Das Nächste: Sie haben wie schon beim letzten Mal auch heute wieder behauptet, diese Landesregierung betreibe intensivst Sprachförderung. Sie haben der SPD vorgeworden, sie wäre auf den fahrenden Zug aufgesprungen. In diesem Punkt aber ist es doch vielmehr so, dass Sie auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind, den in Sachen
Sprachförderung die SPD, weil es bitter notwendig war, ins Rollen gebracht hat. Doch was haben Sie jetzt in den drei Jahren gemacht? - Sie haben die Mittel zurückgefahren, sodass der Zug Sprachförderung einiges an Fahrt verloren hat.
Sie wissen doch selbst, wie groß der Bedarf im Bereich Sprachförderung ist. Aber immer wieder Ihre Klagen über die desolate Haushaltslage und darüber, dass nicht mehr drin ist! Ich habe es Ihnen, glaube ich, schon beim letzten Mal vorgelesen oder auch zitiert, dass Ihre Rechnung falsch ist und dass Länder wie Großbritannien oder Finnland gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten nicht bei der Bildung gespart, sondern gerade in sie investiert haben.
Nein! - Damit sind dort die entscheidenden Grundlagen geschaffen worden, um aus der Krise herauszukommen. Mein Eindruck ist: Sie wollen nicht lernen. Schauen Sie sich aber bitte noch einmal die Gutachten über die Kosten-NutzenAnalysen an. Jeden Dollar, der dort investiert worden ist, hat die Gesellschaft im Laufe von 35 Jahren 16-fach wieder zurückbekommen.
Letztendlich müssen wir uns doch nur die Arbeitslosenstatistiken anschauen. Wir müssen uns auch die Folgeprobleme anschauen. Dadurch, dass wir nicht intensiv genug Sprachförderung betreiben und nicht intensiv genug im Bereich der Frühförderung aktiv sind, haben wir viele Folgeprobleme wie Schulabbrüche, keine Ausbildung, Arbeitslosigkeit und Sucht. Sie verursachen erhebliche Reparaturkosten.
Von daher hätte es mich sehr erfreut, wenn es gelungen wäre, gemeinsam intensiv über Early Excellence Center zu sprechen und auch den Kommunen ein Angebot zu unterbreiten, statt im
mer nur über Netzwerke zu reden. Hier müssen gemeinsam neue Wege gegangen werden. Von daher wäre es schön gewesen, wenn diese Landesregierung dabei gewesen wäre. Ich glaube aber, dass wir dieses Thema hier noch einmal auf die Tagesordnung setzen müssen. Der Druck wird größer, auch in den sozialen Brennpunkten. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bildung als individueller Vorgang findet nicht nur in den klassischen Bildungsinstitutionen statt. Man sagt, ein Drittel lernt man in jungen Jahren in der Familie, ein Drittel in der Schule und ein Drittel auf der Straße. Jeder Mensch muss sich Wissen, Werte und Kompetenzen selbsttätig aneignen. Vor diesem Hintergrund kommt der frühkindlichen Förderung natürlich eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie ist die Basis für einen erfolgreichen Bildungsweg. Hier sind wir uns alle nicht nur weitgehend einig, sondern die Fraktionen der CDU und der FDP haben sogar gehandelt.
