Zu dem Fall, in dem es um die Unterrichtsversorgung hier in Hannover ging, will ich hier vor diesem Hause ganz offen sagen: Der Zeitpunkt der Bekanntgabe liegt offenbar näher an der Kommunalwahl als an der Erhebung.
Zwei Dinge noch, Herr Jüttner. Heute morgen meinten Sie zu wissen, wie viel Post im Vorzimmer des Kultusministers eingeht. Soll ich Ihnen einmal etwas sagen? - Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen beziehen. Der Kultusminister bekommt pro Jahr 6 000 bis 7 000 Posteingänge. Vom Beginn dieses Jahres an bis zum heutigen Tage hat der Kultusminister aber nur 19 Eingänge zur Unterrichtsversorgung bekommen. Sechs davon kamen von Abgeordneten, die anderen kamen aus dem Lande. Das ist ein Anteil von weniger als 2 oder 3 Promille. Insofern besteht zwischen dem, was Sie zu wissen glauben, und dem, was die Wahrheit ist, eine große Diskrepanz. Ich bitte, das einmal aufzuklären.
Letzter Satz, Herr Kollege Jüttner. Ich habe das hier schon in verschiedenen anderen Debatten gesagt. Ihre Fraktion hat noch vier Minuten Redezeit. Wenn Sie der Meinung sind, dass mit der Unterrichtsversorgung im Lande irgend etwas nicht in Ordnung ist - von mir aus können das durchaus auch Managementfehler sein -, dass es irgendwo substantielle Probleme gibt, dann kommen Sie einfach her, und sagen Sie als Oppositionsführer, der vielleicht einmal regieren will: Jawohl, so und so viel tausend Lehrer müssen zusätzlich eingestellt werden. - Wenn Sie an dieser Schraube nicht drehen wollen, dann kommen Sie bitte hier her und sagen - das ist dann die einzige Stellschraube, die
noch übrig bleibt -: Wir müssen an der Lehrerarbeitszeit entsprechende Veränderungen vornehmen. Dieses nebulöse Beschreiben, dieses Schattenwerfen und dieses Gucken reichen mir nicht. Ich werde Sie auch in Zukunft immer wieder auffordern: Sagen Sie einfach, wie Sie es machen wollen. Dann werden wir weiter reden. - Danke schön.
Herr Busemann, es gibt eine Verabredung dahin gehend, dass auch Regierungsmitglieder nur fünf Minuten reden sollen. Sie haben jetzt aber neun Minuten und 31 Sekunden gesprochen.
d) Mehrwertsteuererhöhung beschäftigungsfeindlich und sozial ungerecht - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2881
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schädlich, mitten in die gerade anspringende Konjunktur hinein die Konsumsteuern in Deutschland anzuheben, ohne einen entsprechenden Ausgleich auf den Faktor Arbeit bei den Sozialkosten vorzusehen. Wenn CDU und SPD bisher nicht die Fantasie hatten, wie sie das mit einem Subventionsabbau schaffen könnten, dann müsste das jetzt im Lichte der enorm angestiegenen Steuereinnahmen - es kommen mehr als 8 Milliarden Euro mehr an Steuern in die Kassen, als die Finanzminister erwartet haben - endlich möglich sein. Ich glaube, dass heute vom Niedersächsischen Landtag ein Signal in diese Richtung ausgehen müsste.
haushalt ausgleichen zu können, könnte aus unserer Sicht sehr wohl durch Subventionsabbau und durch das Schließen von Steuerschlupflöchern erzielt werden. Es ist doch ein Unding, dass DaimlerChrysler in Deutschland auch im Jahr 2006 vermutlich wieder keine Steuern zahlen wird. Siemens ist es noch im letzten Jahr gelungen, die Kosten für die Verlagerung von 600 Arbeitsplätzen nach Tschechien in Deutschland steuerlich geltend zu machen. Das, was die Firma Siemens mit diesen 600 Arbeitsplätzen verdient hat, wird in Tschechien versteuert. Auch der Betrag von 20 Milliarden Euro, der dem Bund, den Ländern und den Kommunen allein aufgrund von Steuerbetrug entgeht, muss endlich durch schärfere Kontrollen reduziert werden.
