Protocol of the Session on September 15, 2005

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es gibt Frauen, die keinen anderen Ausweg wissen, als das zu machen. Das finde ich nun auch nicht in Ordnung.

So, jetzt aber zum eigentlichen Thema.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sind Sie nun liberal oder nicht?)

- Ich bin schon liberal, aber das finde ich nicht in Ordnung.

Frau Meißner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Harden?

Nein, da ich nur wenig Zeit habe, möchte ich das jetzt nicht. Sie können sich hinterher gern melden.

Ich halte das Thema für zu wichtig, als dass wir jetzt weiter über Wahlkampfparolen reden sollten.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

- Ich fand es wirklich schade, Frau Helmhold. Aids ist ein wichtiges Thema. Es ist auch schade, dass

so viele den Saal verlassen haben. Nicht nur die Schulbücher sind wichtig, sondern das auch.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen Aids gemeinschaftlich bekämpfen; das wollen wir auch.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Warum haben Sie dann das Präventionsge- setz blockiert?)

Es gibt weltweit pro Minute zehn Neuerkrankungen an HIV. Das darf nicht sein. Wir müssen versuchen, etwas dagegen zu tun. In Deutschland ist die Zahl der Neuerkrankungen auch gestiegen. In Niedersachsen zwar nicht, aber in Deutschland gibt es heute fünf Neuerkrankungen pro Tag, während es vor einiger Zeit nur vier pro Tag waren.

Es ist wichtig, der Bevölkerung und auch allen, die hier im Raume sind, die Bedrohung durch Aids klar zu machen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat eine Langzeitstudie vorgelegt, die die Erkenntnis gebracht hat, dass heute nur noch 30 % der befragten Menschen in Deutschland Aids für eine gefährliche Krankheit halten. 1987 waren es noch fast 70 %. Das ist wirklich alarmierend; denn Aids ist - das wurde schon gesagt - nach wie vor todbringend. Aids ist gefährlich und macht letztlich vor niemandem halt, der nicht darüber aufgeklärt ist, dass diese Gefahr besteht. Darum müssen wir alles tun, um diese - wie Frau Krämer es schon nannte - Pest von heute, die aber leider nicht immer das passende Gesicht hat, zu bekämpfen.

Es gibt heute Kombitherapien - das hat Frau Siebert angesprochen -, die dazu führen - das wissen vielleicht auch viele nicht -, dass der Aidsvirus zwar in die Abwehrzellen eindringen, sich aber dort nicht so ausbreiten kann. Das heißt, die Vermehrung wird gehemmt und die Erkrankung wird auf Jahre oder teilweise Jahrzehnte hinausgezögert. Das ist gleichzeitig wieder eine Gefahr; denn dadurch, dass HIV-Infizierte nicht krank aussehen und die Krankheit nicht ausbricht, sind die Menschen, was das Schutzverhalten angeht, sorgloser geworden, und es werden immer mehr Menschen von den Infizierten, aber noch nicht Kranken angesteckt. Das ist etwas, was eindeutig mehr Aufklärungsarbeit erfordert. Es ist bedauerlich, dass die BZgA heute weniger Geld zur Aufklärung hat als früher. Die Aufklärungsarbeit müsste intensiviert werden.

Ich möchte auf ein Letztes eingehen. Vorhin ist gesagt worden, Niedersachsen könne wenig tun. Ich denke, Niedersachsen kann schon etwas tun. Frau Helmhold, Sie haben auch behautet, wir verabschiedeten uns aus dem Gesundheitsbereich. Deshalb möchte ich Ihnen ein wirklich gutes Beispiel nennen: Es gibt in Hannover eine neue Firma für Biotechnologie. Sie will jetzt ein Arzneimittel auf der Grundlage eines Peptids entwickeln, das im menschlichen Blut vorkommt. Die Firma hat mit der Medizinischen Hochschule schon Absprachen darüber getroffen, dass das Medikament dort klinisch entwickelt werden soll. Diese Firma hat aus dem Wirtschaftsministerium vor kurzem 600 000 Euro Fördermittel für das Projekt bekommen. Niedersachsen hat 600 000 Euro in die Entwicklung eines Medikaments investiert, das vielleicht irgendwann die Aidsgefahr bannen kann; denn dieses Medikament wird verhindern, dass sich der Virus überhaupt in die Abwehrzelle einbaut. Das hat jetzt bei dem Tumult im Saal kaum jemand gehört, was jammerschade ist; denn das ist wirklich wichtig.

(Andreas Meihsies [GRÜNE]: Doch!)

- Gut, Herr Meihsies, Sie haben es gehört. - Wenn wir es tatsächlich schaffen, eine HIV-Infektion zu verhindern, dann wäre das ein Segen.

(Beifall bei der CDU)

Darum ist es sehr gut angelegtes Geld. Niedersachsen hat hier eine wertvolle Investition im Gesundheitsbereich getätigt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Als Nächstes erteile ich Ministerin von der Leyen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein kleiner Exkurs, Frau Helmhold, außerhalb der Aidsthematik zum Thema Präventionsgesetz. In der Tat, das Präventionsgesetz ist im Bundesrat gestoppt worden. Es war gemeinsam verabredet worden, dass es entwickelt wird. Es ist lange nichts geschehen. Wir haben dann in den Ländern eine Vorlage gemacht, die im Bund mit aufgenommen worden ist. Wir haben das diskutiert und länderübergreifend einen Konsens gefunden. Ein Punkt, der immer strittig war, war die Frage:

Brauchen wir eine neue Behörde auf Bundesebene? - Die Länder haben gesagt, wir brauchen es nicht. Wir haben z. B. die BZgA. Das war der Grund dafür, dass es gescheitert ist, was aber nicht bedeutet, dass es auf der Blaupause, die die Länder entwickelt haben, nicht wieder aufgebaut werden kann.

