Protocol of the Session on July 11, 2006

(Beifall bei der SPD - Dr. Philipp Rösler [FDP]: www.waehlt-bachmann- nicht.de!)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich der Abgeordnete Dr. Lennartz gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Kandidieren auch Sie? Machen Sie auch Wer- bung? - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, Herr Dr. Lennartz hat jetzt das Wort und niemand anders.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rösler, ob ich kandidiere, werde ich Ihnen nicht beantworten, weil ich jetzt kurz etwas zu Ihrem merkwürdigen Thema für die Aktuelle Stunde sagen will. Man ist ja nach der Geschäftsordnung nicht gezwungen, Themen für Aktuelle Stunden zu beantragen. Ich habe den Eindruck, Sie haben das noch nicht zur Kenntnis genommen. Sie können verzichten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie nehmen ein Thema für die Aktuelle Stunde, das sozusagen mit einem Kniff - nämlich dem

EU-Vertragsverletzungsverfahren - aufgehübscht wird. Ansonsten sagen Sie etwas, was sozusagen im laufenden Betrieb dieser Landesregierung enthalten ist.

Damit komme ich zur Sache. Die Sache heißt „interkommunale Zusammenarbeit“. Dagegen haben wir nichts. Das ist offensichtlich ein erheblicher Unterschied zu dem, was der Kollege Bachmann eben für die SPD gesagt hat. Wir haben aber etwas dagegen, wenn man versucht, die Notwendigkeit von Veränderungen - auch der kommunalen Landschaft - zu unterlaufen, weil man dieses Thema unter keinen Umständen anpacken will und meint, das Problem mit interkommunaler Kooperation lösen zu können. Alle ernsthaft informierten Beteiligten - ich habe Zweifel, dass Sie dazugehören, Herr Rösler; das muss ich ausnahmsweise sagen - wissen, dass das Thema Kreis- und Gebietsreform nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in anderen Bundesländern auf der Tagesordnung steht oder stehen wird.

Jetzt muss ich noch einmal auf Professor Hesse zurückkommen. In seinem Gutachten vom 6. Februar dieses Jahres, nämlich - verkürzt bezeichnet - Verwaltungsreform im Bereich der Raumordnung, welches erst vor vier Wochen durch die Landesregierung öffentlich gemacht wurde, führt Hesse auf den Seiten 83/84 sinngemäß aus: Spätestens ab 2008 müssen die Rahmenbedingungen einer Kreis- und Gebietsreform für Niedersachsen definiert werden. - Das ist, wenn man weiß, wie Gutachten entstehen, die gegen Geld erstellt werden, eine sehr präzise und eindeutige Aussage. Normalerweise legt nämlich der Ersteller des Gutachtens dem Auftraggeber den Entwurf seines Gutachtens vor. Der Auftraggeber sieht es sich dann an, nimmt es entweder ab und zahlt anschließend, oder er sagt: Bitte ändern Sie doch noch ein paar Sachen. - Da hier im Zweifel nicht anders verfahren worden sein wird als bei der großen Masse vergleichbarer Verfahren, unterstelle ich, dass Hesse jetzt so formuliert - für seine Verhältnisse nicht überdeutlich, aber für die Position der Landesregierung überdeutlich -, dass aber vorher sozusagen noch eine klarere und noch schärfere Positionierung in Richtung Notwendigkeit einer Kreis- und Gebietsreform für Niedersachsen formuliert worden war.

Sie haben eben in unsere Richtung, in Richtung der Grünen gesagt, wir seien sozusagen jenseitig - so haben Sie das nicht formuliert; ich interpretiere das jetzt mit meinen Worten -,

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Aber es würde passen!)

weil wir große Einheiten, bürgerferne Einheiten bevorzugen würden. Das ist in meinen Augen ein Rohrkrepierer. Es gibt doch eine Diskussion über die Notwendigkeit einer Kreis- und Gebietsreform. Wie man diese genau angeht, müsste ja erst einmal diskutiert werden. Sie muss ja nicht von oben herab verordnet werden; es gibt doch schon freiwillige, zumindest in diese Richtung laufende Ansätze, siehe Ostfriesland.

(Zuruf von der CDU: Wo denn?)

Das alles ist diskussionsbedürftig. Aber wenn die von CDU und FDP gestellte Landesregierung dieses Thema weiterhin zum Tabu erklärt, dann wird sie sich selbst keinen Gefallen tun. Oder aber Sie arbeiten sozusagen im Verborgenen und präsentieren uns irgendwann - vielleicht vor der Landtagswahl - einen Mix aus halbwegs guten Ideen. Ich bezweifle, dass Sie mehr erreichen. Aber das wäre ja immerhin schon ein Fortschritt. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Herr Dr. Lennartz, Sie müssen sich über Ostfriesland noch einmal genauer in- formieren!)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Biallas das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen sehr, dass die FDP-Fraktion dieses wichtige Thema in der Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung gesetzt hat. Wenn man allerdings den Verlauf der bisherigen Debatte verfolgt hat, dann kann man sich eigentlich nur wundern, was alles noch mit diesem Thema in Verbindung gebracht und aus einem solch wichtigen Thema gemacht wird.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist eine Glaubwürdigkeitsfrage, Herr Kollege!)

