Kritik erfahren. Manches wird besser, manches wird schlechter, manches soll komplizierter geworden sein. Ich wünsche uns auf jeden Fall beim Umdenken und bei so mancher Neuerung, vor der bekanntlich immer Angst besteht, viel Spaß. Wir werden versuchen, dies in einem geordneten Verfahren mit dem Präsidium und den jeweils amtierenden Präsidenten voranzubringen.
Ich möchte, weil es so gut passt, mit einem Zitat enden, das zu der Frage, dass wir jetzt einmal etwas Neues machen, sehr gut passt. Ich habe dieses Zitat schon einmal verwendet; deshalb kann es der eine oder andere schon kennen. Ich möchte es dennoch erwähnen.
„Auch muss man bedenken, dass kein Vorhaben schwieriger in der Ausführung, unsicherer hinsichtlich seines Erfolges und gefährlicher bei seiner Verwirklichung ist, als eine neue Ordnung einzuführen. Denn wer Neuerungen einführen will, hat alle zu Feinden, die aus der alten Ordnung Nutzen ziehen, und hat nur lasche Verteidiger in all denen, die von der neuen Ordnung Vorteile hätten. Diese Laschheit entsteht teils aus dem Misstrauen der Menschen, die erst an die Wahrheit von etwas Neuem glauben, wenn sie damit verlässliche Erfahrungen gemacht haben.“
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man „Parlamentarismus“ und „Krise“ googelt, erhält man rund 16 000 Einträge. Das hat schon etwas mit dem sinkenden Ansehen der Institution Parlament zu tun. Das Vertrauen zum politischen Personal ist übrigens noch geringer. Nirgendwo sonst in Europa misstrauen so viele Bürgerinnen und Bürger den gewählten politischen Vertreterinnen und Vertretern so stark wie in Deutschland.
In Niedersachsen wird zudem seit geraumer Zeit mehr oder weniger offen das Erscheinungsbild des Parlaments diskutiert. Herr Althusmann, es ist natürlich nicht derjenige, der über ein Problem spricht, der Verursacher oder die Verursacherin des Problems. Das sollte Ihnen auch klar sein.
Das Interesse an der Landespolitik schwindet, und der oft geäußerte Vorwurf lautet, der Landtag berate zu oft über Fragen, die eigentlich nicht in seiner Zuständigkeit liegen, oder befasse sich mit rein symbolischen Dingen.
Als „aufwändig organisierte Langeweile“ bezeichnete die Süddeutsche Zeitung zusammenfassend im April vergangenen Jahres die Arbeit der Landesparlamente.
Wenn die Uhr angehalten wird, bin ich damit einverstanden. Sie läuft zwar weiter, aber das werden Sie regeln. Ich vertraue Ihnen.
Warten Sie einmal ab, Herr McAllister. - Ob die geplante Föderalismusreform zu einer Aufwertung der Landespolitik wird beitragen können, bleibt abzuwarten. Über den Gesamtzusammenhang haben wir heute Morgen schon ausreichend diskutiert.
Bereits im Mai vergangenen Jahres hat meine Fraktion die Diskussion über eine Parlamentsreform angestoßen und im Juni einen entsprechenden Entschließungsantrag vorgelegt. Das Ziel war es, die unstrittigen Ergebnisse der EnqueteKommission aus der vergangenen Wahlperiode umzusetzen. Einiges ist schon realisiert worden;
Herr Althusmann hat darauf hingewiesen. Alle anderen Vorschläge wurden zunächst vertagt. Plötzlich sah die CDU in der Diskussion manche Sachen ganz anders, als sie es noch in der Enquete-Kommission getan hat. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die Meinung zu bestimmten Fragen, z. B. der Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen, ändern kann, je nachdem, ob man als Mitglied einer Oppositionsfraktion in der EnqueteKommission ist oder danach parlamentarischer Geschäftsführer der Mehrheitsfraktion ist.
Das Parlament - das war das Ziel der EnqueteKommission - sollte lebendiger, aktueller und effektiver werden. Das waren die Kernforderungen, und auf einige dieser Punkte haben wir uns einigen können.
