Zur Zukunft des Glücksspielrechts in der Bundesrepublik oder auch in Niedersachsen: Die Grünen sind ganz eindeutig - wir haben das in mehreren Anträgen immer wieder gefordert - für ein staatliches Glücksspielmonopol, weil Glücksspiel eben kein normales Wirtschaftsgut ist, das man ganz normal behandeln kann, sondern es ist ein gefährliches Gut. Wir wollen ein konsequentes, logisches und rechtssicheres Monopol. Dazu gehört das Lotteriewesen, dazu gehören in meinen Augen auch die Sportwetten, und dazu gehört natürlich auch das Automatenspiel.
Zu den Sportwetten und dem jetzt verabredeten Konzessionsmodell: Sie wissen, dass es viele rechtliche Fragen bezüglich der Begrenzung auf sieben Konzessionen gibt. Das alleine ist wahrscheinlich schon rechtlich angreifbar.
Aber mich überzeugt die Konzessionierung auch aus anderen Gründen nicht. Denn durch die Konzessionierung wird natürlich die Werbeindustrie bzw. die Glücksspielindustrie in der Bundesrepublik noch einmal richtig angeheizt. Das ist das Ziel der großen Anbieter. Sie wollen auf den Werbemarkt und ihn sehr viel stärker aufrollen.
Das Gegenargument ist, dass wir damit vielleicht ein Stück weit den halblegalen oder illegalen Markt aufrollen werden. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ziehe ich zumindest sehr stark in Zweifel. Mir will nicht einleuchten, warum man die Illegalität mit einer Konzessionierung auch nur ansatzweise in den Griff bekommen sollte. Ostasiatische Anbieter oder auch Anbieter von den Cayman IsIands oder Gibraltar werden sich von einem
Wir werden also beides bekommen: einen halblegalen oder legalen Markt und weiterhin einen Graumarkt im Internet ohne Regulierung und irgendwelche Begrenzungen.
Das Ziel der Glücksspielindustrie ist ganz eindeutig: Man will auch das Lotteriemonopol kippen. Das steckt dahinter. Es wird rechtlich nicht haltbar sein, wenn man eine Konzessionierung auf den Weg bringt, das staatliche Monopol im Lotteriewesen aufrechtzuerhalten. Das Interesse der Glücksritter ist natürlich, das gesamte staatliche Monopol zu kippen. Die Grünen sind ganz dezidiert dagegen.
Noch ein Satz bzw. ein Absatz zu der entscheidenden Frage, was wir eigentlich mit dem Automatenspiel machen - das ist ja der Pferdefuß in der Debatte. Wenn wir das Automatenspiel, bei dem es den höchsten Süchtigenzahlen gibt - nämlich über 500 000 Spielsüchtige -, nicht strenger regulieren, dann bleibt alles andere Makulatur. Da gibt es momentan eine ganz sonderbare politische Vorstellung vom Bundeswirtschaftsminister Brüderle, der sich schlicht und ergreifend einer stärkeren Regulierung entgegenstellt.
Was haben Sie auf Sylt eigentlich über das Automatenspiel gelernt, Herr Bode? - Das würde mich einmal sehr interessieren. Hat der international bekannte Suchtexperte Boris Becker ein Referat darüber gehalten, wie viele Existenzen in der Bundesrepublik durch das Automatenspiel zerstört werden, wie viele Leute Haus und Hof verspielen?
Ich finde, es ist dringend notwendig, dass sich auch Innenminister Schünemann, der auch Kommunalminister ist, einmal zu dieser Frage äußert. Es gibt in den Kommunen mittlerweile unheimlich viele Spielhöllen. Wir haben einen unglaublich starken Verdruss und keine Planungsinstrumente dagegen.
Deswegen abschließend, Herr Präsident: Wir brauchen ein rechtssicheres, kohärentes und logisches Glücksspielwesen. Dazu gehört ein einheitli
ches staatliches Monopol. Was wir definitiv nicht brauchen, ist ein billige Klientelpolitik auf schönen Sonneninseln in Luxusunterkünften.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist offenbar an der Zeit, noch einmal an § 5 Abs. 4 des Ministergesetzes zu erinnern, in dem eindeutig steht, dass Mitglieder der Landesregierung keine Belohungen und Geschenke annehmen dürfen. Wir hatten das Thema ja schon einmal, als sich der ehemalige Ministerpräsident Wulff einen Rabatt für seine Flugreise in die USA hatte geben lassen.
