Protocol of the Session on March 15, 2011

reich, damit der Bestand nicht nur gewahrt werden kann, sondern damit er sich auch vergrößern kann.

(Unruhe)

Herr Kollege Dr. Hocker, vielleicht warten Sie einen Moment. Im Moment höre ich mehr Einzelgespräche als Ihre Rede. - Das gilt auch hinten für die SPD-Fraktion. - Bitte fahren Sie fort!

Gegenwärtig haben wir die Situation, dass es viele nicht miteinander verbundene Biotope gibt und kein einheitlicher Lebensraum besteht. Gerade das Ersatzgeld bietet als flexible Maßnahme eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, einen einheitlichen Lebensraum zu schaffen und den Flickenteppich, den es in einigen Bereichen gibt, zu überwinden. Das ist wichtig für Flora und Fauna in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn man die Reden meiner Vorrednerinnen und Vorredner hört, dann könnte man glauben, dass mit der Gleichstellung des Ersatzgeldes quasi der Untergang des Abendlandes verbunden sei. Aber anders als behauptet wollen wir die Einnahmen nicht zweckentfremden, sondern sie genau in dem Naturraum einsetzen, in dem der Eingriff erfolgt ist. Damit wird gewährleistet, dass Belastungen für bestimmte Spezies innerhalb Niedersachsens nicht zu groß werden.

(Zuruf von Kurt Herzog [LINKE])

Mit dem Ersatzgeld, Herr Herzog, kann man flexibel einen spezifischen Ausgleich schaffen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Wir wollen dafür sorgen, dass das in Zukunft der Fall sein wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir können froh darüber sein, dass unser Umweltminister HansHeinrich Sander diesen Punkt in die Koalitionsverhandlungen in Berlin mit eingebracht hat.

Das Ersatzgeld wird sich auszahlen; davon bin ich fest überzeugt. Es führt zu weniger Bürokratie, zu mehr Flexibilität und zu besseren und größeren Lebensräumen für Tiere und Pflanzen in Niedersachsen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/2412 unverändert annehmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Abschließende Beratung: Sexuellen Missbrauch an Kindern verhindern - Charité-Präventionsprojekt „Dunkelfeld“ als einen Baustein in der Präventionsarbeit auch in Niedersachsen etablieren - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2416 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - Drs. 16/3366

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat Frau Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! „Täterarbeit ist Opferschutz“ - unter diesem Motto haben wir vor knapp einem Jahr hier im Landtag einen Antrag eingebracht, der vorsah und noch immer vorsieht, in Niedersachsen ein anonymes Behandlungs- und Therapieangebot für nicht polizeibekannte Pädophile zu installieren. Das ist ein Projekt, das seit vielen Jahren erfolgreich in Berlin unter dem Namen „Dunkelfeld“ läuft und das bisher Hunderte von Männern erreicht hat. Mehr als 800 Pädophile haben sich freiwillig dort gemeldet, weil sie ihre krankhafte Neigung bezwingen wollen, bevor sie straffällig werden bzw. bevor sie noch einmal straffällig werden.

Wir haben am 25. August im Sozialausschuss eine Anhörung mit verschiedensten Professoren aus den Bereichen Sozialpsychiatrie und Sexualwissenschaft durchgeführt. Allen Zuhörenden im Ausschuss wurde deutlich, dass es sich hier um ein

äußerst sinnvolles und notwendiges Projekt handelt.

Der Leiter des Charité-Projekts in Berlin, Herr Professor Beier, machte insbesondere deutlich, dass viele seiner Patienten aus Niedersachsen kommen und dass er es für ausgesprochen notwendig hält, auch in Hannover ein solches Angebot vorzuhalten. Er hat darauf hingewiesen, dass viele seiner Patienten die wöchentlichen Einzel- und Gruppentherapiesitzungen aus organisatorischen oder finanziellen Gründen abbrechen. - Sie müssen sich vorstellen, dass diese Männer vor allem Angst davor haben, dass ihre Neigung und ihre Behandlung öffentlich wird. Je weiter weg die Behandlung ist, umso schwieriger ist es, sich ständig Ausreden einfallen zu lassen, warum man nach Berlin fahren muss.

