Protocol of the Session on May 26, 2011

Nein, es wurde in diesem Fall auch politisch entschieden - weil die IZBB-Mittel in Anspruch genommen wurden -, dass die Ganztagsschule mit wenig Mitteln ausgebaut wird unter Inkaufnahme der tatsächlichen Probleme, die im Hause regelmäßig erörtert worden sind. Sie haben seit 2003 - zum Teil war das unter Ihrer Verantwortung, zum Teil auch unter der Verantwortung anderer Ministerinnen oder Minister - Verantwortung für die Bildungspolitik in diesem Bereich. In jedem Fall waren Sie persönlich genauso wie die Fraktionen von CDU und FDP bei den Haushaltsbeschlüssen zur

Ausstattung der Ganztagsschule mit beteiligt. Tun Sie hier nicht so, als sei das Ganze ganz plötzlich vom Himmel gefallen. Der eigentliche Skandal ist, dass Sie davor die Augen verschließen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, auch die Fraktion DIE LINKE hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Sie haben 90 Sekunden, Frau Reichwaldt.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Minister Althusmann, auch ich kann das nicht so stehenlassen. Sie haben eben minutiös aufgeführt, ab wann Sie versucht haben, Licht in diese Angelegenheit zu bringen. Aber es kann doch nicht sein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium mit geschlossenen Augen oder Ohren arbeiten; es musste doch allen Beteiligten klar sein, dass die Gefahr der Rechtswidrigkeit dieser Verträge besteht. Warum ist dann diese Praxis nicht gestoppt worden? - Denn ab 2007 sind diese Verträge weiter abgeschlossen worden.

Die strafrechtliche Frage ist tatsächlich Sache der Staatsanwaltschaft. Aber es geht hier auch um politische Verantwortung, und so kommen Sie da nicht raus!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dass Sie dieses Risiko in Kauf genommen haben, haben Sie nach den mir vorliegenden Informationen intern bestätigt. Diese Verträge mit dem Risiko des Sozialversicherungsbetrugs weiterlaufen zu lassen, haben Sie in Kauf genommen.

In einem haben Sie aber im Grunde genommen recht: Es sollte nicht um die Vergangenheit gehen. Was wir brauchen - und das steht in unserem Antrag -, ist ein vernünftiges Ganztagsmodell.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, auch die FDP-Fraktion hat den Wunsch nach zusätzlicher Redezeit geäußert. Herr Försterling, auch Sie haben 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass das deutsche Sozialversicherungs

recht nicht ganz einfach zu verstehen ist, konnten wir an dem vom Kollegen Borngräber vorgetragenen Zitat feststellen, der nämlich genau die Stelle zitiert hat, an der das Kultusministerium - seit 2004 - den Schulen den richtigen Rechtshinweis gegeben hat, dass dort, wo schon ein Arbeitsverhältnis mit einem pädagogischen Mitarbeiter besteht, kein weiteres Arbeitsverhältnis auf der Basis geringfügiger Beschäftigung abgeschlossen werden kann,

(Ralf Borngräber [SPD]: Das war 2004 bekannt!)

weil es dann ein- und derselbe Arbeitgeber ist und es sich sozusagen um ein Gesamtarbeitsverhältnis handelt. Da hat Herr Kollege Borngräber also genau die richtige Stelle zitiert, an der das Kultusministerium seit 2004 richtig agiert hat.

Frau Heiligenstadt, wenn Sie uns hier skandalöses Verhalten vorwerfen, dann frage ich Sie: Wie war denn die Situation vor 2003? - Das war der eigentliche Skandal. Sie haben uns einen Schuldenberg hinterlassen, Sie haben kommenden Generationen einen Schuldenberg hinterlassen.

(Lachen bei der SPD)

Das Einzige, was Sie getan haben, war, Leuchtturmprojekte wie Ihre heißgeliebten Integrierten Gesamtschulen zu fördern, die Sie zu voll ausgestatteten Ganztagsschulen gemacht haben.

(Zurufe von der SPD)

Alle anderen Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen haben ins leere Rohr geguckt, weil Sie nur Ihre Leuchttürme gefördert haben. Das war der bildungspolitische Skandal.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, zu dem Thema ist zumindest heute alles gesagt.