Bereits morgen wird die Fragestunde anders ablaufen als sonst. Endlich müssen die Fragesteller und Fragestellerinnen nicht mehr rhetorische Pirouetten drehen, um ihrer Frage eine Stellungnahme hinzufügen zu können. Sie müssen sich vor allen Dingen nicht mehr das „Frage, Frage!“ Geblöke der anderen Seite anhören. Das wird Lebendigkeit schaffen, ebenso wie die Möglichkeit, die Reihenfolge der Mündlichen Anfragen selbst zu bestimmen und damit mehr Aktualität in die Fragestunde zu bringen.
Bei der Diskussion über die Freigabe der Redezeiten haben wir uns auf einen Kompromiss geeinigt, der uns in Maßen die Möglichkeit gibt, die Redezeiten zu einzelnen Tagesordnungspunkten nach eigenen Schwerpunkten zuzuordnen. Gemeinsam mit der Möglichkeit der allgemeinen Schwerpunktbildung bei der Aufstellung der Tagesordnung haben wir dadurch die Möglichkeit, Themen von größerem öffentlichen Interesse zu Zeiten zu behandeln, in denen dies möglich ist.
Auch die Tatsache, dass zugelassene Zwischenfragen nicht mehr auf die Redezeit angerechnet werden, trägt sicherlich zu einer lebendigeren Debatte bei.
Herr Althusmann, ich würde niemanden hier im Raum als „Opfer der neuen Regelungen“ bezeichnen. Ich glaube eher, das wird uns allen sehr zum Vorteil gereichen.
- Aha. - Nicht durchsetzen konnten wir uns mit unserer Forderung, den Sitzungsrhythmus zu verkürzen, um schneller auf aktuelle Themen reagieren zu können.
Auch in der Frage der Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen sind wir uns nicht einig geworden. Wir sind allerdings weiter der Meinung, dass dies erforderlich wäre, damit die eigentliche Entscheidungsfindung verfolgt werden kann und die Transparenz sämtlicher Entscheidungsprozesse sichergestellt wird.
Die Frage einer Weiterentwicklung der Ausländerkommission in eine Kommission für Integrationsfragen mit mehr Rechten der Mitglieder fand leider keine Mehrheit. Wegen der Bedeutung dieses Punktes werden wir darüber später auch getrennt abstimmen.
Lassen Sie mich abschließend meinen Dank gegenüber der Landtagsverwaltung aussprechen, die das gesamte Vorhaben unter einem relativ großen Zeitdruck sehr intensiv, sehr konstruktiv begleitet hat und uns zur heutigen Sitzung bereits Instrumente vorgelegt hat, mit denen wir sehr gut arbeiten können.
Insgesamt, meine Damen und Herren, ist mit diesem gemeinsamen Antrag ein Einstieg in eine Parlamentsreform gelungen, die viele unserer Forderungen aufnimmt und die wir deshalb als Schritt in die richtige Richtung bezeichnen. Weitere Schritte werden allerdings folgen müssen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Althusmann, ich finde, die Würde des Parlaments macht sich nicht daran fest, wie eine Geschäftsordnung gestaltet ist. Ich bin der festen Überzeugung, die Würde des Parlaments macht sich an dem Verhalten der einzelnen Mitglieder dieses Parlaments fest.
Wenn dazu die Geschäftsordnung so wenig wie möglich gebraucht wird, Herr Althusmann, zeigt das, dass man das auch lebt, was Parlamentarismus ist. Das ist mir ganz wichtig. Dazu gehören auch manche Äußerungen, die wir wechselseitig von uns geben. Manchmal ist ein wenig weniger Häme nicht verkehrt, wenn man über Würde redet. Es gehört aber auch die scharfzüngige Auseinandersetzung dazu. Von daher, glaube ich, gibt es in der Geschäftsordnung in der Tat einige Punkte, die es insbesondere Minderheiten etwas leichter machen, sich in diesem Parlament Gehör zu verschaffen.
Herr Althusmann, wenn Sie hier beklagen, dass nach unserem gemeinsam mit den Grünen eingebrachten Antrag die Kommission für Integrationsfragen mehrheitlich Beschlüsse fassen soll, dann frage ich Sie, warum Sie in der Enquete-Kommission bereit waren, den außerparlamentarischen Mitgliedern Stimmrecht zu geben. Man muss aufpassen, dass die Argumente, die man nutzt, jeweils passen.
