Protocol of the Session on June 23, 2006

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber Sie, Herr Sander, wollen ja keine ergebnisoffene Suche nach einem Endlager,

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen kein Ergebnis!)

sondern Sie sind aus unserer Sicht längst - Herr Dürr weiß das ganz genau; denn auch er ist festgelegt - auf Schacht Konrad und Gorleben festgelegt.

(Christian Dürr [FDP]: Auch Sie sind festgelegt! Sie wollen nämlich kein Ergebnis!)

Seien Sie doch ehrlich, und sagen Sie, dass Sie überhaupt keine Endlagersuche wollen. Sie werben dafür, allen Atommüll aus der Republik hier

einzulagern. Jedes noch so wackelige Argument wird für Gorleben und Schacht Konrad gemüht. Sie zeichnen ein fast leuchtendes Bild der Region Salzgitter, wenn Schacht Konrad in Betrieb gehen sollte:

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ein strahlendes Bild!)

Milliardeninvestitionen „drohen“ am Horizont, zahlreiche Arbeitsplätze sollen entstehen, sogar ein finanzieller Lastenausgleich soll stattfinden, meine Damen und Herren. Das, was Sie hier zeichnen, ist ein Zerrbild, was sich nicht bewahrheiten wird.

Dagegen steht Ihr düsteres Bild, wenn Schacht Konrad nicht in Betrieb gehen sollte. Sie sagen: Gefährliche Abfälle müssen auf Jahrzehnte oberirdisch gelagert werden. Die öffentliche Hand würde Milliarden zusätzlich zahlen,

(Hermann Eppers [CDU]: Das ist doch zurzeit die Realität!)

und die volkswirtschaftlichen Kosten einer neuen Endlagersuche wären - so jedenfalls wird die Atomindustrie zitiert - astronomisch. So machen Sie Stimmung gegen eine Sicherheitsanforderung in diesem Land. Das ist eine Stimmung, der man mit Sachargumenten entgegentreten muss. Und das machen wir von grüner Seite.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun zu einer Frage, die auch Teil unserer Großen Anfrage war: Wie viele Endlager brauchen wir? Wir aus grüner Sicht halten es für nötig, dass lediglich ein Endlager für alle Arten von Atommüll gesucht und gefunden wird.

(Hermann Eppers [CDU]: Wo?)

Die Niedersächsische Landesregierung wirbt ja bekanntlich für zwei. Herr Sander, Sie sind ja der Makler in Sachen zwei Endlager. In einem Interview mit der FAZ Anfang des Jahres - - -

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Runkel?

Nein, heute mal nicht.

- - - hat Herr Sander allen Ernstes gesagt:

„Das Ein-Endlager-Konzept hatte Herr Trittin zur Verblüffung der Fachwelt wie ein Kaninchen aus dem Zylinder gezaubert.... schon aus wissenschaftlicher Sicht sollte das EinEndlager-Konzept nicht weiterverfolgt werden.“

(Christian Dürr [FDP]: Der Minister hat völlig Recht!)

Das war Ihr Zitat, Herr Minister. So weit die Fakten.

Und was ist in Ihrem Hause los gewesen? - Seit 1977 liegt dem Land Niedersachsen ein Antrag auf ein Planfeststellungsverfahren für ein atomares Endlager in Gorleben vor, und zwar für alle Arten von Atommüll. Auch später ist mehrfach bestätigt worden, dass in Gorleben alles eingelagert werden könnte. Sie hinken mit Ihren Argumenten sehr hinterher.

Wir stellen Gorleben weiterhin infrage. Die Frage ist aber nicht: Gorleben - ja oder nein? - Die Frage ist vielmehr: ein Endlager? - Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es um ein Endlager in diesem Land geht und nicht um viele Verteilungsmechanismen, die Sie sich vorstellen können.

Meine Damen und Herren, Entsorgungskonzepte sind nichts Statisches.

(Christian Dürr [FDP]: Also Sie wollen Gorleben als ein Endlager? Dürfen wir das so festhalten?)

Die Ansicht darüber, wie viele Endlager gebraucht werden, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder geändert, weil sich die Rahmenbedingungen ändern, weil z. B. mit Morsleben unverhofft ein zusätzliches Endlager ins Spiel kommt oder die erwarteten Müllmengen - wie in Schacht Konrad - immer geringer werden, meine Damen und Herren.