(Zustimmung bei der CDU)

Es liegt keine weitere Wortmeldung mehr vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/3211 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen bekanntgeben, dass wir laut Tagesordnung eigentlich 16.55 Uhr haben sollten. Es ist jedoch bereits 18.18 Uhr. Wir haben noch vier Tagesordnungspunkte vor uns. Welche Rückschlüsse Sie daraus ziehen, weiß ich nicht. Ich kann nur daran appellieren, dass Sie daran denken, dass heute noch die Parlamentarischen Abende des Beamtenbundes und der Windenergie stattfinden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Abschließende Beratung: Kinderrechte mit Leben füllen - Kinderkommission des Niedersächsischen Landtags einrichten - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3418 - Beschlussempfehlung des Ältestenrats - Drs. 16/3612

Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Frau Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eröffnet die Beratung. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Bundestag hat eine, Bayern hat eine, und wir finden, auch Niedersachsen braucht eine Kinderkommission. Darin sind sich zumindest SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linken einig.

Wir haben den Antrag direkt eingebracht und diskutieren hier im Plenum zum ersten Mal darüber. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, Ihnen die Grundzüge dieses Antrags nahezubringen. Wir wollen ein Gremium schaffen, in dem die Belange und Interessen von Kindern und Jugendlichen parteiübergreifend behandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Schwerpunkte der Arbeit der Kinderkommission sollen folgende fünf Punkte sein:

Erstens. Die Chancengerechtigkeit soll verbessert werden. Wir brauchen dazu eine bessere Bildungslandschaft in Niedersachsen und müssen die soziale Integration stärken. Es ist kein niedersächsisches Problem, dass der Bildungserfolg von der sozialen Herkunft abhängt, sondern ein bundes

deutsches. Aber Niedersachsen muss sich damit befassen.

Zweitens. Wir wollen, dass das gewaltfreie Aufwachsen in Niedersachsen verbessert wird. Das betrifft die physische Gewalt, aber auch die psychische Gewalt.

Drittens. Wir wollen, dass das gesunde Leben für Kinder und Jugendliche insgesamt verbessert wird. Dazu gehören gesunde Lebensbedingungen in Niedersachsen. Hierbei spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine besondere Rolle, das in einer solchen Kinderkommission diskutiert werden muss.

Viertens. Die Verbesserung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen ist ein zentraler Punkt in der UN-Kinderrechtskonvention. Dabei geht es nicht nur darum, dass Demokratie gelernt werden muss, sondern auch darum, dass unsere politischen Entscheidungen verbessert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir alle wissen, dass Kinder Experten in eigener Sache sind. Ich meine, es täte der einen oder anderen Schuldiskussion gut, wenn man auch Kinder und Jugendliche dazu anhören würde.

Fünftens. Die Verhinderung von Kinderarmut in Niedersachsen ist ein weiterer Punkt. Sie wissen, dass inzwischen jedes fünfte Kind in unserem Bundesland von Kinderarmut bedroht ist. Die engagierte Diskussion um das Bildungs- und Teilhabepaket heute Morgen hat zumindest gezeigt, dass dieses Thema uns alle angeht - auch wenn der Geräuschpegel auf der rechten Seite des Hauses momentan nicht darauf schließen lässt.

Die Kinderkommission soll nicht nur ein Gesprächskreis sein, sondern ein Gremium, das im Gegensatz zu den normalen Ausschüssen, die wir haben, auch antragsberechtigt ist, wenn Beschlüsse im Konsens der Fraktionen gefasst werden. Wir wollen, dass sich die Kinderkommission aus jeweils einem Mitglied der dem Landtag angehörenden Fraktionen zusammensetzt. Der Vorsitz soll alternierend wechseln. Für die Kinderkommission soll das Konsensprinzip gelten, das ich eben angesprochen habe.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Aus Ihrer politischen Erfahrung wissen Sie alle, dass Anträge häufig nicht deshalb abgelehnt werden, weil sie inhaltlich schlecht sind, sondern weil

sie von einer bestimmten Seite kommen und man dann aus Prinzip dagegen ist.

(Glocke des Präsidenten)

Ich glaube, dass das nicht nur die Bürger, sondern alle aktiven Politikerinnen und Politiker manchmal frustriert. Wir wollen ein Gremium schaffen, in dem Anträge und Themen bearbeitet werden können, die dann ohne den negativen Stallgeruch der einen oder anderen Seite eingebracht werden können. Es geht um die Sache.

Frau Kollegin, dort leuchtet eine rote Lampe.

Ja, sie ist allerdings sehr klein.