Protocol of the Session on March 23, 2006

Meines Erachtens stärkt die ehrenamtliche Tätigkeit die Persönlichkeit. Die Jugendlichen lernen das eigenständige und eigenverantwortliche Handeln, was mit Blick auf ihre spätere Berufsfähigkeit gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Im „Jahr der Jugend“ wollen wir speziell an diesem Punkt ansetzen. Aber nicht nur daran: Wir haben von vornherein klar gemacht - darüber haben wir auch diskutiert -, dass wir alle Bereiche der Jugendpolitik, die es zu bearbeiten gilt, mit Priorität versehen werden.

Meine Damen und Herren von der SPD, ich wende mich nun Ihrem Antrag zu. Frau Vockert hat es schon gesagt: Ihr Antrag fordert uns auf, viele Pläne aufzustellen. Mehr Bürokratie und mehr Papier wollen wir jedoch nicht. Wir wollen Aktionen; denn damit kann man den Jugendlichen wesentlich besser helfen. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Rednerin ist Frau Janssen-Kucz von Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat im Januar 2005 den Antrag „Jugendhilfe in Niedersachsen stärken“ vorgelegt. Zehn oder 14 Tage später gab es dann den Antrag der Regierungsfraktionen „Niedersächsische Jugendpolitik neu ausrichten“. Diesen Antrag hat der Landtag im Dezember 2005 mit den Stimmern der Regierungsmehrheit beschlossen.

Uns Grünen hat sich schon damals nicht erschlossen, was an der Jugendpolitik der schwarz-gelben Landesregierung nun neu sein soll. Aber hier wurde ja eben ein bunter Strauß vorgestellt. Ich glaube, die Wertung, ob diese Überlegungen in Sachen Jugendpolitik wirklich so wegweisend neu sind, dürfte sehr unterschiedlich ausfallen. Meiner Ansicht nach führen die Haushaltskürzungen, die seit Regierungsantritt im Jugendbereich vorgenommen worden sind, dazu, dass ein Großteil der Jugendpolitik ein Stiefkinddasein fristet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber, meine Damen und Herren, auch der Antrag der SPD-Fraktion ist nicht bahnbrechend, sondern in großen Teilen Vergangenheitsbewältigung.

(Zuruf von Erhard Wolfkühler [SPD])

Sie haben einen Antrag für einen Kinder- und Jugendplan eingebracht, den die ehemalige Ministerin Frau Dr. Trauernicht 2002 vorgelegt und mit einer hübschen Stange Geld ausgestattet hatte, der von der neuen Landesregierung dann aber ad acta gelegt worden ist. Ich finde, das kann man nicht machen. Und dann sagen Sie auch noch, das Ding war so wegweisend! - Ich meine im Übrigen nicht, dass er so wegweisend war.

Aber wer glaubt denn wirklich daran, dass die schwarz-gelbe Landesregierung einen alten Plan, der jetzt seit fast drei Jahren in der Schublade liegt, wieder herausholt und fortschreibt? - Liebe SPD, das wird nicht passieren. Und wie gesagt: Ihr Kinder- und Jugendplan war auch nicht der große Wurf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Außerdem wäre eine Fortschreibung nur dann sinnvoll gewesen, wenn es zuvor eine umfassende Bestandsaufnahme und eine Auswertung der bisherigen Jugendhilfe- und Impulsprogramme gegeben hätte. Dies fordert die SPD aber erst ein, nachdem der größte Teil der Maßnahmen bereits abgewickelt worden ist, die einen mehr, die anderen weniger erfolgreich.

Wir haben erst Anfang Februar eine Bestandsaufnahme bekommen, und das nur auf Anforderung. Wenn ich mir diese Bestandsaufnahme anschaue, dann finde ich es ganz schön traurig, wie mit dem Geld umgegangen worden ist. Bei einem großen Teil der Maßnahmen habe ich nicht feststellen können, dass das Ziel, das man damit verfolgt hatte, auch nur annähern erreicht worden ist. Die Maßnahmen scheinen mir vielmehr im Sande verlaufen zu sein. So aber darf man mit Landesmitteln in Höhe von fast 3 Millionen Euro nicht umgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich darf festhalten, dass die Impulsprogramme nicht den Impuls ausgelöst haben, den die SPDgeführte ehemalige Landesregierung und Sie sich davon versprochen haben.

Eine weitere Forderung des Antrags der SPD besteht darin, dass der Landesaktionsplan für Kinderund Jugendschutz auf den Weg gebracht wird. Diese Forderung haben wir im Dezember in der Beschlussfassung über den Antrag zum Jahr der Jugend gemeinsam verabschiedet. Ich erwarte von der Landesregierung, dass der Landesaktionsplan möglichst schnell vorgelegt wird. Das müssen wir nicht noch einmal beschließen.

