Protocol of the Session on September 16, 2005

Ich kann nur sagen: Ich werde nicht zulassen - Herr Kollege Bartling, ich kann nur hoffen, dass es bei Ihnen auch nicht zugelassen worden wäre -, dass hier ein Anschein erweckt wird, der eine Suggestion hervorrufen soll, dass hier aus nachbarschaftlichen Kontakten heraus eine Nähe bestehe, die zu einer Angebotsabgabe geführt habe.

(Heiner Bartling [SPD]: Sie sagen die Unwahrheit!)

Das muss sich keine Ministerin und kein Minister der Niedersächsischen Landesregierung von einem Parlamentarier sagen lassen, der selbst Gegenstand von Beratungen der Landesregierung war, wo er maßgeblich auf eine Ministerin der von ihm geführten Regierung Einfluss ausgeübt hat, um eine bestimmte Entscheidung zugunsten eines Krankenhauses herbeizuführen, in dem er selbst Vorsitzender des Stiftungsrates war. Wenn man in dieser Art und Weise Gegenstand der Landesregierung war, darf man eine Ministerin in dieser Art und Weise nicht angreifen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich bin dann von meiner Ministerin darauf aufmerksam gemacht worden - wir werden uns daran halten, hier die Ordnung zu wahren; wenn Sie es nicht tun, ist es Ihre Entscheidung -, dass Sie hier, von dieser Stelle aus, zitiert haben. Ich denke, das

Zitieren einer Ministerin oder eines Abgeordneten ist das schärfste Instrument; denn wenn man ein Zitat einwirft und damit den Anschein erweckt, es sei das Gegenteil dessen, was hier zu diesem oder zu einem anderen Zeitpunkt gesagt wird, dann führt es in der Regel zu relativ viel Resonanz im Plenum, weil man sagt: Hier ist ein offenkundiger Widerspruch. Wenn mir Frau Ministerin von der Leyen sofort nachweist, dass das Zitat, das Sie vorgetragen haben - als Zitat gekennzeichnet -, kein vollständiges Zitat war, sondern Wichtiges weggelassen wurde, dann ist das zumindest ein Punkt des Ärgernisses. Sie haben dann Ihren Redebeitrag hier am Pult mit dem Hinweis auf den Brief von Herrn Wulff beendet. Ich bin daraufhin von der Präsidentin gefragt worden, ob ich dazu etwas sagen möchte, und habe dann dazu gesagt „Was soll man dazu sagen?“, nachdem mir innerhalb weniger Minuten mehrfach widerfahren ist, dass es sich um Lügen handelt. Ich nehme diese Formulierung „Lüge“ hier aber ausdrücklich zurück und sage Ihnen zu: Ich werde keinen Abgeordneten der Lüge bezichtigen, habe niemanden als Lügner bezichtigt und halte das für unparlamentarisch.

(Zuruf von der SPD: Was?)

- Wir können das komplette Protokoll hier nachvollziehen. - Ich sage ausdrücklich: Ich halte Begriffe wie „Lüge“ und „Lügner“ für unprotokollarisch und unparlamentarisch. Von daher werde ich jedenfalls nicht zu einer solchen Wortwahl greifen wollen. Es tut mir Leid, dass ich dazu gegriffen habe.

Allerdings möchte ich auch nicht, dass die Regierung oder der Ministerpräsident davon Gebrauch macht, dass sie der Disziplinargewalt des Präsidiums nicht unterstehen und deswegen für sie andere Kriterien gelten als für das Parlament. Ich fühle mich da auch als Parlamentarier und möchte mich deshalb den Regeln für die Parlamentarier unterwerfen. - Diese beiden Vorbemerkungen gelten vorweg.

Im Übrigen sage ich Ihnen hier sehr offen und freimütig, dass sich das, was mir hier und uns hier zugemutet worden ist, aus meiner Sicht nicht wiederholen sollte. Ich bin einmal - einmal! - mit Volkswagen auf Wunsch des Vorstandsvorsitzenden und des Aufsichtsratsvorsitzenden an einem Tag nachmittags nach Abu Dhabi geflogen, weil dort die Unternehmen den Regierenden gehören und die Regierung deswegen dort zugegen sein

sollte. Beim Eintreffen habe ich mit dem Wirtschaftsminister am Abend um 20 Uhr gesprochen. Am nächsten Tag habe ich sieben Gespräche geführt. Am übernächsten Tag bin ich morgens abgereist. Wer aus einer solchen Reise auf Wunsch des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen in Niedersachsen als dem wichtigsten und größten Unternehmen unseres Landes das macht, was hier am Mittwoch daraus gemacht worden ist, ohne dem Ministerpräsidenten und dem Kabinett überhaupt nur die Chance zu geben, sich kurzfristig wehren zu können, der muss sich überlegen, ob er auf diese Art und Weise Politik in dieses Haus einführen möchte. Mittwochs erst der Ministerpräsident, freitags die Ministerin, nächstes Mal ein anderer. Ich glaube, Sie müssen darüber nachdenken, ob wir zur argumentativen, inhaltlichen Auseinandersetzung zurückkehren oder ob wir diese Form des Stilbruchs wahren wollen. Auch darauf hätten wir uns einzustellen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herrn Möhrmann erteile ich ebenfalls zur Geschäftsordnung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens. Herr Wulff, Herr Lenz hat sich für seine Ausdrucksweise hier ausdrücklich entschuldigt. Was dieses Nachkarten noch soll, weiß ich nicht, und ich kann es auch nicht nachvollziehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich könnte Ihnen gerne - aber ich möchte hier jetzt keine Schärfe hineinbringen - das vorlesen, was in der Presse zu lesen war, was man Herrn Lenz hier zugerufen hat, was leider nicht im Protokoll vermerkt ist, weil der Lärmpegel zu hoch war.

