Dass den Kommunen durch die Einführung der Doppik Kosten entstehen, ist zweifelsfrei. Doppik ist keine Möglichkeit zum Gelddrucken, sondern erfordert zunächst Ausgaben, die sich auch lohnen werden. Wieder einmal sagt dazu die Landesregierung: Es wird nichts Neues gemacht, sondern nur Vorhandenes verändert. - Aber wenn die Umstellung den Kommunen keine Kosten verursacht, warum wird dann nicht auch zeitgleich beim Land Niedersachsen die Doppik eingeführt?
Denn das, was für die Kommunen gilt, muss auch für das Land gelten. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts können nicht mit den Methoden und Werkzeugen des 19. Jahrhunderts gemeistert werden. Jede Kommune, jedes Land, aber auch der Bund braucht eine leistungsfähige, durchschaubar agierende Verwaltung, die Rechenschaft über Qualität und Effizienz der erbrachten Dienste ablegen kann und muss. Darum stimmt meine Fraktion diesem Teil des Gesetzes zu, damit es in den Kommunen weitergeht.
Nun zum Gemeindewirtschaftsrecht. Rechtliches Wirtschaften der Gemeinden - damit ist eigentlich alles gesagt. Denn das tun die Gemeinden: rechtlich und redlich wirtschaften. Kommunale Eigengesellschaften, die es seit mehr als 100 Jahren gibt, haben die Versorgung mit Gas, Wasser, Energie, Strom und Müllbeseitigung eingeführt. Diese Eigengesellschaften werden an einer sehr losen Leine der jeweiligen Kommune geführt. Nach Aussagen des Niedersächsischen Städtetages stellen die Fälle, in denen kommunale Eigengesellschaften handwerkliche Tätigkeiten ausführen und Dienstleistungen anbieten, der Privatwirtschaft und dem Handwerk also Aufträge wegnehmen, in Niedersachsen kein Problem dar. Zum Beispiel sind die Stromversorger, die einem sehr harten Wettbewerb ausgesetzt sind, noch immer diejenigen, die in großem und steigendem Umfang Aufträge an die Privatwirtschaft erteilen.
Aber gerade dies soll es nach dem Willen der Mehrheitsfraktionen nicht mehr geben. Denn durch die vorgesehene Verschärfung des § 108 wäre es den Kommunen nicht mehr möglich, wirtschaftliche Unternehmen zu gründen, da private Anbieter immer billige - ich sage „billig“, nicht „preiswert“ Angebote unterbreiten können, zum Beispiel dadurch, dass sie keine Tariflöhne zahlen. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum die Kommunen bei der Auswahl der geeignetsten Form zur Erfüllung öffentlicher Zwecke einen Vorrang privater Dritter beachten sollen. Wenn dieses Gesetz so verabschiedet wird - das hat Herr Professor Lennartz auch schon gesagt -, ist dies das Aus für sinnvolle PPP-Lösungen; denn dann kann es Modelle wie die Wolfsburg AG, die maßgeblich zur Halbierung der Arbeitslosenzahl in dieser Region beigetragen hat, nicht mehr geben. Ich glaube nicht, dass Ihnen dies, meine Damen und Herren der CDU, Herr Schnellecke honorieren wird.
Meine Hoffnung ist immer noch - schade, dass er gerade draußen ist; ach nein, da hinten steht er ja -, dass Herr Althusmann seiner Fraktion raten wird, dieses Gesetz in letzter Minute so doch nicht zu verabschieden.
- Er kommt ja zurück; er wird es noch machen. Wie sagte er in einem Presseartikel der Hannoverschen Allgemeinen vom 31. Mai dieses Jahres? Ich zitiere:
„Wir fordern von den Kommunen, dass sie wirtschaftlich handeln, andererseits wollen wir das erschweren. Das geht so nicht.“
Das war eine gute und richtige Aussage von Herrn Althusmann. Aber was ist davon geblieben? - Er und seine Fraktion wollen nur der FDP gehorchen und nicht dem massiven Widerstand der Kommunen gegen diese Gesetzesänderung Rechnung tragen.