- doch, waren Sie schon -- doch gewarnt und hätten Sie sensibel reagieren müssen, als Sie diese Hoteleinladung bekommen haben. Sie hätten sie nicht annehmen dürfen. Wenn es aus dienstlichen Gründen notwendig gewesen wäre, nach Sylt zu fahren, dann hätte das Land die Übernachtungskosten natürlich tragen müssen.
Aber ich frage mich: Warum waren Sie denn überhaupt auf Sylt? Was haben Sie dort gelernt, was Sie vorher nicht wussten? - Ich zitiere dazu aus der Hannoverschen Neuen Presse vom 4. April. Dort heißt es:
„‚Es war für mich lehrreich und hilfreich’, sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode gestern zur NP. So sei der Bereich des Internetpokerns für ihn neu gewesen. Eine Unternehmensberatung habe dargestellt, wie bei einer Zulassung dieses Spiels Steuern abgeschöpft werden können.“
Dann hätten Sie sich doch bei der zuständigen Abteilung des Innenministeriums erkundigen können, das in Hannover liegt. Dann hätte man Sie darüber informiert, was es damit auf sich hat und welche Steuereinnahmen man gegebenenfalls erzielen kann, wenn man diesen Bereich reguliert.
Ich will Ihnen noch Folgendes sagen: Fast zeitgleich zu Ihrer Reise nach Sylt fand am 4. April, also am Montag darauf, eine Fachtagung zu diesem Thema in Frankfurt statt. Zu dieser Fachtagung waren verschiedene Landtagsabgeordnete eingeladen. Ich war auch da - der Kollege Jüttner übrigens auch. Ich will Ihnen sagen, was in dem Einladungsschreiben stand: Anbieter von Internetglücksspielen haben zu dieser Fachtagung keinen Zutritt. - Das war also eine durchaus interessante Einladung.
Ich will Ihnen auch sagen, welche hochkarätigen Referenten an dieser Fachtagung teilgenommen haben - da hätten Sie, Herr Minister, wirklich etwas lernen können -: Es waren Vertreter der EU-Kommission und Vertreter von Regulierungsbehörden in Großbritannien, Alderney, Dänemark, Frankreich, Irland, Spanien und Italien. Sie haben berichtet, wie in ihren Ländern das Glücksspielwesen im Konzessionsmodell staatlich reguliert wird. Das ist interessant, weil diese Länder der Bundesrepublik auf diesem Wege um einiges voraus sind und auch eigene Erfahrungen gemacht haben.
Denn eines wissen wir: Der Glücksspielstaatsvertrag ist sowohl juristisch als auch politisch und finanziell gescheitert. Es ist deshalb ein neuer Weg erforderlich. Die Richtung geht eindeutig in Richtung Konzessionsmodell auch vor dem Hintergrund der europäischen Erfahrungen. Denn auf andere Weise kann nicht verhindert werden, dass sich das ganze Glücksspielwesen - auf die Automaten komme ich noch - ins Ausland und ins Internet verlagert.
Bei dieser Tagung wurde darüber informiert, wie man - dann wird es eigentlich erst interessant - bei einem Konzessionsmodell reguliert, wie man z. B. das Problem der Geldwäsche mit einer speziellen Software kontrolliert, wie man die Identifizierung der Spielerinnen und Spieler vornimmt, um den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, wie
man durch Dokumentierung der einzelnen Spiele über einen längeren Zeitraum eine Kontrolle vornehmen kann, wie man z. B. auch in diesem Bereich mit Steuern ansetzen kann - in diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal an unseren Vorschlag, die Werbung, die man in diesem Bereich leider nicht verhindern kann, wenigstens zu besteuern - und wie man das Ganze über eine Regulierungsbehörde organisiert.
Ich will Ihnen nur sagen: Das ist kein abseitiges Thema. Das ist ein Thema, bei dem es um Milliarden geht, die gegenwärtig unkontrolliert bewegt und nicht besteuert werden.
