Protocol of the Session on February 22, 2006

Gleichwohl bestand Handlungsbedarf. Man kann uns alles vorwerfen, allerdings nicht Tatenlosigkeit. In der Koalitionsvereinbarung haben sich FDP und CDU darauf verständigt, die Eigenverantwortliche Schule auf den Weg zu bringen und sukzessive umzusetzen. Dies ist aus unserer Sicht das Kernstück auf dem Weg zu besserer Bildungsqualität. Die FDP-Fraktion hat sich für diesen Weg entschieden, weil wir es für erforderlich halten, Schulen in den Wettbewerb zu stellen und Vielfalt im Bildungswesen herzustellen. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass autonome Schulen die stärksten Schulen sind. Für diese Schulen müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen.

Lassen Sie mich drei wesentliche Punkte ansprechen:

Erstens. Wir gehen davon aus, dass aufgrund der Wichtigkeit dieses Vorhabens eine sorgfältige Umsetzung auf der Grundlage bereits erworbener Erkenntnisse erfolgen wird. Auf diesem Weg muss Sorgfalt das oberste Gebot sein. Dazu gehört, dass alle an der Schule Beteiligten - Lehrer, Eltern und Schüler - auf diesem Weg mitgenommen werden.

(Zustimmung von Dr. Philipp Rösler [FDP])

Zweitens. Aus unserer Sicht ist die Vorbereitung des Personals - hier insbesondere die Qualifizierung der Schulleitung für die neue Aufgabe - von entscheidender Bedeutung. Ohne entsprechende Weiter- und Fortbildung unter Einbeziehung von Unterstützungssystemen werden wir allesamt nicht erfolgreich sein.

(Beifall bei der FDP)

Drittens. Die Schulen dürfen nicht allein gelassen werden. Deshalb sollen nur die Schulen, die sich gut vorbereitet fühlen und es sich zutrauen, diese neue Art Schule erfolgreich zu gestalten, die Genehmigung zur Einrichtung einer Eigenverantwortlichen Schule erhalten. Erforderlich ist eine schrittweise Umsetzung ohne Zeitdruck.

Der Referentenentwurf befindet sich in der Anhörung. Die Gesetzentwürfe der Opposition bestätigen nur die Bedeutung dieses Vorhabens. Aus liberaler Sicht sollte das Schulgesetz die Rahmenbedingungen abstecken, unter denen sich die Schulen eigenverantwortlich organisieren und positionieren können. Schulen sind schon allein von ihrer Größe her unterschiedlich aufgestellt. Warum also sollten die Schulen nicht eigenständig darüber entscheiden, wie sie sich organisieren wollen?

(Beifall bei der FDP)

Schulen entscheiden über die Zukunft unserer Kinder. Warum sollen sie nicht auch über sich selbst entscheiden?

(Beifall bei der FDP)

So etwas lässt sich übrigens ohne weiteres in einer Schulordnung regeln.

Was wir vor Ort aber ganz sicher nicht brauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, ist ein aufgeblähter Verwaltungsapparat vor Ort. Neben einer kollegialen Schulleitung - woher haben Sie eigentlich diesen Begriff? bestimmt nicht

vom GBD - und der Gesamtkonferenz wollen Sie auch noch - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Aus dem bestehenden Schulgesetz!)

- Aber an dieser Stelle passt er doch prinzipiell nicht hinein.

(Beifall bei der FDP)

Darüber werden wir im Kultusausschuss noch zu reden haben. - Sie wollen also die Gesamtkonferenz, Schulkonferenzen, einen Schulbeirat und Ausschüsse. Warum wollen Sie eigentlich aus diesen organisatorischen Ausschüssen die Eltern und die Schüler herauslassen? Das erschließt sich uns nicht unbedingt. Sie möchten eine Flut von Gremien installieren und wollen vor allen Dingen eine Schwächung der Schulleitung. Das sind Ihre Markenzeichen. Sie behaupten, Ihr Entwurf sei gegenüber dem Referentenentwurf pädagogischer. Dies erschließt sich mir an keiner Stelle.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich dachte, Sie hätten ihn gelesen!)

Was ist mit Ihrem Entwurf konkret pädagogisch besser machbar als mit der Regierungsalternative?

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wie bitte?)

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass das, was Sie wollen, mithilfe der Regelungen im Referentenentwurf nicht machbar ist, Herr Jüttner. Darauf werden wir in der Beratung noch zurückkommen.

Wichtig ist bei der Organisation zweierlei: Erstens werden alle Beteiligten in die Gestaltung der Schule einbezogen, und zweitens muss die Person, die diese Gestaltung nach außen vertreten und sich für die Arbeit verantworten soll, entsprechende Kompetenzen bekommen. Ist das nicht der Fall - das ist ein großes Manko in Ihrem Entwurf -, werden Sie keine Bewerber mehr für Schulleitungen bekommen. Hierbei muss allerdings noch ein wenig nachgebessert werden.

(Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD])

- Auf Ihren Entwurf, Herr Jüttner, das steht bei Ihnen so drin.

Die SPD plant eine Entscheidungsfreiheit über Grundsätze der Leistungsbewertung und der schulart- und jahrgangsübergreifenden Unterrichtsgestaltung, die eine Vergleichbarkeit der Leistungen erschweren bzw. sozusagen durch die

Hintertür das gegliederte Schulsystem aushebeln wollen. Das ist uns sehr offensichtlich geworden. Eigenverantwortliche Schule heißt doch nicht, einen Markt der Beliebigkeit zu eröffnen. In diesem Fall waren die Grünen viel, viel geschickter.

Ganz am Rande: Die Umstellung auf Einheitsschulen bedeutet die Abschaffung jeglicher Wahlmöglichkeit für die Eltern.

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SPD und Grünen, dass Sie ausgerechnet jetzt eine neue Strukturdebatte beginnen, macht mehr als deutlich, dass Sie nicht wissen, was an den Schulen los ist.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Jetzt ist doch die Politik gefordert, sich um die Inhalte zu kümmern und die Schulen arbeiten zu lassen. Wir beschäftigen uns doch mit Bildungspolitik. Sie eignet sich einfach nicht für ein ständiges Verändern der Richtungen. Gut ist aber, dass Sie diese Position bezogen haben und dass jeder weiß, dass er sich mit Ihnen nach 2008 erneut auf Strukturveränderungen einstellen müsste. Ich wünsche Ihnen dabei eine gute Reise.

Im Kern ist festzuhalten, dass wir seit Jahren Folgendes fordern: Wir müssen den Schulen zutrauen, selbst zu entscheiden, was sie vor Ort wirklich brauchen und auf welche Weise sie die vorgegebenen Bildungsstandards erreichen. Nur so können wir effektiv die Qualität unserer Schulen durch Profilbildung und Wettbewerb steigern. Alle wollen mehr Verantwortung an die Schulen übertragen, alle wollen bezüglich Personal, Budgetierung und Organisation mehr Freiheit für die Schulen. Das begrüßen wir. Natürlich gibt es auch in den Oppositionsentwürfen Vorschläge, die überdenkenswert sind. Dem verschließen wir uns überhaupt nicht. Es wäre nicht nur schön, sondern es wäre auch wichtig, wenn bei diesem für die Zukunft unser Schülerinnen und Schüler und damit auch für Niedersachsen so wichtigen Thema alle gemeinsam ohne Polemik, ohne Parteiengezänk und ideologische Verbohrtheit eine Schulgesetznovelle auf den Weg gebracht würde. Eine sehr spannende Diskussion liegt vor uns.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat noch einmal der Abgeordnete Jüttner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen den heutigen Pressespiegel. Ein gewisser Lothar Späth - durchaus bekannt - bringt das schön auf den Punkt.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Im rundblick steht etwas Interessantes!)

- Nein, nicht der rundblick. Er hat diesmal ausnahmsweise nicht Recht.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie können von Lothar Späth lernen. Aber ich glaube, bei Konservativen lernt man erst, wenn man aus der aktiven Politik ausgeschieden ist. Das ist bei Ihnen wahrscheinlich die Messlatte.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Schwarz, die Partei der Freiheit, die sich erdreistet hat, den Elternwillen in Niedersachsen rigoros zu beschneiden

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Was?)

- bei der Schullaufbahnentscheidung ist das Ihre Position -, die sich erdreistet, Eltern, die ihre Kinder an eine Gesamtschule schicken wollen, mit einem Errichtungsverbot für Gesamtschulen zu bedienen, stellt sich hier hin und will Ratschläge zum Elternwillen und zu Beteiligungsrechten geben? Es ist doch wahnwitzig, was Sie da machen. Das stimmt doch von vorne bis hinten nicht.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Klare, ich möchte von Ihnen nicht gegen die Position des Landesvorstands der SPD in Schutz genommen werden.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich mag Sie aber!)

Das sage ich ausdrücklich. Ich habe dabei nicht an der Seite gesessen, sondern dieser Entwurf ist während meiner Zeit als Landesvorsitzender entwickelt und in der Zeit von Herrn Duin abgenickt worden,

(Ah! bei der CDU und der FDP)

im vollständigen Einvernehmen zwischen uns beiden. Was darin steht, ist die einzige angemessene Antwort für die Probleme, die wir heute in den Schulen in Niedersachsen haben.

(Glocke des Präsidenten)