Protocol of the Session on May 16, 2003

Ich weiß ja noch um das Gejammere, das wird zu teuer. Man jubelte das zu Zig-Millionen-Beträgen hoch, die das alles kosten würde. Aber wenn ich jetzt die Schulträger und deren Kämmerer und Haushälter, aber auch die Schulleiter an der Strippe habe und frage, ob sie Probleme oder Bedenken haben, ob das überhaupt geht, dann sagen die: Machen Sie sich keine Sorgen, das kriegen wir schon hin. Da machen wir eine Außenstelle, da haben wir Räumlichkeiten, und dann trauen wir uns zu, das hinzubekommen. - Das nehme ich ihnen auch so ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Die nächste Frage stellt Frau Eckel!

Herr Minister, das vermehrte Angebot von Ganztagsschulen ist ja auch eine Antwort auf das PISADesaster, und es ist auch eine Antwort darauf, dass mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan werden muss.

Die Halbtagsschule hat in Deutschland eine lange Tradition. Aus den von mir genannten Gründen ist das Angebot der vorherigen Landesregierung, nur zwei Nachmittage verpflichtend und zwei Nachmittage freiwillig zu machen, ein Kompromiss auf dem Weg dahin, Ganztagsschulen in unserem Land einzuführen bzw. besser zu verankern.

Wenn Sie jetzt das Angebot nur noch freiwillig machen, dann habe ich den Eindruck, dass Sie der Ganztagsschule nicht mehr - -

Wo ist bitte die Frage? - Das ist Ihr vierter Satz. Sie haben noch keine Frage gestellt.

Messen Sie der Ganztagsschule noch die Bedeutung zu, die sie unter der SPD-Landesregierung hatte, im pädagogischen und im familienpolitischen Sinne?

Herr Minister Busemann, bitte!

Verehrte Frau Kollegin, Sie haben auf die Tradition der Halbtagsschulen hingewiesen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe den Wert unserer voll betreuten Halbtagsschulen in Niedersachsen erst richtig erfasst und erkannt, als sich meine Amtsvorgängerin im Zuge der Einführung der Verlässlichen Grundschule daran gemacht hat, alle Standorte der voll betreuten Halbtagsschulen abzuschaffen. Ich habe das bedauert. Wenn wir mehr Geld gehabt hätten, hätten wir möglicherweise mehr Standorte für volle Halbtagsschulen eingerichtet.

Ich bin zunächst einmal froh, dass wir mit dem jetzigen Schulgesetz sagen können: Die Standorte der voll betreuten Halbtagsschulen, die wir haben, die gut profiliert sind, die gut funktionieren, die bleiben auch erhalten, die haben, wenn Sie so wollen, so eine Art Bestandsschutz. Da geht es um über 200 Standorte, und das ist auch gut so.

(Sigmar Gabriel [SPD]: 272!)

Sie werden gemerkt haben, dass sich im Laufe des Diskussionsprozesses der letzten Jahre bei den Christdemokraten und den Freien Demokraten,

also der jetzigen Regierungsseite, die Sichtweise ganz deutlich pro Ganztagsschule geöffnet hat. Wir sagen jetzt: Aus der gesellschaftspolitischen Situation heraus ist - das mag dem einen oder anderen vielleicht nicht gefallen - der Bedarf an zusätzlichen Ganztagsschulstandorten durchaus da. Deswegen haben wir das immer bejaht, und deswegen geht das auch diesen Weg. - Das vielleicht als grundsätzliche Anmerkung. Also, wir gewichten die Ganztagsschulen durchaus positiv.

Danke schön, Herr Busemann. - Die nächste Frage kommt von Herrn Gabriel. Bitte!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Oh, Herr Gabriel ist wieder da! Kommt rein und stellt eine Frage! - Bernd Althus- mann [CDU]: Kommt rein, setzt sich hin, stellte eine Frage und geht wieder raus!)

- Bei Ihnen ist das so: Sie können drin sitzen, und trotzdem haben Sie nichts zu sagen, Herr Klare.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, weil wir eben Ihre Antwort auf die Frage nach der Finanzierung des Ausstiegs aus der Orientierungsstufe so begeistert zur Kenntnis genommen haben, habe ich eine Frage an Sie. Sie haben erklärt - das war Ihre Argumentation -, der Ausstieg innerhalb eines Jahres fordert die Schulträger finanziell nicht heraus, denn es sind ja genauso viel Schüler. Würden Sie sagen, dass Sie, als Sie als Oppositionspolitiker Busemann behauptet haben,

(Bernd Althusmann [CDU]: Können Sie mal zur Frage kommen! David McAllister [CDU]: Fragen oder raus- gehen!)

der Ausstieg aus der Orientierungsstufe innerhalb von fünf Jahren - -

Herr Gabriel, formulieren Sie bitte Ihre Frage!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Busemann, da Sie damals ja behauptet haben, der Umstieg in fünf Jahren sei so ungeheuer teuer: Würden Sie sagen, dass Sie sich bei Ihren Briefen an die kommunalen Spitzenverbände geirrt haben?