Ich habe bereits in der ersten Beratung deutlich gemacht, Herr Robbert, dass ich den Inhalten Ihres Antrages durchaus etwas abgewinnen kann. Die Early Excellence Center sind beeindruckende Einrichtungen, entstanden dort, wo es bisher nichts, aber auch gar nichts an Kinderbetreuungseinrichtungen gegeben hat. Man konnte also bei Null anfangen
und hat dann etwas Vernünftiges begonnen und auch umsetzen können. Das ist eine völlig andere Ausgangslage als bei uns. Ich nenne zur Wiederholung die Stichworte: Wir haben ein Netzwerk von Betreuungseinrichtungen, Sprachförderung, Familienhebammenmodell, Mehrgenerationenhaus, Familienbildungsstätten, „Starke Eltern - starke Kinder“ in der Trägerschaft des Kinderschutzbundes - das haben Sie heute angesprochen -, Müt
terzentren usw. Alles das ist in diesem Land vorrätig. Wenn wir Early Excellence Center von Landesseite aus installieren sollen, dann müssen Sie auch bitte schön sagen, woher Sie die Mittel nehmen, damit wir das insgesamt tun können - wobei das „insgesamt“ gar nicht erforderlich zu sein scheint; denn es spricht ja überhaupt nichts dagegen, dass man sich vor Ort dem Gedanken des Early Excellence Center nähert und alle diese Dinge auch aufnimmt.
Wer wird denn welchen Träger daran hindern wollen, Angebote zur Unterstützung beispielsweise der Elternarbeit in der Kommune vorzuhalten? Wir haben ja bereits gut funktionierende Elternschulen. Aber gerade in diesen Fragen muss nicht immer nach dem Staat gerufen werden.
Natürlich gibt es in der frühkindlichen Förderung noch viel zu tun. Das ist gar keine Frage. Der Zusammenhang zwischen Motorik und Lernfähigkeit ist erwiesen. Unser Modellprojekt „Bewegter Kindergarten“ geht ja auch darauf ein. Die Betreuungsangebote müssen ausgebaut werden, damit man der Nachfrage gerecht werden kann. Junge Eltern müssen die Chance sehen, ihrem Beruf nachzugehen, während ihre Kinder sinnvoll betreut und spielerisch gefördert werden können. Über die sprachlichen Defizite ist gesprochen worden.
Wir brauchen aber keine Modelle - ich möchte das an dieser Stelle ausdrücklich betonen -, um bereits vorhandene Prozesse künstlich zu formalisieren. Unterstützen wir doch lieber auf der Basis unserer Angebote, anstatt blind aus anderen Ländern irgendetwas zu kopieren!
Bevor ich jetzt Herrn Minister Busemann das Wort erteile, möchte ich Sie darüber unterrichten, dass sich die Fraktionen geeinigt haben, die Tagesordnungspunkte 17 und 18 nicht heute Nachmittag, sondern morgen nach den strittigen Eingaben zu behandeln.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag ist in den Ausschüssen gründlich erörtert worden. Deshalb will ich mich hier auf einige grundsätzliche Anmerkungen beschränken.
Einmal ehrlich: Wir müssen über Dinge, die gar nicht im Streit sind, auch nicht gewaltig streiten. Man kann ja einfach mal gucken, wie die Dinge praktisch laufen. Wie ich bereits bei der ersten Beratung gesagt habe, ist die Idee der frühkindlichen Förderzentren an sich vernünftig. Die sozialen Dienste müssen besser zusammenarbeiten, um Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen. Sie müssen die Familien dort ansprechen, wo sie im Alltag anzutreffen sind, z. B. in der Tageseinrichtung für Kinder. Wenn es gelingt, z. B. Entwicklungsrisiken bei Kindern frühzeitig zu entdecken, könnten Hilfen sehr viel effektiver wirken als später, wenn das Kind oder der Jugendliche sozusagen in den Brunnen gefallen ist. Die Einbeziehung der Eltern ist dabei entscheidend. Wir werben immer dafür. Aber erzwingen - das wurde gerade gesagt - kann man das bis ins Letzte natürlich nicht.
Deshalb gibt es in der Sache Übereinstimmung, meine Damen und Herren. Trotzdem - natürlich muss das Parlament bei der Entscheidung wissen, was es will - gibt es aus meiner Sicht keinen Sinn, diesen Antrag anzunehmen. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, haben leider auch im Zuge der Beratungen nicht deutlich gemacht, was Sie eigentlich unter Rahmenbedingungen für Modellversuche verstehen, die das Land schaffen soll.
