Das werde ich gern machen, Herr McAllister. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als das Bundesverfassungsgericht die präventive Telefonüberwachung im niedersächsischen Polizeigesetz am 27. Juli für verfassungswidrig und nichtig erklärte, gab es die unterschiedlichsten Reaktionen. In hohem Maße interessant ist, wer alles Widerstand gegen die präventive Telefonüberwachung geleistet haben will.
„Urteil zum Polizeigesetz bestätigt Bedenken der FDP“, überschreiben die niedersächsischen Liberalen ihre Pressemitteilung zu dem Urteil. Man habe die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis genommen, wurde uns mitgeteilt. Meine Damen und Herren von der FDP - -
- Ja, es tut mir Leid, wenn ich einiges wiederhole. Aber es ist so schön, dass man das gerne und oft wiederholen kann.
(Beifall bei der SPD - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Wir hören das ja auch gerne! - Weitere Zurufe von der FDP und der CDU)
Meine Damen und Herren, bitte lassen Sie mich eines klarstellen, damit hier keine Legenden gebastelt werden: Wenn ein Verfassungsgericht eine gesetzliche Regelung für nichtig erklärt, ist das eine Niederlage für diejenigen, die für diese Regelung gestimmt haben. Das waren niemand anders als FDP und CDU.
Für wesentlich glaubwürdiger als dieses Hin- und Hergezerre der FDP halte ich die Reaktionen aus den Reihen von Justiz und Polizei. Den Innenminister wird das vielleicht geärgert haben. Aber sogar die Strafverfolgungspraktiker freuten sich über das Urteil, da sie die für verfassungswidrig erklärte vorbeugende Abhörung von Anfang an für überflüssig gehalten haben. Mich hat diese Reaktion offen gestanden nicht überrascht. Denn die Praxis aus Polizei und Staatsanwaltschaft war von Anfang an ganz vehement gegen die vorbeugende Telefonüberwachung. Gerne rufe ich Ihnen die sehr eindeutige Stellungnahme des Generalstaatsanwaltes aus Celle in Erinnerung, der stellvertretend für sämtliche niedersächsischen Staatsanwaltschaften zum Ausdruck gebracht hat, dass dafür keinerlei Notwendigkeit bestehe.
Ich stelle fest: CDU und FDP haben die präventive Telefonüberwachung gegen den gut begründeten Widerstand der Praxis eingeführt. Es ist schlichtweg falsch, wenn der Innenminister, unterstützt durch den ja juristisch so kompetenten Ministerpräsidenten, jetzt behauptet, das Instrument sei unverzichtbar und er unbelehrbar, auch nicht belehrbar durch das Verfassungsgericht, weiter nach Möglichkeiten sucht, die präventive Telefonüberwachung doch zu realisieren.
Ich bin froh, meine Damen und Herren, dass wenigstens bei der FDP inzwischen ein Umdenkungsprozess einzusetzen scheint. Aber leider fehlt der Fraktionsführung wohl der Mut, diesen Gesetzentwurf mit uns gemeinsam einzubringen. Ich zitiere den Weserkurier vom 1. August 2005. Dort erklärte Herr Rösler: „Eine präventive Telefonüberwachung ist nicht notwendig.“ Daraufhin die Nachfrage des Weserkuriers: „Fliegt die präventive Telefonüberwachung denn ganz raus?“ Antwort Rösler: „Das ist das Ziel meiner Fraktion.“
Er ist leider nicht da, aber ich wende mich trotzdem an ihn: Herr Rösler, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, irgendwann müssen Sie sich festlegen. Erst sind Sie gegen das Gesetz, stimmen aber dafür. Jetzt sind Sie für eine ersatzlose Streichung, sind aber dagegen, die Passagen des Polizeigesetzes tatsächlich zu streichen. Das macht eines überdeutlich: Auf die selbst ernannte Rechtsstaatspartei kann man in dieser Frage sehr gut verzichten, meine Damen und Herren.
Dazu will ich noch einmal zurückerinnern: Was haben wir uns alles bei der Verabschiedung des Polizeigesetzes anhören müssen, meine Damen und Herren? Das nach Auffassung des Innenministers bundesweit modernste und effektivste Polizeigesetz
Effektiv und modern wollte man sein. „Effektiv“ bedeutet nach Duden „wirksam“. Die präventive Telefonüberwachung ist aber nicht wirksam, sie ist nichtig. Insoweit ist die Koalition im wahrsten Sinne des Wortes kläglich gescheitert.
Aber man wollte nicht nur das effektivste, sondern auch das modernste Polizeigesetz schaffen. Ich habe mich lange gefragt, was eigentlich ein Polizeigesetz zu einem modernen Polizeigesetz macht. Laut Duden ist „modern“ gleichbedeutend mit „modisch, der Mode entsprechend, zeitgemäß“. Was die CDU in Niedersachsen für zeitgemäß hält, das hat der CDU-Fraktionschef dankenswerterweise dem Göttinger Tageblatt am 23. Mai 2003 verraten. Dort heißt es,
McAllister freue sich geradezu auf das neue Polizeigesetz. „Das wird ein schönes Gesetz, so wie früher.“ Das sollte man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen, meine Damen und Herren. Für die CDU ist etwas modern, wenn es wieder so ist wie früher,
Ich will Ihnen auch gerne sagen, warum ich auf dieses Bild mit dem Herd gekommen bin. Es hat so eine schöne Pressemitteilung der FDP gegeben, in der ich folgendes Zitat finde: „Wir hätten dem niedersächsischen Polizeigesetz niemals zustimmen dürfen, erklärte Herr Rösler in der NWZ vom 9. Mai 2005. Denn ‚damals habe sich die FDP wie ein
Meine Damen und Herren, so kann man das sehen. In Niedersachsen steht die FDP in der Küche und verbrennt sich die Finger an der Herdplatte, während der Innenminister einen starken Mann markiert. Das ist wohl so.