Wie heißt es doch so schön im Hamburger Abendblatt vom 19. Oktober dieses Jahres? - „Die entsprechende Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts hat die FDP dem großen Koalitionspartner CDU gestern regelrecht abgetrotzt...“
- Ja, meine Damen und Herren von der FDP: „abgetrotzt“. Das ist frühkindliches Verhalten. Haben Sie denn keine gute Kindertagesstätte besucht?
Kurzfristig, ohne Anhörung, sozusagen auf kaltem Wege, ist aus der NGO das Widerspruchsverfahren gestrichen worden. Durch diese Gesetzesänderung räumen die Mehrheitsfraktionen ein, dass es absolut rechtswidrig war, den bewussten Verzicht auf Rechtsbehelfsbelehrungen zu dulden. Schon in der letzten Plenarsitzung hat meine Fraktion gefordert, gegen diese Praxis, wie etwa in Braunschweig geschehen - Sie werden sich erinnern -, mit den Mitteln der Kommunalaufsicht einzuschreiten. Aber statt einzugestehen, dass die Landesregierung hier etwas falsch gemacht hat, wird jetzt gleich das ganze Verfahren gestrichen. Ist das auch die „neue Freiheit“ der FDP, dass den
Bürgern nicht einmal mehr mitgeteilt wird, wie und wo sie Rechtsschutz gegen kommunale Abgabenbescheide bekommen können?
Geändert werden soll auch § 94. Kassenkredite sollen zukünftig nicht mehr genehmigt werden. Die Begründung dafür ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Kommunalpolitikers.
Das Innenministerium meint nämlich, dass die überschießenden Kassenkredite das Ergebnis einer erfolglosen Haushaltskonsolidierung der Kommunen seien. Dies nach 15-jähriger erfolgreicher Verwaltungsmodernisierung in den Kommunen, aber gleichzeitiger Entziehung der Finanzbasis durch die Länder zu sagen, ist blanker Hohn!
Nach wie vor ist die Genehmigung für die Banken ein erforderlicher Beleg dafür, dass das Land im Rahmen einer Gewährträgerhaftung für die Kredite notfalls in Anspruch genommen werden könnte.
Ist das die neue Freiheit für Kommunen, von der die FDP immer spricht? Ich sage: Das ist verantwortungslos. - Aus all den genannten Gründen wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Rübke, Sie sollten hier keine Krokodilstränen für die Kommunen weinen. In einer langjährigen Regierungszeit hätten Sie mit Ihrer Mehrheitsfraktion damals genügend Gelegenheit gehabt, den Kommunen zu helfen. Die Versäumnisse liegen in einer langen Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung.
- Herr Bartling, jawohl. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Neuordnung des Haushaltsund Rechnungswesens auf der Grundlage der kaufmännischen Buchführung ist, wie schon gesagt, kein neues Thema. Die Einführung neuer Steuerungsinstrumente und eines modernen Rechnungswesens ist eine Forderung schon aus den 90er-Jahren. Eine Haushaltswirtschaft, die den finanzwirtschaftlichen Herausforderungen der Gemeinden gewachsen sein soll, benötigt vollständige Informationen über den Verbrauch und das Aufkommen der finanziellen, sächlichen und persönlichen Ressourcen. Das ist, wie ich meine, mit der bisherigen kameralistischen Methode weniger gut möglich.
Meine Damen und Herren, Ziel der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP ist es, den kommunalen Gebietskörperschaften ein einheitliches neues Haushalts- und Rechnungswesen anzubieten. Dabei verfolgen wir auch das Ziel, Bürgerinnen und Bürgern Transparenz über den Verbleib der von ihnen gezahlten Steuern und Abgaben zu verschaffen.
