Protocol of the Session on September 14, 2006

Vielleicht erinnern Sie sich noch daran - es ist noch gar nicht lange her -, als Tag für Tag, Samstag, Sonntag und Feiertage eingeschlossen, 1 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verlorengingen.

Herr Hoppenbrock, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Meihsies?

Nein, keine Zwischenfrage. - Dazu kam dann die unselige Diskussion über eine Zwangsabgabe für Ausbildungsplätze, was besonders die Handwerker verunsichert hat. Auch dies war ein Grund für den Einbruch, den wir erlebt haben.

Dann kann man sich fragen, was die Landesregierung gemacht hat.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Nichts!)

Die Landesregierung hat sich nicht zurückgelehnt, Anträge geschrieben und das Elend beklagt, sondern sie hat gehandelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Telefoniert!)

Bereits im Jahr 2004 wurde der niedersächsische Ausbildungspakt geschlossen, und zwar ohne besondere Aufforderung durch die Opposition. Ziel des Ausbildungspaktes ist es, allen ausbildungswilligen Jugendlichen ein Ausbildungs- oder Qualifikationsangebot zu machen. Diese konzertierte Aktion hat einen wichtigen Schub gebracht. Die Selbstverpflichtung der an diesem Pakt beteiligten Akteure hat wesentlich mehr als die vereinbarten 2 500 zusätzlichen Ausbildungsplätze und 2 000 Einstiegs- und Qualifizierungspraktika gebracht; das Ziel wurde regelmäßig überschritten. Ein weiterer Teil dieses Ausbildungspakts ist - das werden Sie jetzt Ende September erleben - die Nachvermittlung. Dabei bemühen sich die Agentur für Arbeit, die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern, unversorgten Jugendlichen eine noch nicht besetzte Lehrstelle oder eine Einstiegsqualifizierung zu vermitteln. Nur die Gewerkschaften stehen beiseite. Sie gehören nicht zu den Akteuren, die sich hier einbringen.

(Zuruf von der SPD: Sie wollten sie nicht im Ausbildungspakt!)

Gut angenommen wurden auch die vom Land geförderten Pro-Aktiv-Centren. Dort werden benachteiligte Jugendliche umfassend und passgenau über alle Programme beraten. Außerdem finanziert das Land Ausbildungsakquisiteure bei den Kammern, deren Aufgabe es ist, neue Ausbil

dungsplätze einzuwerben. Die Landesregierung fördert die Verbundausbildung.

Der Kultusminister verbessert mit enormen Anstrengungen die Ausbildungsfähigkeit Jugendlicher. Dazu gehört neben den vielfältigsten Maßnahmen eine deutliche Verbesserung der Sprachkompetenz, wie sie gerade von den Handwerkern gefordert wurde. Das Niveau der Bewerber wird sich also ständig verbessern. Auch das Hauptschulprofilierungsprogramm gehört dazu.

Sie sehen, Herr Lenz, Herr Hagenah, dass es einen ganzen Strauß erfolgreicher Maßnahmen gibt. Sie laufen mit Ihren Anträgen der Entwicklung nur hinterher. Viele Ihrer angeblich neuen Vorschläge sind ein alter Hut, nicht durchführbar oder längst auf den Weg gebracht.

(Widerspruch bei der SPD)

Schön wäre es übrigens auch, wenn der eine oder andere Großbetrieb oder Konzern seine Ausbildungsquote steigern würde oder wenn die Gewerkschaften im eigenen Hause ihre Ansprüche durchsetzen könnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Handwerk hat in diesem Jahr eine Ausbildungsquote von 11,8 % aufzuweisen. Das ist doppelt so viel wie bei den großen Konzernen. Die Handwerksmeister quälen sich. Ausbildungshemmend, geradezu kontraproduktiv sind die hohen Vergütungen. Die tariflichen Lehrlingsgehälter sind zurzeit von manchen Betrieben einfach nicht zu bezahlen.

(Zustimmung bei der CDU)

Eines finde ich ja spitze, Herr Lenz: Wenn Sie die erfolgreiche Telefonaktion des Ministerpräsidenten als einen hilflosen Versuch abtun,

(David McAllister [CDU]: Er bewegt konkret etwas!)

der auf die Jugendlichen nur zynisch wirken könne, dann sage ich Ihnen, dass Sie bei diesem Thema alle Bodenhaftung verloren haben.

(Beifall bei der CDU)

Kritisieren ist natürlich einfacher, als selbst loszugehen und Ausbildungsplätze einzuwerben. Jeder einzelne dieser 79 Bewerber, die dank der Aktion des Ministerpräsidenten einen Ausbildungsplatz bekommen haben, wäre es wert gewesen, dass

wir uns alle darum bemüht hätten. Der persönliche Einsatz des Ministerpräsidenten hat natürlich auch bewirkt, dass der eine oder andere Unternehmer noch einen Ausbildungsplatz draufgelegt hat. Beim Ministerpräsidenten ist es eben anders als bei Ihnen; wenn er irgendwo anruft, dann bleibt er nicht in der Telefonzentrale hängen, sondern wird an den Chef durchgestellt. Deswegen war es auch so wichtig, dass er sich dafür eingesetzt hat.

(Zuruf von der SPD: Das hat Herr Lenz doch alles als positiv angespro- chen!)

