Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und zur Deckung des Fachkräftebedarfs brauchen wir mehr Studierende.
Die Bundesregierung hat das Ziel klar genannt: Künftig sollen 40 % eines Jahrgangs studieren. Auch der Ministerpräsident hat dieses Ziel ausgegeben.
Wir müssen uns den Herausforderungen stellen und mehr junge Menschen zum Studieren ermutigen. Das Reservoir an Talenten und Fähigkeiten wird an seiner Entfaltung gehindert. Ich frage Sie: Wie lange wollen Sie es noch ertragen, dass es nicht die Leistung ist, sondern die soziale Herkunft der Schülerinnen und Schüler, die über ihren Bildungserfolg entscheidet?
Es geht um mehr Chancengleichheit, aber auch um ökonomische Vernunft. Soll Niedersachsen im Wettbewerb um hoch qualifizierte Fachkräfte nicht das Nachsehen haben, müssen wir alles tun, um die Bildungspotenziale auszuschöpfen.
Machen Sie doch endlich Schluss damit, die Bildungschancen von Kindern schon nach Klasse 4 zu verteilen,
wohl wissend, dass damit für Kinder aus Arbeiter- und Migrantenfamilien die Chance auf ein Studium gegen null tendiert. Sie wissen dies alles. Aber warum tun Sie nichts dagegen?
Nur noch 14 % der Studierenden stammen aus sogenannten einfachen Verhältnissen. Auch Kinder der Mittelschicht sind immer seltener an den Hochschulen vertreten.
Gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten, die sich, wenn überhaupt, für ein Ingenieursstudium entscheiden, werden durch Studiengebühren abgeschreckt.
Studierende. Kein anderes Bundesland verliert so viele Studierende wie Niedersachsen. Zum Wintersemester 2006/2007 waren es 27 300 Studierende mehr, die wir an andere Bundesländer abgegeben haben, als Studierende zugewandert sind.
Das waren rund 2 000 Studierende mehr als noch zum Wintersemester 2004/2005. Ich prophezeie Ihnen: Diese Zahl wird weiter wachsen. Der Druck wird größer werden. Hessen lockt als Zuwanderungsland für Studierende. Wir begrüßen, dass Hessen die Studiengebühren abgeschafft
Wir kämpfen weiter dafür, dass Niedersachsen diesem guten Beispiel folgen wird. Es kann doch nicht sein, dass der Wissenschaftsminister Studierende mit Gebühren aus dem Land treibt und der Wirtschaftsminister über fehlende Fachkräfte jammert.
Meine Damen und Herren, es gilt nicht allein Studierende zu gewinnen. Wer ein Studium beginnt, muss es auch unter guten Bedingungen zu Ende bringen können.
Studierende an niedersächsischen Hochschulen brauchen dringend eine bessere Betreuung durch zusätzliches wissenschaftliches Personal in der Lehre. Seit Einführung der gestuften Studiengänge brechen immer mehr Studierende ihr Studium ab. Offensichtlich erfüllen sich die an die Einführung des gestuften Studiensystems geknüpften Erwartungen nicht.
Mit Sorge sehe ich die Entwicklung an den Fachhochschulen. Dort beträgt die Abbrecherquote 39 %. Zu viel Stoff in zu wenig Zeit bei gleichzeitig schlechter Betreuung und zu wenig Lehrpersonal. Deshalb brauchen wir dringend eine Qualitätsoffensive für die Lehre. Das heißt: bessere Betreuung, kleinere Lerngruppen und mehr Dozenten.
Meine Damen und Herren, Ihr Antrag will vor allem zwei Aspekte in die Qualifizierungsinitiative einbeziehen - Herr Nacke erwähnte das -: Die niedersächsischen Konzepte für die Hochschulentwicklung genauso wie die Absicherung des Hochschulpaktes 2020. Das heißt: ausreichend Studien- und Ausbildungsplätze für die doppelten Abiturjahrgänge.