Es muss ebenfalls möglich sein, den politisch Verantwortlichen bessere Grundlagen als bisher für Entscheidungen zum Erhalt oder zur Wiederherstellung finanzwirtschaftlicher Handlungsfähigkeit zu geben. Auch im Hinblick auf eine auf Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit angelegte Finanz- und Haushaltspolitik zeigt dieses neue System hervorragende Ansätze.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass mit der Einführung der Doppik noch kein finanzielles Problem gelöst ist. Ich denke, darin sind wir
uns einig. Deshalb und auch, um den Kommunen entgegenzukommen, haben wir für die Umstellung auf dieses System einen Zeitraum bis Ende 2011 ermöglicht. Ich gehe davon aus, dass bis auf Ausnahmen eine Umstellung bis zum Ende dieses Zeitraumes durchaus möglich sein wird.
Meine Damen und Herren, ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass mittelfristig bei öffentlichen Haushalten, auch bei denen des Bundes und der Länder, auch unter den Gesichtspunkten von Rating und Kreditwürdigkeit ein Abschluss in Form einer Bilanz erwartet wird. Zumindest sollten sich alle darauf einstellen. Es sollte möglicherweise - ich stelle es mir zumindest so vor - ein abgestimmtes Verfahren zwischen dem Bund und den Ländern geben, um auch auf diesen Ebenen mit diesem Problem voranzukommen.
Meine Damen und Herren, wie wir alle wissen, hat sich trotz durchaus kontroverser Diskussionen im Land schon eine Reihe von Kommunen, und zwar nicht nur die Pilotkommunen, mit der kommunalen Doppik sehr intensiv befasst und auseinander gesetzt.
Daher haben die Koalitionsfraktionen einige wichtige Änderungsvorschläge zum Regierungsentwurf eingebracht, über die es heute abschließend zu entscheiden gilt. Auch die Anhörung hat durchaus einige interessante Aspekte ergeben. Ich möchte hier beispielhaft die einzelnen Änderungsvorschläge erläutern.
Zunächst geht es um § 9 der NGO, um den Wegfall der Rechtsbehelfsbelehrung. Ich denke, dass sie entfallen kann, weil es in diesem Punkt kein Widerspruchsverfahren mehr gibt. Der Innenminister hat im Frühjahr dieses Jahres schon einmal hier im Plenum erklärt, dass die Bürger stattdessen ein ganzes Jahr Zeit haben, um möglicherweise strittige Fragen im Dialog zu klären. Erst wenn eine Frage auch nach diesem Dialog strittig bleibt, ist eine Klage notwendig. Das ist ein durchaus bürgerfreundliches Vorgehen.
Meine Damen und Herren, weiterhin besagt ein Änderungsvorschlag der CDU/FDP-Koalitionsfraktionen, dass die Genehmigungspflicht für Kassenkredite bestehen bleiben soll. Da gibt es wohl ein Missverständnis. Das war eine Forderung der kommunalen Spitzenverbände, möglicherweise haben sie das auch übersehen. Die Genehmigungspflicht besteht auf jeden Fall weiter.
Ich möchte, drittens, darauf hinweisen, dass der Vorschlag für § 96 der NGO im Regierungsentwurf lautet: „Vermögensgegenstände sind grundsätzlich mit dem Anschaffungsoder Herstellungswert, vermindert um die Abschreibungen, einzusetzen.“ Unser Vorschlag lautet: „Sollte dieser Wert nicht mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden können, ist der Zeitwert anzusetzen, jeweils um die Verminderung der Abschreibung.“ Ich denke, die Erstellung einer Bilanz sollte mit Sorgfalt vorgenommen werden, aber nicht bürokratisch und auch nicht mit unvertretbarem Aufwand.
Viertens soll es zugunsten einheitlicher Bilanzstrukturen keine Aufspaltung in realisierbares Vermögen und Verwaltungsvermögen geben.
Der fünfte Punkt: Die Kommunen, die schon mit der Doppik angefangen haben, sollten auf diesem Weg weitermachen können, ohne neue Veränderungen vornehmen zu müssen.