Herr Busemann, Sie haben es doch in Oldenburg bei unserer Podiumsdiskussion ganz deutlich gesagt bekommen. Die Eltern wollen mehr in der Schule, als nur Kuchen zu backen, sie wollen, dass sie sich mit ihren vielfältigen Kompetenzen, die sich aus ihren Berufstätigkeiten ergeben, einbringen können, und sie wollen in ihrer Erziehungspartnerschaft tatsächlich ernst genommen werden. Für die Schülervertretungen gilt das genauso.
Unnötig komplizieren Sie Ihr Verfassungsmodell noch mit dem zusätzlichen Gremium Schulbeirat, das aber nichts zu sagen hat, sondern nur beratende Funktion hat.
Wir empfehlen Ihnen die Schulkonferenz aus unserem Gesetzentwurf. Mit der Schulkonferenz sind alle Gruppen angemessen einbezogen; sie arbeitet effektiv und hat sich in anderen Bundesländern bereits bewährt.
Der dritte große Kritikpunkt, meine Damen und Herren, Herr Busemann, betrifft die fehlende Unterstützung für Schulen. Große Eigenverantwortlichkeit muss selbstverständlich Konsequenzen auch für die Schulbehörden haben. Die Schulinspektion kommt in Ihrem Gesetz erst gar nicht vor, und auch die Rolle der Landesschulbehörde muss sich ändern, weg von der Kontrolle hin zur Unterstützung und Dienstleistung. In Ihrem Gesetzentwurf findet sich dazu nichts, Leermenge!
Meine Damen und Herren, die Schulen brauchen für ihre eigenverantwortliche Weiterentwicklung Fortbildung und Beratung. Die Schulleitungen brauchen Ressourcen, vor allem auch mehr Lei
Die eigenständige Weiterentwicklung der Schulen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Sie kann nicht gelingen, wenn sie von vornherein nur als Sparmodell konzipiert ist. Da brauchen Sie, Herr Minister, auch gar nicht plötzlich auf so peinliche und durchsichtige Weise, wie ich finde, die Kolleginnen und Kollegen zu loben. Seit Sie Kultusminister sind, Herr Busemann, haben Sie den Lehrerinnen und Lehrern eine Unmenge an Veränderungen, an Erlassen, an Verordnungen zugemutet. Jetzt sollen sie auch noch einmal eben so nebenbei voller Reformeifer - aber ohne jede Unterstützung durch das Ministerium - die Eigenverantwortliche Schule entwickeln. Da, finde ich, klingt Ihr fettes Lob geradezu zynisch.
Herr Busemann, einen weiteren Punkt möchte ich hier nicht übergehen: Sie haben eine kleine, scheinbar nicht so bedeutende Gesetzesänderung in § 23 eingefügt. So ganz nebenbei setzen Sie damit die Standards für die Ganztagsschulen noch weiter herab. Herr Busemann, Sie haben für Niedersachsen die Ganztagsschule light kreiert - die Ganztagsschule, bei der das Land keinen Cent dazu bezahlt hat.
Mit der Gesetzesänderung wollen Sie jetzt festschreiben, dass die Schulen nicht mehr an mindestens vier Tagen in der Woche ein Nachmittagsangebot machen müssen, um sich Ganztagsschule nennen zu dürfen, sondern dass dafür auch Angebote an drei Nachmittagen ausreichen.
Sie räumen damit endlich ein, dass der Erlass zur Ganztagsschule mit dem Schulgesetz nicht im Einklang stand. Statt nun aber den Erlass an das Gesetz anzupassen, setzen Sie lieber die Standards im Gesetz herunter.
Herr Minister, so mutlos Sie bei der Einführung einer wirklichen Eigenverantwortlichkeit für die Schulen sind, so forsch sind Sie nun bei der Beratung des Gesetzentwurfes. Ganze zwei Bera
tungstage wollen Sie dem Kultusausschuss nach der Anhörung der Verbände zugestehen. Um jeden Preis wollen Sie diesen eher halbgaren und dürftigen Gesetzentwurf bis zur Sommerpause durch das Parlament peitschen, obwohl er erst ein ganzes Jahr später in Kraft treten soll.
