Protocol of the Session on January 26, 2006

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr McAllister, Sie haben eine Restredezeit von einer Minute.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Klärst du uns jetzt auf?)

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Die Präsidentin hatte darum gebeten, dass einer der Redner den Begriff „ablative Flashpyrolyse plus Upgrading" erläutern möchte. Ich mache das, weil ich davon bis vor zwei Wochen auch nichts wusste, aber jetzt dabei sein konnte, als die weltweit größte Anlage in diesem Bereich in der vorletzten Woche in Bülkau im Landkreis Cuxhaven eingeweiht wurde. Staatssekretär Eberl ist bei der Inbetriebnahme anwesend gewesen. Umweltminister Sander hatte seinerzeit bei Projektbeginn den Landkreis Cuxhaven besucht.

Letztlich ist das Ziel, täglich aus 6 t Restholz, das in der Firma Sägewerk Hagenah anfällt, ein bestimmtes Öl zu gewinnen. Aus jeweils 100 kg Holzabfällen sollen 70 kg Bioöl gewonnen werden. Das Bioöl kann wie normales Heizöl als Brennstoff für Maschinen oder zur Gewinnung von Wärme oder Strom verwendet werden.

Wie geht das? Bei einer Temperatur von 450 Grad Celsius wird die Biomasse unter Sauerstoffabschluss sehr schnell erhitzt und anschließend sofort abgekühlt. Mit einer Ausbeute von 60 bis 75 % kondensiert ein Bioöl. Zusätzlich entstehen Holzkohle und Gas, die zur Erzeugung der Prozessenergie eingesetzt werden können, sodass als Abfall lediglich Asche entsteht.

Das Vorhaben in Bülkau ist ein Kooperationsmodell der Firma PYTEC in Lüneburg, des CUTECInstituts in Clausthal und der Bundesforschungsanstalt für Holzwirtschaft in Hamburg. Dieses Projekt ist von der Bundesstiftung Umwelt und vom Land Niedersachsen, nämlich vom Umweltministerium, unterstützt worden.

Das ist ein aktuelles, ganz konkretes Beispiel für die Entwicklung von Kraftstoffalternativen und die Förderung innovativer Antriebstechnologien. Deshalb, so finde ich, sollte das gesamte Haus diese vorzügliche Initiative von CDU und FDP gemeinsam beraten und beschließen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Vielen Dank für Ihre Erklärung, Herr McAllister.

(Zurufe)

Es ist unklar, welcher Ausschuss federführend beraten soll. Ich lasse daher darüber abstimmen.

Wer möchte, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr federführend berät, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Federführend berät somit der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.

Mitberaten sollen die Ausschüsse für Umwelt, für Wissenschaft und Kultur sowie für Haushalt und Finanzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Es ist so beschlossen.

Wir gehen jetzt in die Mittagspause und treffen uns um 14.30 Uhr hier wieder.

Unterbrechung der Sitzung: 13.28 Uhr.

Wiederbeginn der Sitzung: 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren, ich eröffne die für die Mittagspause unterbrochene Sitzung wieder und rufe auf den

Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung: Qualität juristischer Dienstleistungen langfristig sicherstellen - Spartenausbildung einführen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/2489

Dieser Antrag wird eingebracht durch den Abgeordneten Dr. Biester. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Juristenausbildung ist seit Jahrzehnten nahezu unverändert geblieben; von kleineren Korrekturen einmal abgesehen. An der Universität soll das theoretische Wissen über das materielle und das formelle Recht vermittelt werden. Das endet dann mit dem 1. Staatsexamen. Es folgt das Referenda

riat, in dem der Referendar bzw. die Referendarin befähigt werden soll, das an der Universität erlernte theoretische Wissen in die Praxis umzusetzen. Ziel der Referendarausbildung ist die Schaffung eines so genannten Einheitsjuristen. Das heißt, der Jurist soll dann nach dem 2. Staatsexamen für praktisch jeden in Betracht kommenden juristischen Beruf qualifiziert sein; ob nun Wirtschaftsjurist, Verwaltungsjurist, Richter, Staatsanwalt oder was sonst noch denkbar ist. Die Ausbildung soll ihn befähigen, in all diesen Berufen sofort gleichmäßig gut zu starten.

Dem liegt eine stillschweigende Geschäftsgrundlage zugrunde: Jedem, der das 2. Staatsexamen bestanden hat, stehen all diese Berufe zur Wahl offen, und jeder kann in diesen Berufen entsprechend seinen Fähigkeiten sofort einen Arbeitsplatz finden. Wir von der CDU- und von der FDPFraktion meinen aber, dass diese Geschäftsgrundlage inzwischen nicht mehr gegeben ist. Wir müssen nämlich zwei Dinge feststellen. Zum einen stellen wir eine zunehmende Spezialisierung in allen Berufsfeldern fest. Auch innerhalb eines Berufes wird die Spezialisierung immer deutlicher. Dieser Entwicklung wird die Ausbildung zum Einheitsjuristen, der alles können soll, nicht gerecht. Zum anderen stellen wir fest, dass heute in keineswegs allen Berufsfeldern, die den Juristen früher offen standen, tatsächlich auch Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Um es einmal etwas drastischer zu formulieren: Wir bilden jeden Rechtsreferendar zu einem potenziellen Richter aus. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir aber feststellen: Kaum jemand wird noch Richter. Und umgekehrt: Wir können die Ausbildung etwa am Arbeitsplatz des Anwaltes nur relativ schwer kontrollieren. Wir stellen fest, dass 75 % aller Referendarinnen und Referendare nach dem 2. Staatsexamen den Weg in den Anwaltsberuf wählen. Die Ausbildung passt mit der derzeitigen Wirklichkeit nicht mehr automatisch überein.

