Protocol of the Session on February 22, 2006

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Busemann, Sie haben darauf geantwortet: Mit einer dritten Sportstunde löse ich nicht die Ernährungsprobleme in den Familien.

(Walter Meinhold [SPD]: Eine kluge Aussage!)

Nun qualifiziert eine solche Äußerung schon erkennbar für einen Podestplatz in der Disziplin „Abschieben von Verantwortung“. Richtig daran aber ist, wir dürfen nicht allein die Schule, sondern müssen auch das Umfeld sehen. Auch das ist aber längst bekannt.

Darum gestatten Sie mir eine nachdenkliche Bemerkung. Gerade deswegen ist es in höchstem Maße bedenklich, den schulischen Sportunterricht

auf Fitness und Ernährung zu reduzieren. Es ist vielmehr die vornehmste Aufgabe des Sportunterrichts, die Motivation für ein lebenslanges Sporttreiben zu stärken.

(Beifall bei der SPD und bei den Grü- nen)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie haben in den Ausschussberatungen deutlich gemacht, dass Sie gar nicht daran denken, unserem Antrag zuzustimmen. Sie stehen damit allein auf weiter Flur. Sie sollten bedenken, wer sich wider besseres Wissen für eine jährliche Neuinfektion mit der Krankheit Testeritis und gegen bessere Bedingungen für den Schulsport, also quasi gegen die Schutzimpfung, entscheidet, der handelt gegen das Wohl der Kinder und gegen die Schulen in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und jetzt kommen Sie bitte zum Schluss!

Der anfangs zitierte Kommentar schließt: „So ist der Fitnesstest ein Beispiel für politischen Aktionismus und zeigt, wenn es nicht gerade um Medaillenzählen bei Olympia oder die Fußball-WM geht, hat der Sport für Kinder in diesem Land keine Lobby.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Poppe. - Für die CDU-Fraktion hat sich der Kollege Albrecht zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Walter Meinhold [SPD]: Dem ist nichts hinzuzufügen, Herr Kollege Alb- recht!)

Lieber Herr Meinhold, ein bisschen muss ich jetzt noch dazu sagen. Ich könnte natürlich, sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf verweisen, dass ich im Dezember bei der Aktuellen Stunde zu diesem Thema schon alles

Wesentliche gesagt habe. Es hat sich in der Zwischenzeit bewahrheitet, die Ergebnisse haben uns bestätigt. Was Herr Poppe eben vorgetragen hat, bestätigt im Grunde genommen genau das, was ich im Ausschuss gesagt habe. Es zeigt, dass dieser vorliegende Antrag der SPD-Fraktion besser hätte zurückgezogen werden sollen.

(Beifall bei der CDU)

Denn er ist nur ein Beweis einer völlig neben der Spur befindlichen SPD, die Probleme hat, in die bildungspolitische Loipe zurückzufinden.

(Beifall bei der CDU - Dorothea Stei- ner [GRÜNE]: Oh heilige Selbstge- rechtigkeit bei der CDU!)

Nach dem Tamtam, das die SPD in den vergangenen Wochen innerhalb und außerhalb des Parlaments um die Fitnesslandkarte Niedersachsen gemacht hat, konnte man schon befürchten, das Abendland gehe unter.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das war ein Flop der Landesregierung!)

Die Übertreibungen und Verdrehungen konnten nicht dramatisch genug formuliert werden. Wir haben es eben ja wieder gehört.

Die Kampagne der SPD gegen die Fitnesslandkarte im letzten Jahr gipfelte in dem ungeheuerlichen Vorwurf der Vetternwirtschaft gegen unseren Kollegen Dr. Winn,

(Zurufe von der SPD: Ja!)

ein Vorwurf, der völlig aus der Luft gegriffen und absurd war und für den Sie sich bis heute nicht entschuldigt haben, was Sie aber schleunigst tun sollten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Reden Sie mal zur Sache!)

Nachdem dieser absolut abwegige, haltlose Vorwurf ins Leere lief, war der Test nun auf einmal völlig veraltet. Der Test ist zwar nicht neu entwickelt worden. Die Gründe hat Kultusminister Busemann im Dezember hier ausführlich dargelegt. Die muss ich nicht wiederholen. Der Test ist aber nicht veraltet. Im Gegenteil, er liefert mit einfachen Mitteln die sportpsychologischen Erkenntnisse, die für die Diagnose der individuellen Fitness der Kinder notwendig sind.

Das medizinisch-wissenschaftliche Institut WIAD hat diese Tests bereits in anderen Bundesländern, u. a. auch im damals noch SPD-geführten Nordrhein-Westfalen, durchgeführt. Wir haben im Unterschied zu unseren Nachbarn diese Tests allerdings flächendeckend durchführen lassen, weil wir nicht nur Zahlen für irgendwelche Statistiken haben wollten, die dann in Schubladen verschwinden. Das wäre Aktionismus pur.

