Gleichwohl fordern Sie in Ihrem Antrag, das Landeskartellamt mit Untersuchungen und Ergebnissen im Blick auf diese vier Stromkonzerne zu beauftragen. Aber das ist die falsche Adresse. Das Landeskartellamt umschließt die Überprüfung der im Land Niedersachsen durchgeführten Strom- und Gasmärkte. Diese sind im Strombereich jedoch sehr vielfältig und regional höchst unterschiedlich.
Der Verbraucher ist frei, seinen Bedarf bei den unterschiedlichsten Anbietern einzukaufen. Diese Möglichkeit findet steigende Akzeptanz. Nicht nur Stadtwerke und die EWE sind hier Anbieter. Es gibt ca. 30 regionale Anbieter.
Die Strompreise sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen: von 13,94 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2000 auf 23,21 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2009. Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich - darin gehe ich mit Ihnen konform -, einen größeren Wettbewerb zu forcieren. In Frankreich waren 2009 12,73 Cent für eine Kilowattstunde zu zahlen, in Großbritannien 14,66 Cent - Tendenz fallend -, in den Niederlanden 19 Cent und in Italien 20,93 Cent, Tendenz fallend. Deutschland ist Spitzenpreiszahler.
Es muss uns also darum gehen, den Wettbewerb noch weiter zu erleichtern. Darin gehe ich mit Ihnen ebenfalls konform. Dies sollte mit einer schnelleren Umstellung oder einer kürzeren Bindungs
dauer möglich sein. Außerdem ließe sich der Ablesevorgang vereinfachen: mit intelligenten Stromzählern. Bisher erfolgt die Kontrolle einmal im Jahr, entweder bei Rechnungsstellung oder bei einem Anbieterwechsel. Sie könnte zwischenzeitlich aber auch in Form einer Ablesung durch den Kunden selbst erfolgen.
Allein der monatliche Blick auf die Zahlen, Herr Wenzel, sollte genug Motivation für jeden Verbraucher sein, über einen Wechsel nachzudenken. So würde der Druck auf die Stromkonzerne von ganz allein entstehen.
Es muss allerdings auch einmal erwähnt werden, wie sich der Strompreis zusammensetzt. Er setzt sich zusammen aus den Netzkosten mit 24,13 %, der Mehrwertsteuer mit 15,98 %, der Stromsteuer mit 8,38 %, der Konzessionssteuer mit 7,71 % und den zusätzlichen Kosten als Folge des Wärmekopplungsgesetzes mit 0,99 % und des EEG mit 4,8 %. Diese 62,52 % Anteil am Strompreis bleiben bei einem Wechsel natürlich bestehen. Deshalb sprechen wir hier nur von den übrig gebliebenen 37,48 %; das sind die Kosten für die Energieerzeugung und den Vertrieb.
Die Gewinnmargen im Strommarkt, den Sie eben angesprochen haben, unterliegen nicht der kartellbehördlichen Kontrolle.
Aus kartellrechtlicher Perspektive gibt es nicht den Strommarkt, sondern verschiedene Stromteilmärkte: für Stromerzeugung, Stromhandel und Stromvertrieb.
Die Handelsregistereintragungen der Stromkonzerne, die Sie kontrollieren wollen, gibt es bei der Landeskartellbehörde nicht.
Ihr Antrag ist inhaltlich also falsch. Ich rate Ihnen daher, ihn entweder zurückzuziehen oder ihn noch einmal zu überarbeiten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Grünen zeigt zu Recht ein Problem auf. Die Strompreise an der Leipziger Strombörse sind gesunken, und gleichzeitig sind die Strompreise für die Endverbraucher gestiegen. Die Verbraucher zahlen 2011 - so ist es errechnet worden - deutschlandweit 2 Milliarden Euro zu viel. Dieser Befund beweist, Frau König: Der Markt funktioniert hier nicht.
und die Instrumente des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind offenbar ein viel zu stumpfes Schwert. Derweil fahren die Stromkonzerne laut Aussage des Präsidenten der Bundesnetzagentur in einem Jahr zusammen 30 Milliarden Euro Gewinn ein.
Herr Thümler, Sie haben ganz zu Beginn der Debatte heute Vormittag gesagt, die Bürgerinnen und Bürger müssten mit steigenden Strompreisen rechnen, wenn wir aus der Atomenergie aussteigen. Ähnlich hatte sich auch am Tag zuvor Herr Brüderle geäußert.
Die Preise werden aber nicht fair am Markt gebildet, sondern manipulativ durch Ausnutzung monopolartiger Machtstellungen.
Dann müssten die Verbraucher im Übrigen auch keine Angst davor haben, sich stärker für die erneuerbaren Energien einzusetzen. Wenn Sie aber mit Preiserhöhungen drohen, machen Sie den Bürgern Angst vor der notwendigen Umsteuerung in der Energiepolitik.
