Protocol of the Session on December 7, 2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 1 c liegen mir nicht vor.

Bevor ich jetzt Tagesordnungspunkt 1 d aufrufe, teile ich Ihnen mit, welche Restredezeiten den Fraktionen noch zur Verfügung stehen. Die CDU hat eine Restredezeit von 2:29 Minuten, die SPD von 0:15 Minuten, die FDP von 4:55 Minuten und Bündnis 90/Die Grünen von 6:15 Minuten. Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 1:57 Minuten überschritten.

d) Treibstoff der Zukunft wächst auf Niedersachsens Feldern - Förderung für Biosprit erhalten! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2451

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Klein, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das, was wir in Bezug auf die Förderung der Biotreibstoffe in den letzten Tagen erlebt haben, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, oder vielleicht doch in die Rüben?

(Widerspruch bei der CDU)

Jedenfalls schallt uns aus Berlin eine Kakophonie entgegen, die nur noch verständnisloses Kopfschütteln auslösen kann.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Da hat er Recht!)

Offensichtlich übt die große Koalition im Moment das Praxisspiel für die nächsten Jahre: jeder gegen jeden!

Was steht in der Koalitionsvereinbarung? - Das ist ja das, was wohl gilt. Da steht drin und stand immer drin:

„Die Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe wird ersetzt durch eine Beimischungspflicht.“

Nach breiten und massiven Protesten, auch aus Ihren eigenen Reihen, gegen diesen Unsinn kam eine Entwarnung, die Ankündigung wäre vom Tisch. Am Wochenende hieß es wieder, natürlich bleibe es bei der Aussage in der Koalitionsvereinbarung. Einen Tag später kam die Information: vielleicht nicht die ganze, vielleicht nur ein bisschen Steuererhöhung. Andere wiederum - ich meine Herrn Scheer - versprechen uns: Wir werden das im Parlament verhindern. - Nebenbei bemerkt, sagt das Ganze natürlich auch etwas über den Wert und die Verbindlichkeit dieser Koalitionsvereinbarung. Mir würde an Frau Merkels Stelle Angst und Bange werden, und ich habe keine Richtlinienkompetenz.

Worum geht es? - Insbesondere die linke Seite des Hauses hat immer großen Wert auf Planungssicherheit gelegt. Viele Landwirte und Mittelständler haben in den letzten Jahren in Biokraftstoff investiert, im Vertrauen auf das Mineralölsteuergesetz. Dort steht drin: Die Mineralölsteuer gilt bis 2009. Viele von ihnen haben auf die Aussagen von Grün und Rot, meine Damen und Herren von der SPD, vertraut, dass anschließend, nach 2009, eine investitions- und wertschöpfungssichernde Nachfolgeregelung verabschiedet wird.

Ein Weiteres können wir aus dieser Geschichte lernen. Unter Rot-Grün gab es eine Mineralölsteuererhöhung, die als Ökosteuer bekannt geworden ist. Die war natürlich schlecht. Jetzt soll es eine Erhöhung geben, die möglicherweise 47 Cent auf Biokraftstoffe beträgt, und die ist natürlich gut. Aus der SPD-Fraktion hört man, Konzerne wie Exxon könnten sich das doch wohl leisten und das doch wohl verkraften. - Ja, meine Damen und Herren,

wo leben oder, besser gefragt, wo tanken Sie denn eigentlich? So eine Intellektblockade lässt sich doch nicht einmal durch eine große Koalition rechtfertigen. Wann haben denn Steuererhöhungen je die Bilanzen der Ölmultis und nicht die Portmonees der Verbraucher belastet?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Gegenteil, meine Damen und Herren, mit der Kombination aus Wegfall der Förderung durch Steuerbefreiung und Ersatz durch Beimischungszwang kredenzen Sie den Konzernen diese neue - ich sage: stark mittelständisch geprägte - Wirtschaftsperspektive auf dem Silbertablett. Sie liefern die Biokraftstoffe den Monopolnachfragern Exxon, Shell und BP aus und geben ihnen die Möglichkeit, die Wertschöpfung dieser Entwicklung auf ihren Konten zu konzentrieren. Was sind die Folgen? - Landwirte werden eben nicht zu Ölscheichs der Zukunft, sondern werden kurzfristig wieder zu billigen Rohstofflieferanten degradiert. Langfristig werden sie wahrscheinlich sogar leer ausgehen; denn der weltweite Rohstoffimport wird in jedem Fall billiger sein als die europäische Produktion. Selbst wenn Landwirte eigene Erzeugnisse wie Biodiesel, -gas oder -öl tanken, werden sie dafür Mineralölsteuer bezahlen und damit schlechter als z. B. diejenigen gestellt sein, die Erdgas tanken.

