Protocol of the Session on February 23, 2006

Ganztagsschulen in Niedersachsen. Wir haben hier einen großen Handlungsbedarf. Viele Schulen wollen auch in den nächsten Jahren noch Ganztagsschule werden. Dies hat mit Fördermitteln gar nichts zu tun; aber wir müssen die entsprechenden Instrumente anbieten.

Als diese Landesregierung im März 2003 ins Amt kam, gab es in Niedersachsen 155 genehmigte Ganztagsschulen. Es waren also von 1946 bis 2003 ganze 155 Standorte. Heute sind es über 460.

Weil Schulen es so wollten, weil Schulträger und Schulleitungen Anträge stellten, haben wir uns in diesen drei Jahren natürlich bemüht, auch flexible Lösungen zu finden, um möglichst vielen Schulen den Status der Ganztagsschule zu geben und ihnen Zugang zu den Bundesmitteln zu verschaffen. Dies hat ja bei dem einen und anderen etwas miteinander zu tun, weil es Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre Ganztagsangebote entsprechend ausbauen können. Wir haben auf die Wünsche von Schulträgern und Schulen reagiert und das getan, was finanziell möglich war. In unserem Land hat sich inzwischen eine Praxis von Ganztagsschulen entwickelt, die bemerkenswert positiv ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das wollen Sie natürlich nicht gern hören, weil es nicht in Ihre Konzepte passt. Die Wahrheit ist, dass der Ganztagsschulerlass, der in Nr. 8.2 vorsieht, dass Ganztagsschulen genehmigt werden können, ohne dass zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung stehen, viele außerschulische Partner in diese Schulen geführt hat, die dort vorzüglich arbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Auf diese Weise gelingt in vielen unserer Hauptschulen die Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit. Auf diese Weise werden Modelle von Unterricht und Erziehung erprobt und durchgeführt, die unseren eigenen Schulen Anregungen geben und für sie vielleicht sogar Herausforderungen darstellen. Es gibt ja genügend Ganztagsschulen in unserem Lande, in denen gute Arbeit geleistet wird und in denen den jungen Leuten hervorragende Angebote gemacht werden.

Hören Sie bitte mit dem ganzen Gerede von Billigangeboten und „Ganztagsschule light“ auf. Sie mussten sich ja heute selbst in einer Radiosendung einen etwas anderen Standpunkt anhören.

Hören Sie auf, das zu diskreditieren! Dort wird eine tolle Arbeit geleistet. Ich trete für anspruchsvolle Ganztagsschulen ein und will ein gutes Pflichtstundenprogramm und auch im Übrigen ein anspruchsvolles Programm. Aber außerschulische Partner sind in Zeiten, in denen der Staat weder alles tun kann noch alles tun sollte, eine Bereicherung dieses Schulwesens. Diskreditieren Sie dies nicht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sollten uns darauf verständigen, dass diese gute Arbeit nicht gefährdet werden darf. Wir dürfen auch keine Situation rechtlicher Unsicherheit eintreten lassen, sodass etwa angefangene oder beantragte Baumaßnahmen nicht durchgeführt werden könnten. Das ist von der 8.2-Problematik überhaupt nicht betroffen.

Darum habe ich in der letzten Sitzung des Kultusausschusses am 10. Februar - man achte auf das Datum - mitteilen lassen, dass wir diesen Streit akademischer Art - ich bin da nicht pingelig - aus der Welt schaffen können. Es liegen jetzt zwei Gesetzentwürfe von Ihnen zum Thema der Eigenverantwortlichen Schule vor, und der entsprechende Gesetzentwurf der Regierung befindet sich zurzeit in der Anhörung. In Kürze werden also drei Gesetzentwürfe zur Eigenverantwortlichen Schule auf dem Tisch liegen. Dieses Thema wird uns also in den nächsten Wochen beschäftigen. Daher sollten wir den Streit, den wir miteinander haben - Sie und der GBD auf der einen Seite, wir auf der anderen Seite -, durch die Gesetzesnovelle beheben können. Wo ist denn das Problem? Sie fordern schneller, als ich es mir selbst zutraue, Freiheit für die Schulen. In diesem Bereich schaffen wir diese Freiheit ganz schnell.

(Beifall bei der CDU - Ursula Körtner [CDU]: Das ist eigentlich schon ge- klärt!)

- Ich weiß, das ist ausdrücklich geklärt.

Zugleich werden wir für die später kommenden Antragsteller die Ganztagsschulregelung entsprechend klarstellen und die Erlasse anpassen. Im Hinblick auf diejenigen, die in der Vergangenheit die Genehmigung bekommen haben, gibt es rechtlich absolut keinen Streit mehr. Diese Schulen sind genehmigt - fertig. Die Schulen, die in Zukunft Anträge stellen, werden dann aufgrund der neuen, unter uns hoffentlich geklärten Rechtslage, beschieden werden.