Die große Koalition hat es angesichts dieser Dimensionen, die aufgrund von Subventionsabbau und Steuermehreinnahmen möglich sind, wirklich in der Hand, auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu verzichten. Sie ist im Interesse der Erhaltung der Handlungsfähigkeit des Staates nicht gezwungen, die Mehrwertsteuer - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - um 3 Prozentpunkte zu erhöhen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Steuermehreinnahmen kommen sicherer über einen konjunkturellen Aufschwung in die öffentlichen Haushalte, nicht aber über Steuererhöhungen. Das haben nicht nur wir in Deutschland immer wieder erfahren. Auch im Ausland sind diese Erfahrungen gemacht worden. So hat Portugal im Jahr 2002 die Mehrwertsteuer von 17 auf 19 % angehoben. Der Konsum ging danach schlagartig nach unten. Die Staatsverschuldung stieg weiter in die Höhe. Portugal hat von diesem Projekt keinen Entlastungsvorteil gehabt. Warum will Deutschland diesen falschen Weg wiederholen?
Die große Koalition regiert unser Land leider aus der Sicht eines Buchhalters und nicht mit wirtschaftlicher Vernunft.
Die Niedersächsische Landesregierung darf sich da nicht in stummer Enthaltung heraushalten, sondern sie muss diesen Unsinn offensiv aufhalten. Wir alle erinnern uns doch noch ganz gut an die vor einem Jahr gemachten Wahlversprechen. Die CDU wollte endlich einmal ehrlich sein und schon vor der Wahl sagen, was nach der Wahl passieren wird. Sie versprach, mit einer Erhöhung der Mehr
wertsteuer um 2 Prozentpunkte die Sozialkosten bei der Arbeit in entsprechendem Umfang zu senken. Die SPD geißelte das als sozial schädliche fatale Merkel-Steuer und plakatierte das ganze Land. Ist Ihnen das heute nicht peinlich?
Die Lösung, die angesichts dieser Ausgangslage im Koalitionsvertrag gefunden wurde, ist zum Leitmotiv der gesamten bisherigen Arbeit der großen Koalition geworden. Die große Koalition reduziert auf Kosten der Allgemeinheit alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Probleme werden mit vereinten Kräften verdrängt, oder im Konfliktfall werden die unterschiedlichen Wünsche einfach addiert; koste es, was es wolle. 25 Milliarden Euro soll allein das Wachstumspaket kosten, mit dem die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung anschließend wieder korrigiert werden sollen. Was für ein Unsinn. Mit vollen Händen werden die Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung ausgegeben und verteilt, die eigentlich zum Stopfen von Haushaltslöchern eingesetzt werden sollten.
Hören Sie auf die zahlreichen Fachleute aus allen Bereichen - von den Arbeitgebern über die Arbeitnehmer bis hin zu den Wirtschaftsforschungsinstituten -, und hören Sie mit diesem Unsinn auf! Stoppen Sie die Bundesregierung bei der geplanten Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben zurzeit eines der größten Steuererhöhungsprogramme in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach dem Motto „Vor der Wahl ist nicht gleich nach der Wahl“ wird aus der Differenz „null versus zwei“ die Ungleichung „null plus zwei gleich drei“. Das ist eine sehr schwierige mathematische Gleichung. Mir hat das Beispiel von Frau Helmhold mit dem Backen vor der Wahl und nach der Wahl viel besser gefallen; es ist sicherlich auch verständlicher.
Das Frühjahrsgutachten der sechs führenden Wirtschaftsinstitute erwartet für 2007 ein Wachstum von 1,2 % im Gegensatz zu 1,8 % in 2006. Das bedeutet, rund 0,5 Prozentpunkte Wachstumsverlust gehen zulasten der Mehrwertsteuererhöhung.
Zur Mehrwertsteuererhöhung gesellen sich dann noch die Kürzungen des Sparerfreibetrages, die Einschränkung der Anerkennung des häuslichen Arbeitszimmers, die Kürzung der Pendlerpauschale und die Erhöhung der Versicherungsteuer.
