Protocol of the Session on February 23, 2006

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist sehr schade, meine Damen und Herren, dass Sie sich einer abschließenden Beurteilung und Würdigung dieses Antrages verweigert haben. Es sollte hier nicht darum gehen, Einrichtungen zur Zertifizierung zu zwingen. Es sollte vielmehr um Anreize gehen, sich auf Standards zu verständigen und im Sinne der Einrichtungen und vor allen Dingen der Kunden eine bessere Qualität auch besser zu honorieren. Im Sinne der pflegebedürftigen Menschen wäre dies alle Mal.

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ihr Verhalten zeigt leider, dass Sie außer Sonntagsreden nicht viel zu bieten haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Meißner von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Groskurt und Frau Helmhold, es ist schon ganz schön schwierig: Wenn wir bestimmte Entschließungsanträge zu lange „schmoren“ lassen, sie nicht bearbeiten und nicht über sie abstimmen, dann werfen Sie uns vor, dass wir verzögern. Wenn wir aber abstimmen, dann heißt es, dass wir Wünschen nicht entsprechen und zu schnell sind. Ich weiß nicht, was wir Ihrer Meinung nach machen sollen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wenn der Antragsteller vertagen will!)

- Das war ein Antrag, der schon lange vorlag, und es ist zu Recht gesagt worden, dass wir uns damit befassen sollten. Wir haben uns damit befasst, und wir haben darüber abgestimmt. Ich denke, dieses Verfahren war völlig richtig. Frau Groskurt, ohne Begründung haben wir den Antrag im Übrigen nicht abgelehnt. Die Begründung war, dass dieser Antrag im Grunde genommen nicht erforderlich ist, weil vieles schon läuft. Ich werde Ihnen das gleich erläutern.

Sie haben auch gesagt: Wenn wir zustimmen würden, dann hätten wir einen großen Teil zum Bürokratieabbau beigetragen. - Ich habe eher den Eindruck: Wenn wir allem zustimmen würden, was im Antrag gefordert wird, würden wir zum Teil erst Bürokratie aufbauen, weil mehr Überprüfungen stattfinden müssten. Das wäre wirklich kontraproduktiv für die Menschen in der Pflege.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Böhlke?

Das geht nicht von der Redezeit ab?

Nein.

Gut. Dann mache ich das.

Ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass der Antrag der SPD-Fraktion, über den wir gerade debattieren, dem Landtag bereits im Jahr 2004 zur ersten Beratung vorgelegen hat?

Das ist mir bekannt, Herr Böhlke. Deswegen habe ich ja auch darauf abgehoben, dass das schon lange in der Diskussion war.

Frau Groskurt, Sie haben uns vorgeworfen, wir würden den Menschen in Niedersachsen eine menschenwürdige und qualitativ gute Pflege vorenthalten. - Wenn wir das täten, dann hätten Sie natürlich allen Grund, uns heftig zu kritisieren. Das tun wir aber gerade nicht. Im Moment gibt es bundesweit drei Institute, die eine Zertifizierung anbieten. Diese Institute sind dabei, Mindestmaßstäbe für die Pflegequalität festzusetzen und eine einheitliche Software zu entwickeln. Das passiert, ohne dass Niedersachsen etwas unternehmen müsste, und das ist auch gut so.

Außerdem hat eine bundesweite Erhebung des MDK gezeigt, dass es keine Qualitätsunterschiede zwischen zertifizierten und nicht zertifizierten Einrichtungen gibt. Das heißt: Eine Zertifizierung ist mit Blick auf die Qualität nicht hinderlich; das ist völlig klar.

(Glocke der Präsidentin)

Sie ist aber eben auch nicht Voraussetzung für Qualität. Es gibt viele Anbieter, die schon von alleine Zertifizierungen vornehmen. Ich nenne als Beispiel das DRK, das alle seine Einrichtungen nach ISO 9001 zertifizieren lässt und mit dem MDK Absprachen trifft, dass man nur noch stichprobenartig überprüft. Das funktioniert gut, das lohnt sich also auch.

Deswegen: Wenn das von alleine läuft, warum sollen wir dann von oben befehlen bzw. von oben etwas festlegen?

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Fördern, nicht befehlen!)