- Herr Kollege Bachmann, Sie haben hier Bürgermeisterwahlkampf gemacht, und der Kollege Lennartz hat sich über die Möglichkeiten der Bildung

von Regionen und die finsteren oder unfinsteren Absichten der Grünen geäußert.

Ich möchte zunächst einfach einmal sagen, dass sich die interkommunale Zusammenarbeit und die gesetzlichen Möglichkeiten, die wir dafür geschaffen haben, nach allem, was wir bis jetzt wissen - abschließend wissen wir eben noch nicht alles -, durchaus bewährt haben. Wir wollen heute einmal festhalten: Interkommunale Zusammenarbeit hat sich bewährt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfragen des Abgeordneten Möhrmann?

Ich habe ja nur so wenig Zeit.

Das wird nicht auf die Redezeit angerechnet.

Meinetwegen kann er fragen.

Herr Kollege, ich wüsste gerne von Ihnen, wie sich die Möglichkeiten der kommunalen Zusammenarbeit durch die Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts, die Sie mehrheitlich beschlossen haben, verändert haben.

Sie heben auf das ab, was der Kollege Bachmann uns schon zu erklären versucht hat. Sie wissen ganz genau, dass dieser Punkt, der mit dem § 108 zusammenhängt, ein außerordentlich schwieriges Problem darstellte, welches in der Koalition zu bewältigen war. Ich meine, der Kompromiss, den wir gefunden haben, ist unter den Bedingungen, unter denen er zu finden war, auch für die Kommunen der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich meine, dass die kommunale Zusammenarbeit auch abseits dessen, was der Kollege Bachmann hier vorgetragen hat, gut funktionieren kann. Er hat ja gesagt, dass die Erfolge der kommunalen Zu

sammenarbeit von der Gestaltung der Kommunalfinanzierung abhängen. Herr Kollege Bachmann, auch darüber könnten wir uns lange unterhalten. Leider reicht die Redezeit bei einer Aktuellen Stunde dafür nicht aus. Aber eines will ich Ihnen sagen: Es ist schon ein kleines Wunder, dass die Kommunen die vielen Anschläge, die sie durch die SPD haben erleben müssen, bei relativ guter Gesundheit überlebt haben. Das ist schon ein kleines Wunder!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will nicht alles aufzählen, aber klar ist: Die interkommunale Zusammenarbeit, bei der in vielen Bereichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit bestehen - z. B. können sich drei Landkreise oder mehrere Kommunen zusammentun und eine Aufgabe für die anderen miterledigen -, ist als freiwilliges Modell besser und effektiver als alles, was von Ihnen kommt. Das ist nämlich von oben verordnet, den Leuten von oben oktroyiert, sodass sie machen müssen, was andere sagen. Wir wollen, dass das freiwillig ist und bleibt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, interkommunale Zusammenarbeit ist in der Tat eine Alternative zu dem, was Herr Lennartz vorgetragen hat. Man muss sich doch die Frage stellen - da haben Sie durchaus Recht -: Lassen sich die Aufgaben der Kommunen auch unter den Aspekten der Bürgernähe und der Kosten besser erledigen, wenn man kommunale Körperschaften auf freiwilligem Wege zusammenführt, oder muss es dazu kommen, dass man - auch wieder von oben - sagt, dass Regionen gebildet und Landkreise aufgelöst werden müssen?

Ich will Ihnen für die CDU eines sagen: Wir halten daran fest, dass es in Niedersachsen weiterhin Landkreise und Kommunen gibt. Weitere Regionen wird es mit der CDU nicht geben.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Deswegen sage ich schon in der Vorschau auf die kommende Landtagswahl, damit die Bürgerinnen und Bürger - -

(Unruhe)

Herr Biallas, einen Augenblick! Sie haben von mir das Wort erteilt bekommen, die anderen nicht.

- - - klar wissen: Mit der CDU wird es keine weiteren Regionen geben.

(Beifall bei der CDU)

Der große Unterschied, den auch die Bürgerinnen und Bürger kennen sollten, ist: Wenn Rot-Grün in Niedersachsen regieren wird, wäre es das Ende der Landkreise. - So überspitzt muss man es formulieren.

(Beifall bei der CDU)

Damit die Menschen entscheiden können, wollen wir die Aktuelle Stunde auch dazu nutzen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der Antrag der FDP ist zunächst durch die Frage nach vergaberechtlichen Regelungen entstanden, die dort angeblich Anwendung finden sollen; in dieser wichtigen Frage sind wir mit der FDP einer Meinung. Viel wichtiger aber ist, dass wir Folgendes deutlich machen: Wir als Koalition stehen zu den Kommunen. Wir wollen, dass sie alle freiwilligen Möglichkeiten der Zusammenarbeit nutzen. Dazu schaffen wir die Rahmenbedingungen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Dr. Rösler noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem traurigen Werbeauftritt des Kollegen Bachmann will ich hier nichts sagen; darüber werden die Wähler allein entscheiden. Ich will aber noch einmal auf Herrn Lennartz zurückkommen. Sich über die Tiefe eines Themas für die Aktuelle Stunde zu beklagen, ist gerade vonseiten der Grünen mehr als dreist. Ich erinnere nur an Ihr Thema für die letzte Aktuelle Stunde, zu dem es noch nicht einmal Wortmeldungen gab. Auch Ihr heutiges Thema hat keinerlei landespolitischen Bezug.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Da konnten Sie nicht wechseln!)