Noch eine letzte Bemerkung zum Thema Spielsucht. Herr Briese hat schon darauf hingewiesen: Die meisten Spielsüchtigen spielen an Automaten. Das Automatenspiel unterliegt der Gewerbeordnung, also Bundesrecht. Von daher ist es zur Bewältigung dieses Problems überhaupt nicht ausreichend, wenn Sie, Herr McAllister, sich mit den Ministerpräsidenten treffen. Bei diesem Thema müssen Sie sich mit der Bundeskanzlerin treffen, um die Gewerbeordnung zu ändern. Denn dieses Problem kriegt man nur durch eine einheitliche Regelung in den Griff. Dort sind wirklich grundlegende Veränderungen notwendig, um das zu regulieren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Jüttner, Sie hatten hier heute eigentlich genau zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit wäre gewesen, zu sagen, dass Sie Ihre Meinung zu diesem Thema um 180 Grad gedreht haben. Das haben Sie nicht getan. Die zweite Möglichkeit wäre gewesen, uns zu erklären, dass alle sozialdemokratischen Ministerpräsidenten in Deutschland - nämlich Herr Platzeck, Herr Böhrnsen, Herr Scholz, Herr Sellering, Frau Kraft und Herr Beck - mit ihrer Zustimmung zum Entwurf dieses Glücksspielstaatsvertrages verantwortungslose Gesellen sind. Auch das haben Sie nicht getan. Die Meinungen dazu können unterschiedlich sein.
Sie haben sich stattdessen für einen dritten Weg entschieden. Sie haben gesagt: Diese armen Ministerpräsidenten konnten gar nichts dafür. Sie
waren gleichsam geistig umnebelt. Die Armen mussten einfach zustimmen. Anders war das irgendwie nicht möglich.
Herr Jüttner, erwartet hätten wir von Ihnen aber eigentlich, dass Sie der Öffentlichkeit und dem Niedersächsischen Landtag heute endlich einmal erklären, was Ihr Glücksspielkonzept ist, wie Sie die Probleme lösen wollen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Es wäre nicht schlecht, wenn man zuhören würde, Herr Dürr!)
Die SPD ist bei diesem Thema konzeptionslos, sie ist ahnungslos, und am Ende des Tages ist sie auch vollkommen kopflos - um das ganz deutlich zu sagen, meine Damen und Herren.
Zwei Probleme haben die Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages notwendig gemacht: Erstens haben wir derzeit einen europarechts- und verfassungswidrigen Glücksspielstaatsvertrag. Der EuGH hat am 8. September 2010 eindeutig entschieden, dass das Monopol so nicht mehr gerechtfertigt werden kann. Zweitens haben wir in den letzten Jahren festgestellt, dass insbesondere in Niedersachsen die Einnahmen aus Toto und Lotto massiv zurückgegangen sind. Ich will noch einmal daran erinnern, dass das Einnahmen sind, die wir dringend für den Breitensport, für die Wohlfahrtspflege, für zahlreiche soziale Projekte im Land Niedersachsen brauchen. Allein zwischen den Jahren 2005 und 2009 sind die Einnahmen zulasten dieser Förderbereiche um 100 Millionen Euro zurückgegangen.
Selbst Kurt Beck hat am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz gesagt, dass der Schwarzmarkt allein in Deutschland aus seiner Sicht immerhin 5 Milliarden Euro umfasst. Einige Studien gehen sogar von dem doppelten Betrag aus. Die Wahrheit ist: Im Sportwettenbereich finden 95 % der Spieleinsätze im Schwarz- und Graumarkt statt. Deutschland ist trotz der Prohibition, die gefahren wurde und die Ihr Konzept zu sein scheint, der zweitgrößte Glücksspielmarkt der Welt. Auch das muss man ehrlicherweise sagen. Die Prohibition hat also an keiner Stelle geholfen.
Klar ist, dass etwas getan werden muss. Klar ist auch - da sind sich am Ende alle Fraktionen hier im Landtag einig -: Das Lottomonopol soll erhalten bleiben. - Ich füge hinzu: Das Lottomonopol kann aber nur dann sinnvoll erhalten werden, wenn wir
den Markt maßvoll öffnen. Diese Marktöffnung hat eindeutige Vorteile: Erstens gibt es zurzeit einen vollkommen liberalisierten Markt. Da findet keine Besteuerung, keine Regulierung statt. Dieser Markt ist zu regulieren. Auch der Grau- und Schwarzmarkt - das will ich deutlich sagen - ist unter die Kontrolle des Staates zu stellen. Die Einnahmen sind wieder zu steigern. Der Staat muss den Schutz der Spieler im Internet - jener 95 %, die sich auf dem Schwarz- und Graumarkt betätigen - gewährleisten.