(Beifall bei der CDU)

Wir meinen deshalb, dass es jetzt an der Zeit ist, die Ausgestaltung des Referendariats einmal grundlegend zu überdenken. Wir sind diesbezüglich offen; konkrete Vorschläge haben wir nicht unterbreitet. Es liegen aber Vorschläge auf dem Tisch. Über die sollten wir im zuständigen Ausschuss miteinander reden. Ich erinnere z. B. an das, was die Anwälte sagen. Sie sagen: Wir brauchen eine spezialisierte Anwaltsausbildung. Das

heißt, wir Anwälte wollen die Ausbildung der Referendare in diesem Bereich - auch auf eigene Kosten - gern selbst übernehmen. - Diesem Wunsch liegt der berufsständisch durchaus nachvollziehbare Gesichtspunkt zugrunde, dass man den Anwaltsmarkt dadurch steuern kann, dass über die Ausbildung nicht mehr unbedingt jeder Zugang zum Anwaltsberuf findet, weil er nicht die entsprechende Ausbildungsstelle hat. Andererseits haben wir aber nach wie vor das 2. Staatsexamen. Vor diesem Hintergrund hat der Staat die Pflicht, jedem, der einen entsprechenden Beruf ergreifen will, die Ausbildung dorthin zu ermöglichen. Darüber werden wir miteinander sprechen müssen.

Es liegt nahe, die großen Bereiche der Justiz einmal aufzuschlüsseln und zu sagen: Es gibt Leute, die in die Verwaltung gehen. Es gibt Leute, die in die Justiz gehen. Es gibt Leute, die in den Anwaltsberuf gehen. Von daher wäre es sinnvoll, einmal zu überlegen, ob in der Referendarzeit nicht eine spezialisierte Ausbildung Platz greifen sollte, um die Juristen spezieller und gezielter auf ihre zukünftigen Berufe vorzubereiten. Jedem Referendar kann zugemutet werden, sich im Alter von 26, 27 oder 28 Jahren - in diesem Alter beginnt man normalerweise das Referendariat - rechtzeitig für den künftigen Beruf zu entscheiden, nicht aber erst nach dem 2. Staatsexamen.

Wir möchten darüber - wie gesagt - im Ausschuss gern miteinander diskutieren. Wir möchten im Ausschuss auch eine entsprechende Anhörung durchführen. Die Berufsverbände sollen ihre Vorstellungen zur Reform der Referendarausbildung vortragen. Dann wird der Arbeitskreis vielleicht doch einvernehmliche Vorschläge erarbeiten. Ferner bitte ich darum, die Vorschläge dann über die Justizministerin an die Justizministerkonferenz weiterzugeben, die sich mit diesem Thema auch schon befasst hat. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Bockmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrtes erlesenes Publikum! Wir sollen es hier und heute mit der Qualität juristi

scher Dienstleistungen zu tun bekommen. Im ersten Moment habe ich gedacht, dass Sie das Widerspruchsverfahren wieder einführen wollen; denn in der Überschrift Ihres Antrages heißt es unter anderem: Qualität juristischer Dienstleistungen langfristig sicherstellen. - Aber nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier um ein anderes Faktum. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hat es jüngst auf den Punkt gebracht. Der lautet: „Das Boot ist voll.“

Jährlich beenden immerhin 10 000 Studierende ihr Jurastudium erfolgreich. Der Anwaltsmarkt benötigt aber lediglich 3 500 junge Nachwuchsjuristinnen und -juristen. Da lediglich 15 bis 20 % dieser jungen Juristen eine Anstellung beim Staat oder bei den Kommunen finden, endet ein riesiger Teil auf dem freien Anwaltsmarkt. Er bzw. sie macht sich zunächst einmal als Einzelperson selbständig. Er bzw. sie lässt sich als Einzelperson ohne Berufserfahrung nieder. Diesen freien Markt - das hat mich allerdings gewundert - will nun auch die FDP so nicht akzeptieren, sondern es sollen Regularien eingeführt werden; denn als Ursache für diese Juristenschwemme wird die Ausbildung genannt.