Experten haben einmal ausgerechnet, dass eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von durchschnittlich 40 000 Euro bei diesem Bündel von Maßnahmen mit einer Mehrbelastung von über 1 600 Euro pro Jahr rechnen muss. Das heißt mit anderen Worten, mehr als 100 Euro fehlen dem verfügbaren Einkommen pro Monat.
Meine Damen und Herren, damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen Subventionsabbau. Aber das ist nur dann akzeptabel, wenn man vernünftige Steuersenkungsprogramme entwickelt, wie sie beispielsweise von Professor Kirchhof oder Herrn Solms vorgestellt worden sind.
Ich bin aber fest davon überzeugt, dass auch die Grünen, wenn sie mit den Sozialdemokraten die Regierung stellen würden, noch tiefer in den Steuersäckel greifen würden. Ich denke, Begriffe wie „Reichensteuer“ passen durchaus in ihr Weltbild. Denn schon einmal haben die Grünen einer Steuererhöhung den Vorzug vor Strukturveränderungen gegeben.
Erinnern Sie sich noch? - Die Ökosteuer wurde eingeführt, um die Rentenversicherungsbeiträge stabil zu halten. Das ist zeitweilig auch gelungen. Gleichzeitig aber ist versäumt worden, die Rentenversicherungssysteme zu reformieren.
(Beifall bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Können Sie sich erinnern, wer die Steuer- und Abgabenquote in Berlin gesenkt hat?)
Die Folgen kennen wir: Der Beitragssatz sank zunächst auf 19,1 %. Inzwischen liegt er wieder bei 19,5 %. Ab 2007 droht eine Erhöhung auf 19,9 %.
Die Rente ist nicht mehr sicher, eine Rentenreform ist angesagt, um ein Explodieren der Beiträge zu verhindern. - Das nur beispielhaft für das Vorhaben, durch Steuererhöhungen Sozialversicherungsbeiträge zu senken. Denn das Gleiche soll jetzt passieren: Über die Mehrwertsteuererhöhung sollen die Arbeitslosenversicherungsbeiträge abgesenkt werden.
- Frau Präsidentin, können Sie bitte dafür sorgen, dass mich Herr Wenzel nicht ständig unterbricht? Ich empfinde das als ungehörig.
Wir Liberalen fordern schon seit Jahr und Tag, das System der Arbeitsverwaltung zu reformieren. Im Übrigen ist davon die Rede, dass die Bundesanstalt für Arbeit Überschüsse erwirtschaftet, sodass die Senkung des Beitragssatzes schon auf diese Weise zustande kommen kann.
Übrigens, ein weiterer Teil der zusätzlichen Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung soll der Finanzierung eines Konjunkturprogramms dienen: in Höhe von 24 Milliarden Euro, verteilt auf vier Jahre. Die Geschichte der Volkswirtschaft zeigt, dass dies nur Mitnahmeeffekte erzeugt, langfristig jedoch wirkungslos bleibt.
Da wir ja bereits ein moderates Wachstum haben, wird auch dieses Programm möglicherweise nicht mehr gebraucht. So fällt, meine Damen und Herren, in der aktuellen Debatte auf, dass von der Senkung des Beitragssatzes und von dem Konjunkturprogramm überhaupt keine Rede mehr ist. Der eigentliche Anlass der Mehrwertsteuererhöhung ist aus der aktuellen Diskussion mehr oder weniger verschwunden. Es bleibt der Hinweis von Herrn Steinbrück übrig, dass all diese Einnahmen für die Haushaltskonsolidierung gebraucht werden, um die Verfassungskonformität und das Stabilitätskriterium der EU zu erreichen.
Ohne Zweifel sind diese Ziele ausgesprochen empfehlens- und wünschenswert. Ich meine aber, nicht nur Einnahmeerhöhungen, sondern Ausgabenkürzungen sind der bessere Weg, um Haushalte langfristig zu konsolidieren.
Aus Sicht des Landes sind die aus dieser Steuererhöhung zu erwartenden Mehreinnahmen ein Pyrrhussieg.