Protocol of the Session on November 10, 2005

Meine Damen und Herren, jetzt wollen wir einmal ganz vernünftig reden.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Sieht man sich den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion näher an, so könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Vorgängerregierung alles, aber auch alles zur Berufszufriedenheit der Polizeibeamten getan hat.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich habe einmal in GdP-Broschüren geblättert. Ich zitiere nun aus dem Landesjournal der Gewerkschaft der Polizei vom 12. Dezember 2002. Damals trugen Sie die Verantwortung. Aus verständlichen Gründen hat der stellvertretende Landesvorsitzende, der heute im Publikum weilt - hören Sie bitte zu! -, gesagt:

„Zur Gedächtnisauffrischung hier nun die Wahrheit und nichts als die Wahrheit: Beamtinnen und Beamte wurden in den 90er-Jahren fünfmal von Tariferhöhungen abgekoppelt. Das Weihnachtsgeld ist seit 1993 bei allen Beschäftigten eingefroren. Eine 0,2%ige Versorgungsrücklage wurde eingeführt. Ein freier Tag im Kalenderjahr wurde gestrichen. Die Arbeitszeit bei Beamtinnen und Beamten wurde auf 40 Stunden erhöht.“

Dann hat er noch den Personalbestand, die Wartezeit, Haushaltssperren, die Versorgung usw. angesprochen. - Das alles war zu Ihrer Regierungszeit. Und Sie sprechen von Berufszufriedenheit!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die von den Kürzungen betroffenen Berufsgruppen werden gerade für unpopuläre Entscheidungen - so, wie Sie sie damals getroffen haben - niemals Beifall klatschen. Dessen sind wir uns bewusst.

Logischerweise sinkt mit Kürzungen u. a. auch ein Teil der Berufszufriedenheit. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es für alle hier anwesenden verantwortungsvollen Politiker umso wichtiger, dass die anstehenden Dinge in Gesprächen offen erklärt werden.

Die CDU-Fraktion mit ihrem innenpolitischen Sprecher Hans-Christian Biallas

(Zustimmung bei der CDU)

hat es gerade in den letzten Wochen verstanden, mit allen Gewerkschaften der Polizei Kontakte aufzunehmen. Ich darf Ihnen versichern: Es waren

sehr konstruktive Gespräche. Erst gestern Abend habe ich mich noch mit Polizisten der Polizeidirektion Lüneburg getroffen. Sie haben momentan natürlich schlechte Stimmung, aber sie haben Verständnis für die Folgen der katastrophalen Haushaltslage.

Zusammenfassend möchte ich herausstellen, dass die Gewährleistung der inneren Sicherheit, insbesondere der Polizeibereich, trotz der angespannten Haushaltssituation für uns nach wie vor einen herausragenden Stellenwert hat. Dies wird auch an den leicht gestiegenen Haushaltsansätzen deutlich. Aus vorgenannten Gründen, lieber Herr Bartling und liebe SPD-Fraktion, lehnen wir Ihren Antrag ab. - Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Professor Dr. Lennartz. Ich hoffe, dass man Ihnen auch Gehör schenken wird; die Atmosphäre beruhigt sich ja langsam. Sie haben das Wort.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Nach Ahlers Reden heißt Schweigen ler- nen!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig, nach einem so wortgewaltigen Kollegen noch eine halbwegs vergleichbar gute Rede zu halten, zumal ich mir vorgenommen hatte, nur ganz kurz zu reden. Dabei wird es auch bleiben. Aber ich will Herrn Ahlers darauf hinweisen: Erst morgen ist der 11. November, nicht schon heute.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der SPD)

Jetzt möchte ich aber noch einige wenige Takte sagen. Dieser Antrag der SPD-Fraktion ist ein ganz seriöser Antrag. Es geht darum, die Berufszufriedenheit der Polizeibeamten zu testen. Das ist, wie im Antrag ausgeführt, 1991 und 2001 gemacht worden. Was ist denn dagegen zu sagen, das jetzt, fünf Jahre später und nachdem Sie eine Polizeireform durchgeführt haben, erneut zu machen?

