CDU - Glo- cke des Präsidenten)
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der vorliegende Gesetzentwurf ist der Beweis dafür, dass Sie beim Thema Studiengebühren mit Ihrem Latein am Ende sind. Sie sind gescheitert, Sie drehen und winden sich, aber am Ende ist alles umsonst. Halten Sie es doch mit Bertolt Brecht: Wer A sagt, muss nicht B sagen; er kann auch feststellen, dass A falsch war. Schaffen Sie die Niedersachsensteuer endlich ab!
(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Das haben wir doch alles schon gehört! Die Platte kratzt schon ziemlich!)
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass auch die Frau Ministerin das Wort nehmen möchte. Bitte schön, Frau Wanka!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt. Er besteht aus zwei Teilen. In dem einen Teil geht es darum, dass minderjährige Studierende keine Studienbeiträge zahlen sollen. Wir haben gehört, dass man aus prinzipiellen Erwägungen dagegen ist. Ich glaube, das verwundert niemanden. Das war in gewisser Weise zu erwarten.
Aber ich möchte noch einige deutliche Worte zu dem sagen, was ich immer wieder höre, was aber dennoch falsch ist. Durch Wiederholung wird etwas nicht unbedingt richtig.
Alle Aussagen - nicht nur die des Stifterverbandes, sondern z. B. auch in Hochschulen auf einen Blick - machen deutlich: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Wanderungsbewegung und Studiengebühren.
Die Länder mit der größten Anziehungskraft für Studenten sind gerade die Länder, in denen es Studiengebühren gab.
Bayern und Baden-Württemberg sind diese Länder. Wanderungsbewegungen gibt es in Ländern mit und ohne Studiengebühren. Brandenburg hat keine Studiengebühren, aber prozentual die höchste Abwanderungsquote zu verzeichnen, und zwar - das ist klar - durch Berlin. Niedersachsen - Lutz Stratmann hat es immer wieder gesagt - ist ein Land, in dem es, solange es hier Studenten gibt, große negative Wanderungssalden gibt. Das hat etwas mit Hamburg zu tun, das hat etwas mit Bremen zu tun, die innerhalb des Landes liegen und natürlich als Stadtstaaten immer attraktiv sind.
Aber so niedrig, wie die Wanderungssalden jetzt sind, waren sie zu Ihrer Zeit, Frau Andretta, nicht. Da hat sich enorm viel gebessert.
Es wird immer von sozialer Benachteiligung gesprochen und davon, Studiengebühren stießen junge Menschen ab, die aus bildungsfernen Schichten kämen.
Bis zum Jahr 2005 gab es in der Bundesrepublik keine Studienbeiträge, keine Studiengebühren für das Erststudium. Wir sind das Land, in dem der Anteil der Studierenden aus sozial schwachen Schichten mit 10 % bis 11 % besonders niedrig ist. Länder wie Kanada oder andere mit Studiengebühren haben ganz andere Zahlen.
Das heißt, ein Zusammenhang zwischen Gebühren und geringer Anzahl Studierender aus bildungsfernen Schichten ist nicht nachweisbar. Auch wenn Sie es immer wiederholen, ist es trotzdem falsch.
Jetzt zu dem, was falsch verstanden worden ist. Ich erkläre es gern noch einmal, Herr Perli. Auch Frau Heinen-Kljajić hat uns da falsch verstanden.
Studienbeiträge sind nirgendwo per se gut oder schlecht. Man kann nicht sagen, Studienbeiträge seien gut oder schlecht.
Es hängt immer davon ab, wie das System gestrickt ist. In Niedersachsen erhält man in dem Moment, in dem man sich an einer Hochschule einschreibt, einen Kredit für die Zeit des Studiums, für die gesamten Studienbeiträge. Das sind 4 000 Euro bis 5 000 Euro, je nachdem, wie lange man studieren will. Die Verzinsung beträgt jetzt 3,6 %, Frau Andretta. Wenn man nach Beendigung des Studiums 20 Jahre Zeit zum Abzahlen hat, so sind das 50 Euro im Monat. - Das ist die Situation.
Es ist auch wichtig, dass das unkompliziert ist. Es wird nur von einem niedrigen Anteil der Studenten in Anspruch genommen. Es sind unter 10 %.
