Protocol of the Session on May 15, 2003

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Stünkel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und der FDP bringen heute einen Antrag ein, der beinhaltet, dass das Antragsverfahren bei Agrardiesel deutlich zu vereinfachen ist. Die Landesregierung wird gebeten, hierzu eine Bundesratsinitiative zu starten. Dieses Antragsverfahren ist ein Beispiel für unnötige Bürokratie zu Lasten der Land- und Forstwirtschaft sowie der Gärtner in Niedersachsen. Zum einen müssen die Antragsteller einen fünfseitigen Antrag ausfüllen, der zudem fünf Seiten Ausfüllanleitung sowie allen Ernstes eine 18seitige Ausfüllhilfe umfasst. Auch für die Prüfung der Anträge bei den Hauptzollämtern bedeutet das für die dort tätigen Beamten und Angestellten eine aufwendige Verwaltungstätigkeit. Die Bearbeitungszeit der Zollämter liegt nach Schätzungen bei einer Stunde je Antrag. Immerhin bearbeiteten rund 300 Beamte und Angestellte im Jahr 2002 Anträge von 310 000 Betrieben auf Vergütung der Mineralölsteuer. Durch immer mehr Bürokratie und Regulierung sind die deutschen Land- und Forstwirte sowie Gärtner mittlerweile an der Grenze des Zumutbaren angelangt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schon durch den reduzierten Steuersatz, der 25,56 Cent je Liter beträgt, müssen sie wesentlich höhere Dieselpreise als ihre europäischen Konkurrenten tragen. Das trägt gemeinsam zu einer mas

siven Wettbewerbsverzerrung für die deutschen Land- und Forstwirte sowie Gärtner bei.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Stattdessen brauchen wir eine spürbare Bürokratieentlastung - nicht nur bei den Antragsverfahren für Agrardiesel, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Eine Vereinfachung der Antragsverfahren auf das Nötigste schafft auch bei den Verwaltungen Freiräume für andere Aufgaben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie im Namen der CDU-Landtagsfraktion, diesen Weg mitzugehen. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Oetjen, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neue Landesregierung hat sich für den Agrarbereich viele Ziele gesetzt und wird die Politik für den ländlichen Raum wieder zum Schwerpunkt niedersächsischer Landespolitik machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Ziele der neuen gelb-schwarzen Landesregierung sind u. a. die Stärkung der wirtschaftenden Betriebe, aber auch der Abbau von Bürokratie. Gerade für den zuletzt genannten Bereich ist der Ihnen vorliegende Antrag ein kleiner Mosaikstein. Natürlich sind viel mehr Anstrengungen nötig, als nur das Thema Agrardiesel zu behandeln. Die begonnene Agrarverwaltungsreform - dazu kommen wir später noch einmal - ist einer der Schritte in dieser Richtung, der dafür sorgt, dass unsere Bauern von unnötiger Bürokratie entlastet werden, und der den Bauern wieder zu dem macht, was er eigentlich sein will, nämlich Unternehmer.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In Bezug auf Agrardiesel sind niedersächsische und deutsche Bauern insgesamt in der Konkurrenzsituation mit ihren europäischen Mitwettbewerbern ohnehin benachteiligt. Das muss man in diesem Zusammenhang wissen. In Deutschland zahlen die

Bauern etwa 26 Cent Steuer pro Liter Diesel, während in der Regel der Anteil der Steuer pro Liter Diesel bei etwa 10 Cent liegt. In Dänemark sind die Bauern sogar ganz von Steuern auf Agrardiesel befreit. Hier besteht innerhalb der Europäischen Union dringender Handlungsbedarf, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zusätzlich - das zieht sich heute wie ein roter Faden durch die Diskussion - wird die Situation bei den niedersächsischen Bauern noch durch die unnötigste aller Steuern, nämlich die Ökosteuer, verschärft. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gibt es das neue Antragsverfahren. Das ist völlig aufgebläht und sogar monströs. Ich habe den Antrag mitgebracht. Die Bauern müssen viele Seiten ausfüllen. Aus meiner Sicht ist der damit verbundene Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig groß.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Deshalb wollen wir die Landesregierung bitten, eine Bundesratsinitiative in dieser Richtung zu starten, das Antragsverfahren bei Agrardiesel drastisch zu vereinfachen und auf das Nötigste zu begrenzen. Aus meiner Sicht wäre eine DIN-A4Seite ausreichend. Das ist gut für unternehmerische Landwirte. Das ist im Sinne einer schlanken Verwaltung, auch wenn hier die Bundesverwaltung und nicht die niedersächsische Verwaltung betroffen ist, und ist deshalb der richtige Ansatz, für den ich um Ihre Unterstützung werbe. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Oetjen. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich noch Folgendes bekannt geben: Die Fraktionen sind übereingekommen, dass der Tagesordnungspunkt 27 noch vor der Mittagspause beraten wird. Den Tagesordnungspunkt 28 werden wir direkt an die Ausschüsse überweisen. Danach treten wir in die Mittagspause ein.

Jetzt erteile ich dem Abgeordneten Klein das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da man diesen Antrag wohl in erster Linie der liberalen Entbürokratisierungsoffensive zurechnen muss, möchte ich mich hier vor allen Dingen an die „JaAber“-Liberalen in diesem Haus wenden. Wenn Sie sich in der nächsten Woche das Protokoll über die gestrige Sitzung ansehen, werden Sie mehrfach das Argumentationsmuster finden: Ja, wir Liberalen sind im liberalen Sinne dafür, aber wie der Vorredner von der CDU gerade ausgeführt hat, müssen wir leider dagegen sein. - In diesem Protokoll werden Sie auch häufig die Frage finden, ob die Anträge, die die Opposition hier eingebracht hat, überhaupt notwendig wären. Mein Eindruck ist, dass Sie sich diese Frage selbst offensichtlich nicht gestellt haben.

Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich eine natürliche Hemmung habe, Wasserträgeraufgaben in diesem Landtag für eine Initiative zu übernehmen, die die FDP-Bundestagsfraktion bereits im letzten Monat angeschoben hat. Diese Ablehnung und Abneigung wird natürlich nicht kleiner, wenn nicht einmal das Bemühen zu erkennen ist, darzustellen, welches besondere Interesse hier in Niedersachsen an der Materie vorhanden ist, sondern wenn einfach der Antrag des „großen Bruders“ wortwörtlich abgeschrieben wird.

(Beifall bei den GRÜNEN - Enno Hagenah [GRÜNE]: Beschäftigungs- therapie ist das!)

Insgesamt müssen wir festhalten, dass die Antragsflut, die uns hier von den Koalitionsfraktionen zu diesem Plenum beschert worden ist, wohl eher von einer neuen Strategie der Fraktionsberuhigung durch Beschäftigungstherapie als von ernsthafter politischer Arbeit kündet.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nun zum Inhalt des Antrages.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist schön!)

Wer könnte denn ernsthaft etwas gegen gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa haben? Harmonisierung der Energiebesteuerung in Europa ist eine Daueraufgabe, meine Damen und Herren, der sich alle bisherigen Bundesregierungen - auch die jetzige - immer verschrieben haben und an der auch ständig gearbeitet wird.

(Zuruf von Friedrich Kethorn [CDU])

Unabhängig davon - Herr Kethorn, das wissen Sie auch -, dass die Dieselbesteuerung für die Beurteilung der Wettbewerbssituation der Landwirtschaft nur ein kleiner Faktor ist, man muss schon alle Rahmenbedingungen einbeziehen, wenn man einen aussagekräftigen Vergleich in Europa machen will. Sie wissen, dass wir insbesondere im Bereich der Einkommensbesteuerung oder im Bereich der Förderung der einzelbetrieblichen Investitionen einen sehr guten Stand haben.

Natürlich ist auch die Bürokratie der Feind aller Politik oder besser gesagt: der Politiker. Wer könnte ernsthaft etwas gegen Bürokratieabbau haben? In der Tat gibt es Anlaufschwierigkeiten mit dem neuen Verfahren, deren Behebung in Bearbeitung ist. Aber etwas grotesk finde ich es schon, dass wir jetzt darüber diskutieren sollen, wie viele Antragsseiten ausgefüllt werden sollen, um in den Genuss dieser Subvention zu kommen.

(Ilse Hansen [CDU]: Weniger!)

Ich sehe uns schon, Frau Hansen, im Ausschuss sitzen und Formulare entwerfen. Ich bin gerne bereit, mich daran zu beteiligen. Ich habe das vor 25 Jahren einmal gelernt. Aber ich glaube nicht, dass das zu den Aufgaben dieses Landtags gehört. Hier liegt doch offensichtlich ein Antrag vor, dessen Hauptfunktion es ist, in der Koalitionsvereinbarung einen „Erledigt“-Haken machen zu können. Wenn es Ihnen wirklich um Bürokratie- und Aufgabenabbau ginge, dann müssten Sie eigentlich die Abschaffung dieser im Prinzip überflüssigen und ökologisch fragwürdigen Subvention fordern.

(Zuruf von der FDP: Sie begreifen die Zusammenhänge nicht!)

Ich meine, mich erinnern zu können, dass das auch bisher die Position der FDP gewesen ist. Aber da greift wohl wieder der „Ja - Aber“-Effekt.

(Zuruf von der CDU: Keine Ahnung!)

- Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Klein. Als nächster Redner hat der Abgeordnete Herr Johannßen das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU zur Vereinfachung des Antragsverfahrens beim Agrardiesel ist offenbar ein Teil Ihrer Kampagne für Bürokratieabbau.

(Zuruf von der CDU: Ja! Richtig! - Bernd Althusmann [CDU]: Ihr schafft es ja nicht!)

Verstehen Sie mich nicht falsch: Abbau von bürokratischen Hemmnissen ist auch eine Forderung der SPD-Fraktion. Wir werden da, wo es vernünftig ist, dieses Ansinnen unterstützen.

(Zuruf von der FDP: Davon haben wir noch nichts gehört!)

Sie werden mir als mittelständischem Unternehmer im Gartenbau sicher zugestehen, dass es auch meine persönliche Überzeugung ist, bürokratische Hemmnisse abzubauen, um ökonomisches Handeln zu ermöglichen. Herr Klein hat darauf hingewiesen, dass die FDP durchaus ökonomisch gehandelt hat, indem sie den Antrag der FDPBundestagsfraktion fast wörtlich abgeschrieben hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich verweise auf den Wortbeitrag von Herrn Riese von gestern, der kritisiert hat, dass die Grünen ihre eigenen Anträge hier im Landtag wieder eingebracht haben. Aber Sie haben bei der Bundestagsfraktion abgeschrieben.

Dieser Antrag der FDP-Bundestagsfraktion hat eine Vorgeschichte. Bis zum 31.12.2000 galt das alte Gesetz. Dieses Gesetz wurde durch Landesverordnungen ausgeführt, und das Antragsformular hatte einen Umfang von drei bis acht Seiten. Ab 01.01.2001 gilt das neue Agrardieselgesetz, das bundeseinheitliche Regelungen vorsieht.

Sie verweisen in der Begründung zu Ihrem Antrag darauf, dass der Antrag 28 Seiten stark sei. Auf den ersten Blick ist das natürlich frappierend und erschreckend, wenn man aber in die Materie geht, dann sieht man, dass der reine Antrag nur fünf Seiten umfasst.