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir bleiben beim Zehnjahrestakt!)

Ich verstehe, dass Sie das nicht wollen. Auch die SPD hat dafür länger gebraucht, als Sie es in Ihrer Oppositionszeit intendiert hatten, wahrscheinlich auch deswegen, weil sich die damalige SPDLandesregierung ebenfalls nicht hundertprozentig sicher war, ob die Ergebnisse positiv ausfallen werden. Man darf wohl annehmen, dass es Ihnen im Augenblick genauso geht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Noch im Oktober-Plenum ist vom eben noch so besonders gelobten Hans-Christian Biallas ausdrücklich eingeräumt worden, dass die Stimmung bei der Polizei problematisch sei. Insofern gab es hier eine Übereinstimmung zwischen Ihnen und den Rednern der Opposition. Wenn Sie tatsächlich davon überzeugt sind, dass die Polizeireform ein Erfolg ist, und wenn das, was Sie getan haben, auch die Einschnitte bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, notwendig war - Sie stehen ja dazu; das sagen Sie bei allen Gelegenheiten, hier und bei anderen Veranstaltungen -, dann haben Sie doch nichts zu befürchten. Dann müssten Sie doch optimistisch auf das Ergebnis einer solchen Umfrage warten können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich verstehe ja, dass auch Herr Schünemann, der bis jetzt noch nicht gesprochen hat, der aber vielleicht noch sprechen wird, als Polizeiminister mit einer solchen Umfrage lieber länger wartet. Das verstehe ich erst recht, nachdem ich kürzlich einen Artikel gelesen habe mit der Überschrift: „Minister“ - Sie waren gemeint, Herr Schünemann - „stürmt mit Pistole und Maske Haus und überwältigt Täter“.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das war aber nicht zur Vorbereitung dieser Landtagssitzung!)

In diesem Artikel wird Herr Schünemann zitiert. Er hat aus diesem Einsatz, an dem er beteiligt war, gelernt, und er sagt: „Man muss immer sehen, dass man eine Eigensicherung hat.“ Als Politiker wissen Sie ja schon länger, dass man Eigensicherung braucht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dementsprechend verhält sich auch die Landesregierung, indem sie einen solchen Antrag nicht unterstützt und lieber noch fünf Jahre, bis sie nicht mehr Landesregierung ist, wartet,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Wovon träumen Sie nachts? - Weiterer Zuruf von der CDU: Lesen Sie mal Zeitung!)

bevor eine erneute Berufszufriedenheitsuntersuchung durchgeführt wird. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön, Herr Professor Dr. Lennartz. - Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Bode zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte auch ich der Versuchung widerstehen, der brillanten Rede des Kollegen Ahlers noch etwas hinzuzufügen, und mich ihm voll und ganz anschließen. Aber, Kollege Dr. Lennartz, eines muss ich schon richtig stellen: Das, was Sie gesagt haben - dass in fünf Jahren in Niedersachsen eine andere Landesregierung am Ruder sei -, ist natürlich völlig falsch.

(Beifall bei der CDU - Ursula Helm- hold [GRÜNE]: Das überlassen Sie mal schön den Wählerinnen und Wählern!)

Vielleicht hätten Sie „50 Jahre“ sagen sollen.

Nun aber Spaß beiseite. Es handelt sich hier um einen ernsthaften Antrag der SPD-Fraktion. Deshalb, Herr Bartling, würde ich Ihnen wirklich ans Herz legen wollen, dass Sie, wenn Sie künftig über dieses Thema reden, vielleicht nicht mehr so sehr von Umfragen sprechen, die die Stimmungslage bzw. die Stimmung bei der Polizei abrufen und sie sozusagen wissenschaftlich feststellen sollen, sondern dass Sie auch den Bereich der Berufszufriedenheit und Aspekte wie Verbesserungsvorschläge und die Ablaufplanung in Ihre Rede aufnehmen.

