Protocol of the Session on May 25, 2011

Warum sage ich das? - Das, was 1991 geschehen ist, war meines Erachtens richtig. Die Ermächtigung des Bundes hat seinerzeit dazu geführt, dass die Niedersächsische Zweckentfremdungsverordnung gekommen ist. Sie ist in 62 Städten und Gemeinden angewendet worden. Im Laufe der Jahre reduzierte sich ihre Anwendung dann aber auf sechs Städte und Gemeinden. Man hatte erkannt, dass es dieser Verordnung nicht mehr bedurfte.

Wenn wir heute über den vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE diskutieren, müssen wir uns Gedanken darüber machen, was zwischenzeitlich passiert ist. Ich finde, es war richtig, dass die damalige Landesregierung 2004 die Koalitionsvereinbarung umgesetzt hat, nachdem die Städte und Gemeinden das Signal ausgesandt hatten, dass sie dieses Instrument nicht mehr benötigen und es nur Mittel und Kräfte bindet. Schon die Erstprüfung hat so viel Arbeit bereitet; die zwischenzeitliche Überwachung natürlich auch.

(Beifall bei der CDU - Hans-Henning Adler [LINKE]: Dann kommen Sie mal zurück zur heutigen Situation!)

Die heutige Situation - ich will Ihren Zwischenruf gerne aufnehmen, Herr Kollege Adler - hat Herr Kollege Brunotte zutreffend beschrieben: Heute gibt es weniger Bedarf an Wohnraum als vielmehr Bedarf an Mietern. Ich muss nur in meinen Wahlkreis schauen: Dort stehen die Wohnungen nicht deswegen leer, weil die Eigentümer sie bewusst leer stehen lassen, sondern weil es keine Mieter für sie gibt. Natürlich gibt es noch Gebiete, wo Wohnraum gesucht wird, beispielsweise das Ems

land. Aber den großen Bedarf, von dem Sie in Ihrem Gesetzentwurf sprechen, gibt es nicht.

Eben ist schon gesagt worden, dass die Gesetzgebungszuständigkeit für diesen Bereich durch die Föderalismusreform auf die Länder übertragen worden ist. Man hat die Notwendigkeit wohnungsrechtlicher Zweckentfremdungsverbote geprüft und festgestellt, dass sie bundesweit überhaupt keine Rolle spielen.

Sie haben München angesprochen. Ich habe noch gestern telefoniert: Selbst in Hasenbergl ist es im Moment kein Problem, eine Wohnung zu bekommen. Deshalb denkt auch München - übrigens die einzige Stadt in Bayern, die diese gesetzliche Regelung noch anwendet - darüber nach, sie einzustellen: weil sie keinen Sinn mehr macht. Auch Hamburg sagt in Bezug auf den Stadtteil Wilhelmsburg, dass dort mittlerweile Wohnungen freistehen.

Sie haben das Stichwort Immobilienspekulation genannt. In Hamburg-Wilhelmsburg und MünchenHasenbergl ist man froh, dass Immobilien aufgekauft und renoviert werden und damit auch bezüglich der Miethöhe für alle, die in diesen Ballungsgebieten eine Wohnung suchen, erreichbar sind.

Daran sehen wir, dass es überhaupt keinen Bedarf für Ihren Gesetzentwurf gibt. Daher werden wir ihn auch ablehnen.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Vor der Bera- tung?)

Angesichts der allgemein entspannten Lage auf dem Wohnungsmarkt gibt es für die vorgeschlagene Regelung keinen Bedarf.

Im Übrigen müssen wir noch prüfen, ob dieser Gesetzentwurf so, wie er von den Linken eingebracht worden ist, überhaupt einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält.

Niedersachsen hat mit dem Wohnraumförderungsgesetz im Oktober 2009 eine Regelung zu Sicherung der Zweckbestimmung getroffen. § 10 enthält Regeln, nach denen in die Förderung einbezogener Mietwohnraum nicht für andere Zwecke als zur Vermietung als Wohnraum genutzt werden darf und nach denen er nicht länger als drei Monate im Leerstand sein darf. Es gibt Ausnahmemöglichkeiten. Darüber entscheiden Landkreise und kreisfreie Städte in Niedersachsen.

