Protocol of the Session on July 13, 2006

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem wir nach diesen Erläuterungen nun erfahren haben, was die Mediation ist, können wir sehr schnell zu den Konklusionen kommen.

Lassen Sie mich vorher aber noch feststellen: Politik ist keine Mediationsveranstaltung, in der Politik wird nun einmal gestritten. Manchmal wäre es vielleicht sogar ganz gut, wenn wir in der Politik ein paar mehr mediative Elemente hätten, aber es gibt in der Politik eben kein Mediationsverfahren.

Im Grunde - das haben sowohl der Rechtsausschussvorsitzende als auch die Rednerin der SPDFraktion gesagt - herrscht Einigkeit. Wir wollen den weiteren Ausbau der gerichtsnahen oder der gerichtsinternen Mediation in Niedersachsen vorantreiben. Durch die Redebeiträge ist aber auch deutlich geworden, dass noch einige Rechtsfragen zu klären sind. Darauf komme ich in meinem weiteren Vortrag noch zu sprechen.

Erst einmal müssen wir - so finde ich - feststellen, dass es über die gerichtsnahe oder gerichtsinterne Mediation keinen wirklichen Streit gibt, außer über den Begriff selbst. Dieser ist sehr breit zu interpretieren; das haben Sie angedeutet. Es stellt sich die Frage, ob dieses Verfahren langfristig an den Gerichten verbleiben soll oder ob die Landesregierung doch vorhat, es mittelfristig sozusagen auszuschleichen und an die Anwälte zu überführen. Dabei stellt sich dann auch die Frage, ob dieses Verfahren nur an Anwälte oder auch an andere Mediatoren überführt werden soll. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren lässt sich aus dem Beschluss der Justizministerkonferenz sehr wohl herauslesen.

In diesem Zusammenhang gibt es auch die strittige Debatte, die dieser Landtag öfter einmal führt: Soll sich die Justiz auf ihre Kernaufgaben reduzieren, ja oder nein? Was sind überhaupt Kernaufgaben, und wer hat das Deutungs- und Interpretationsmonopol? Meine sehr verehrten Damen und Herren, in meiner Wahrnehmung ist nämlich völlig ungeklärt, was die Justiz überhaupt machen soll und was nicht. Was sie in meinen Augen jedenfalls nicht ausschließlich machen sollte, ist Rechtsprechung. Sie soll vielmehr auch Konfliktschlichtung betreiben. Sie soll nicht nur Rechtsfragen klären, sondern auch Streitschlichtung betreiben.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt feststellen: Wenn wir uns darüber einig werden können, dass die gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen relativ gut funktioniert, dass wir das Modell ausbauen und für die Zukunft tragfähig machen wollen, dann muss man auch darüber reden, ob wir weitere außergerichtliche Formen von Konfliktschlichtung vorantreiben sollten.

In diesem Zusammenhang muss man feststellen, dass es in den letzten drei Jahren zwar viele Lippenbekenntnisse und auch Justizministerkonferenzbeschlüsse gegeben hat „Ja, wir wollen auch die außergerichtliche Konfliktschlichtung vorantreiben“, faktisch in Niedersachsen aber völlige rechtspolitische Stille herrschte, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist nämlich in den letzten drei Jahren auf diesem Feld - und da gibt es ganz innovative, kreative und fantasievolle Ansätze - überhaupt nichts passiert, außer dass jedes Jahr ein Kongress stattfindet. Ich will diesen Kongress gar nicht kleinreden. Allerdings habe ich den einen oder anderen Kollegen aus dem Rechtsausschuss, ehrlich gesagt, auf dem letzten Kongress schmerzlich vermisst. Allzu viel Resonanz aus dem Parlament ist nicht gekommen. Das muss man auch einmal feststellen.