(Zurufe von der CDU: Frage!)

- Sie haben die Frage offenbar nicht nachvollzogen. - Die Frage ist: Haben Sie sich damals, als Sie den kommunalen Spitzenverbänden mitgeteilt haben, der Ausstieg aus der Orientierungsstufe sei so unglaublich teuer, geirrt, oder haben Sie bewusst Panik gemacht?

(Astrid Vockert [CDU]: Was hat das jetzt mit der Frage Ganztagsschulen zu tun?)

Herr Minister Busemann!

Sehen Sie, Herr Gabriel, bei manchen Fragen - wie setzt man das um, wie schnell ist das machbar? tastet man sich zu den Entscheidungen ja erst hin.

(Heinrich Aller [SPD]: Das ist ja schon philosophisch!)

Das ist der Unterschied zu Ihnen: Sie hauen nachts eine Ideenskizze raus, verzapfen eine Förderstufe, und jetzt sitzen Sie in der Opposition.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben dazugelernt!)

Wir machen das schrittweise. Bei uns kann man auch nachdenken, ohne gleich den Mund aufzumachen, und am Ende kommen dabei gute Gesetze heraus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Haben Sie nun dazugelernt oder nicht?)

Ich will Ihnen sagen: Wenn man - bei einer anderen Streitlage! - an die Fragen herangeht: Wie sieht das mit der Abschaffung der Orientierungsstufe aus? Brauchen wir dafür eine gewisse Zeitspanne? Wie kriegen wir das gesetzlich hin? Wie kriegen wir das mit der Umsetzung hin? Wie kriegen wir das mit den Kosten hin? - -

(Heinrich Aller [SPD]: Können Sie mal die Frage beantworten!)

- Ich komme darauf. Herr Aller, Sie haben im Wahlkampf doch auch gemerkt, was da los war.

Ich muss Ihnen sagen: Da hatten wir ursprünglich eine andere Zeitschiene.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Aha!)

- Ja, natürlich! - Diese Zeitschiene haben wir an den Bedarf angepasst, weil wir die Bürger nämlich ernst nehmen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Also haben Sie dazugelernt!)

Das ist ja ein Flächenbrand, eine Massenbewegung geworden, die sich dann am 2. Februar artikuliert hat, Herr Gabriel. Die hat gesagt: Die Förderstufe muss verhindert werden! Weg mit der Orientierungsstufe! Seht zu, dass ihr die Orientierungsstufe abschafft!

Sie glauben gar nicht, was ich nach dem 2. Februar alles zu tun hatte! Ich dachte, ich müsste der Öffentlichkeit nun schrittweise beibringen, dass es mit der Abschaffung der O-Stufe schneller gehen muss. Aber: Bei mir liefen die Telefondrähte heiß, und es hieß immer: Weg mit der O-Stufe, das ist richtig so! Herr Minister, Herr Wulff, machen Sie das ganz schnell! - Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir das möglichst schnell hinbekommen, um den Bedarf entsprechend zu bedienen.

Dann haben wir gerechnet und das auch hinbekommen. Wir haben einen tollen Finanzminister gefunden,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und das Kabinett hat gesagt: 2 500 zusätzliche Lehrer, und die begleiten das alles positiv.

Sehen Sie, Politik ist ein hartes Geschäft. Manchmal mag man morgens nicht in die Zeitung gucken; sondern legt sie lieber zur Seite. Heute habe ich, ehrlich gesagt, die Zeitung gerne gelesen wie auch die Kolleginnen und Kollegen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Busemann. - Herr Gabriel hat sich zu seiner zweiten Frage gemeldet.

Herr Minister Busemann, meine Frage war, ob Sie sich von Ihren damaligen Äußerungen, der Umstieg sei für die Kommunen nicht zu bezahlen, jetzt distanzieren. Diese Frage haben Sie nicht beantwortet.

Wenn Sie allerdings auf die Orientierungsstufe und auf die Förderstufe eingehen, dann frage ich Sie: Können Sie dem geschätzten Haus nach Ihrer Korrektur hinsichtlich des Ausstiegs einmal den Unterschied zwischen der Förderstufe und dem jetzigen Modell von CDU und FDP, wonach die Schullaufbahnentscheidung nach Klasse 6 getroffen werden soll - also eine angebundene Klasse 5 und 6 an den weiterführenden Schulen existiert -, erklären?