Protocol of the Session on March 17, 2011

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Uns liegen inzwischen 15 Wortmeldungen zu Zusatzfragen vor. Die erste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Jahns von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hat die Landesregierung eine Erklärung dafür, dass der Anstieg der Kriminalität im Internet so enorm ist, und gibt es nach Auffassung der Landesregierung Maßnahmen, die geeignet sind, die Steigerung der Internetkriminalität einzudämmen?

(Beifall bei der CDU)

Ganz herzlichen Dank. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Jahns, es ist wahr: Die Internetkriminalität beschäftigt uns ganz besonders. Ich brauche kein Hellseher zu sein, um zu sagen: Sie wird in den nächsten Jahren sogar noch erheblich zunehmen.

Jeder Haushalt hat mittlerweile ein Internet.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jürgen Krogmann [SPD]: Einen Internetanschluss! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Jedem sein Internet! Gute Idee!)

- Einen Internetanschluss.

Insofern gibt es natürlich durchaus leider Gottes mehr Möglichkeiten als in der Vergangenheit, über das Internet Straftaten zu begehen. Die verschiedenen Felder habe ich in meiner Antwort schon dargestellt.

Insbesondere im Bereich Onlinebanking gibt es natürlich verschiedenste Betrugsmöglichkeiten. Deshalb gilt es, vor allen Dingen hier präventiv tätig zu werden, Aufklärung zu betreiben, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und ihnen in diesem Zusammenhang zu raten, sehr viel vorsichtiger mit ihren Daten umzugehen.

Es gibt natürlich noch ganz andere Kriminalitätsfelder, die man sich so in der Vergangenheit gar nicht vorstellen konnte. Ich bin sehr froh, dass die Bundesregierung gerade in den letzten Tagen tätig geworden ist und eine Spezialgruppe zur Cyberkriminalität, einen Sicherheitsrat eingesetzt hat, an dem auch die Länder beteiligt sind.

Entscheidend ist einerseits Prävention. Andererseits ist es notwendig, dass die Bekämpfung von Internetkriminalität in der Alltagsorganisation der Polizei völlig selbstverständlich ist. Deshalb haben wir die Ausbildung in diesem Bereich erheblich verbessert. Es ist völlig klar, dass Internetkriminalität ein Schwerpunkt der Ausbildung ist. Genauso haben wir die Fortbildung vorangetrieben.

Darüber hinaus haben wir eine Zentralstelle beim Landeskriminalamt eingerichtet, die besonders schwere Fälle bearbeitet. Dort sind mittlerweile 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Diesen Bereich werden wir in der Zukunft noch personell aufstocken müssen. Das haben wir im Auge und werden wir in Kürze umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Der Ordnung halber, Frau Kollegin Jahns, stelle ich fest: Sie haben zwei Fragen gestellt. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Hilbers von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der damit einhergehenden stärkeren Beachtung der Nachwuchsgewinnung bei der Polizei, wie sich die Bewerberzahl in der jüngsten Vergangenheit entwickelt hat.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Schünemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Während wir zu Beginn des letzten Jahrzehnts im Schnitt etwa 3 200 Bewerbungen jährlich hatten, sind es mittlerweile im Schnitt 6 000. Darüber bin ich sehr froh; denn das ist nicht selbstverständlich.

Ich bin der Polizeiorganisation sehr dankbar, dass sie auf Polizeidirektionsebene sehr engagiert geworben und Informationsveranstaltungen durchgeführt hat und dass sie ganz gezielt zum einen auf Realschüler, zum anderen auf Menschen mit Migrationshintergrund zugegangen ist, um sie für den Polizeiberuf zu interessieren. Es ist kaum bekannt, dass man nur eine Niederlassungserlaubnis braucht, um Polizeibeamter zu werden. Man muss also nicht einmal deutscher Staatsbürger sein. Wir haben in diesem Zusammenhang eine enorme Steigerung zu verzeichnen.

