- Das kann ich mir vorstellen, dass ich jetzt aufhören soll, Herr Althusmann. Aber es geht nun einmal weiter:
Tatsächlich stieg die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen seit Januar 2005 im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern überdurchschnittlich. Laut Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen fiel die Zunahme besonders dramatisch bei den Jugendlichen unter 25 Jahren aus:
Hier stieg die Arbeitslosigkeit im Mai 2005 um 47 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Nur Hamburg wies mit 52 % eine höhere Steigerung der Jugendarbeitslosigkeit auf, bundesweit waren es lediglich 24 %.
1. Auf welche Zahlen bezieht sie sich bei ihrer angeblichen Erfolgsmeldung, Niedersachsen trotze erfolgreich der Zunahme an Arbeitslosigkeit?
2. Wie ist vor dem Hintergrund der Zahlen der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen die Arbeitsmarktpolitik unter dem Motto „So kann es weitergehen!“ zu verstehen?
3. Welche Pläne und Ansätze hat die Landesregierung, den im Vergleich zum Bundesdurchschnitt im vergangenen halben Jahr nahezu doppelt so hohen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Niedersachsen zu verringern?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage von Herrn Hagenah mischt Richtiges und Falsches bunt durcheinander und zeichnet damit insgesamt ein falsches Bild. Deswegen muss ich zunächst einiges korrigieren.
- nehmen Sie einfach die Veröffentlichung der Bundesagentur für Arbeit -, und zwar vom neunten Platz im Februar 2003 auf den sechsten Platz im Sommer dieses Jahres. So weist es die amtliche Statistik der Bundesagentur aus.
Sie werden nicht leugnen, dass dies ein Schritt nach vorne ist, über den die Landesregierung selbstverständlich auch öffentlich redet, meine Damen und Herren.
Die Bertelsmann-Studie zum Bundesländerranking sagt - sie ist hier im Landtag zwar schon zitiert worden, aber ich mache es gerne noch einmal -:
„Niedersachsen konnte seine Abwärtsbewegung umkehren. Die Wachstumslücke konnte geschlossen werden, Arbeitslosenquote und Erwerbstätigenquote entwickelten sich günstiger als deutschlandweit.... Bürokratieabbau und Reform der Verwaltungsstrukturen sind vorbildlich.“
Meine Damen und Herren, es ist und bleibt nun einmal so, dass der Aufstieg von der unteren Tabellenhälfte in die obere ein positives soziales Zeichen ist. Dass sich die Rahmenbedingungen in Deutschland insgesamt nicht günstig darstellen, das hat nun einmal die rot-grüne Bundesregierung zu verantworten und niemand anders.
Aktuell haben wir Ende August den siebten Platz inne. Diesmal war Schleswig-Holstein einen Hauch besser als wir. Im Juli haben wir uns den sechste Platz geteilt mit einer Arbeitslosenquote von jeweils 11,3 %. Beide haben wir die Quoten im August gesenkt, wobei unsere nördlichen Nachbarn jetzt bei 11,0 % liegen, Niedersachsen bei 11,1 %. Festzuhalten bleibt, dass auch dieser siebte Platz heute deutlich besser ist als der Platz, von dem aus diese Regierung starten musste.
Jahr, und zwar bundesweit. Es ist ja eine der zentralen Wahlkampfauseinandersetzungen, dass nicht eingetreten ist, was der Kanzler angekündigt hat, nämlich die Arbeitslosenzahlen würden gesenkt. Sie sind vielmehr gestiegen.
Die Gründe kennen wir alle, aber ich will sie gerne noch einmal darlegen, auch für dieses Jahr: Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe werden in der Arbeitslosenstatistik auch die erwerbsfähigen Männer und Frauen registriert, die früher Sozialhilfe bezogen haben. Bundesweit sind deshalb die Zahlen zum Jahresbeginn gestiegen, wie es zu erwarten war. Seitdem aber sind die Zahlen wieder gesunken - und das in Niedersachsen stärker als im Schnitt der Bundesländer. Sie dagegen sprechen in Ihrer Frage - das ist völlig falsch - von starken Zuwächsen seit Januar. Diese Ihre Behauptung ist eindeutig falsch, wie die Zahlen der Bundesagentur zeigen: Im Januar hatte Niedersachsen mit 12,1 % exakt die gleiche Arbeitslosenquote wie die Bundesrepublik insgesamt, heute liegen wir mit 11,1 % unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 11,4 %.