Sie wollen es flächendeckend und standardisiert einführen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das tatsächlich sinnvoll ist, da sich viele Qualitätskriterien schon von alleine entwickeln. Das heißt, die Selbstverwaltung reagiert von sich aus; das kann man ganz eindeutig sagen. Es gibt einen Erlass des Sozialministeriums, nach dem die Heimaufsichtsbehörden verpflichtet sind, eigene Prüfungen zu unterlassen, wenn verwertbare Materialien von anderen vorliegen. Das gilt für die Heimaufsicht genauso wie in anderer Form für den MDK. Doppelprüfungen werden künftig also vermieden. Das ist gut für die Menschen, die in der Pflege arbeiten.

Frau Meißner, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Noch ein Punkt - ich habe das schon einmal hier gesagt -: Wir sollten im Interesse der Menschen in Niedersachsen dazu kommen, dass z. B. beim MDK nicht nur Mängellisten, sondern auch Positivlisten geführt werden - damit wir das Image in der Pflege verbessern, damit mehr Menschen in diesem wichtigen Bereich gerne arbeiten wollen. Das sollte unser Ziel sein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt erteile ich Frau Kohlenberg von der CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben den Antrag „Zertifizierung von Pflegeeinrichtungen unterstützen“ eingebracht. Immer mehr Pflegeeinrichtungen bewerben sich um Zertifizierung. Das tun sie freiwillig und ohne dass wir noch neue Rahmenbedingungen dafür schaffen müssen, dass sie es tun. Immer mehr Pflegeeinrichtungen lassen sich zertifizieren. Das Rote Kreuz prüft z. B. nach ISO 9001. Das Diako

nische Werk hat ein Qualitätssiegel, das noch über die ISO 9001 hinausgeht.

(Zuruf von der SPD: Wer soll sich da noch zurechtfinden?)

- Sie finden sich schon sehr gut zurecht. Das kann ich Ihnen sagen. Auch die privaten Träger haben ein Qualitätssiegel.

Wir wollen aber keine Gleichmacherei. Wir wollen nicht allen ein Modell überstülpen, das sie dann übernehmen müssen. Es muss vielmehr ganz klar dabei herauskommen, dass sich Qualität wieder in bestimmten Schwerpunkten darstellen muss.

(Beifall bei der CDU)

Eines muss uns allen doch klar sein: Qualitätsmanagement und besonders Qualitätsentwicklung kann man nicht quasi in eine Einrichtung hineinprüfen. Vielmehr muss dies aus der Einrichtung heraus entwickelt werden. Zertifizierungen sind dabei nur ein Baustein. Sie bedingen eine Menge zusätzliche Arbeit, wenn das Verfahren Sinn machen soll. Genau dort liegt das Problem. Wir wissen doch alle, dass das Personal in Alten- und Pflegeheimen, vorsichtig gesagt, zeitlich heute schon ziemlich ausgelastet ist. Ich will es einmal etwas platt sagen: Ein Pflegeheim heißt so, weil dort Pflege stattfinden soll. Mir ist es bedeutend lieber, wenn die Pflegerinnen und Pfleger ein paar Minuten mehr Zeit haben, um sich auch einmal um andere Dinge als nur die akute Pflege zu kümmern.

(Beifall bei der CDU)

Es muss auch dafür Zeit vorhanden sein, den Pflegebedürftigen einmal in den Arm nehmen zu können. Bei allen Bemühungen muss es das Ziel sein, dass einfach wieder mehr Zeit da ist.

(Zuruf von der SPD: Thema verfehlt!)

- Das müssen Sie gerade sagen. - In den Pflegeeinrichtungen wie auch im ambulanten Bereich wird ein hervorragende Arbeit geleistet. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sage ich hier einmal Dank für ihr Engagement.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Hier stimmt der Satz noch, dass sie ihren Beruf auch als Berufung empfinden. Auch den Ehrenamtlichen und den Familienangehörigen, die die

Aufgaben übernehmen, die das Personal eben nicht leisten kann, sage ich hier noch einmal unseren außerordentlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Schon in der ersten Beratung, die, wie gesagt, schon 2004, also vor langer Zeit stattfand, ist sehr deutlich geworden, dass die Verantwortung bei den Vertragspartnern im Pflegegeschehen, also bei der Selbstverwaltung liegt. Deswegen heißt es ja auch Selbstverwaltung. Dort hat sich viel getan. Auf Anregung des Landesverbandes Niedersachsen hat der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen eine Grundsatzstellungnahme zu Anforderungskriterien für die Anerkennung von Zertifizierungskriterien erarbeitet. Das Gremium berät über die Kriterien, aber sie sind noch nicht beschlossen. Mit der Verabschiedung solcher Kriterien wird ein großer Wunsch von Ihnen erfüllt.