(Beifall bei der CDU - Dorothea Stei- ner [GRÜNE]: Weil wir das schon al- les vorher wussten, was dabei he- rauskommt! Dafür hätte man kein Geld ausgeben müssen!)

- Genau, Sie wissen ja alles schon vorher. Genauso ist es. Nein, wir wollten mit diesen Tests die Kinder individuell zum Nachdenken über die eigene Fitness anregen. Das ist auch gelungen, im Unterschied zu dem, was Sie hier behaupten.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Jetzt ist wieder Märchenstunde angesagt! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Jedes Kind, das an diesem Test teilgenommen hat, bekommt ganz individuelle Informationen über die eigene Fitness. Eines wird auch an dieser Stelle wieder sehr deutlich. Im Unterschied zu Ihnen von der SPD geht es uns und unserem Kultusminister um das einzelne Kind und nicht um Schlagzeilen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD - Unruhe)

Darüber hinaus kann jede Sportlehrerin, jeder Sportlehrer für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Tests aus diesen individuellen Ergebnisse wertvolle Erkenntnisse für den Sportunterricht gewinnen. Hier wird ein Fitness-TÜV frei Haus geliefert, dessen Ergebnisse im Unterricht und in der Gesellschaft zu Konsequenzen führen sollten.

Dankenswerterweise hat Minister Busemann auch schon weitere Schritte angekündigt. So will er Gespräche mit den Sportverbänden führen. Es soll einen Kongress zum Thema „Bewegung und richtige Ernährung“ geben. Der Minister hat zusätzliche Finanzmittel in Höhe von einer halben Million Euro für die bereits gut funktionierende Partnerschaft Schule/Sportvereine angekündigt.

Dieser Weg ist völlig richtig. Zum einen zeigt er die gesamtgesellschaftliche Dimension des Problems. Zum anderen wird mit den eingesetzten knappen Finanzmitteln des Landes durch die Ausweitung der Kooperation mit den Sportvereinen viel mehr erreicht als mit ein oder zwei Millionen Euro für zusätzlichen Sportunterricht.

Im Übrigen hat Minister Busemann auf seiner Pressekonferenz über zusätzlichen Sportunterricht gesprochen.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Dieter Haase [SPD]: Gut, dass wir mal darüber gesprochen haben!)

- Er hat darüber gesprochen.

(Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Nun hören Sie doch erst einmal zu! Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden. Er hat darüber gesprochen, anders als Sie, verehrte Frau Eckel, im Newsletter des SPD-Landesverbandes Niedersachsen behauptet haben. Da haben Sie nämlich behauptet, er habe überhaupt nicht darüber gesprochen. Aber er hat klar und offen dazu ausgeführt, dass eine dritte Sportstunde für alle niedersächsischen Schülerinnen und Schüler zurzeit nicht bezahlbar ist.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann hat er ja darüber gesprochen!)

Das ist ehrlicher als Ihre unaufrichtige, marktschreierische Forderung nach der dritten Sportstunde, die derzeit nicht nur nicht bezahlt werden kann, sondern überhaupt nicht unterrichtet werden könnte, da wir nicht genug Sportlehrkräfte haben.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Das haben Sie doch selber erst vor wenigen Wochen und eben gerade noch einmal lauthals beklagt.

Sie lamentieren jetzt im Zusammenhang mit der Fitnesslandkarte - ich zitiere -: „Die Ergebnisse sind beeindruckend überraschungsfrei, und wir sollten dringend die dritte Sportstunde einführen.“ Da bin ich schon von Ihnen beeindruckt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ja, zu Recht!)

Für mich waren einige Erkenntnisse in dieser sehr umfangreichen Sammlung von Erkenntnissen durchaus neu, wie z. B. die Tatsache, dass die niedersächsischen Mädchen fitter sind als die Jungen, ganz im Unterschied zum Bundesgebiet. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, besitzen aber die Erkenntnisse über die mangelhafte Fitness unserer Kinder offensichtlich schon lange. Das haben Sie eben schon wieder mit Ihren Zwischenrufen dokumentiert. Ich frage Sie allen Ernstes:

(Walter Meinhold [SPD]: Nein, fragen Sie lieber nicht!)

Warum haben Sie nicht in den 13 Jahren Ihrer Regierungszeit die auf dem Papier vorhandene dritte Sportstunde für alle niedersächsischen Kinder auch tatsächlich stattfinden lassen?

(Beifall bei der CDU - Ursula Körtner [CDU]: Warum denn nicht?)