Die geburtenstarken Jahrgänge stehen vor der Tür. Diesen demografischen Glücksfall gilt es zu nutzen. Denn diese jungen Menschen brauchen Ausbildungs- und Studienplätze. Wenn es uns nicht gelingt, diese große Chance zu nutzen und heute die qualifizierten Fachkräfte für morgen auszubilden, wäre dies verhängnisvoll.
Aber, meine Damen und Herren, die Landesregierung ist auf dem besten Wege dazu, diese Chance verstreichen zu lassen.
In nur vier Jahren wurde in der letzten Legislaturperiode fast jeder fünfte Studienplatz abgebaut, davon 2 000 allein an Fachhochschulen. Sie gehören zu den 11 200 Studienplätzen, die jetzt mühsam mithilfe des Bundes im Hochschulpakt 2020 wieder aufgebaut werden müssen.
Bislang trennen Niedersachsen von diesem Ziel noch mehr als 10 000 Studienplätze. Gelingt der Ausbau der Studienplätze nicht, besteht die Gefahr, dass niedersächsische Abiturienten zum Studieren in andere Bundesländer gehen und nach dem Studium auch dort bleiben. Das wollen wir natürlich nicht.
Meine Damen und Herren, Bildung ist für die SPD ein ganz zentrales Thema. Immer wieder haben wir in unseren Anträgen Chancengleichheit und die Öffnung der Hochschulen für Berufstätige eingefordert. Für die doppelten Abiturjahrgänge haben wir bereits mit der Einführung des G 8 den Ausbau von Studienplätzen verlangt. Von all dem wollten Sie nichts wissen und haben unsere Anträge abgelehnt. Wir sind froh, dass auch Sie jetzt die Notwendigkeit zum Handeln erkennen, und freuen uns auf die Ausschussberatung.
Meine Damen und Herren, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Heinen-Kljajić zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus grüner Sicht ist die Qualifizierungsinitiative in einem einzigen Punkt ein Fortschritt. Denn endlich muss auch die Union eingestehen, dass unser Bildungssystem an mangelnder Durchlässigkeit krankt und es einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Chancen im Bildungssystem gibt. So ist es jedenfalls in einer Infobroschüre von Frau Schavan, der Bundesbildungsministerin, zu lesen. Bei der Lösung dieses Problems bleibt die Große Koalition von CDU und SPD aus unserer Sicht leider im mutlosen KleinKlein von Programmen, Projekten, Modellen und Appellen an die Länder. Hier erweist sich, glaube ich, einmal mehr der föderale Flickenteppich jedenfalls für die Hochschulen als Problem. Ihr Antrag, meine Damen und Herren von CDU und FDP, belegt das aufs Trefflichste; denn Sie ziehen sich mit dem vorliegenden Antrag ganz schlank aus der landespolitischen Verantwortung zurück und erklären Hochschulpolitik zu einer Gemeinschaftsaufgabe zwischen Bund und Ländern. Nur leider ist sie das spätestens seit der Föderalismusreform nicht mehr.
Dem Ansatz als solchen könnte man vielleicht noch etwas abgewinnen. Angesichts des Spagats zwischen Hochschulautonomie auf der einen Seite und dem Anspruch der Europäisierung des Hochschulraumes auf der anderen Seite kann man sich die Frage stellen, ob Hochschulpolitik wirklich noch als Landesaufgabe sinnvoll ist. Die seit Beginn der Legislaturperiode eingetretene hochschulpolitische Lethargie im Hause Stratmann könnte man sogar so auslegen, dass selbst der CDU vielleicht dieser Gedanke schon gekommen sein mag. Das Groteske ist nur, meine Damen und Herren, dass Sie im Rahmen der Föderalismusreform jede Einmischung des Bundes abgewehrt und den Bildungsföderalismus beschworen haben. Aber immer, wenn es dann darauf ankommt, legen Sie die Hände in den Schoß und verweisen darauf, dass