Für mich war wichtig, die Anforderungen nicht abzusenken. Wir brauchen auch in Zukunft hochqualifiziertes Personal. Wir haben den Polizeiberuf nicht nur interessant dargestellt, sondern konnten auch zeigen, dass die Polizei ein Unternehmen ist, bei dem man Perspektiven hat. Das scheint zu greifen.

Wir bekommen also mittlerweile im Schnitt 6 000 Bewerbungen. Das ist allerdings auch notwendig, weil wir hohe Anforderungen stellen. In Zukunft wird die Zahl der Einstellungen noch steigen, weil wir vor einer Pensionierungswelle stehen. Eine Kraftanstrengung wird also weiterhin notwendig sein. Aber ich bin optimistisch, dass wir den Fachkräftebedarf der Polizei wie in der Vergangenheit durch unsere Anstrengungen werden decken können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Die nächste Frage stellt Herr Kollege Hiebing von der CDU-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie hatten eben das Stichwort „Kinderpornografie im Internet“ genannt. Hat die Landesregierung Erkenntnisse über die

Entwicklung der Ermittlungen zu Kinderpornografie im Internet? Können Sie möglicherweise sogar beispielhaft von Fällen berichten?

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Schünemann das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kinderpornografie ist aus meiner Sicht eine der schlimmsten Straftaten, die man sich überhaupt vorstellen kann. Deshalb ist es notwendig, wirklich alles daranzusetzen, dass wir bei ihrer Bekämpfung erfolgreich sind.

Im Zusammenhang mit den Möglichkeiten, die das Internet bietet, ist gerade hierzu eine Vorratsdatenspeicherung notwendig. Nachdem diese nicht mehr möglich ist, mussten wir einen Rückgang der Aufklärungsquote um 7 % feststellen. Das bewegt uns natürlich sehr. Es ist klar - das hatte ich vorhin schon einmal dargestellt -, dass die Vorratsdatenspeicherung gerade in diesem Bereich meist der einzige Ermittlungsansatz ist. Wenn man ohne sie nicht erfolgreich ist, aber weiß, dass man mit ihr den Täter kriegen könnte, ist es schwierig. Zwei Fälle will ich in diesem Zusammenhang darstellen.

Beispiel 1: In einem Ermittlungsverfahren wegen Besitzes und Verbreitens von Kinderpornografie wurde eine E-Mail-Anschrift bekannt, unter der in einem zwölf Minuten andauernden Video der sexuelle Missbrauch eines elfjährigen Jungen zu sehen ist. Die Anfrage bei dem TK-Anbieter ergab, dass nach der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes alle IP-Daten umgehend gelöscht wurden. Im vorliegenden Fall war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Besitzer der E-Mail-Anschrift auch der Täter des sexuellen Missbrauchs war. Aufgrund der Löschung der Daten konnten die Personalien des Anschlussinhabers nicht ermittelt werden. Das heißt, der Täter läuft noch frei herum. Das bewegt einen sehr.

Beispiel 2: In einem umfangreichen Verfahren wegen Kinderpornografie wurden im Rahmen der Beweismittelauswertung strafrechtlich relevante MSN- und ICQ-Nutzeraccounts bisher nicht bekannter Tatverdächtiger festgestellt. Laut Antwort auf das Auskunftsersuchen waren die Accounts bereits gelöscht und nicht mehr aktiv. Deshalb konnte die Tat nicht aufgeklärt werden.

Von daher kann ich nur sagen: Das Bundesverfassungsgericht hat dem Staat hier zu Recht hohe Hürden gesetzt. Aber es hat klar gesagt, dass Vorratsdatenspeicherung möglich ist. Dass wir seit einem Jahr keine Lösung haben, treibt mich wirklich um. Deshalb appelliere ich an jeder Stelle, hier zu einer Lösung zu kommen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Hans-Werner Schwarz [FDP])

Danke schön. - Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Krumfuß von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Frage an die Landesregierung lautet: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Rohheitsdelikte bei Jugendlichen?

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gute Fra- ge!)

Danke schön. - Herr Minister Schünemann, Sie haben das Wort.