Die Autofahrer werden in Zukunft nicht mehr die Möglichkeit haben, sich für maximalen „Klimaschutz im Tank“ zu entscheiden. Die Ölmultis werden dafür sorgen, dass der Biospritanteil im Benzin gering bleibt und damit ihr Ölgeschäft nicht behindert.

Wir werden die Hoffnung begraben können, uns langfristig vom steigenden Ölpreis abzukoppeln; denn die Kopplung an den Ölpreis bleibt beim Beimischungszwang natürlich erhalten.

Jeder, der in Biospritautos, -Lkws, -busse, -traktoren investiert hat, wird betrogen, wenn der Koalitionsvertrag umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren von der CDU, was würde eigentlich Herr Heineking zu einem solchen Vorgang sagen?

(Zuruf von der CDU: Der war gestern sehr gut gelaunt!)

Die niedersächsischen Ölmühlen werden erpressbar - wie heute schon die Molkereien. Auch die

Hersteller und Zulieferer der neuen Technik werden der massiven Marktmacht der Ölmultis nicht lange widerstehen können. Selbstverständlich werden auch die großtechnischen Entwicklungslinien zur Herstellung von Designerkraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen, wie sie etwa von VW betrieben werden, Schaden leiden.

Es ist die Pflicht der Landesregierung, für Niedersachsen diese Mittelstandszerstörungsstrategie zugunsten der Großkonzerne zu verhindern. Es ist die Pflicht der Landesregierung, hier weiter eine regionale Wirtschaftsentwicklung im ländlichen Raum zu ermöglichen.

Und es ist Ihre Pflicht, Herr Klein, jetzt zum Schluss zu kommen!

Hier können Sie beweisen, meine Damen und Herren, wie ernst Sie es mit der Ankündigung meinen, dass das Land vor die Partei geht. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Biestmann von der CDUFraktion. Herr Biestmann, Sie haben noch 2:29 Minuten Zeit.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klein, da ist mir schon wieder viel zu viel Feuer im Spiel, da ist schon wieder viel zu viel Ideologie im Spiel. Lasst uns hier miteinander den richtigen Weg suchen! Wir haben doch alle das gleiche Ziel.

Meine Damen und Herren, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft kommt sowohl beim Klimaschutz als auch beim Ausbau erneuerbarer Energien eine Schlüsselrolle zu. Das gilt insbesondere für die Herstellung und Anwendung neuer Kraftstoffe.

Die Mineralölsteuerbefreiung von Biokraftstoffen hat den bisherigen Ausbauboom getragen und den Landwirten neue Einkommensperspektiven eröffnet.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

- Nun hören Sie doch einmal zu, Herr Klein! Sie sehen doch, wie ich versuche, die Dinge auch in Ihrem Sinne darzustellen.

Das von der alten Bundesregierung gestartete Markteinführungsprogramm für die Verwendung von Biokraftstoffen in der Land- und Forstwirtschaft war offenbar auch Teil einer Kompensation für die höhere Besteuerung des Agrardiesels. Vom Grundsatz her unterstützt die CDU-Landtagsfraktion alle Bemühungen, den Anbau von Biomasse im Allgemeinen und die Produktion von Bioenergie auf der Basis regenerativer Kraft- und Treibstoffe im Besonderen zu fördern. Biologische Hydrauliköle und Schmierstoffe haben sich schon heute vor allem in der Forstwirtschaft als besonders umweltverträglich erwiesen. Während sich Biodiesel in Deutschland zunehmender Nachfrage erfreut, ist der Durchbruch beim Bioethanol noch nicht gelungen.

