Dieses Demonstrationsrecht ist in einer funktionierenden Demokratie ohne Alternative und wird von uns niemals infrage gestellt.
- Vielleicht kommen jetzt die Zwischenrufe von der Seite, die Erfahrung mit unfriedlichen Demonstrationen hat.
Nur mit Hilfe der Polizei verlief der überwiegende Teil der Proteste friedlich, aber - das erfahren wir alle aus den Antworten der Landesregierung - es waren erneut gewaltsame Stör- und Blockadeaktionen bis hin zu schwersten Straftaten durch größere Personengruppen festzustellen.
Meine Damen und Herren, deshalb sage ich für meine Fraktion ganz deutlich: Wenn nach den Castordemonstrationen in der Summe 285 Ermittlungsverfahren eingeleitet werden müssen - vom Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bis hin zum Mordversuch -, dann ist das nicht hinnehmbar.
Polizeibeamtinnen und -beamte wurden während des Castoreinsatzes 2010 in diversen Fällen gezielt u. a. mit Steinen und Pyrotechnik beworfen sowie mit Stöcken, Stangen und ähnlichen gefährlichen Gegenständen geschlagen. Insgesamt wur
Meine Damen und Herren, das Handeln der Polizei richtet sich ausschließlich nach Recht und Gesetz. Das gilt in allen Bundesländern und auch für die Bundespolizei. So war es auch beim Castoreinsatz 2010.
Die hierbei in vielen Einsatzsituationen kollidierenden Rechtsansprüche sowohl auf Durchführung des genehmigten Castortransports als auch auf Schutz dagegen gerichteter Demonstrationen hat die Polizei gewährleistet und die erforderlichen Maßnahmen jeweils nach Maßgabe der gesetzlich zugewiesenen Aufgabenlage angepasst sowie rechtmäßig und verhältnismäßig getroffen.
Gegebenenfalls zu beanstandendes Fehlverhalten Einzelner ändert an dieser Grundaussage ebenso wenig, wie strafbares Verhalten Einzelner dazu führt, den Protest gegen den Castortransport insgesamt als unfriedlich einzustufen.
Deshalb gebührt an dieser Stelle allen Einsatzkräften, d. h. fast 12 000 Polizisten aus den Bundesländern und mehr als 8 000 Bundespolizisten, unser besonderer Dank.
Meine Damen und Herren, auch wenn mit der vorliegenden Anfrage teilweise Sachverhalte bzw. Ereignisabläufe im Zusammenhang mit polizeilichen Einsatzmaßnahmen behauptet werden, die noch Gegenstand von Ermittlungsverfahren sind, gebührt dem Innenministerium und der Polizeidirektion Lüneburg schon jetzt unser Dank.
Alle 55 Fragen dieser Großen Anfrage wurden umfassend in der gebotenen Sachlichkeit beantwortet. Unabhängig davon hat die Polizeidirektion über die übliche Einsatznachbereitung hinaus eine Arbeitsgruppe beauftragt, die im Einsatz aufgetretenen Probleme hinsichtlich der Einsatzzeiten sowie der Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten der Einsatzkräfte zu analysieren. Hierbei geht es der Polizeidirektion Lüneburg um Verbesserungsmög
lichkeiten für die Zukunft. Ich meine, das ist ein sehr guter Ansatz und spricht für unsere Polizei.
Zu dem Beitrag von Herrn Götz gibt es einen Antrag auf Kurzintervention, und zwar von Herrn Briese von Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Sie haben anderthalb Minuten!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Götz, ich möchte gerne auf zwei Dinge eingehen. Ich finde es ärgerlich, dass Sie in einer solchen Debatte sagen, nur mit Hilfe der Polizei sei die Friedlichkeit gewährleistet.
- Das ist doch schlicht und ergreifend falsch! Das sagt sogar der Polizeipräsident, der Gesamteinsatzleiter Niehörster: 99 % der Demonstrierenden sind friedlich. Die brauchen keine Polizisten. Das müssen Sie doch erst einmal voranstellen.
Die brauchen keine Polizei. Die Polizei macht einen sehr schwierigen Job; das stellt niemand infrage. Aber tun Sie nicht so, als ob jeder Demonstrant einen Polizisten an seiner Seite braucht, um friedlich zu sein. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Damit diskreditieren Sie die gesamten friedlich Versammelten. Das müssen Sie auch einmal lernen. Differenzieren Sie bitte in Ihren Redebeiträgen!
Das Zweite, was ich zu dem Problem Endlagersuche sagen will: Sie haben mit ein paar guten Argumenten und ein paar guten Sätzen angefangen, Herr Götz. Ganz genau, wir müssen dieses Projekt wieder auf Neustart stellen.
Herr Schünemann, könnten Sie einmal etwas zu Ihren schönen Max-Weber-Studien sagen? Sie reden in diesem Hause ja so gerne über Verantwortungsethik. Verantwortungsethik ist Ihnen ja ganz besonders wichtig. Ich kann Ihnen sagen, wer Verantwortungsethik in der Bundesrepublik betreibt: Das ist tatsächlich der Ministerpräsident
von Baden-Württemberg. Der sagt: Ja, ich stelle mich diesem Problem. Auch mein Bundesland muss gucken.
Und wissen Sie, wer Gesinnungsethik betreibt? - Das ist nach wie vor die bayerische Landesregierung. Der Umweltminister Söder sagt: Ja, wir wollen aussteigen, aber mein Bundesland wird sich definitiv nicht an der Endlagersuche beteiligen. - Dort sollten Sie einmal vorstellig werden! Das ist der Unterschied zwischen Verantwortungsethik und Gesinnungsethik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es nett, dass Herr Briese hier nach vorn geht und sich zunächst darauf bezieht, dass 99 % der Demonstranten friedlich sind.
Herr Briese, dann versuchen Sie doch in Zukunft einmal, sich im Vorfeld mit den Demonstranten zu unterhalten! Versuchen sie einmal, die Unfriedlichen zu identifizieren! Führen Sie mit denen Gespräche und sorgen Sie dafür, dass 100 % friedlich sind!
Dann brauchen wir Polizeibeamte nur noch zur Verkehrsregelung, vielleicht 500. Dann läuft alles friedlich ab, und dann sind wir alle zufrieden. Dann können wir wahrscheinlich 30 Millionen Euro für einen solchen Einsatz sparen.
Die Polizei bemüht sich sehr, diese Dinge im Vorfeld so zu besprechen und mit den Demonstranten so Kontakt aufzunehmen, dass es möglichst friedlich wird. Aber es gibt genügend, die unfriedlich sind. Deshalb kommt es eben zu diesen teuren Einsätzen.
Wenn man die Geschichte der Demonstrationen in Gorleben erlebt und sie nachvollziehen kann, dann kann man daraus bestimmte Rückschlüsse ziehen.
Ihr großer Hoffnungsträger scheint ja der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Herr Kretschmann, zu sein. Warten wir erst einmal ab, was der gute Mann dort leistet! Ich kenne ihn persönlich von Veranstaltungen, habe ihn selbst kennengelernt und schätze ihn privat. Aber jetzt müssen wir einmal abwarten, wie er das bei sich hinbekommt. Vielleicht ist er derjenige, der in Zukunft dafür sorgen kann, dass auch bei uns zu 100 % friedlich demonstriert wird.