Noch deutlicher wird die positive Entwicklung bei uns, wenn man sie mit der in den anderen Westländern vergleicht: Bei uns in Niedersachsen sind die Arbeitslosenzahlen von Januar bis August um einen ganzen Prozentpunkt gesunken, im westdeutschen Schnitt aber nur um 0,3 Punkte. Deswegen, Herr Hagenah, ist Ihre Behauptung in der Frage 3 eindeutig falsch.
Nun zur Jugendarbeitslosigkeit. Natürlich treibt es die Landesregierung um, dass in unserem Land derzeit über 64 000 junge Menschen arbeitslos sind. Sie wissen wie ich, dass diese Zahl im Sommer immer steigt: Junge Menschen, die im Juni/Juli die Schulen verlassen und noch keine Lehrstelle haben, die ihre Ausbildung beenden und einen Arbeitsplatz suchen, melden sich bei den Agenturen für Arbeit. Ein Teil dieser jungen Menschen wird in den nächsten Wochen und Monaten eine Stelle finden. Die Zahlen werden wie in jedem Jahr wieder sinken.
Aber klar ist auch, meine Damen und Herren - darauf habe ich auch schon früher hingewiesen -: Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist die Zahl junger Menschen ohne Arbeit sozusagen systembedingt besonders stark gestiegen, nämlich durch die Umstellung auf die
ses neue System. Anderen Bundesländern geht es ähnlich: Neben Niedersachsen verzeichnen im August auch Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz Steigerungsraten gegenüber August 2004, die über dem westdeutschen Durchschnitt liegen.
Es bleibt dabei, dass in Niedersachsen die Arbeitslosigkeit insgesamt stärker zurückgegangen als im Durchschnitt der anderen Bundesländer.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie haben gerade das Gegenteil behauptet!)
Insgesamt nähern sich die Entwicklungsraten der Länder an - ein Indiz dafür, dass die in anderen Ländern deutlich geringeren Zuwächse zu Jahresbeginn zum Teil auf statistischen Unterschieden beruhten, die jetzt allmählich wieder ausgeglichen werden.
Natürlich kann sich mit der Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit niemand abfinden. Das tun wir auch nicht, im Gegenteil: Gemeinsam mit unseren Partnern in Wirtschaft und Regionaldirektion versuchen wir durch den Ausbildungspakt, mit dem wir bereits im letzten Jahr erfolgreich waren, auch in diesem Jahr - wie ich denke, erfolgreich - dieses Problem anzugehen. Wir hatten z. B. Ende 2004 rechnerisch einen deutlichen Angebotsüberhang: einerseits knapp 900 Jugendliche, die damals einen Platz suchten, auf der anderen Seite rund 400 Lehrstellen und 1 900 Plätze für Einstiegsqualifizierung, die nicht besetzt waren. Also war die Bilanz mehr als ausgeglichen, und das werden wir auch 2005 schaffen. Es ist aber ein beliebtes Spiel, die Zwischenzahlen jeweils zum Anlass für ein Katastrophengemälde zu nehmen. Es kommt jedoch auf das Ergebnis an, meine Damen und Herren, und nicht auf irgendwelche Wegmarken.
Im Ausbildungspakt 2004 hat sich die Wirtschaft verpflichtet, drei Jahre lang neue Ausbildungsplätze zu schaffen. Wir haben überhaupt keinen Zweifel daran, dass sie sich an diese Zusage hält.
Das Land fördert beispielsweise die Werbung für neue Plätze durch zusätzliche Kräfte bei den Kammern, sorgt für bessere Berufsorientierung in den Schulen, verbessert die Ausbildungsfähigkeit junger Menschen und fördert Verbundausbildung. Die Arbeitsagenturen tragen durch Berufsberatung und Vermittlung dazu bei, das Ziel zu erreichen. Das Land unterstützt in der Stufe 2 junge Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung beim Einstieg in Arbeit mit Lohnkostenzuschüssen, und mit den Pro-Aktiv-Zentren bietet das Land spezielle Unterstützung für benachteiligte Jugendliche. Diese Schritte werden wir weiter gehen.
Zu 1 und 2: Unsere Bewertung beruht auf den veröffentlichten Daten der Bundesagentur für Arbeit, die ich Ihnen vorgetragen habe.
Zu 3: Ihr Handeln zur Senkung der Arbeitslosigkeit hat die Landesregierung hier bereits mehrfach ausführlich dargelegt, zuletzt schriftlich in den Antworten auf die Große Anfrage der Grünen zur Jugendarbeitslosigkeit.