Nachdem wir in den letzten Jahren durchaus einen Anstieg bei den Rohheitsdelikten von Jugendlichen und gerade auch von Kindern gehabt haben, bin ich sehr froh, dass wir schon im Jahr 2009 eine Stabilisierung der Zahlen und im Jahr 2010 - erstmals - einen durchaus erheblichen Rückgang verzeichnen konnten, und zwar - wenn ich es richtig in Erinnerung habe - um 830 Fälle. Man kann natürlich noch nicht von einem Trend sprechen, weil das erst das erste Jahr ist. Aber es gibt auf jeden Fall Anzeichen, dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, greifen.

Lassen Sie mich in dem Zusammenhang zwei Beispiele nennen. Wir haben gerade bei den Intensiv- und Schwellentätern reagiert. Wir haben landesweit definiert, wer darunter fällt, und den Polizeidirektionen vor allen Dingen auch mitgegeben, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Das heißt, ganz individuell werden Gefährderansprachen durchgeführt und Fallkonferenzen einberufen. Das Entscheidende ist, diese Jugendlichen nicht allein zu lassen und nicht einfach zu sagen: Jawohl, sie sind straffällig, vielleicht schließen wir sie weg. - Auch das kann eine Maßnahme sein, aber wir müssen das Umfeld beobachten, gerade auch das familiäre Umfeld. Deshalb müs

sen Sozialarbeiter, Jugendstaatsanwalt und auch die Schule und das Elternhaus mit einbezogen werden. Das ist erfolgreich. Die zurückgehenden Zahlen habe ich Ihnen schon genannt.

Der andere Bereich betrifft den Alkoholmissbrauch, in dem wir in der Vergangenheit leider Gottes sehr hohe Zahlen gehabt haben. Wenn Kinder und Jugendliche mit 13 oder 14 Jahren stark alkoholisiert Straftaten begehen - und zwar schwerste Straftaten von schwerer Körperverletzung bis hin zu Vergewaltigung -, dann ist völlig klar, dass sie anschließend kaum noch eine berufliche Perspektive haben. Deshalb führen wir so konsequent Alkoholkontrollen durch und machen Testkäufe, damit Jugendliche möglichst nicht an hochprozentige Alkoholika herankommen.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Für mich ist wichtig, dass die Jugendlichen, wenn die Polizei sie aufgreift, nicht einfach nur ein Strich in der Statistik sind, sondern dass man mit nach Hause fährt und nachschaut. In vielen Fällen werden dann das Sozialamt und das Jugendamt durch die Polizei informiert, damit man dahinterschaut. Denn wenn Jugendliche von 13 und 14 Jahren nachts um 1 Uhr mit 2,0 Promille aufgegriffen werden, ist das nicht den Jugendlichen allein anzukreiden. Dazu kann ich nur sagen: Da haben auch die Eltern eine Verantwortung.

(Beifall bei der CDU)

Wenn diese Jugendlichen um 1 Uhr in der Nacht aufgegriffen werden, ist es sicherlich sinnvoll, auch eine Betreuung durch das Jugendamt und das Sozialamt mit im Auge zu haben. Hier hat die Polizei mit dazu beigetragen, dass diese Fälle bekannt werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie stellen die nächste Frage.

Herr Präsident! Abgesehen davon, dass mir bisher noch nicht klar geworden ist, warum die Opposition die offizielle Polizeiliche Kriminalstatistik nicht anerkennen sollte - das ist ja die Grundfrage in dieser Fragestunde -, frage ich: Sagen die Polizeiliche Kriminalstatistik und auch die Aufklärungsquote irgendetwas über die tatsächliche, echte Kriminalitätsbelastung in einer Gesellschaft? Oder anders

gefragt: Was sagt denn die Polizeiliche Kriminalstatistik über das Dunkelfeld in Niedersachsen aus? Welche Auskunft kann uns die Landesregierung dazu geben?

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Klaus- Peter Bachmann [SPD]: Sehr gut!)