Auch im Bereich der Konfliktschlichtung sind also außergerichtliche Formen möglich. Wir warten seit drei Jahren auf eine Evaluierung oder zumindest auf eine Stellungnahme der Landesregierung, ob man nach § 15 a des Einführungsgesetzes zur ZPO die außer- oder vorgerichtliche Konfliktschlichtung fördern will. Ich bin, ehrlich gesagt skeptisch, ob das sinnvoll ist; denn die Auswertungen sind nicht allzu positiv. Das muss man schon

einmal sagen. Sie haben uns damals damit vertröstet, dass Sie erst einmal die empirischen Untersuchungen abwarten und dann zu einer Konklusion kommen wollen. Faktisch ist es so, dass zu Tode evaluiert wird. Sie haben keine Stellungnahme abgegeben.

Wir haben weiter ein hervorragendes mediatives Verfahren im Bereich des Strafrechts, und zwar den Täter/Opfer-Ausgleich. Zwar bekundet die Landesregierung auch in diesem Bereich immer wieder: Das finden wir wunderbar, das ist eine tolle Sache, die sich etabliert hat. - Fakt ist aber, dass zumindest die außergerichtlichen Täter/OpferAusgleichsinstitutionen in Niedersachsen ständig um ihren Fortbestand bangen müssen. Sie wissen nicht genau, ob sie in Zukunft weiter gefördert werden oder nicht. Das ist sehr bedauerlich. Auch in diesem Bereich muss sich einiges ändern, wenn man in der außergerichtlichen Streitschlichtung etwas voranbringen will.

(Glocke der Präsidentin)

Ich stelle abschließend fest: Über die gerichtsnahe Mediation herrscht eigentlich Einigkeit, obwohl es - wenn man das richtig herausgehört hat - anscheinend einen Konflikt zwischen Landesregierung und Mehrheitsfraktionen gibt. Man ist sich noch nicht so ganz einig.

In dem gesamten Bereich der außergerichtlichen Streitschlichtung gibt es sehr viele schöne Ideen, bisher ist in Niedersachsen aber überhaupt nichts passiert. Wir müssen im Ausschuss darüber reden, ob man auch in diesem Bereich etwas voranbringen kann.

Wir müssen auch Klarheit über einige Rechtsfragen in Bezug auf die gerichtsinterne Mediation herstellen, wie z. B. über das Prinzip der Vertraulichkeit.

Klar stellen muss ich, Herr Kollege Briese, dass Ihre Redezeit überschritten ist.

Frau Präsidentin, damit bin ich auch am Ende meiner Ausführungen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion Herr Professor Zielke das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von meinen Vorrednern ist schon vieles und zumeist auch Richtiges zur Mediation, speziell zur gerichtsnahen Mediation, gesagt worden. Deshalb kann ich mich relativ kurz fassen.

Wir unterstützen das Anliegen des Antrags, zu Entscheidungen hinsichtlich der Zukunft der gerichtsnahen Mediation in Niedersachsen zu kommen. Genau das bezweckte ja das Modellprojekt von 2002.

Wegen sich abzeichnender positiver Erfahrungen hat diese Landesregierung beschlossen - sie hat sich keineswegs dazu durchgerungen, wie der Antrag tendenziös formuliert -, das Projekt nach dem vorgesehenen Ende 2005 in vollem Umfang bis zu definitiven Entscheidungen weiterzuführen. Grundlage der Entscheidungen sollten zwei wissenschaftliche Begleitprojekte sein. Eines sollte sozialwissenschaftliche, das andere juristischökonomische Aspekte untersuchen. Also wollte man offensichtlich abwarten, bis die Ergebnisse dieser Untersuchungen vorliegen, diese dann auswerten und zu vernünftigen, empirisch wissenschaftlich abgesicherten Vorschlägen kommen.

