Protocol of the Session on October 6, 2005

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Ina Korter [GRÜNE])

- Ja, Frau Korter, gewisse Unterschiede zwischen uns muss es ja geben.

Und noch eines: Die Lehramtsausbildung in Niedersachsen wird für jede Schulform einen Master bekommen. Es wird also keine Billiglehrer in Niedersachsen geben.

(Beifall bei der CDU)

Die Anhörungen vor einigen Monaten, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben gezeigt, dass die Hochschulen auf gutem Wege sind und viele unserer Hoffnungen und Erwartungen auch bestätigen. So führt z. B. - Minister Stratmann erwähnte es vorhin auch -, die Einteilung in Module durch stärkere Strukturierung zu einem konzentrierteren Studium. Ich sehe darin die große Chance, dass wir das Ziel, das wir haben, nämlich die Studienzeitverkürzung, jetzt durch eine größere Übereinstimmung von Regelstudienzeit und tatsächlicher Dauer des Studiums erreichen können. Wenn wir das schaffen, wäre das ein Riesenfortschritt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich finde es anerkennenswert, dass wir in Niedersachsen mit der Entwicklung sehr weit sind. Alle Universitäten stellen bis 2007 statt bis 2010 die Lehramtsausbildung komplett um. Die Anerkennung bundesweit ist auf gutem Wege. Es gibt ländergemeinsame Strukturvorgaben, neue Standards für Bildungswissenschaften, sodass wir sagen können, die nationale Mobilität, die natürlich eine Notwendigkeit und für uns ein großes Anliegen ist, ist auf bestem Wege.

Insgesamt möchte ich als Resümee dieser zum Teil sehr anstrengenden, auch in diesem Hause intensiv geführten Diskussionen sagen, dass sie als solche schon von großem Wert waren: Wir haben neue inhaltliche Ansprüche, wir haben beim letzten Mal - etwa auch anhand unseres Antrages ausführlich darüber gesprochen. Ich will das heute nicht wiederholen. Wir haben neue inhaltliche Ansprüche nach einer, wie ich finde, beispielhaften, weil außerordentlich selbstkritischen Diskussion formuliert.

Wir haben auch eine Neustrukturierung mit dem Ziel nationaler und internationaler Vergleichbarkeit - und damit etwas ganz Wesentliches - und für unsere Studenten mehr Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit beim Aufbau ihres Studiums geschaffen. Ein Weiteres ist vielleicht etwas ganz Wesentliches: Ich hatte stark den Eindruck bei den Anhörungen, wir haben alle an Bildung Beteiligten in dieser Diskussion erneut zusammengeführt. Jeder hat seine Verantwortung erneut ergriffen, zum Teil anders als in der Vergangenheit, aber mit einem gemeinsamen Ziel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann gut nachvollziehen, wie einer der an der Anhörung Beteiligten zu uns gesagt hat, dass seiner Meinung nach diese Reformen der Lehramtsausbildung und der damit verbundenen Reform der Hochschulen eine der größten Herausforderungen für die Universitäten seit den Hochschulreformen durch Humboldt sind.

Die Niedersächsische Landesregierung hat unser gesamtes Bildungswesen in Schul- und Hochschulwesen auf Innovationskultur ausgerichtet. Wir haben dabei die Reform der Inhalte und der Strukturen immerhin gleichzeitig auf den Weg gebracht. Dabei kommt die enorme Dimension, nämlich europaweit, noch hinzu. Insofern möchte ich sagen: Wir in Niedersachsen haben speziell im

Bereich der Lehramtsausbildung wirkliche Pionierarbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU)

So sagt ein Flyer der Universität Hannover treffend: Die norddeutschen Hochschulen auf dem Weg zum europäischen Hochschulraum. Ich ergänze mit der Überschrift unseres Antrages: Mit der Reform zur praxisnahen und schulformbezogenen Lehramtsausbildung gehen wir weiter den Weg zur Qualitätsschule in Niedersachsen. Dafür bitte ich um Zustimmung zu den Ausschussempfehlungen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bevor ich Herrn Wulf aus Oldenburg das Wort erteile, möchte ich Ihnen den Hinweis nachliefern, dass die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur in der Drucksache 2220 zu a) auf Ablehnung und zu b) auf Annahme lautet. - Nun hat Herr Wulf das Wort. Bitte schön, Herr Wulf!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat, Frau Bertholdes-Sandrock, in Fragen der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung gibt es durchaus eine Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen uns. Auch ich bin Ihrer Ansicht, dass wir diese Diskussion durchaus qualitätsvoll geführt haben. Natürlich gibt es auch Unterschiede. Auf die komme ich gleich.

Wir haben mit dieser Diskussion begonnen. Unter der sozialdemokratischen Landesregierung ist die Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung begonnen worden. Sie setzen das fort, und das ist auch gut so. Wir müssen in der Tat dafür sorgen, dass wir mehr Praxisorientierung in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung bekommen. Wir wollen, dass die Diagnosekompetenz, die Diagnosefähigkeit der Lehrkräfte verbessert wird. Wir wollen das natürlich mit der Umstellung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge kombinieren; denn das ist richtig.