Wenn es um zusätzliches Geld gehen sollte, dann würde das möglicherweise demnächst in haushaltsrelevante Anträge einfließen, und dann müssen wir gucken, was geht. Aber auch Sie wissen, wie die Finanzlage des Landes ist. Bei Kosten verursachenden Maßnahmen geht in der Regel nichts, vor allem wenn man von der Notwendigkeit und Erforderlichkeit vielleicht gar nicht überzeugt ist.
Regierungsseitig haben wir bereits für die formal notwendigen entsprechenden Rahmenbedingungen gesorgt. Die Einrichtung von Förderzentren ist deshalb bereits möglich. Warum also etwas fordern, was schon möglich ist, meine Damen und Herren?
Wir haben im Orientierungsplan für Bildung und Erziehung unter der Überschrift „Die Tageseinrichtungen im sozialen Umfeld“ genau diese Kooperation und Vernetzung empfohlen. Auch das Kita-Gesetz ermöglicht die Einrichtung der Förderzentren. Das kann also vor Ort gemacht werden. Ich fordere dazu auf: Leute, macht es!
Aber der entscheidende Punkt ist - den blenden Sie irgendwie aus -: Es handelt sich um eine kommunale Aufgabe.
Das nutzt alles nichts. So ist es. Deshalb betrachtet auch der Bund die Kommunen als Adressaten, wenn er für solche Konzepte wirbt. Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen: Das Deutsche Jugendinstitut hat im Auftrag der Bundesjugendministerin gerade einen Grundlagenbericht zu diesem Thema herausgegeben mit dem Titel „Eltern-Kind-Zentren - Die neue Generation kinder- und familienfördernder Institutionen“. Darin sind z. B. Handlungsorientierungen für Kommunen und Einrichtungen und fachliche Argumente sehr übersichtlich zusammengestellt. Best-practice-Beispiele aus Kommunen verschiedener Bundesländer finden sich ebenso in dem Bericht wie Möglichkeiten der Ressourcenplanung. Auch in diesem Bericht wird unterstrichen: Die Kommunen müssen die Adressaten dieser Konzepte sein, nicht die Länder.
Es ist also die Entscheidung der Kommunen, meine Damen und Herren, die vielfältigen Anregungen umzusetzen. Sie lassen sich auch umsetzen. Wenn wir gesetzgeberisch etwas machen müssten, dann würden wir das auch tun; aber es geht doch. In Niedersachsen gibt es beispielsweise 28 Bündnisse für Familien. Im Rahmen dieser
Bündnisse könnten auch Förderzentren eingerichtet werden. Da die Wirtschaft Bereitschaft zeigt, sich an den Bündnissen für Familien zu beteiligen, wäre möglicherweise auch von dort ein Beitrag für die Förderzentren denkbar. Denn dass gerade in der Aufbauphase zusätzliche Mittel fließen müssen, ist klar. Mittelfristig würden allerdings Kosten gespart, weil die Unterstützung früher trägt und Probleme deshalb gar nicht erst eskalieren. Dieser kommunale Weg ist viel nachhaltiger, als wenn wir Modellversuche auflegen und nach Ablauf der Modellphase wieder die Frage stellen müssten, wer die dauerhafte Finanzierung übernimmt, für die wir auch gar nicht zuständig sind.
Mit einem grundsätzlichen Plädoyer, dass die Maßnahme vernünftig und machbar ist, kann ich also nur darauf hinweisen: In den Kommunen möge jeder, wo er Verantwortung trägt, das entsprechend mit Schub begleiten.
Wenn die SPD unter dem Strich ihren eigenen Antrag ernst nimmt, dann sollte es bald auch in SPD-geführten Kommunen solche Förderzentren geben. Ich freue mich darauf. - Danke schön.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den Antrag abzulehnen, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Ausschussempfehlung gefolgt.