Ich kann Sie nur warnen: Die Landesregierung hat in letzter Zeit bereits mit zu vielen Gesetzen Schiffbruch erlitten, weil sie keine sorgfältige Beratung zugelassen hat. Die Eigenverantwortlichkeit der Schule kann ein Schlüsselprojekt zur Modernisierung unseres Schulwesens werden. Deshalb haben wir uns die Mühe gemacht, einen eigenen detaillierten Gesetzentwurf vorzulegen. Geben Sie uns allen die Chance, gute und sinnvolle Vorschläge ernsthaft zu erwägen und einzuarbeiten, und lassen Sie uns ausreichend Zeit, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Eile wäre hier verfehlt.
Herr Busemann, was mich an Ihrer Erklärung wirklich gewundert hat: Sie sind mit den Reformen doch nicht am Ende angekommen. Sie fangen doch erst an, meine ich. Belasten Sie Ihr Angebot zur Zusammenarbeit nicht durch die völlig unpassende Forderung, die Schulstrukturdebatte weiterhin zu tabuisieren. Gerade nach dem PISA-Bericht, der uns gestern vorgelegt worden ist, sollten Sie endlich einmal ernsthaft darüber nachdenken, ob Ihre Schulstrukturreform wirklich die richtige gewesen ist.
Gerade die bei uns besonders benachteiligten Migrantenkinder haben nur dann wirkliche Chancen, wenn sie von Ihnen nicht frühzeitig in Restschulen abgeschoben werden.
Verehrte Frau Eckel, ich schätze Sie als Kollegin wirklich, aber ich muss Ihnen sagen: Bei dem Redebeitrag, den Sie da abgeliefert haben, haben Sie zumindest bei mir den Eindruck hinterlassen, als hätten Sie den Schulgesetzentwurf nicht gelesen.
Zumindest haben Sie hier sehr eigenwillige Interpretationsmöglichkeiten dargelegt. In der Hinsicht bin ich auf die Beratung im Kultusausschuss sehr gespannt. Sie müssen irgendwo einmal darlegen, wo es dieser Gesetzentwurf, der im Kabinett verabschiedet worden ist, unterlässt oder verhindert, dass pädagogische Freiheit gestaltet werden kann. Dazu hätte ich von Ihnen gerne konkrete Ausführungen gehört. Darauf bin ich sehr gespannt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den vergangenen drei Jahren haben CDU und FDP sehr viel Kraft, sehr viel Zeit und sehr viel Energie darauf verwandt, den Bildungsbereich, der desolat gewesen ist, wieder aufzumöbeln und auf den richtigen Kurs zu bekommen. Dabei müssen wir ganz besonders an diejenigen denken, die damit vor Ort zu tun gehabt haben. Es war in der Tat kein einfaches Unterfangen, was unsere Schulen dabei zu leisten gehabt haben.
Unübersehbar und von allen Seiten anerkanntes Merkmal dieser Landesregierung ist allerdings, dass die Zeit der Langatmigkeit, der Unentschlossenheit und des Zerredens beendet worden ist. Uns Halbherzigkeit vorzuwerfen, verehrte Frau Eckel, ist ein Treppenwitz.
Im Bildungsbereich - das gebe ich gerne zu - haben wir es mit einer ganz besonderen Dynamik zu tun, die einerseits positive Bewegung in unsere Schulen gebracht hat, andererseits auch an die Grenzen der Überforderung ging. Auch vor diesem Hintergrund ist das Kernstück unseres zukünftigen Bildungssystems in Niedersachsen - nämlich die Eigenverantwortliche Schule - zu beraten. Gerade jetzt kommt es entscheidend darauf an, unsere
Ich erinnere daran, dass die FDP bereits im Jahr 2003 unter Beteiligung zahlreicher Verbände und Bildungseinrichtungen eine Anhörung zur Eigenverantwortlichen Schule durchgeführt hat. Der Faktor Zeit wurde von Frau Korter hier noch einmal deutlich angesprochen. Sehr verehrte Frau Korter, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass in den vergangenen Jahren - zwei Jahre, würde ich sagen - praktisch jede Verbandszeitschrift das Thema der Eigenverantwortlichen Schule zum Inhalt hatte. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass bei der didacta ein roter Faden sozusagen Eigenverantwortliche Schule hieß. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir im vergangenen Jahr ein Hearing zur Eigenverantwortlichen Schule gehabt haben. In jedem Schulverwaltungsblatt steht, dass wir uns über die Eigenverantwortliche Schule zu unterhalten haben. Herr Busemann hat im Grunde genommen ständig darauf hingewiesen, dass das alles auf uns zukommt.