Aber, Frau Bertholdes-Sandrock, es ist wichtig zu sagen, dass die Umstellung auf diese neuen Studiengänge für die Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung allein nicht reicht. Es kommt darauf an, dafür Sorge zu tragen, dass die Grund

wissenschaften, also Pädagogik, Psychologie, von Anfang an studiert werden und der Praxisbezug in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung von Anfang an gegeben ist.

Es muss klar sein, dass es bei der Einführung dieser so genannten konsekutiven Lehrerausbildung nicht nur um strukturelle Reformen geht, sondern natürlich auch um Qualität und um die Veränderung von Inhalten. Es muss um Kompetenzvermittlung gehen. Am Ende des Bacheloroder Masterabschlusses muss klar sein, welche konkreten Kompetenzen die Studierenden aufweisen müssen. Wir müssen sicherstellen, dass diese Kompetenzen auch optimal vermittelt werden.

Dafür ist allerdings das Land in der Verantwortung. Dafür ist entscheidend, dass die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit die Hochschulen diese Ausbildung mit qualifiziertem Lehrpersonal durchführen können. Doch da ist genau ein Problem. Sie von der CDU- und FDPLandesregierung geben diese Mittel nicht hinreichend her. Sie kürzen bei den Hochschulen. Wir brauchen jedoch mehr Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, wir brauchen mehr Fachdidaktiker, wir brauchen mehr mitwirkende Lehrkräfte. Aufgrund der Kürzungen, die Sie an den Hochschulen vollziehen, haben wir da aber Probleme.

Ich sage Ihnen eindeutig, was ich bereits in der letzten Debatte zu diesem Punkt gesagt habe: Wenn Sie die Veränderung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung wirklich ernst meinen, dann müssen Sie auch das Geld dafür zur Verfügung stellen; und genau das tun Sie nicht.

Ich will Ihnen ein konkretes Beispiel dafür anführen. Wir haben mit dem so genannten Überlastprogramm unter der SPD-Landesregierung zusätzlich Stellen für die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung geschaffen, damit wir hinreichend viele Lehrkräfte ausbilden können. Das ist zu unserer Zeit eingeführt worden. Doch Sie sind im Augenblick dabei, das zu kürzen. Diese Überlaststellen fallen demnächst weg. Es wäre jetzt notwendig, sie durch richtige Stellen zu ersetzen. Doch das ist nicht Ihre Absicht. Im Gegenteil: Sie wollen sie komplett streichen. Das führt dazu, dass im Gegensatz zu der Notwendigkeit, die wir haben, nämlich mehr Lehrkräfte nach diesen neuen Studiengängen auszubilden, die Hochschulen gezwungen sind, ihre Kapazitäten zu kürzen. Das, finde ich, ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, sehr wichtig ist auch - Sie haben das kurz genannt; wir haben das in unserem Antrag konkret noch einmal ausgeführt -, dass diese Abschlüsse bundesweit anerkannt werden. Sie haben auf die KMK hingewiesen. Ich möchte von der Landesregierung wissen - ich weiß nicht, wer dazu antwortet, ob Herr Busemann oder Herr Stratmann -, wie konkret die Diskussionen in der KMK sind und wie konkret es im Augenblick um die Anerkennung der Abschlüsse aussieht. Ich bitte darum, dass wir gleich darüber informiert werden. Schließlich hat das Parlament ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Interessen des Landes in der KMK vertreten werden.

Die Diskussionen und die Anhörung in den beiden Ausschüssen haben in der Tat eindrucksvoll gezeigt, dass unsere Universitäten dabei sind, diese Umsetzung zu gewährleisten. Dafür sei allen Beteiligten gedankt. Es zeigt sich aber auch, dass neben der Frage der finanziellen Ausstattung eine Reihe von Problemen vorhanden ist; denn diese Umstellung geht nicht reibungslos. Insbesondere diejenigen, die in den alten grundständigen Studiengängen studieren, haben Probleme, hinreichend betreut zu werden, weil die Hochschulen zum großen Teil auf die neuen Studiengänge setzen. Ich meine, es ist notwendig, dass man dafür Sorge trägt, dass den Studierenden, die noch in den grundständigen Studiengängen studieren, das Studium optimal gewährleistet wird. Die Landesregierung hat die Verantwortung, dies sicherzustellen.

Meine Damen und Herren, ein Punkt unterscheidet uns ganz grundsätzlich. Das ist die Frage des Schulformbezugs, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen.

(Ursula Körtner [CDU]: Irgendwie hatten wir das schon geahnt!)

Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang ernsthaft darum bitten, von Ihrem Vorhaben abzulassen, die seit einigen Jahren eingeführte gemeinsame Lehrerinnen- und Lehrerausbildung im Bereich der Grund-, Haupt- und Realschullehrer zu zerschlagen. Eine Zerschlagung dieses gemeinsamen Lehramtes ist vor dem Hintergrund der zurückgehenden Schülerinnen- und Schülerzahlen und der Ausdünnung unserer Schullandschaft völlig kontraproduktiv. Angesichts der Tatsache, dass es immer mehr einzügige Haupt- und Real

schulen gibt, ist es notwendig, dass wir zu einem flexiblen Einsatz von Lehrkräften kommen, die in der Lage sind, in allen Schulformen zu unterrichten. Wenn Sie das jetzt zerschlagen und kaputtmachen, dann bekommen wir eindimensionale Lehrer - und genau das brauchen wir nicht. Wir brauchen Lehrerinnen und Lehrer, die in der Lage sind, flexibel zu reagieren und flexibel in verschiedenen Schulformen zu unterrichten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Multifunk- tional!)

Das ist wohl auch den Ministerien klar. Die Fachleute in Ihren Ministerien - sowohl im Kultusministerium, wo es um die Frage der Unterrichtsversorgung geht, als auch im Wissenschaftsministerium, wo es um die Frage der Planung geht - schlagen doch die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie sich angucken, was in Ihrem Antrag steht. Die wissen doch, dass es völliger Unsinn ist, was Sie in Ihrem Antrag formuliert haben.

Ich kann nur sagen: Lassen Sie diesen Blödsinn! Kehren Sie auf die Spur der Vernunft zurück! Seien Sie nicht so ideologisch, wie Sie es in diesem Punkt sind! Seien Sie pragmatisch! Bleiben Sie in der Schullandschaft wirklich verwurzelt! Lassen Sie die Ausbildung, so wie sie ist, nämlich vernünftig, damit wir flexible Lehrer und keine Schmalspurlehrer bekommen! - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Joachim Alb- recht [CDU]: Herr Wulf, Sie produzie- ren doch die Schmalspurlehrer! - Ge- genruf von Wolfgang Wulf [SPD]: Null Ahnung!)

  +&  ,          von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

     (GRÜNE):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Reformbedarf bei der Lehrerausbildung ist ja unumstritten. Die Hochschulen haben längst auf diesen Reformbedarf reagiert und ihn bei der Umstellung auf Bachelor und Master berücksichtigt. Nur die Regierungskoalition bremst das jetzt aus; denn Ihr Antrag, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wird die Reformschraube an einer ganz zentralen Stelle wieder zurückdrehen.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Vor- wärts!)

Der in Ihrem Antrag geforderte Schulformbezug bereits beim Bachelor konterkariert nicht nur die Empfehlungen der OECD, die eine Aufhebung der Fragmentierung in der Lehrerausbildung anrät, sondern mit dieser Forderung stehen Sie in eklatantem Widerspruch zum tatsächlichen Status quo an den Hochschulen. Die Anhörung hat es gezeigt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Und das nicht etwa, weil die Hochschulen hier ohne politische Rückendeckung gehandelt hätten. Das zuständige Ministerium hat ausdrücklich einen polyvalenten Bachelor vorgegeben.

Meine Damen und Herren, Grundlage dieser für alle Hochschulen verbindlichen Studienstruktur ist die Vereinbarung über die Umstellung von Staatsexamensstudiengängen auf Bachelor- und Masterstrukturen im Lehramt, geschlossen zwischen dem MWK und den betreffenden Hochschulen, die ausdrücklich von einem „polyvalenten Bachelor“ und einem „lehramtsspezifischen Master“ sprechen. Dies scheinen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, aber nach wie vor nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Gegenteil: Der Kollege Zielke wirft den Hochschulen in der letzten Ausschusssitzung vor, sie hätten anscheinend nicht mitbekommen, dass ein Politikwechsel stattgefunden habe - als wäre ein Fachminister nicht Teil einer politischen Mehrheit. Zudem frage ich mich, wieso Sie erst zu einem so späten Zeitpunkt in die Planung der neuen Studienstrukturen eingreifen. Die Neustrukturierung ist an den meisten Hochschulen doch bereits umgesetzt. Ein Jahr lang hatten wir das Thema in der Ausschussberatung, ehe Sie überhaupt einen eigenen Antrag vorgelegt haben. Meine Damen und Herren, ich finde, an diesem Punkt verhalten Sie sich gegenüber den Hochschulen unredlich. Außerdem verspielen Sie durch die Festlegung auf einen schulformbezogenen Bachelor ein wesentliches Reformelement der Umstellung auf gestufte Studiengänge, nämlich die Durchlässigkeit der Abschlüsse.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Gerade die breite Verwendung des Bachelor-Abschlusses, die einen sofortigen Einstieg ins Berufsleben ebenso möglich macht wie einen fachspezifischen oder lehramtsspezifischen Masterstudiengang, macht es doch erst möglich, dass Studierende relativ risikolos ihre Eignung für den Lehrerberuf überprüfen können.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das kommt auf die Kinder an, nicht auf die Lehrer!)

Hier verspielen Sie eine der zentralen Chancen bei der Umstellung auf Bachelor und Master.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)