Protocol of the Session on July 12, 2006

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Möhrmann, Sie haben sich die Frage gestellt, was den Ministerpräsidenten zu seinem Handeln bewogen haben mag. In dieser Hinsicht haben wir vielleicht alle unsere Fantasien. Es ist mir aber eigentlich völlig gleichgültig, welche Gründe dahinter stehen. Es bleibt die Tatsache: Hier ist dem Parlament die Unwahrheit gesagt worden. Das geht nicht. Wir erwarten Respekt vor diesem Parlament und damit gleichzeitig Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern in Niedersachsen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn Sie sich fragen, Herr Althusmann, was die Bürgerinnen und Bürger und vielleicht auch die Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal denken müssten, dann frage ich mich allerdings dies: Was müssen sich die Bürgerinnen und Bürger dabei denken, wenn ein Ministerpräsident erstens das Parlament belügt und dies zweitens vom Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion auch noch als Normalität in diesem Lande bezeichnet wird? - Das ist beschämend. - Ich danke Ihnen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Bode, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute hier über diese Frage nachdenken, ist es wohl vielleicht ganz gut, einmal zu verdeutlichen, was unter einem Antrittsbesuch und einem Besuch überhaupt zu verstehen ist. Ich würde Ihnen empfehlen, sich dies zu verdeutlichen. Dann hätten Sie vielleicht auch die Frage, ob es sich um eine Unwahrheit handelt oder nicht, ganz anders beurteilt.

Ich habe für Sie einmal im Lexikon nachgeschlagen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Haben Sie auch unter dem Begriff „Unwahrheit“ nachgeschlagen? - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN - Glocke des Präsi- denten)

Frau Kollegin Helmhold, auch Sie erwarten, dass man Ihnen zuhört, was eben auch geschehen ist. Hier kann doch nicht nach jeder Bemerkung eines Abgeordneten laut gebrüllt werden. Entschuldigen Sie bitte: Wo sind wir hier eigentlich? Jetzt hören Sie dem Kollegen Bode doch bitte einmal zu!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Lexikon heißt es dazu - ich zitiere -:

„Ein Besuch ist das vorübergehende Aufsuchen des Aufenthaltsortes einer Person oder das vorübergehende Aufsuchen eines Gebäudes oder einer Institution durch einen oder mehrere Besucher auf eigene Initiative.“

Und genauso muss man sagen, dass es hier eine Initiative der Bundeskanzlerin gab, die dann von der Staatskanzlei weiter vorbereitet worden ist. Insofern gab es auch eine Einladung. Es heißt weiter:

„Ist die Person eingeladen, spricht man von einem Gast.... Während ein Gast meistens eine gern gesehene Person ist, kann ein Besucher auch unerwünscht sein.“

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Dazu kann ich feststellen: Für die CDU und die FDP ist die Bundeskanzlerin ein gern gesehener Gast, für die SPD wohl eine unerwünschte Besucherin.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Allein aufgrund dieser Definition kann ich für die FDP-Fraktion keine Lüge feststellen,

(Lachen bei der SPD)

und damit auch kein fehlerhaftes Verhalten des Ministerpräsidenten. Die gestrige Entscheidung wäre auch völlig unabhängig davon gewesen, ob es sich um den Antrittsbesuch handelt oder um einen normalen Besuch oder um einen dritten Anlass. Wenn die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland das Bundesland Niedersachsen besucht, dann ist es für uns selbstverständlich, dass die Landesregierung und auch der Ministerpräsident die Gelegenheit bekommen müssen, dabei die Interessen des Landes zu vertreten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich würde Ihnen, Herr Jüttner und Herr Möhrmann, empfehlen, Ihre Strategie zu ändern. Eigentlich hatten Sie im März - so hat es zumindest eine Zeitung berichtet - auf einem Unterbezirksparteitag schon erkannt, dass Sie auf dem Holzweg sind. Ich zitiere: Deswegen komme es darauf an, sozialdemokratische Politik deutlich zu machen. Dies falle allerdings angesichts einer Presse, die selbst einen Misstrauensantrag gegen einen Minister für nicht berichtenswert halte, schwer. - Sie haben also die Strategie geändert. Herr Jüttner macht es nicht mehr. Sie schicken den armen Herrn Möhrmann vor, und mit Ministern geben Sie sich nicht mehr ab, Sie nehmen jetzt den Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD)