Auch die Regierungsfraktionen waren davon überzeugt, dass wir ein solches Projekt brauchen. Immerhin haben sie im Dezember 40 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Wir alle wissen allerdings, dass diese Summe nicht reichen wird. Die MHH hat vorgerechnet, dass wir ungefähr 120 000 Euro jährlich bräuchten, um ein solches Projekt sinnvoll und qualitativ hochwertig umzusetzen.

In der abschließenden Beratung im Ausschuss haben Sie nun mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen, unseren Antrag abzulehnen, mit der Begründung, die Landesregierung würde schon alles machen. - Aber mehr als Ankündigungen sind das bislang nicht. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass sich bei der Einbringung unseres Antrags weder Sozialministerium noch Justizministerium zuständig gefühlt haben.

Wir brauchen ein solches anonymes Angebot für diejenigen Männer, die diesen inneren Kampf führen und die unterstützt werden müssen. Das, was das Ministerium plant, ist völlig vage. Die Vergabe der Projektmittel ist aus unserer Sicht absolut intransparent. Wir haben die begründete Sorge, dass der Sachverstand der MHH nicht berücksichtigt wird. Seit Monaten liegt ein Konzept der MHH vor. Dieses Konzept ist aber immer noch nicht beantwortet worden; ich habe heute Morgen noch einmal mit dem Antragsteller gesprochen.

Wir brauchen ein Angebot, das für alle Männer in Niedersachsen verkehrlich gut erreichbar ist, egal ob sie in Cuxhaven oder im Emsland wohnen. Insofern haben wir Bedenken, wenn das Ministerium nur etwas in Göttingen favorisieren will.

Ich bin absolut davon überzeugt, dass alle hier im Landtag daran interessiert sind, den Missbrauch an Kindern effektiv zu verhindern. Wir sind der Überzeugung, dass wir ein solches „Dunkelfeld“Projekt auch hier in Niedersachsen brauchen. Frau Ministerin, ich bitte Sie inständig darum, persönlich das Gespräch mit der MHH zu suchen. Ich glaube, dann werden Sie überzeugt, dass wir genau ein solches „Dunkelfeld“-Projekt hier in Hannover brauchen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Patrick-Marc Humke [LINKE])

Meine Damen und Herren, es spricht nun Herr Kollege Riese von der FDP-Fraktion.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Staudte hat den Sachstand zutreffend dargestellt. Die Landesregierung ist mit erheblichen Mitteln auf dem Weg - und zwar mit weit mehr als den 40 000 Euro, über die wir uns hier im Dezember anlässlich der Haushaltsberatungen unterhalten haben -, ein vergleichbares Projekt in Niedersachsen zu etablieren. Es gibt zwei Antragsteller. Die Einzelheiten wird Frau Ministerin gleich sicherlich noch erläutern.

In der Bewertung der Wichtigkeit dieser Aufgabe, meine Damen und Herren, gibt es nicht die mindeste Uneinigkeit. Aber es ist tatsächlich so: Der Antrag ist durch das Handeln der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen in der Sache erledigt. Aus diesem Grund - und nur aus diesem Grund - hat sich der Ausschuss zur Ablehnung entschlossen.

Diese Aufgabe ist wichtig. Aber ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass es im Flächenland Niedersachsen wohl kaum möglich sein dürfte, eine solche Struktur zu errichten, dass in jeder Kreisstadt in hoch qualifizierter Form Hilfe geleistet werden kann. Man braucht bei den Leuten, die dort therapeutisch tätig werden sollen, wirklich erstklassige Qualifikationen. Da muss dann schon der Prophet zum Berg kommen, weil sich der Berg nicht zu jedem Propheten bewegen kann.