Des Weiteren habe ich mitteilen lassen, dass die Ganztagsschulen nach Nr. 8.2 des Erlasses vom 1. August damit rechnen können, dass wir zur Unterstützung ihrer Arbeit weitere Lehrerstunden zur Verfügung stellen. Dies habe ich nicht wegen der rechtlichen Streiterei getan. Herr Jüttner, Sie erinnern sich an die Haushaltsdebatte vom November und Dezember, in der ich gesagt habe, dass ich, sofern sich der Haushaltsvollzug für 2006 als vernünftig erweist, den nach Nr. 8.2 im Jahre 2004 genehmigten Schulen - jetzt gilt dies auch für die im Jahre 2005 genehmigten Schulen - entsprechende Ressourcen zukommen lassen werde. Ich kalkuliere dies einmal vorsichtig. Sie selbst haben ja im Grunde auch moderate Vorstellungen entwickelt, indem Sie von 60 000 Euro pro Schule gesprochen haben. Möglicherweise komme ich nicht ganz auf diesen Betrag. Aber die Schulen werden mehr als nur ein paar Kleckerstunden bekommen, damit wir sie alle an das gemeinsam angestrebte Ziel heranführen können.

Ich halte dies für drei vernünftige Ansagen, so dass man den juristischen Streit beiseite legen und die Verhältnisse für die Zukunft vernünftig klären kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Mich wundert doch das, was wir jetzt diskutieren. Wir haben ja nicht alle das Vergnügen, dem Kultusausschuss anzugehören. Im Kultusausschuss wurde dies am 10. Februar hinreichend besprochen. Es gab eine entsprechende Ansage, und eigentlich war auch ein entsprechendes Grundverständnis vorhanden. Warum nimmt man das denn nicht zur Kenntnis?

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Man geht aus dem Kultusausschuss heraus und schreibt am 14. Februar einen neuen Entschließungsantrag, in dem so getan wird, als sei alles strittig und offen und müsse neu ausdiskutiert und geklärt werden. Vier Tage zuvor war schon geklärt, was Sache ist, und heute müssen wir es debattieren. Das ist Ihr gutes parlamentarisches Recht; daher mag es dann auch so sein. Allerdings sollten Sie Ihren Politikstil auch in diesem Zusammenhang ein bisschen überwinden.

(Reinhold Coenen [CDU]: Genau so ist es!)

Noch eine letzte Bemerkung: Ich weiß, dass es auf der rot-grünen Seite ein bisschen wehtut. Die Bun

desregierung hat seinerzeit das Bauprogramm im Streit mit den Ländern aufgelegt - ich weiß es wohl; die Länder hatten seinerzeit zum Teil auch merkwürdige Positionen eingenommen -, und am Ende haben wir uns verständigt und das Programm auf den Weg gebracht. Ich glaube, dass wir es in Niedersachsen auch vernünftig zur Wirkung bringen. Allerdings weiß ich auch, das man in Berlin und anderswo sagt: Wir haben das alles gemacht, und nun sind schwarze Kultusminister bei den Richtfesten und Einweihungen dabei. Es liegt hier alles ein bisschen quer; das kann ich gelegentlich nachvollziehen. Aber hören Sie auf, hier zu verunsichern und zu diskreditieren! Wenn Ihnen die ganze Richtung nicht passt, dann sagen Sie mir exakt, welche 8.2-Genehmigung Sie welchem Standort wegnehmen wollen und welche in Aussicht genommene Förderung Sie einem Standort nicht geben wollen. Dann müssen wir dies vor Ort ausdiskutieren. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es sind aufgrund der gerade eben verteilten gelben Zettel einige Irritationen entstanden. Auf ihnen steht, dass die Sitzung morgen um 10.30 Uhr beginnen soll. Zugleich heißt es aber, dass um 9 Uhr die mündlichen Anfragen behandelt werden sollen. Damit niemand irritiert ist, stelle ich klar, dass die Angabe „10.30 Uhr“ selbstverständlich falsch ist. Die Sitzung wird morgen früh um 9 Uhr beginnen.

Ich habe gesehen, dass sich Herr Professor Dr. Lennartz zu einer Kurzintervention gemeldet hat. Nach der Rede eines Ministers ist aber keine Kurzintervention möglich. Sie hätten aber die Möglichkeit, nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu sprechen. Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen steht aber noch eine Redezeit von 2:31 Minuten zur Verfügung. Ich habe aber gesehen, dass sich Frau Korter jede Menge Notizen gemacht hat. Daher sollten Sie sich darüber verständigen, wer von Ihnen reden möchte. Aufgrund der noch vorhandenen Redezeit besteht die Möglichkeit, dass einer von Ihnen nach vorne kommt. Wem darf ich das Wort erteilen? - Herr Professor Lennartz, bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nur kurz an Herrn Busemann wen

den, weil er sich darüber beschwert hat, dass unser Antrag Unwahrheiten beinhalten würde. Das hat nicht er gesagt, sondern das haben Sie gesagt.