Denn ich sage Ihnen ganz ehrlich: Kunden- und Mitarbeiterbefragungen sind in der Wirtschaft ein gängiges und wichtiges Instrument, von dem man

sich Anregungen, Ideen und Korrekturvorschläge erhofft, mit denen man aber nicht feststellen will, wie die Stimmung ist. Wie die Stimmung ist, kann man am besten erfahren, wenn man sich einmal selbst mit den Betroffenen unterhält. Das haben wir getan. Der Innenminister macht das regelmäßig. Eine wichtige Frage im Rahmen einer derartigen Untersuchung ist: Wird von den Betroffenen an der Organisation und an den Abläufen etwas als falsch empfunden und werden Verbesserungsvorschläge gewünscht?

In dieser Hinsicht - das muss man ganz ehrlich sagen - stellen Sie Ihren Antrag zum falschen Zeitpunkt. Denn wenn man sich - das haben wir bereits heute Morgen, als es um die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens ging, erlebt - Ihre Intention bei anderen Projekten anschaut, stellt man fest, dass Sie immer sagen: Nach einer gravierenden Umsetzung sollten mindestens fünf Jahre vergehen. - Wenn man das, was Sie bei anderen Themen sagen, auf die Polizei projiziert, dann müssten wir in vier Jahren eine entsprechende Umfrage durchführen. Das wäre vielleicht ein bisschen spät. Aber man muss auf jeden Fall abwarten, bis die tatsächliche Umsetzung der Polizeistrukturreform, die wir durchgeführt haben, bis ins Letzte erfolgt ist.

Dann müssen wir überlegen, ob wir noch weitere Verwaltungsbeamte zur Unterstützung einbeziehen können und ob wir alle räumlichen Gegebenheiten und die anderen Maßnahmen zur Verbesserung der örtlichen bzw. lokalen Erreichbarkeit etc. umgesetzt haben. Wir müssen schon warten, bis die Polizeistrukturreform in Gänze umgesetzt ist, um dann ihre Ergebnisse zu bewerten. Das sollten wir aber nicht mitten in einem Umbruchprozess tun. Das macht man auch in der Wirtschaft nicht. Dafür gibt es sehr gute Gründe. Die Idee, eine solche Umfrage zu wiederholen, ist also richtig, der Zeitpunkt aber völlig verfehlt. Deshalb müssen wir Ihren Antrag leider ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von der Landesregierung hat sich Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz aller Neuerungen und Verbesserungen, die die neue Landesregierung in der Innenpolitik eingeleitet hat, ist in einigen Bereichen durchaus Kontinuität angesagt. Deshalb möchte ich Ihnen die Antwort vorlesen, die die SPDLandesregierung 1996 auf eine Anfrage der CDUFraktion gegeben hat.

(Zuruf von den GRÜNEN: Den Witz mit dieser Antwort hatten wir doch schon!)

Herr Ahlers hat zwar schon darauf hingewiesen, aber ich denke, das sollte man sich noch einmal genau anhören. Damals hat die Landesregierung geantwortet:

„Da der durch die Polizeireform eingeleitete Veränderungsprozess noch keineswegs abgeschlossen ist, hält die Landesregierung die erneute Durchführung einer Mitarbeiterinnenund Mitarbeiterbefragung zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für hilfreich. Angesichts der Vielzahl der Reformvorhaben mit zum Teil recht unterschiedlichen Sachständen erscheint es weitaus sinnvoller, Kritik oder erkannten Problemen im Einzelfall nachzugehen, sie zu analysieren und gemeinsam mit den Betroffenen bzw. Verantwortlichen nach Modifizierungsund Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und diese dann zu realisieren."

Meine Damen und Herren, ich finde, diese Antwort ist völlig richtig. Aus diesem Grunde werden wir genau nach dieser Antwort, die 1996 gegeben worden ist, verfahren.

(Reinhold Coenen [CDU]: Sehr gut!)

Herr Bartling, Sie haben dargestellt, dass Sie einen Vorstoß unternommen haben, damit im Jahr 2001 eine Befragung stattfindet. Das haben Sie allerdings nicht ganz freiwillig gemacht; denn es gibt einen Antrag der CDU-Fraktion - er datiert vom 31. August 1999 -, mit dem wir Sie daran erinnern mussten, was Sie 1996 gesagt haben.