Also, liebe Fraktion der Linken, Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zwar viel Arbeit ge

macht hat, der aber meiner Meinung nach überhaupt nicht nötig war.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Vor Arbeit scheuen wir uns nicht!)

- Herr Sohn, Ihr Einwurf zeigt es wieder einmal, dass Sie sich zu lange in Seilschaften bewegt haben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie bitte?)

Wer sich darin bewegt, dessen Horizont kommt über das Hinterteil des Vordermannes eben nicht hinaus. Deshalb haben Sie darüber nicht nachgedacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben im Ausschuss noch die Möglichkeit, darüber weiter zu beraten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auf den Beitrag von Herrn Krumfuß gibt es den Wunsch nach einer Kurzintervention. Herr Adler, bitte sehr! Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Krumfuß, das Mindeste, was wir hier erwarten können, ist eine sachliche Debatte.

(Jens Nacke [CDU]: Das sagt der Richtige!)

- Nun hören Sie mal gut zu, Herr Nacke! Mein Kollege Sohn hat soeben den Zwischenruf gemacht: „Vor Arbeit scheuen wir uns nicht“. Das sagte er in Bezug auf die Arbeit, die wir uns mit dem Gesetzentwurf gemacht haben. Daraufhin sagte Herr Krumfuß, Herr Sohn hätte sich in Seilschaften bewegt. Ist das eine sachliche Auseinandersetzung? Was sollte das eigentlich? Das ist doch wirklich die allerunterste Schublade. Es ist dem Niveau dieses Hauses nicht angemessen, so miteinander umzugehen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD - Thomas Adasch [CDU]: Dass das ausgerechnet von Ihnen kommt! - Jens Nacke [CDU]: Räumen Sie mal die eigenen Truppen auf, Herr Adler! Wie kommen Sie denn hier rüber?)

- Das war das eine, was ich sagen wollte. - Nun kommen Sie mal wieder runter, Herr Nacke, und benehmen Sie sich ordentlich!

Nun zu dem, was Herr Krumfuß des Weiteren gesagt hat. Ich hatte ja selbst darauf hingewiesen, dass die Situation in den einzelnen Kommunen sehr unterschiedlich ist. Natürlich weiß ich, dass es Kommunen mit erheblichem Leerstand gibt. 60 km nördlich von Oldenburg liegt Wilhelmshaven. Dort ist Wohnungsleerstand zu verzeichnen. In Oldenburg hingegen haben wir Wohnungsmangel. Aber es nützt doch nichts, jetzt mit irgendwelchen Durchschnittszahlen von Niedersachsen zu kommen. Diese besagen doch überhaupt nichts, weil derjenige, der in Oldenburg eine Wohnung sucht, doch nicht nach Wilhelmshaven zieht. So ist es überall in Niedersachsen. Niedersachsen ist ein Flächenland. Sie müssen diese unterschiedliche Struktur bitte einmal wahrnehmen. Sie müssen bitte zur Kenntnis nehmen, dass es in bestimmten Bereichen Wohnungsmangel gibt und dass dieser Wohnungsmangel die Mieten nach oben treibt.

Ihre Rede war eine Rede aus der Sicht eines Vermieters. Dass Sie so reden, kann ich nachvollziehen. Aber wir denken in erster Linie aus der Sicht der Mieterinnen und Mieter.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Krumfuß wünscht zu antworten. Sie haben die Gelegenheit dazu, ebenfalls für anderthalb Minuten.

Sehr geehrter Herr Sohn, ich weiß, dass Sie gern bergwandern. Ich hatte meine Bemerkung eben mit Wandern in Verbindung gebracht. Insofern war das nur eine Vorsichtsmaßnahme. Für Wanderer ist es besonders wichtig, dass man über das Hinterteil des Vordermannes hinausschaut. Sonst kann man nämlich leicht abstürzen. Es war also nur eine Empfehlung!

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Ich be- danke mich für die Fürsorge!)