- Weil sie eine Oma haben oder Eltern, und weil sofort bezahlt wird. Notwendig wäre es nicht. Das Prinzip bei diesen Studienbeiträgen ist - das finde ich richtig -, dass der junge Mensch selbst entscheiden kann. Er muss nicht bei Oma oder bei den Eltern fragen, sondern er kann sagen: Ich nehme ein Risiko von 4 000 Euro auf, und wenn ich hinterher Chirurg bin, zahle ich sie ab und habe 20 Jahre Zeit dafür.
Aber, meine Damen und Herren, das gilt nicht für junge Menschen unter 18 Jahren. Wenn man unter 18 ist und sich einschreibt, bekommt man diesen Kredit nicht. So sind die Regeln in Niedersachsen. Die Eltern müssen dann zustimmen, und das Familiengericht muss Ja sagen. Das ist natürlich eine Hürde, und das widerspricht unserem Anspruch, dass der junge Mensch selbst entscheiden soll, ob er 4 000 Euro aufnimmt oder nicht. Deshalb der Anreiz, damit sie jung anfangen, indem diese Hürde, die für alle anderen nicht vorhanden ist - diese können selbst entscheiden -, weggenommen wird, sodass junge Menschen auch in der Zeit, in der sie noch nicht volljährig sind, eben nicht die Eltern oder das Familiengericht fragen müssen. Das ist ganz logisch und konsequent so, wie Studienbeiträge in Niedersachsen gedacht sind.
Natürlich wollen wir die Wanderungsbewegungen. Wir wollen, dass mehr im Land bleiben. Dafür unternehmen wir auch Anstrengungen. Wir wollen auch mehr Studenten. Jetzt wird geringschätzig gesagt: Nun ja, alle steigern sich. Es gibt die geburtenstarken Jahrgänge, den doppelten Abitur
jahrgang. Der doppelte Abiturjahrgang kommt erst. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Steigerung 4 %. In Niedersachsen liegt sie bei 6 %. Ganz so schlecht, wie man uns einzureden versucht, sind wir also nicht. Bei dem, was neu hereinkommt, haben wir überproportionale Steigerungsquoten.
- Ja, ganz aktuell. - Auch ich zitiere auch HIS. HIS ist wirklich nicht verdächtigt, ideologisch zu sein. HIS sagt 2011:
„Die Ergebnisse des HIS-Studienqualitätsmonitors weisen in die Richtung, dass die Lehrqualität in den Gebührenländern stärker zugenommen hat als in den gebührenfreien Ländern.“
Dass wir bundesweit mit Spitzenreiter sind, was den Erfolg der Abschlüsse anbetrifft, ist auch ein Indiz für die gute Qualität. Wenn weniger junge Menschen zum Studium kommen, zählt Qualität. Das ist ein Punkt, der sich langfristig auszahlt.
Der zweite Punkt der Änderung des Gesetzentwurfs betraf Qualität. Viele Jahre lang hat es in Deutschland kein frisches Geld im Hochschulsystem gegeben. Wir haben frisches Geld durch Exzellenzinitiativen und durch den Hochschulpakt 2020 bekommen. Jetzt kommt es: Wir haben für die nächsten Jahre 1 Milliarde Euro für die Qualität der Lehre bekommen, Herr Perli. - Dieses Geld wird ohne Kofinanzierung des Landes zu 100 % vom Bund bezahlt. Der Bund will, dass dieses Geld für eine Qualitätsverbesserung der Lehre eingesetzt wird. Er will nicht, dass man das Geld nimmt und damit versucht, die Kapazitäten auszuweiten. Deswegen hat der Bund gesagt, dass sichergestellt werden muss, dass die temporäre Förderung, die nicht automatisch unter das Kapazitätsrecht fällt, wirklich für eine Qualitätssteigerung verwendet wird. Das ist der zweite Teil des Gesetzes.
In Niedersachsen ist Gesetz, dass dieses zusätzliche Geld wirklich genommen wird, um eine bessere Qualität zu erreichen. Wir haben im letzten Jahr dafür gekämpft, dass es kein Windhundrennen gibt. Das heißt, nicht derjenige, der den besten Antrag stellt, bekommt sofort Geld, sondern Niedersachsen hat mitverhandelt und erreicht, dass wir ebenso wie alle anderen Bundesländer eine be