(Bernd Althusmann [CDU]: Woher weiß die Presse das dann?)

Herr Wulff, ich finde, Herr Lenz hat sich so verhalten, wie man es von einem Parlamentarier erwartet, wenn ihm etwas herausgerutscht ist. Das sollten wir anerkennen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Jetzt zu dem zweiten Punkt. Sie haben hier die Äußerung von Herrn Schwarz noch einmal interpretiert. Ich will sie einmal vorlesen:

„Ich habe gesagt: Herr Wilkening war doch nicht nur“

(Zurufe von der CDU: „nicht nur“!)

„deshalb der erste Interessent an den Landeskrankenhäusern, weil er der Nachbar von Frau von der Leyen ist, sondern weil es sich mit den Kliniken gut verdienen lässt.“

Meine Damen und Herren, wenn er dann im Ältestenrat ausdrücklich sagt, wie er das gemeint hat,

(Zuruf von der CDU: Ja, im Ältesten- rat!)

und dass er das, was Sie ihm unterstellen, gerade nicht gemeint hat, dann muss man das anerkennen. Mehr kann ein Abgeordneter an diesem Punkt auch nicht tun.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will noch ein Drittes sagen: Alle Abgeordneten hier vertreten eine Region, einen Wahlkreis - manche, weil sie direkt gewählt worden sind, andere, weil sie über die Liste hineingekommen sind.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Die meisten!)

- Bei Ihnen sind es diesmal besonders viele. Bei uns waren es das Mal davor besonders viele, da waren es bei Ihnen wenige. So ist das in der Demokratie, Gott sei Dank.

Was ich sagen möchte, ist: Herr Wulff, gleichgültig welche Funktion ein Abgeordneter in seinem Wahlkreis wahrnimmt, hat er sich für die Belange seines Wahlkreises einzusetzen.

(Zuruf von der CDU: Für die Belange des Landes!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere Sie gerne einmal daran, wenn Sie einmal wieder bei Herrn Hirche oder sonst wo gewesen sind, weil für eine Firma GA-Mittel oder anderes nötig sind. Das kennen wir doch alles. Das ist doch unser Alltags

geschäft. Man muss hier doch keinen Popanz aufbauen, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Ich stelle noch einmal fest: Das ist der normale Job, den jeder Bürger im Wahlkreis von dem Abgeordneten verlangt. Dem ist Herr Schwarz nachgekommen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch etwas Viertes sagen. Ich finde es gut, Herr Ministerpräsident, dass Sie dieses Wort „Lügner“ zurückgenommen haben. Ich denke, dass das jetzt vielleicht ein Ansatz ist, wie auch die übrigen Kabinettsmitglieder mit diesem Parlament umgehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Es hatten sich noch der Kollege Althusmann und anschließend Frau Helmhold zur Geschäftsordnung gemeldet. Herr Althusmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zum zweiten Punkt des Beschlusses des Ältestenrats kommen, weil der relativ schnell abzuhandeln ist. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Kabinettsmitglieder nicht in die Verhandlungsführung des Präsidiums eingreifen. Wir wissen sehr wohl, dass manche erregte Debatte und auch manche Debatte, die diesem Parlament vielleicht nicht dienlich ist, dazu angetan ist, dass bei einem Emotionen ausbrechen. Im Übrigen: Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Ich kann mich an Herrn Gabriel, Herrn Glogowski, Herrn Schröder oder wen auch immer in den letzten Jahren erinnern, in denen es auch auf der Regierungsbank Menschen gab, die entsprechend reagiert haben. Der zweite Punkt ist insofern abgehandelt, meine Damen und Herren.

Was aber nicht im Raum stehen bleiben darf, Herr Kollege Möhrmann, ist der Eindruck, den Sie hier erwecken wollten, der Kollege Uwe Schwarz habe im Ältestenrat quasi alles zurückgenommen und habe ausdrücklich erklärt, dies sei nicht in seinem Sinne gewesen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Er hatte gar nichts zurückzunehmen!)

Ich kann nur sagen: Jeder im Parlament - das sollten wir gerade nach dem, was wir am Mittwoch im Zusammenhang mit Herrn Lenz erlebt haben

sollte sich gerade nach diesen Vorgängen in der Wortwahl sehr genau prüfen. Herr Kollege Schwarz, Sie haben ganz bewusst versucht - das zeigt auch der Unterschied zwischen Ihrem Redemanuskript und dem Wortprotokoll, also dem, was Sie dann tatsächlich vorgelesen haben -, hier einen Zusammenhang zwischen einer vermeintlichen Nachbarschaft und einer Ministerin herzustellen.

(Zuruf von der SPD: Das ist eine bös- willige Unterstellung!)

Das ist ein Vorwurf, der nicht im Raum stehen bleiben darf. Das ist im Übrigen auch ein Vorwurf, der in die Nähe der Vorteilsnahme gerückt wird.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Durch Sie!)

Insofern, Herr Kollege Schwarz - Herr Jüttner, das gilt auch für Sie -,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Durch Sie wird er dorthin gerückt!)

wäre es ein Akt des Anstandes gewesen, wenn Sie sich vor das Parlament gestellt hätten und diesen Anschein, den Sie erwecken wollten, ausgeräumt hätten. Das wäre anständig gewesen, lieber Herr Kollege Schwarz.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Jetzt hat Frau Helmhold das Wort zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde versuchen, mich zu den Inhalten, die hier besprochen worden sind, nicht zu äußern. Wozu ich mich aber äußern möchte, ist die Frage des Stils, der gerade gepflegt worden ist.