Da läuft es folgendermaßen ab: Erst Studium, dann 1. Staatsexamen, dann Lehrzeit als Referendarin oder Referendar, dann 2. Staatsexamen. Erst dann ist man Volljuristin oder Volljurist und vom Anspruch her überall einsetzbar. Oder wie es so schön heißt: Die Befähigung zum Richteramt eint alle Juristen. - Das soll nun anders werden. Insbesondere der Deutsche Anwaltsverein hat sich jüngst dafür eingesetzt, diese Einheitsjuristen abzuschaffen. Vielmehr sollen für die Zeit nach dem Abschluss des 1. Staatsexamens so genannte Berufssparten geschaffen werden: eine Sparte Justiz, eine Sparte Verwaltung, eine Sparte Anwaltschaft. In der Praxis soll, wenn man so will, berufsspezifisch ausgebildet werden.

Im Zusammenhang damit tritt allerdings ein Problem auf: Die Anwälte möchten - Herr Dr. Biester hat dies vorhin ausgeführt ihren Nachwuchs selbst ausbilden. Sie stellen dabei folgendes Anforderungsprofil: Nur derjenige wird mit ausgebildet, der einen bezahlten Arbeitsplatz in einer Anwaltskanzlei nachweisen kann.

Wenn Sie sich noch einmal die Zahlen ansehen, können Sie unschwer nachrechnen, dass zahlreiche junge Menschen auf der Straße stehen werden. Das sind junge Menschen, die acht bis zehn Semester investiert haben und versuchen, einen

Platz bei einer Anwaltskanzlei zu bekommen. Das aber wird aufgrund der Masse der Studentinnen und Studenten nicht in jedem Fall möglich sein. Schließlich stehen sie ohne endgültigen Berufsabschluss auf der Straße.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so wie es da geplant ist, ist das eine Verschwendung von Ressourcen, auf die wir uns nicht einlassen können.

(Beifall bei der SPD)

Die Bundesnotarkammer hat sich im Gegensatz zur Anwaltschaft vor kurzer Zeit sehr kritisch dagegen ausgesprochen, weil sie dieses Prozedere nicht verantworten kann.

Was ist aber nun der Hintergrund dieses Antrages der Fraktionen von CDU und FDP, den ich, ehrlich gesagt, für ausgesprochen überflüssig halte? Tatsache ist, dass sich die Justizministerkonferenz im vergangenen Herbst, also im Jahr 2005, mit der Juristenausbildung beschäftigt hat. Natürlich ist es bei den derzeitigen Mehrheiten in den Ländern nicht so, dass jeder Beschluss immer optimal läuft. Nicht jeder Beschluss ist die Druckkosten wert. Aber dieser Beschluss der Herbstkonferenz, die in Berlin stattgefunden hat, ist durchaus sehr beachtlich. Er sagt nämlich inhaltlich aus, dass sich die Justizministerkonferenz erst im Jahre 2008 erneut mit einem Entwurf über die so genannte Spartenbildung beschäftigen will. Erst im Jahre 2008 will sie sich erneut damit beschäftigen!

Warum „erneut“? - Erneut deshalb, weil im Juni 2003 schon eine Reform in Kraft getreten ist. Auch wir in Niedersachsen haben im Rechtsausschuss daran mitgearbeitet. Die Ausbildung wurde praxisnäher, sie wurde internationaler - man muss z. B. eine Fremdsprache lernen -, und sie wurde gerade auch im Anwaltsbereich erweitert. Die Pflichtstation für Anwältinnen und Anwälte beträgt danach neun Monate. Mit weiteren drei Monaten Wahlstation kann das Referendariat immerhin aus zwölf Monaten Anwaltstätigkeit bestehen.

Diese Reform, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist so druckfrisch, dass die ersten Anwärter, die mit dieser Ausbildung fertig sind, erst im Jahre 2007 auf den Markt kommen. Das heißt, es liegen keinerlei Erfahrungen mit der aktuell laufenden Reform vor. Deshalb hat die Justizministerkonferenz zu Recht gesagt, dass sie die Ergebnisse dieser Reform erst abwarten wolle, bevor sie an eine neue herangehe.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich denke, das ist eine schlüssige Vorgehensweise. Unsere Ankündigungsministerin aus Niedersachsen hat schon eine Menge Eigentore produziert. Dem wollten sich die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bundesländern nicht anschließen und wir übrigens auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Die Regierungsfraktionen legen uns heute also einen Antrag vor, mit dem wir die so genannte Spartenausbildung begrüßen sollen. Das tun wir nicht. Wir arbeiten gerne an einer Juristenausbildung mit, aber an einer Juristenausbildung und nicht an einer Berufsbegrenzung, wie es das Ziel dieser Spartenausbildung ist. Wir wollen die Juristenausbildung gerne optimieren, aber eben im Konzert mit den anderen Ländern und nicht als niedersächsischer Flickenteppich. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dr. Zielke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass es die Justizministerkonferenz mit Reformen zurzeit nicht ganz eilig hat, mag man an der Tatsache ersehen, dass ihr zwar auf der Sitzung am 24. November 2005 ein ausführlicher Bericht zum Bologna-Prozess in der Juristenausbildung vorlag - immerhin 343 Seiten lang! -, dass sie aber Beschlüsse dazu nicht gefasst hat, sondern sich im Jahr 2008 erneut berichten lassen will.