Ich möchte sozusagen unter Juristen auf Folgendes hinweisen: Sie beziehen Ihre Bemerkung, wir hätten in den Antrag Unwahrheiten hineingeschrieben, offensichtlich zumindest auch auf die Aussage, dass die nach Nr. 8.2 des Ganztagsschulerlasses erteilten Genehmigungen rechtswidrig seien. Das ist zutreffend. Diese Genehmigungen sind rechtswidrig, aber sie behalten ihre Gültigkeit. Das ist im Hinblick auf Vertrauensschutzgesichtspunkte für die Schulen, die von der Genehmigung profitieren, auch in Ordnung. Gleichwohl sind diese Genehmigungen rechtswidrig. Deswegen können Sie für meine Begriffe nicht die Behauptung aufrechterhalten, dass wir einen Antrag gestellt hätten, der von unwahren Tatsachen ausgeht. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe damit die Beratungen.

Sie haben vorhin mitbekommen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die sofortige Abstimmung beantragt hat. In der Beantwortung der Kurzintervention durch die Kollegin Körtner ist deutlich geworden, dass auch die CDU-Fraktion dem zustimmen würde. Trotzdem frage ich aufgrund unserer Geschäftsordnung, ob von einer Fraktion oder anderen 30 Mitgliedern des Landtages Ausschussüberweisung beantragt wird. - Das sehe ich nicht. Das heißt, wir stimmen gleich über den genannten Antrag ab, der Ihnen in der Drucksache 2607 vorliegt.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?

(Unruhe)

Wir sind uns hier oben parteiübergreifend einig - sehr einig -: Der Antrag ist abgelehnt.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben es schon vorhin gehört: Der Tagesordnungspunkt 27 wird morgen, am Freitag, diskutiert. Deswegen rufe ich jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Kein weiterer Ausbau der Elbe - den Angriff auf die Auenlandschaft abwehren Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2609

(Unruhe)

Mir ist es hier immer noch zu laut. Wir alle möchten Frau Kollegin Steiner zuhören. Wenn es so laut ist und wir sie nicht verstehen können, kann ich aber auch die Redezeit verlängern; dann würde die Sitzung heute Abend länger dauern. Also bitte ich um Ruhe, damit Frau Steiner von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt reden kann.

Bitte schön, Frau Steiner!

Danke! - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Stunde ist zwar vorgerückt, aber vielleicht ist es ja doch noch ein interessantes Umweltthema.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein!)

Meine Damen und Herren, vor dreieinhalb Jahren haben wir alle, die wir hier sitzen, beschlossen:

„Der Landtag lehnt den Ausbau der mittleren Elbe sowohl durch Staustufen als auch durch den so genannten naturnahen, gemäßigten Ausbau als nicht naturverträglichen Eingriff in das Flusssystem Elbe weiterhin ab“.

Das ist ein Zitat aus unserem gemeinsamen, einstimmig verabschiedeten Antrag. Weiter:

„Der Landtag stellt fest, dass ein Ausbau der Elbe für die Binnenschifffahrt keine Alternative zu den Binnenschifffahrtswegen Mittellandkanal und Elbe-Seitenkanal darstellt. Allein die Optimierung und Anpassung des Elbe-Seitenkanals an die Anforderungen der heutigen Binnenschifffahrt dient sowohl der Stärkung der Binnenschifffahrt als auch dem Erhalt der einmaligen Elbe-Flusslandschaft.“

Unter dem Eindruck des Hochwassers 2002 haben wir uns in Niedersachsen gemeinsam auf diese Grundsätze verständigt und dem weiteren Elbaus

bau eine klare Absage erteilt. Die rot-grüne Bundesregierung hat auf der Grundlage des Koalitionsvertrags von 2002 einen Stopp des Ausbaus und aller ausbauähnlichen Unterhaltungsmaßnahmen an der Elbe verfügt.

Jetzt erreichte uns im Dezember 2005 aus heiterem Himmel die Festlegung in der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD, für das Ziel grünes Licht zu geben, die „landseitigen Anbindungen der deutschen Seehäfen gezielt und koordiniert auszubauen“. Gemeint ist damit die Wiederaufnahme der alten Ausbaupläne aus der Zeit vor dem Hochwasser 2002. Die mittlere Elbe soll zu einer zuverlässigen Wasserstraße werden: garantiert 1,60 m tief an 345 Tagen im Jahr.