Ich denke, wir sind uns alle über die Bedeutung einig, die Prävention im Aidsbereich hat. Deshalb war es auch gut, dass wir gemeinsam zu diesem Beschluss gekommen sind. Natürlich verändert sich - und darüber möchte ich sprechen - die Struktur der Gruppen, die sich mit HIV infizieren. Bei Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten wird heute etwa die Hälfte der HIVInfektionen diagnostiziert.

Untersuchungen zum Risikoverhalten homosexueller Männer belegen seit einigen Jahren einen allmählichen Rückgang des Kondomgebrauchs und damit eine Zunahme von sexuellen Risikokontakten. Es kann also keineswegs beim Thema Aufklärung nachgelassen werden. Um dem entgegenzuwirken, fördert die Landesregierung auch 2005 ohne finanzielle Abstriche das Modellprojekt „Hin und weg“. Ziel dieses Modellprojektes ist es, die Zahl der Neuinfektionen in der Gruppe homosexueller Männer in Niedersachsen deutlich zu senken. Auch für die übrigen Aidshilfen haben wir in 2005 Haushaltsmittel in derselben Höhe wie im Vorjahr bereitgestellt. Wir machen damit deutlich: Es gibt bei Aids keine Entwarnung.

Eine neue Herausforderung für die Aidshilfeeinrichtungen in Deutschland ist die zunehmende Zahl von HIV-infizierten Zuwanderern. Die meisten dieser HIV-Infektionen bei Zuwanderern sind zweifellos bereits in den Herkunftsländern erworben und daher durch primärpräventive Maßnahmen in Deutschland nicht zu verhindern. Dieser Personenkreis ist natürlich außerordentlich schwer zu beraten und zu betreuen und stellt hohe Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Aidshilfen.

Um diese Anforderungen meistern zu können, arbeitet insbesondere der Landesverband der Niedersächsischen Aidshilfen eng mit den im Entschließungsantrag genannten Institutionen wie der Deutschen Aidshilfe, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Landesvereinigung für Gesundheit in Niedersachsen zusammen. Dabei stehen die Präventionskonzepte ständig auf dem Prüfstand - ich habe eben auch geschildert,

wie sich das Szenario verändert - und werden nach den neuesten Entwicklungen angepasst. Zudem werden gemeinsam landesweite Veranstaltungen durchgeführt, die 2005 unter dem Motto „Migranten“ stehen werden. Die unter Nr. 2 des Entschließungsantrages geforderte Vernetzung der Bundesländer findet bereits seit vielen Jahren über die Bund-Länder-Gremien zur Koordinierung von Maßnahmen der Aidsaufklärung statt.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Gremium, bei dem auch das Robert-KochInstitut, wieder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und auch immer wieder die regionalen Aidshilfen vertreten sind, tagt zweimal jährlich. Das Gremium dient dem Austausch und der Koordination der Arbeitsschwerpunkte in den Bundesländern.

Aidsprävention in den niedersächsischen Schulen ist richtig und wichtig. Es ist eben auch Aufgabe der Schulen, dass die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, gesundheitsund verantwortungsbewusst zu leben.

Die Beurteilung der epidemiologischen Lage von HIV-Infektionen und Aidserkrankungen ist zum einen durch die bundesgesetzlich vorgeschriebene anonyme Meldepflicht gewährleistet, zum andern durch das beim Robert-Koch-Institut geführte anonyme Fallregister. Auf dieser Grundlage werden halbjährlich Berichte veröffentlicht. Darüber hinaus habe ich auch schon in der Vergangenheit das Robert-Koch-Institut gebeten, mir detailliertere Zahlen für Niedersachsen zur Verfügung zu stellen. Ich bin auch gerne bereit, worum hier ja gebeten wurde, Sie regelmäßig hierüber zu unterrichten, und werde das Landesgesundheitsamt entsprechend beauftragen.

(Beifall bei der CDU)

In dieser Unterrichtung werden auch Übertragungswege im Sinne von sozialen Aspekten und Ansätzen für Präventionsstrategien berücksichtigt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen deswegen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Dann ist das so beschlossen.

Mir ist gerade ein Zettel hingelegt worden: Danach soll zu Tagesordnungspunkt 24 keine Aussprache erfolgen, sondern der Antrag der Fraktion der SPD zum Thema „Keine Länderzusatzsteuer - Wettbewerbsföderalismus verhindern“ soll direkt in den Ausschuss überwiesen werden.

(Bernd Althusmann [CDU]: Aus- schussüberweisung geht nicht, weil das die zweite Beratung ist! Es soll ohne Aussprache abgestimmt wer- den!)

- Gut. Dann ist mir das hier falsch aufgeschrieben worden. - Dann rufe ich auf

Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Perspektiven für die Küstenfischerei in Niedersachsen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/1327 neu - Beschlussempfehlung des Ausschusses für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 15/2158 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drs.15/2201

(Unruhe)

- Ich warte, bis es etwas ruhiger geworden ist. Das gilt für alle Seiten dieses Plenums.

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme in geänderter Fassung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Thiele von der CDU-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Von der Aidsprävention und -bekämpfung zur Küstenfischerei ist es sicherlich ein etwas komplizierterer Schritt, aber wir werden ihn trotzdem gehen.

Ich möchte zunächst bemerken, dass die Fischer sehr genau wissen, von wem sie Ernst genommen werden und von wem nicht.

(Beifall bei der CDU)