(Björn Thümler [CDU]: Herr Adler, Sie sind der Gutmensch! Das kennen wir schon! Lassen Sie es stecken!)
Herr McAllister hat heute anlässlich der Katastrophe von Fukushima gesagt, alles gehört auf den Prüfstand. Dazu zählen für uns auch die Eigentumsverhältnisse in der Energiewirtschaft. Die
Energieversorgung ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, und das bedeutet sichere Energie und bezahlbare Energiepreise. Das Thema ist viel zu wichtig, um es privatwirtschaftlicher Steuerung zu unterwerfen.
Wir haben deshalb in unserem Wahlprogramm zur Bundestagswahl gesagt, wir wollen die Energiekonzerne in öffentliches Eigentum überführen und einer demokratischen Kontrolle unterstellen. Das Energiekartell muss entflochten, die Energieversorgung muss weitgehend rekommunalisiert, die Energiemonopole müssen schrittweise aufgelöst werden.
Wir sprechen immer über die vier Großen, aber natürlich müssen wir auch einmal sagen, wer der Fünftgrößte ist. Der Fünftgrößte ist die EWE, ein Unternehmen aus Niedersachsen. Es gehört zu drei Vierteln den Kommunen, was übrigens beweist, dass das öffentliche Eigentum an einem solchen Unternehmen der Energiewirtschaft zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für eine andere Energiepolitik ist. Notwendig ist immer auch eine andere Unternehmenspolitik, und dafür müssten in einem kommunalen Unternehmen dann auch die jeweiligen Vertreter der Kommunen streiten. Wir werden morgen beim Thema EWE noch darauf zurückkommen.
Meine Damen und Herren, der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Hoppenbrock von der CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer von uns wollte nicht den Menschen helfen, die angeblich allesamt in den Klauen der vier großen Energieversorger sind, den Verbrauchern, die überhaupt keine Wahl und gar keine Chance haben, ihren Strom zu einem gerechten Preis zu kaufen?
Die Grünen machen jedenfalls in ihrem Antrag glauben, es gebe ein Kartell von RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall, die in geheimer Absprache die Strompreise zur eigenen Gewinnmaximierung hochtrieben, ohne jede Kontrolle oder Rechtfertigung durch Herstellungskosten, Vertriebskosten oder sonstige Kosten.
Meine Damen und Herren, in der Tat scheint es manchmal so, als erkauften sich die Energiekonzerne die Ungestörtheit ihres Tuns durch die Alimentierung wichtiger Politiker. Wir erinnern uns noch alle an einen Wirtschaftsminister, der, noch in Amt und Würden, am Kartellamt vorbei seinem späteren Arbeitgeber E.ON mit einer Ministererlaubnis die Übernahme der Ruhrgas-AG ermöglicht hatte.
Wir haben auch noch nicht vergessen, wie sich ein ehemaliger Bundeskanzler gemeinsam mit seinem russischen Männerfreund für den umstrittenen Bau der Ostseepipeline eingesetzt hatte und dann unbekümmert selbst Mitarbeiter von Gazprom wurde.
Meines Wissens, Herr Wenzel, ist auch ein ehemaliger grüner Außenminister inzwischen mit Beraterverträgen bei RWE und beim österreichischen Energieriesen OMV untergekommen.
Sie sehen also, meine Damen und Herren, es ist tatsächlich nicht so weit hergeholt, wenn viele glauben, es gäbe für die Energieversorger besondere Freiräume, die andere nicht haben.
Nun zum Antrag der Grünen. Das Bundeskartellamt hat im Januar dieses Jahres den Abschlussbericht seiner Untersuchung der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels vorgelegt. Demnach konnte keinem der großen Stromerzeuger ein wettbewerbswidriges Verhalten nachgewiesen werden. Für die Vermutung, die Großkonzerne würden durch bewusste Zurückhaltung von Kraftwerkskapazitäten die Preise an der Strombörse in Leipzig systematisch nach oben treiben, wurden ebenfalls keine Beweise gefunden.
Trotzdem wird das Bundeskartellamt zur permanenten Beobachtung der Strom- und Gasmärkte eine sogenannte Markttransparenzstelle einrichten. Das ist gut so. Ob die niedersächsische Landeskartellbehörde allerdings geeignet ist, das Marktverhalten ausreichend sicher zu beurteilen, ist zumindest zweifelhaft.
Meine Damen und Herren, es wäre zusätzlich interessant zu erfahren, wie sich die Stromsteuer, die Zusatzkosten durch das EEG und das KraftWärme-Kopplungsgesetz, die Konzessionsabgabe und die Mehrwertsteuer entwickelt haben.
Weiterhin bitten die Grünen die Landesregierung um einen Bericht darüber, welche gemeinsamen Unternehmen mit welcher Zielsetzung auch in Niedersachsen aktiv sind.