Man kann sich jetzt also hier nicht hinstellen und sagen: Wir sind im Prinzip unvorbereitet. - Das trifft nicht zu!
Wir sind in dieser Diskussion gut vorbereitet. Bei dieser Diskussion ist eindeutig herausgekommen - das ist Fakt -: Autonome Schulen haben definitiv bessere Möglichkeiten, ein gestecktes Bildungsziel zu erreichen, weil sie den Weg zum Ziel selbst beschreiben können und nicht Zwängen unterworfen sind, die für die einen erfüllbar und für die anderen vielleicht unerfüllbar sind.
Wir eröffnen mit dem In-Kraft-Treten dieser Schulgesetznovelle allerdings keinen Markt der Beliebigkeiten. Bildungsstandards müssen klar formuliert sein. Wie man diese erreicht, das können in Zukunft die Beteiligten in eigener Verantwortung entscheiden. Und das ist gut so.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu gehören Rahmenbedingungen, eine entsprechende Organisation und eine geregelte Budgetierung.
Erstens möchte ich etwas zu den Rahmenbedingungen sagen. Bei dem Stichwort „Deregulierung“ machen Sie, Herr Minister, mit Ihren Vorschlägen einen Schritt in die richtige Richtung.
Es gibt beispielsweise einen so genannten 30-%Erlass; die Insider wissen, was das ist. So etwas muss in Zukunft gestrichen werden. Diese Vorgabe ist seit Jahren ein ausgewiesener Bremsklotz für Qualitätsentwicklung. Hierbei müssen Schulen zukünftig deutlich mehr Handlungsspielraum erhalten.
Zweitens. Mit den zentralen Überprüfungen und den Vergleichsarbeiten sind wir auf einem guten Weg. Die Beteiligten vor Ort wissen am besten, welche Wege für ihre Schüler Erfolg versprechend sind.
Drittens. Vielfalt schafft Wettbewerb, und Wettbewerb schafft Qualität. Darum ist es wichtig, die Vielfalt der Schulen in Niedersachsen zu erhalten. Die Schulen bilden ihr eigenes Profil, nach denen Eltern und Schüler ihre Wahl für die für sie beste Schule treffen können. Die von Rot-Grün eingeforderte Einheitsschule schränkt die Wahlfreiheit in dieser Frage ein.
Viertens. In der Phase der Umstellung brauchen Schulen ein verlässliches und flexibles Beratungssystem. Die Berater müssen ihre Schulen und deren Umfeld kennen und kurzfristig zur Verfügung stehen; dabei sind wir einer Meinung. Wir dürfen die Schulen bei dieser wichtigen und aufwendigen Reform nicht alleine lassen. Sie dürfen nicht einmal das Gefühl haben, sie stünden mit dieser Aufgabe alleine da. Ich bin für die heutigen Ausführungen des Ministers dankbar. Das war Klartext.
Die Schulinspektion kann dort durch ihre externe Evaluation eigentlich nur einen Teil der Unterstützung liefern.
Fünftens. Die Schulen müssen die Möglichkeit erhalten, Schritt für Schritt in die Eigenverantwortung entlassen zu werden. Allein durch die rechtliche Umsetzung zu einem bestimmten Stichtag wird keine Schule wirklich eigenverantwortlich. Wir stützen die konsequente Haltung der Landesregierung beim Konsolidierungskurs. Allerdings darf die Einführung der Eigenverantwortlichen Schule auf keinen Fall einen Anlass geben, an der Ausbildung unserer Kinder zu sparen. Vielmehr müssen die Schulen handlungsfähig bleiben und über einen gewissen Spielraum verfügen. Hier zu sparen hieße, langfristig Probleme zu produzieren.
Zur Organisation: Nur wer Kompetenzen erhält, ist auch bereit, Verantwortung zu übernehmen. Natürlich muss das Land seiner verfassungsrechtlichen Verantwortung nachkommen und eine adäquate Schulbildung für jeden Schüler anbieten. Die Eigenverantwortliche Schule muss jedoch Zeichen setzen. Wir stärken durch unser Schulgesetz den Schulleitungen und Lehrkräften den Rücken und trauen ihnen damit zu, dieser Verantwortung gerecht zu werden.