Aber die Ergebnisse der juristisch-ökonomischen Studie liegen erst seit wenigen Tagen vor. Insofern ist die Formulierung in der Begründung des Antrages, die Niedersächsische Landesregierung habe sich in dieser Frage bislang gedrückt, völlig verfehlt. Der Ausdruck „zu Tode evaluieren“, Herr Briese, ist genauso verfehlt. Ganz im Gegenteil: Die von Ihnen eingeforderten Schnellschüsse vor Auswertung aller doch auch von Ihnen unterstützten wissenschaftlichen Gutachten wären absolut unseriös. Diese Landesregierung prüft die Fakten, dann denkt sie nach, und dann handelt sie. Aber sie handelt nicht, bevor sie die Fakten kennt, und das ist gut so.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Ralf Briese [GRÜNE] lacht)

Ihr Antrag ist voreilig. Er wäre vielleicht dann sinnvoll, wenn in einem Jahr seitens der Landesregierung noch nichts geschehen wäre. Aber zum jetzigen Zeitpunkt geht er ins Leere. Ziehen Sie ihn

zurück, und wenn Sie meinen, es sei erforderlich, dann stellen Sie ihn in einem Jahr noch einmal!

Noch eine Bemerkung zu der Art, wie Sie Anträge schreiben. Der zweite Absatz der Begründung ist fast wortwörtlich aus dem Resümee der sozialwissenschaftlichen Begleitstudie des arpos-Instituts abgeschrieben.

(Heike Bockmann [SPD]: Na und?)

Das ist nicht verboten, aber interessant sind die beiden Abweichungen. Erstens. Einen Satz des Resümees, der gewisse Grenzen der gerichtsnahen Mediation aufzeigt, haben Sie einfach weggelassen.

Zweitens. Sie schreiben:

„Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass die gerichtsnahe Mediation Auswirkungen auf die Streitkultur im Allgemeinen hat.“

Der entsprechende Satz im Resümee der wissenschaftlichen Untersuchung klingt anders:

„Inwieweit die gerichtsnahe Mediation Auswirkungen auf die Streitkultur im Allgemeinen hat, muss noch genauer untersucht werden.“

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, das ist schlicht manipulativ und der Bedeutung der Sache nicht angemessen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Frau Justizministerin HeisterNeumann, gestatten Sie im Vorfeld Ihres Beitrages eine Kurzintervention des Kollegen Briese?

(Ministerin Elisabeth Heister- Neumann: Ja!)

Dann hat jetzt der Kollege Briese das Wort zu einer Kurzintervention.

Frau Präsidentin, ich kann einen Satz des Kollegen Zielke nicht so unwidersprochen stehen lassen, nämlich dass die Gesetzgebung in Niedersachsen aufgrund von gutem Nachdenken und dem Ziehen richtiger Schlüsse immer ganz wunderbar sei. In dieser Legislaturperiode sind schon

umfängliche Gesetzesvorhaben der Landesregierung und auch der Mehrheitsfraktionen vor den Gerichten gescheitert. Ich will hier gar nicht die vielen verfassungsgerichtlichen Verfahren noch einmal erwähnen.

(Zuruf von der CDU)

- Doch, das muss man in diesem Plenum noch einmal sagen: So wahnsinnig rechtssicher ist die Politik in Niedersachsen in dieser Legislaturperiode jedenfalls nicht gelaufen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das Polizeigesetz, das Mediengesetz und die nachträgliche Sicherungsverwahrung sind höchstrichterlich abgestraft worden. Auch hatten wir beim Kommunalwahlgesetz mehrere Verbesserungen. Es gibt eine ständige Auseinandersetzung mit der EU-Kommission im Bereich der FFH-Regelung. So wunderbar ist die Rechtsetzung bei dieser Landesregierung momentan nicht aufgehoben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Professor Dr. Zielke, Sie haben noch die Möglichkeit, darauf zu antworten.

(Professor Dr. Dr. Zielke [FDP]: Nein, danke!)

- Danke schön. - Jetzt hat Frau Justizministerin Heister-Neumann das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich und bin stolz darauf, dass sich gerade in Niedersachsen auf dem Gebiet der Justizpolitik sehr viel tut, Herr Briese.

(Beifall bei der CDU)