Sehr geehrter Herr Kollege Adler, das, was Sie beschrieben haben, stimmt, stimmt aber auch nicht. Es gibt in Oldenburg Wohnungsmangel, es gibt dort aber nicht die Not, die Sie hier beschreiben. Vielmehr gibt es auch in Oldenburg Wohnraum zu angemessenen Preisen.

Im Übrigen spreche ich hier nicht als Vermieter, sondern als Abgeordneter des Niedersächsischen Landtages, der sich sehr mit den Problemen der Niedersachsen beschäftigt.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Rednerin ist Frau Staudte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann mich in den wesentlichen Teilen Herrn Brunotte anschließen. Auch wir Grünen haben noch einige Fragen und Bedenken, was den Gesetzentwurf der Linken zum Schutz von Wohnraum und zur Bekämpfung der Immobilienspekulation angeht.

Grundsätzlich sehen wir natürlich auch die Notwendigkeit, über die Problemlagen des sehr, sehr unterschiedlichen Wohnungsmarkts in Niedersachsen zu diskutieren. Nur erscheint uns dieser Entwurf als ein wenig zu plakativ. Ich meine, es hört sich in linken Wählerkreisen ja immer gut an, wenn man gegen Spekulantentum zu Felde zieht. Wir sind auch gegen Spekulantentum, aber nach unseren ersten Beratungen halten wir den Entwurf doch für nicht wirklich zielgenau. Vielleicht kann man daran noch einiges verbessern.

Unser Problem in Niedersachsen ist ja nicht wirklich der Mangel an Wohnraum generell, wie man bei Ihrem Gesetzentwurf denken könnte. Vielmehr ist es der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, und auch das nur in bestimmten Gebieten Niedersachsens.

Wir würden es also begrüßen, wenn wir im Ausschuss über diese sehr regionalen Unterschiede - auch in Bezug auf Oldenburg - diskutieren würden. Wir halten es dabei aber für notwendig, dass wir über die Frage diskutieren, ob ein Gesetz der richtige Weg ist, ob es reicht, die Zweckentfremdungsverordnung von 2004 in Niedersachsen wieder einzuführen. Die rechtlichen Grundlagen dafür gibt es in Artikel 6 des Bundesgesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs.

Ich glaube, wir sollten uns im Ausschuss auch darstellen lassen, welche anderen Möglichkeiten Kommunen noch haben. Hannover hat ja z. B. über den Weg des Ordnungsrechts in Einzelfällen

Bußgelder bei Zweckentfremdung verhängt. Darüber sollten wir noch einmal intensiver sprechen.

Der nächste Punkt ist die Frage, ob uns eine solche Verordnung auch quantitativ wirklich hilft. Ist sie nicht vielleicht doch sehr bürokratisch? Ich beziehe das gerade auf den Vorschlag, dass ein Leerstand noch okay ist, wenn die Wohnung nur zu 50 % als Wohnraum genutzt werden kann. Um das festzustellen, muss ja jemand in die Wohnung gehen und das kontrollieren, was wie genutzt wird, und dabei sind wir wegen des grundgesetzlich geschützten Wohnraums ja immer recht kritisch.

Es gibt also noch etliche Fragen, die wir im Ausschuss diskutieren müssen. Zur Leerstandsteuer sollen wir uns einmal die Erfahrungen aus Hamburg vortragen lassen, wobei ich wirklich betonen möchte: Hamburg und Berlin sind nicht Niedersachsen, das kann man nicht vergleichen. Wir sollten uns vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst im Ausschuss unterstützen lassen, was die rechtliche Bewertung einer solchen Leerstandsteuer in Niedersachsen angeht.

Insofern bin ich sehr gespannt und danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Riese. Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der geschätzte Kollege Krumfuß hat hier vor einigen Minuten, weil er ein guter und ein wohlwollender Kollege ist, unterstellt, die LINKEFraktion hätte sich mit ihrem Antrag viel Mühe gegeben. Daraufhin hat der Kollege Dr. Sohn den Zwischenruf „Vor Arbeit scheuen wir uns nicht!“ hören lassen.