In den 90er-Jahren ist deshalb in Niedersachsen die Vorstellung von einem einzigen Endlager erneut aufgegriffen worden. Niemand Geringeres als der damalige Ministerpräsident Schröder hat 1995 erklärt, dass aufgrund des geringen Volumens, auch in Niedersachsen, die Lagerung des radioaktiven Mülls nur an einem Endlager in Deutschland notwendig sein wird. Ich freue mich, dass die Genossen an dieser Stelle schon damals eine so klare Position bezogen haben. Dem ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.

Er nahm in den 90er-Jahren einen neuen Anlauf für einen Energiekonsens, der damals leider nicht zustande gekommen ist. Herr Sander, auch das sollten Sie bei der Diskussion um ein oder mehrere Endlager bedenken.

Alle neueren Untersuchungen zeigen: Das Konzept eines Endlagers für alle Abfälle ist machbar. Auch aus der Abarbeitung der zwölf sicherheitstechnischen Einzelfragen zur Endlagerung, den so genannten Zweifelsfragen, hat sich kein einziges Argument gegen das Ein-Endlager-Konzept, jedenfalls aus unserer Sicht, ergeben. Das BfS hat diese Fragen im Rahmen eines wissenschaftlichen Gremiums geklärt.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, eines ist in Niedersachsen einmalig, ja wirklich einmalig in der Welt: Eine regionale Regierung - so, wie sie sich uns heute darstellt - tut alles dafür, um dreieinhalb Atommüllendlager in ihr Land zu bekommen: Asse, Schacht Konrad, Gorleben plus Morsleben, knapp hinter der Grenze in Sachsen-Anhalt. Meine Damen und Herren, das ist wirklich einmalig für uns! Der Begriff „Atomklo“, den die Anti-AKW-Bewegung für den Gorleben formuliert hat, - -

Jetzt müssen Sie aber wirklich zum Schluss kommen.

- - - trifft auf das Ersuchen dieser Regierung zu, meine Damen und Herren. Das, was Sie, die Fraktionen der CDU und der FDP, hier anstreben, trifft nicht unsere Zustimmung. Wir werden Ihnen in der Atommüllfrage weiterhin mit Sachargumenten entgegentreten. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Minister Sander, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon merkwürdig, ja, man könnte

sagen, fast skurril, welche Gründe den Grünen einfallen, um Schacht Konrad noch zu verhindern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt zwar einige Realitäten, die Sie, Herr Meihsies, genannt haben. Aber daraus müssen Sie dann auch die richtigen Schlussfolgerungen ziehen.

Sie haben allerdings - dies merkt man in Ihren Ausführungen - einfach nicht verwunden, dass Sie in der Bundesrepublik in keiner Regierung mehr Verantwortung tragen. Sie haben es besonders schwer verwunden, dass Ihr damaliger Umweltminister Trittin es nicht geschafft hat, Schacht Konrad oder Gorleben zu verhindern.

Die letzte Landesregierung hat sich rechtsstaatlich absolut korrekt verhalten. Dem Ministerpräsidenten Gabriel und dem Umweltminister Jüttner blieb gar nichts anderes übrig, als den Planfeststellungsbeschluss nach rechtsstaatlichen Grundsätzen festzustellen. Allerdings hätte einer - dies wäre Herr Trittin mit seiner nachgeordneten Behörde gewesen, nämlich dem BfS - den Planfeststellungsantrag zurückziehen können. Das BfS alleine hatte den Schlüssel dazu.

(Hermann Eppers [CDU]: So ist es!)

Dabei konnten Sie sich allerdings nicht durchsetzen - wie auch bei so vielen anderen Dingen.

Meine Damen und Herren, jetzt sollen die amtierende Landesregierung, das Oberverwaltungsgericht und die Anwälte an allem schuld sein. Das, was Sie hier tun, ist wirklich mehr als merkwürdig. Ich muss es noch einmal betonen: Die Vorgängerregierung hat sich an Recht und Gesetz gehalten und richtig entschieden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dass Sie von den Grünen uns nun dafür verantwortlich machen und uns kritisieren, das können wir ertragen. Das werden wir auch bestens ertragen. Aber eines nehmen wir nicht hin, Herr Meihsies, und zwar das Verständnis, das Sie von einem Rechtsstaat, von Anwälten und von Gerichten haben. Das ist zumindest nicht das Meinige.

Meine Damen und Herren, Sie haben ja in der Vergangenheit manchmal den Anspruch erhoben, Sie seien eine Rechtsstaatspartei. Darüber, ob dieses Verfahren nicht nach rechtsstaatlichen

Grundsätzen abgelaufen ist, unterhalten Sie sich einmal mit Ihrem rechtspolitischen Sprecher, Herrn Briese.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wenzel?