Aber ich gebe gerne zu, meine Damen und Herren, dass man mit einem solchen Thema nicht nur witzig umgehen kann, sondern man muss sich ernsthaft damit auseinander setzen, was hier passiert.
Tatsache ist, laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli ist die präventive Telefonüberwachung, also der zentrale Bestandteil der Neufassung des Polizeigesetzes, sogar so unwirksam, dass sie mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt worden ist. Das bedeutet, dass der betroffene Text in der nächsten Ausgabe der Gesetze kursiv gedruckt und mit dem Hinweis erscheinen wird, dass die betreffenden Vorschriften keine Gültigkeit mehr haben.
Wir wollen mit der Rücknahme der verfassungswidrigen Passagen zum Ausdruck bringen, dass auf eine Neuregelung der präventiven Telefonüberwachung vollständig verzichtet werden kann. Gleichzeitig wollen wir deutlich machen, dass sie eben nicht Ihren gerade gestern formulierten Ansprüchen gerecht wird. Wie sagte doch Herr Wulff, indem er Herrn Remmers zitierte? „Wer sehr schnell bedient, lässt auch mal einen Teller fallen. Entscheidend ist, dass man ihn wieder aufhebt und wieder zusammenfügt.“ Aber das, meine Damen und Herren, tun Sie gerade nicht. Das ist das Entscheidende.
Eine weitere verfassungswidrige Passage des niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes wird von Ihnen nicht korrigiert. Sie treten damit erneut die Verfassung und damit die Grundrechte der Menschen in unserem Land mit Füssen. Vor eineinhalb Jahren hat das Bundesverfassungsgericht klare Vorgaben für das Lauschen in Wohnungen gemacht. Nicht nur der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hier im Landtag hat bestätigt,
dass die Regelung verfassungswidrig ist, sondern auch in dem einschlägigen Polizeirechtskommentar, der ganz stark in der Ausbildung unserer Beamtinnen und Beamten genutzt wird, wird auf die Verfassungswidrigkeit hingewiesen.
Aber Sie tun nichts. Ihre damalige Ausrede, man müsse auf den Bund und andere Länder schauen, trifft heute nicht mehr. Der Bund hat vor Monaten eine Novellierung der Regelung vorgelegt, die mittlerweile Gesetz ist. Sie tun trotzdem erneut nichts. Entweder können Sie es nicht - dann sind Sie unfähig -, oder Sie wollen nicht, weil Sie dann einen Koalitionsstreit vom Zaun brechen. Im Ergebnis lassen Sie aber damit - das ist für mich entscheidend - die Polizei allein.
Dass Ihnen die Verfassung und die darin verbürgten Recht egal sind, hat gerade wieder der Staatsgerichtshof festgestellt. Auch hier zeigen Sie sich unfähig, schnellstmöglich den von Ihnen angerichteten Schaden zu beheben. Sie produzieren ständig Zweifel an der Anwendbarkeit dieser Gesetze, lassen damit gerade die Gesetzesanwender, nämlich die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, im Regen stehen, schaffen aber natürlich gleichzeitig Unrecht. Der Abgehörte, der Belauschte wird in seinen Grundrechten verletzt. Dafür, meine Damen und Herren, tragen Sie die Verantwortung.
- Das mögen Sie als lustig sehen. Wie Sie mit den Dingen umgehen, machen ja Ihre Zwischenbemerkungen deutlich. Sie haben überhaupt keinen Respekt vor der Verfassung. Deswegen sind Sie auch nicht bereit, Bedenken, die vorgetragen werden, überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Das ist eine Arroganz, die kaum zu überbieten ist.
Meine Damen und Herren, ich warne die Landesregierung deshalb vor weiteren Experimenten am Rande der Verfassung. Lassen Sie die Finger von der präventiven Telefonüberwachung! Hören Sie ausnahmsweise einmal auf den FDP-Fraktionsvorsitzenden, also auf den Herrn in der Küche mit den verbrannten Fingern. Herr Rösler sagt:
„Wenn man die Maßgaben aus Karlsruhe so umsetzt, wie es das Bundesverfassungsgericht wünscht, bekommt man das, was sich die Union davon verspricht, sowieso nicht. Insofern glaube ich, dass man die Vorschrift auch aus deren Sicht streichen kann. Sie ist weder sachlich noch politisch notwendig.“
Das ist im Weser-Kurier vom 1. August 2005 nachzulesen. Ich wünsche mir, dass die FDP dieser Einsicht Taten folgen lässt.
Wir haben angeboten, den Gesetzentwurf gemeinsam einzubringen. Die Antwort, die wir von der FDP-Fraktion erhalten haben, muss man sich, wie manches andere auch, auf der Zunge zergehen lassen. Herr Rösler sagt laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 16. August: „Als rechtsstaatstreue Fraktion halten wir uns an den Koalitionsvertrag mit der CDU.“
Meine Damen und Herren von der FDP, eine FDPFraktion, die in so kurzer Zeit so viele Verfassungsverstöße mitzuverantworten hat, kann beim besten Willen nicht das Prädikat „rechtsstaatstreu“ für sich beanspruchen.
Wenn Sie also künftig einen Widerspruch zwischen Koalitionsvertrag und Verfassung feststellen, sollten Sie sich für die Verfassung entscheiden;