Insgesamt kann die deutsche Land- und Forstwirtschaft mit nachwachsenden Rohstoffen etwa 14 % des nationalen Primärenergiebedarfs abdecken. Auf 4,5 Millionen ha Acker- und Wiesenflächen können Energiepflanzen angebaut werden, ohne berechtigte Ansprüche von Naturschutz und Nahrungsmittelversorgung außer Acht zu lassen.

Gerade für die niedersächsische Landwirtschaft ist es im Agrarland Nummer eins wichtig, nach dem Quotenabbau bei der Zuckerrübe oder bei den Markteinbrüchen im Roggenanbau immer wieder nach Alternativen zu suchen, um unsere Kulturlandschaft nachhaltig bewirtschaften zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Landesregierung hat das Ziel, wieder neue Akzente im Biomasseanbau zu suchen. Wir sind froh darüber, dass die neue Bundesregierung den Biomasseanteil am Primärenergieverbrauch mittelfristig deutlich steigern möchte.

Vor diesem Hintergrund verstehen wir die Fragestellung, die Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe durch einen Beimischungszwang zu ersetzen. Der Beimischungszwang kann den Anteil der Biokraftstoffe am Gesamtkraftstoffverbrauch steigern.

Herr Biestmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ein kompletter Wegfall der Mineralölsteuerbefreiung würde jedoch die biogenen reinen Kraftstoffe wie Biodiesel vom Markt verdrängen. Daher wenden wir uns gegen einen generellen Wegfall der Steuervergünstigung.

Herr Biestmann, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ein Satz noch! - Eine Überkompensation - das ist der Punkt, Herr Klein - zugunsten der Biokraftstoffe ist allerdings durch eine Steuerbegünstigung nicht erlaubt. Hier setzen wir auf die neuen Überlegungen der Bundesregierung im Rahmen ihrer Koalitionsvereinbarung, den Beimischungszwang zu bevorzugen, aber auch Lösungen im Wege einer Steuervergünstigung weiter zu überlegen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt erteile ich Herrn Minister Ehlen das Wort.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Was ist mit den Fraktionen?)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wegen der schon verbrauchten Redezeit gestatten Sie mir nur noch zwei, drei Klarstellungen seitens der Landesregierung. In der Tat wissen wir im Moment nicht genau, wie auf Bundesebene entschieden werden wird. Wir freuen uns, wenn wir in Kürze eine klare Linie erkennen können, um dann auch Planungssicherheit für die Landwirte auf der einen Seite und für die Weiterverarbeiter auf der anderen Seite zu bekommen.

Meine Damen und Herren, wir haben hier von den Grünen gewisse Ansätze gehört. Ich glaube, Herr Kollege Klein, wir sind uns dabei an sehr vielen Stellen sehr nahe. Gleichwohl muss man feststellen, dass es gewisse Vorgaben gibt, die uns die Europäische Union macht. Wir haben die Möglichkeit, Steuerbefreiungen für Biokraftstoffe auszu

sprechen. Letztendlich müssen wir aber aufpassen - da ist dann der Knackpunkt -, dass diese Steuerbefreiungen den Vorteil der Biokraftstoffproduktion nicht überkompensieren. An dieser Stelle ist auch eine Handlungsvariante der Bundesregierung nötig. Dahinter, ob das heute schon der Fall sein muss, setze ich mal ein Fragezeichen.

Ich will aber auch sagen - Herr Kollege Klein, vielleicht sollten Sie das auch einmal aufnehmen -: Ihr Kollege Fell aus dem Bundestag hat gestern in der taz geschrieben, dass auch er sich aus der Sicht Ihrer Partei vorstellen könnte, Biokraftstoffe mit 5 Cent steuerlich zu belasten. Von daher glaube ich, dass dies auch auf der Ebene der Umweltpolitiker schon akzeptiert wird.