Herr Jüttner, ich sage Ihnen: Sie haben auf dem gleichen Unterbezirksparteitag erklärt: Die Zeit für den Wechsel ist nicht reif. Sie stehen nicht so da, als ob Sie den Ministerpräsidenten bei der nächsten Wahl ablösen könnten. - Genauso ist es. Das Hamburger Abendblatt bringt es in seiner Ausgabe vom 31. Mai auf den Punkt:

„De 58-jährige Jüttner bräuchte schon eine gute Fee, um Ministerpräsident Christian Wulff zu beerben.“

Genauso ist das. Denken Sie etwas besser über das nach, was Sie machen. Haben Sie Respekt vor dem Parlament, und stellen Sie nicht derartig unwürdige Anträge. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Das Wort hat noch einmal Herr Kollege Jüttner, für 27 Sekunden. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt es, wenn Frau Merkel in Niedersachsen zu Gast ist.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion ist auch der Meinung, dass es gut ist, wenn der Ministerpräsident dabei ist, sofern er es zeitlich einrichten kann. Wir sind darüber verwundert, dass der Parlamentspräsident nicht zu einem Antrittsbesuch eingeladen wurde.

(Beifall bei der SPD)

Das war der erste Teil der Rede.

Teil zwei meiner Rede: Wir waren gestern überrascht. Wir haben auf die Homepage der Bundeskanzlerin geschaut. Dabei stellte sich heraus, dass drei Termine in Niedersachsen ausgewiesen waren, ohne dass ein besonderer Bezug hergestellt wurde. Wir haben beim Bundespresseamt angerufen. Der Chef vom Dienst hat uns gesagt: Nein, der Besuch von Frau Merkel in Niedersachsen ist kein Antrittsbesuch. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Redezeiten sind verbraucht. Ich rufe jetzt die Drucksache 3053 auf; das ist der Antrag der SPD-Fraktion, den ich vorhin vorgetragen habe und der die Drucksachennummer 15/3053 erhalten hat. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt gleich abstimmen werden. Das ist mehrfach beantragt worden. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Wer dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Tagesordnung der Landtagssitzung. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 19: Abgabe einer Regierungserklärung zum Thema „Integration in Niedersachsen“ Unterrichtung - Drs. 15/3035

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ich bitte, sich in allen Teilen des Hauses auf unsere Arbeit zu konzentrieren und die Gespräche auch im hinteren Teil des Plenarsaals einzustellen.

Gleichzeitig rufe ich auf

Tagesordnungspunkt 20: Einzige (abschließende) Beratung: a) Für eine humanitäre Altfallregelung 2006! - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/2417 - b) Daueraufenthalt für langjährig geduldete Ausländerinnen und Ausländer unter besonderer Berücksichtigung von Flüchtlingskindern und ihren Familien - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2424 - Beschlussempfehlung des Ausschusses - Drs. 15/3036

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Annahme der Anträge in geänderter Fassung. Dazu weise ich auf Folgendes hin: Die Fraktionen haben mich wissen lassen, dass sie die Beschlussempfehlung mit zwei redaktionellen Änderungen beschließen wollen, die die Nr. 4 der Beschlussempfehlung betreffen. Nr. 4 der Beschlussempfehlung soll demnach wie folgt lauten:

„Der Landtag nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Landesregierung dem von allen Fraktionen des Landtags geäußerten Anliegen folgen und eine Härtefallkommission einrichten wird, die Empfehlungen für ein weiteres Aufenthaltsrecht in bestimmten außergewöhnlich gelagerten ausländerrechtlichen Einzelfällen abgeben kann. Damit wird das bisherige Härtefallprüfungsverfahren durch den Petitionsausschuss entbehrlich. Der Landtag sieht in der jetzt von der Landesregierung beabsichtigten Verordnung ein gutes Regelwerk, das die Interessenlage der betroffenen ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländer einerseits und die Interes

senlage der hiesigen Bevölkerung andererseits ausgewogen berücksichtigt.“

Zunächst gibt der Herr Innenminister Schünemann die angekündigte Regierungserklärung ab. Im Rahmen der Regierungserklärung und der sich daran anschließenden Besprechung werden zugleich die Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abschließend beraten.

Ich erteile dem Herrn Innenminister das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland ist ein gastfreundliches Land.