Die Aufgabe ist mit Intensität angegangen worden. Sie ist erledigt. Insofern: Freuen Sie sich doch, Frau Staudte. Sie haben einen politischen Erfolg erzielt und dabei im Grunde überall offene Türen eingerannt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Tiemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Einbringung dieses Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen herrschte bei uns, der SPD-Fraktion, die Hoffnung, einen für die Menschen in Niedersachsen guten und richtigen Weg zu beschreiten. Doch diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Das, meine Damen und Herren, ist sehr traurig.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Eingangs der Debatte - Frau Staudte hat es schon erwähnt - war festzustellen, dass sich alle Fraktionen in der Sache weitgehend einig waren. Die im Rahmen der Beratung durchgeführte Anhörung zeigte noch einmal, wie effizient die Arbeit mit den potenziellen Tätern in Berlin ist. Diese Effizienz ist zwar nicht in Zahlen und vor allen Dingen nicht in Zahlen von Nichtstraftaten messbar, aber die große Anzahl der Männer, die sich gemeldet haben - auch aus Niedersachsen -, spricht für sich.

In Deutschland werden im Jahr 16 000 Anzeigen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs an Kindern erstattet, 12 000 Fälle werden aufgeklärt. 10 000 Tatverdächtige werden ermittelt, und 2 500 Männer werden rechtskräftig verurteilt. Das, meine Damen und Herren, ist das Hellfeld.

Die Zahl der nicht angezeigten Übergriffe kann man nur vermuten. Sie liegt laut Schätzung des Kriminologischen Forschungsinstitutes bei 70 000 pro Jahr.

Die Hälfte der von mir gerade erwähnten 2 500 Männer haben eine Sexualstruktur, die sie sich nicht ausgesucht haben und deren Ursachen noch ungeklärt sind. Herr Professor Bosinski aus Kiel hat das sehr ausführlich und äußerst eindringlich erklärt. Bei dem „Dunkelfeld“-Projekt geht es um die Männer, die sich ihrer Neigung bewusst sind, die etwas dagegen unternehmen wollen, die aber nicht wissen, wohin und an wen sie sich wenden

sollen. Genau da, meine Damen und Herren, setzt dieses Projekt an, das nach unserer Auffassung auch in Niedersachsen installiert werden sollte. Denn Prävention ist und bleibt der beste Opferschutz.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir alle konnten erfreut feststellen, dass im Haushalt 2011 40 000 Euro für die Dunkelfeld-Forschung eingestellt worden sind. Dass diese Summe allerdings bei Weitem nicht ausreicht, wird jedem bei einem Blick auf die Kostenkalkulation der Medizinischen Hochschule Hannover klar. Die MHH hat für die Realisierung eines solchen Projekts 120 000 Euro veranschlagt. Auf Nachfrage beim MS, wie die ergänzende Finanzierung aussehen soll, bekamen wir die nebulöse Auskunft, darüber müsse man noch mit dem MJ verhandeln, eventuell Fördervereine installieren. - Das war nicht klar.

Diese Haltung konnten wir von der SPD-Fraktion zumindest noch nachvollziehen: Es zwar nicht insgesamt für gut zu befinden, aber den Willen zu haben, etwas zu tun, war immerhin zu erkennen. Als es dann aber zur abschließenden Beratung des Antrages kam - man würde jetzt vermuten, dass es dazu ausschließlich Zustimmung gegeben hat -, kam seitens der Koalitionsfraktionen die Aufforderung, den Antrag zurückzuziehen, und zwar mit dem Hinweis, es werde doch alles getan, und alles sei auf einem guten Weg. - Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als ein billiger Versuch der Schönfärberei seitens der CDU und der FDP.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Erstens. Nicht alles ist auf einem guten Weg. Die eingestellten Haushaltsmittel reichen weder vorne noch hinten.