Die Heimaufsicht ist bereits angewiesen, auf eigene Prüfungen zu verzichten, wenn ihr anderweitiges Material vorliegt. Das Heimgesetz bietet dafür die entsprechende Rechtsgrundlage. Seit 1. Januar 2006 gilt eine neue Prüfrichtlinie der Spitzenverbände der Pflegekassen. Danach ist der MDK gehalten, nur dann zu prüfen, wenn ihm kein anderweitiges geeignetes Material vorliegt. Die Prüfrichtlinie ist verbindlich. Die IKK ist auch schon sehr weit. Sie hat, wie wir in der Anhörung erfahren haben, ein Bonussystem entwickelt. Das ist, wie gesagt, Sache der Selbstverwaltung. Aus dem, was ich gerade berichtet habe, können Sie entnehmen, dass Ihre Forderungen, die Sie unter den Nrn. 1 bis 4 formuliert haben, erfüllt sind. Die Pflegekassen sind gesetzlich verpflichtet, die notwendige Versorgung zu gewährleisten und eine bestimmte Qualität sicherzustellen. Wie sie das im Wettbewerb untereinander gestalten, ist Sache der Pflegekassen. Bei allem dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch einen Antrag zum Bürokratieabbau gestellt haben. Zu diesem Thema gibt es eine Arbeitsgruppe im MS. Auf Bundesebene wird es sicher auch zu einigen Veränderungen kommen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Koalitionsvertrag von SPD und CDU.

Meine Damen und Herren, es bedarf keiner weiteren Impulse als Aufforderung an die Landesregierung im Zertifizierungsgeschäft. Es kann auch nicht Sinn der Sache sein, einen neuen Zertifizierungsmoloch mit zusätzlicher Bürokratie aufzubauen.

Der Antrag wurde eingehend beraten. Die Argumente sind alle ausgetauscht. Wie gesagt, es gibt keine neuen Impulse. Wenn man den Antrag noch liegen lassen würde, wird sich daran auch nichts ändern. Wir lehnen den Antrag deshalb heute ab.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Jetzt erteile ich Herrn Minister Schünemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Qualitätssicherung in der Pflege ist unbedingt erforderlich und unverzichtbar. Das ist unbestritten. Die Qualitätssicherung in der Pflege ist originäre Aufgabe der Pflegekassen und der Einrichtungsträger bzw. ihrer jeweiligen Verbände. Den staatlichen Organen kommt dabei kein Eingriffs- und Steuerungsrecht zu. Entscheidend ist, ob die Zertifizierung das geeignete Mittel zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der Pflegequalität ist. Es gibt eine große Anzahl von Zertifizierungsverfahren mit unterschiedlichster Systematik und Struktur. Das wurde auch in der Anhörung deutlich und es ist hier ebenfalls schon gesagt worden.

Seit Anfang 2006 gelten die von den Spitzenverbänden der Pflegekassen mit Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit beschlossenen Qualitätsprüfungsrichtlinien mit Erhebungsbögen zur Prüfung der Qualität nach den §§ 112 und 114 SGB XI. Nach diesen Richtlinien werden die Prüfungen der Pflegeeinrichtungen im gesamten Bundesgebiet durch den Medizinischen Dienst einheitlich durchgeführt. Für die Pflegeeinrichtungen vor Ort werden die Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung in der Pflege klar erkennbar. Die Pflegeeinrichtungen können sich auf den verbindlichen Charakter dieser Richtlinien verlassen. Sie können sich bei der Entwicklung ihrer Einrichtungen im Hinblick auf die Qualität der Pflege daran orientieren. Das sind entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft der Sicherung von Pflegequalität.

Dieses neu eröffnete Verfahren dient dem Bürokratieabbau und der Reduzierung von Kosten bei der Sicherstellung und Weiterentwicklung der Qualität der Pflege. Daneben bleibt es den Einrichtungsträgern unbenommen, für eine Zertifizierung