Zu guter Letzt: Es wäre zu schön um wahr zu sein, wenn hinsichtlich der Förderung der Jugendhilfeträger bis zum Ende der Legislaturperiode Planungssicherheit gegeben würde. Aber wir alle kennen ja den Spruch, den wir gestern und heute schon wieder gehört haben: Die beste Kinder- und Jugendpolitik dieser Landesregierung besteht darin, weniger Schulden zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte diese Argumentation für zu kurz gegriffen. Kinder- und Jugendpolitik ist Zukunftspolitik. Hier muss auch diese Landesregierung Prioritäten setzen.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen muss weiter gestärkt werden. Der Antrag der SPD-Fraktion ist dazu aber nicht geeignet. In meinen Augen zeugt er eher von Hilflosigkeit, als dass er neue Impulse setzt. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat Frau Ministerin Ross-Luttmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gestalten eine aktive und umfassende Jugendpolitik für alle jungen Menschen im Lande.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb fördert und unterstützt die Landesregierung Jugendliche mit ihren vielfältigen und zielgenauen Aktivitäten. Wir setzen in unserer Jugendpolitik auf Transparenz, auf Dialog und auf Redlichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Und, meine Damen und Herren, wir setzen auf die Förderung von Aktivitäten unserer Jugend und gerade nicht auf das Herstellen von Papieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen, dass die eingesetzten Landesmittel nicht in Papieren versickern, sondern den Jugendinitiativen vor Ort zugute kommen und keine Verwaltungsüberbauten bilden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die freien und öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe und die Kommunen brauchen verlässliche und nachvollziehbare Informationen über die Leistungen des Landes. Grundlage hierfür ist der Haushaltsplan, der nach den Prinzipien der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit vorgelegt wird. Ich räume ein, dass auch der Jugendhilfebereich, genau wie jeder andere Haushaltsbereich auch, seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erbringen muss. Heute Schulden zu machen, die morgen auf den Schultern unserer Kinder und Jugendlichen lasten, ist

das Unsozialste, was wir tun können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen muss ich als Jugend- und Familienministerin auch immer im Blick haben.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das sind deutliche Worte!)

Auch unsere Jugend möchte später Politik gestalten und nicht durch die Fortsetzung der Verschuldungspolitik in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. Um das möglich zu machen, müssen wir unsere Ressourcen sinnvoll und sachgerecht einsetzen und Schwerpunkte setzen. Es geht darum, das knappe Geld so effizient und so effektiv wie möglich einzusetzen und Bewährtes zu erhalten. Wir setzen im Jugendbereich für gezielte Projekte - Herr Albers, es wird nicht dadurch richtiger, dass Sie immer etwas Falsches wiederholen sogar noch erheblich mehr Haushaltsmittel ein, als es frühere Landesregierungen getan haben.

Frau Ross-Luttmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Ihre Behauptung, meine Damen und Herren von der SPD, in kaum einem anderen Politikfeld sei ein höherer Anteil an Haushaltsmitteln eingespart worden als in der Jugendpolitik, geht ins Leere.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einige wichtige Eckpunkte hinweisen. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und insbesondere die Eingliederung benachteiligter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt sind wesentliche jugendpolitische Schwerpunkte der Landesregierung. Allein für Arbeitsförderprogramme haben wir im Jahr 2006 rund 50 Millionen Euro eingesetzt; davon sind 35 Millionen Euro in verschiedene Programme für benachteiligte Jugendliche geflossen. Das ist weit mehr, als die frühere Landesregierung tatsächlich zur Verfügung gestellt hat.

(Zurufe von der SPD)

Aber nicht nur das Finanzvolumen, sondern auch die Qualität der Aktivitäten und Hilfeleistungen wurde gesteigert. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auf die Pro-Aktiv-Zentren hinweisen. Die Jugendberufshilfe in Niedersachsen ist eine effektivere Organisationsform und hat eine höhere Qualität erhalten.

Ich möchte wegen der zeitlichen Begrenzung jetzt nicht alle weiteren Projekte aufzählen; meine Kollegin Britta Siebert hat es schon getan.

Die Ausführungen zeigen, glaube ich, sehr deutlich, dass der Kinder- und Jugendschutz bei dieser Landesregierung einen sehr hohen Stellenwert einnimmt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Vorwurf der Mittelkürzung ist in jeder Hinsicht unberechtigt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Landesregierung hat ohne jede Einschränkung die Mittel für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Höhe von über 1,5 Millionen Euro auch im Jahr 2005 zur Verfügung gestellt; das Gleiche gilt für das Jahr 2006. Die Vorlage eines Aktionsplans für den Kinder- und Jugendschutz wurde vom Landtag beschlossen; er wird zurzeit erarbeitet. Dabei wird der Gewaltschutz und hier insbesondere die frühe Gewaltprävention, weiterhin einen Schwerpunkt bilden, weil uns der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor Vernachlässigung und Gewalt ein besonderes Anliegen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben uns nicht erst von der Diskussion um die in jüngster Zeit bekannt gewordenen tragischen Fälle der Kindesmisshandlung leiten lassen, sondern schon vorher in Prävention investiert.