Meine Damen und Herren, man kann der SPD natürlich Kreativität nicht absprechen. In Ihrem Antrag fordern Sie ein Programm mit Kosten von 144 Millionen Euro, die der Bund aus dem erwarteten Überschuss der Bundesagentur für Arbeit bezahlen soll. Wie so oft verteilen Sie hier schon wieder ungefangene Fische; denn der Überschuss der Bundesanstalt für Arbeit gehört meines Erachtens den Versicherten und den Arbeitgebern, die eingezahlt haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn dadurch die Beiträge verringert werden können, dann schaffen sie auch zusätzliche Arbeitsund Ausbildungsplätze. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Lenz: Überzeugen Sie erst einmal Ihren SPD-Finanzminister Steinbrück und Ihren - „unseren“, Entschuldigung - SPD-Arbeitsminister Müntefering. Bisher kann man nur erkennen, dass sich beide dafür einsetzen, die Überschüsse in den Bundeshaushalt einzustellen und sie nicht den Versicherten zurückzugeben, also dorthin, wo es hingehört. Wenn die Gelder nach Ihrer Intervention tatsächlich zur Verfügung stehen sollten, dann lohnt es sich auch, im Ausschuss über diesen Antrag zu sprechen.

Noch eines zur Statistik. Nach einer Umfrage des VHN melden in diesem Jahr weniger als 40 % der Handwerksbetriebe ihre offenen Stellen bei der Arbeitsagentur. Sie gehen oft selbst los und werben Bewerber ein. Deswegen stimmt diese Statistik hinten und vorne nicht. Im März, als Ihr Antrag kam, da stimmte das schon lange nicht.

Das einzige Signal, wonach man sich richten kann, ist die Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge, die in diesem Jahr - so die Auskunft der Handwerkskammern - deutlich gestiegen ist. Auch gibt es viele Plätze - wir haben gerade darüber gesprochen: allein 40 im Molkereigewerbe, bei den Bä

ckern und anderen Handwerkern -, die einfach nicht besetzt werden können. Deswegen sollten wir alle, denke ich, gemeinsam die Wünsche der jungen Menschen nach einer geeigneten Lehrstelle ernst nehmen. Wir sollten gemeinsam weiterhin die Akteure des Ausbildungspaktes nach Kräften unterstützen. Eines aber will ich Ihnen auch sagen: Anträge zu schreiben und Maßnahmen zu fordern, die andere bezahlen sollen, ist für die CDU- und die FDP-Fraktion zu wenig, nicht zielführend und deswegen auch nicht akzeptabel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das war schwach, Herr Hoppenbrock!)

Nächster Redner ist Herr Hermann von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Mit Ihrem Antrag, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, sprechen Sie erneut ein bereits bekanntes Problem an, an dem wir schon seit über drei Jahren - übrigens mit höchstem Kräfteaufwand - arbeiten.

(Zuruf von der SPD: Das aber noch nicht gelöst ist!)

Es ist richtig, der Ausbildungsstellenmarkt bleibt weiterhin schwierig. Wer möge das hier in diesem Saal anders sehen?

(Heidrun Merk [SPD]: Ihre Kollegen von der CDU sehen das anders!)

Doch so, wie Sie es schildern, besteht die Situation mitnichten. Der tragenden Säule dieser Ausbildung - das ist, glaube ich, der ganz große Unterschied -, nämlich den kleinen und mittelständischen Unternehmen, die bekanntlich 85 % aller Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, geht es nach wie vor schlecht. Wenn Sie, Herr Lenz - Verzeihung, dass ich Sie so richtig anmachen muss -,

(Oh! bei der SPD)

von großen Gewinnen sprechen, dann kennen Sie nicht die Situation der 300 000 kleinen und mittelständischen Unternehmen in Niedersachsen,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

die in den letzten sieben Jahren düstere Jahre hatten, die überhaupt noch kein Eigenkapital bilden konnten. Das konnten nur die großen, dicken Konzerne, Herr Lenz; genau das ist der Punkt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nun kommt von Ihnen ein - ich meine: ein fast beleidigender - Antrag, in dem Sie in der Begründung schreiben:

„Die grundlegende Ursache für den Ausbildungsplatzmangel ist der weitgehende Rückzug der Wirtschaft aus ihrer Ausbildungsverantwortung.“

Das sagen Sie über die 300 000 Betriebe, die 85 % der Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen,

(Zurufe von der SPD)

und das, obwohl jeder - außer Ihnen, Herr Lenz weiß, wie schwer es diese Unternehmen zurzeit haben.

Meine Damen und Herren, die Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen sagt sogar, dass diese Betriebe, bezogen auf die letzten 60 Jahre, in den vergangenen sieben, acht Jahren die schwerste Zeit hatten. Die Bauunternehmen haben in Deutschland im Schnitt nur noch eine Eigenkapitalquote von 0,8 %. Das ist schon pleite, Herr Lenz. Das sind die Ausbildungsträger. Sie aber sagen, sie machen dicke Gewinne. Dass Sie in Ihrem Antrag von Verantwortungslosigkeit schreiben, dessen müssten Sie sich eigentlich schämen, Herr Lenz; das steht fest.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der Opposition, dann sagen Sie auch noch, der Ausbildungspakt sei gescheitert