Ich verstehe nicht, Herr Althusmann, warum Sie es abgelehnt haben, den Mitgliedern der, wie sie jetzt noch heißt, Ausländerkommission ein Vortragsrecht im jeweiligen Fachausschuss zu geben. Wovor haben Sie eigentlich Angst? Was wollen Sie damit verhindern? Es ist doch nicht so, dass die Menschen, die Ihnen dann ihre Meinung darlegen, zu anderen Mehrheiten im Parlament beitragen würden. Aber eines würde vielleicht eintreten: Die Nachdenklichkeit, die sich hier im Parlament immer einstellt, wenn wir am Freitagmorgen über konkrete Fälle reden, wäre möglicherweise früher herzustellen, weil man vielen Abgeordneten die Möglichkeit gäbe, sich mit den einzelnen Fällen auseinander zu setzen.
Änderung zu kommen. Denn ich glaube, wenn man über Integration redet, muss man sich mit denjenigen, die integriert werden sollen, auseinander setzen. Lieber Herr Kollege Biallas, dann muss man vielleicht auch den entsprechenden Beirat, diese Kommission, in einer Art und Weise leiten, die zu der Möglichkeit des gegenseitigen Verstehens und des Aufeinanderzugehens führt und nicht zu einer Abschottung, weil man von vornherein eine andere Meinung hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich könnte Ihnen jetzt schöne Zitate vorlesen - angefangen bei Herrn Wulff, dvon meinem Kollegen, der jetzt Innenminister ist, bis hin zu Herrn Althusmann -, was Sie alles wollten. Ich nenne beispielsweise die Minderheitenrechte. Herr Althusmann, Sie erinnern sich sicherlich noch daran: Ein Drittel der Abgeordneten sollte eine Dringliche Debatte beantragen können.
Sie erinnern sich sicherlich noch daran, dass Sie eine Regierungsbefragung ohne Themenankündigung haben wollten. Wahrscheinlich erinnern Sie sich auch noch daran, dass die Minderheiten Regierungsmitglieder zitieren können sollten. All das haben Sie sehr schnell wieder vergessen.
Herr Althusmann, Sie sagen, Sie hätten jetzt alles Mögliche erreicht. Ich will Sie jedoch daran erinnern: Die Verkleinerung des Landtages ist einstimmig beschlossen worden. Ich will Sie daran erinnern, dass die Anzahl der Ausschüsse einstimmig beschlossen worden ist. Wenn Sie damals gewollt hätten und mutig gewesen wären, dann hätten Sie das, was ich mit Herrn Schünemann und den Geschäftsführern der anderen Fraktionen vereinbart habe, gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode umgesetzt und hätten nicht fast 1 000 Tage gebraucht, bis wir so weit sind, wie wir heute sind. Man muss also immer vorsichtig sein, wenn man hier solche Behauptungen aufstellt.
Herr Althusmann, ich frage mich: Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, Ihre Meinung bezüglich der Öffentlichkeit der Ausschüsse zu verändern? Ist es vielleicht das Gefühl, dass man als Regie
rungsfraktion nicht immer so gut aussieht, wenn man der Öffentlichkeit die Möglichkeit gibt zuzuhören? Warum kommt es zu dieser Veränderung? Sie und - soweit ich weiß - auch die FDP haben doch zu den Verfechtern dieser Regelung gehört. Seien Sie doch ein bisschen mutiger! Ich glaube, wenn man ein bisschen mutiger ist, dann ist auch das Parlament mutiger. Dann fällt auf das Parlament kein Schatten, sondern, im Gegenteil, der Parlamentarismus hat eine andere Bedeutung, wenn man sich der Öffentlichkeit stärker stellt, als wir es bisher machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben natürlich auch etwas gemeinsam hinbekommen. Dies möchte ich ausdrücklich anerkennen. Ich möchte auch ausdrücklich anerkennen, dass Sie, Herr Althusmann, manches meiner Argumente in Ihrer neuen Rolle übernommen haben. Ich habe Ihnen damals gesagt, einen dreiwöchigen Tagungsrhythmus bekämen Sie nicht hin, weil Ihre Kabinettsmitglieder das nur ganz schwer durchhalten könnten. Es gibt noch viele andere Gründe. Ich habe Ihnen damals gesagt, wir sollten das mit der freien Redezeit ausprobieren. Von Ihnen kamen aber die Bedenken, die wir Ihnen schon vorher immer gesagt hatten, weshalb dies für den Ablauf einer Debatte vielleicht doch äußerst schwierig sein könnte.