Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Wahlen zur Kammerversammlung in Niedersachsen künftig in einem einzigen Wahlkreis durchgeführt werden.
In der Ausschussberatung haben die Mitglieder der antragstellenden Fraktionen die vorgeschlagene Regelung damit begründet, dass auf diese Weise der unzureichenden Repräsentation bestimmter Ärztegruppen in den Versammlungen der verschiedenen Ärztekammern entgegengewirkt werde. Bei Fortführung des derzeitigen Wahlmodus mit mehreren Wahlkreisen in Niedersachsen werde sich an diesem Zustand nichts ändern. Die Mitglieder der Oppositionsfraktionen beriefen sich auch darauf, dass ein Bedürfnis für die Gesetzesänderung früher auch von den Ausschussmitgliedern der CDU-Fraktion gesehen worden sei.
Die Ausschussmitglieder der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion hielten dem entgegen, dass ihnen niemand verwehren könne, ihre Auffassung noch einmal zu überprüfen. Der Gesetzentwurf widerspreche dem Ziel, die Selbstverwaltung der Kammern zu stärken. Auch das geltende Recht lasse den Kammern die Möglichkeit, die Wahlen in nur einem Wahlkreis durchzuführen. Der Vertreter der FDP-Fraktion fügte hinzu, dass aus seiner Sicht auch das Regionalprinzip seine Vorteile habe.
Namens des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit bitte ich um Ihre Zustimmung zur ablehnenden Beschlussempfehlung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Selbstverwaltung der Kammern zu stärken, ist erklärtes Ziel der derzeitigen Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Wir haben Respekt vor den Entscheidungen der Kammern
und wir sind uns sicher, dass sie ihre Entscheidungen so, wie wir das hier ja auch für uns in Anspruch nehmen, nach bestem Wissen und Gewissen treffen. Deshalb sind wir von der CDU-Fraktion fest bei der Überzeugung geblieben, dass die jeweiligen Kammern selbst entscheiden können sollen, wie viele Wahlkreise sie haben und welche Grenzen sie bei der Wahlkreiseinteilung ziehen werden. Damit sind Ihre Angriffe, meine Damen und Herren von der Opposition, die ja schon im letzten Plenarsitzungsabschnitt zu diesem Gesetzentwurf ganz deutlich anklangen, völlig obsolet. Selbstverständlich haben wir uns mit Ihrem Entwurf und der Sachlage sehr intensiv auseinandergesetzt. Wir haben mit den Kammern gesprochen, und wir haben unsere Position überprüft. Dabei - ich denke, das ist zulässig - sind wir zu einem anderen Schluss als Sie gekommen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass unsere Position richtig war, und dass sie es auch heute ist. Damit muss Ihr Gesetzentwurf abgelehnt werden.
Ich höre jetzt einzelne Fragen nach dem Warum und will Ihnen schnell eine Antwort geben: Neben der Tatsache, dass wir, wie bereits erwähnt, die Selbstverwaltung der Kammern stärken wollen, muss bedacht werden, dass wir in einem Flächenland leben. Das bedeutet, dass es hier in unserem wunderschönen Niedersachsen zahlreiche Regionen mit verschiedenen Bedingungen gibt, aus denen ganz unterschiedliche Interessen erwachsen. Diese unterschiedlichen regionalen Interessen könnten bei der Wahl in lediglich einem Wahlkreis möglicherweise schwerer zur Geltung kommen. Dagegen sind die für Sie ausschlaggebenden Argumente - der Minderheitenschutz und die bessere Positionierung von Frauen - durch die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt nicht nachvollziehbar.
Es hängt doch nun wirklich vom konkreten Wahlverhalten ab, ob Bewerber kleiner Gruppen bzw. weibliche Bewerberinnen einen höheren Anteil der Sitze erhalten. Das ist unabhängig davon, ob es einen Wahlkreis, zwei, drei oder mehr Wahlkreise in einer Kammer gibt. Dieses Wahlverhalten können wir nicht beeinflussen, was auch gut und richtig ist. Wir können nur Rahmenbedingungen schaffen. Unsere Position ist dabei, mehr Gestaltungsspielraum zu geben statt einzuengen.
Im Gegensatz zur Opposition sind wir uns sicher, dass die Kammern die richtigen Entscheidungen treffen werden. Ihren Gesetzentwurf lehnen wir aus diesem Grunde ab. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Einmütigkeit bei der Novellierung des Kammergesetzes für die Heilberufe vom Dezember 2003 ist dahin. Das wurde in dem Redebeitrag eben sehr deutlich. Sie ist dahin, weil die Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP nicht bereit sind, über die versprochene Änderung des Heilkammergesetzes, die Anpassung an das Gesundheitsmodernisierungsgesetz und über die Wahlordnung mit uns zu reden, geschweige denn, fachlich und sachlich mit uns zu diskutieren.
Jetzt haben wir gerade wieder dasselbe gehört wie bei der Einbringung während des letzten Plenums zu diesem Gesetzentwurf. Im Ausschuss haben wir eigentlich fast gar nichts dazu gehört, weil man nicht mit uns reden wollte, weil schon seit Jahr und Tag feststeht: Darauf setzen wir uns jetzt. Wir haben schon eine Meinung. Die Argumente von anderen hören wir uns nicht an.
Ich komme noch einmal zu einem wesentlichen Argument. Frau Siebert, Sie haben es eben gesagt: Die Kammern haben einen gewissen Gestaltungsspielraum, die jede auch für sich nutzt. Da liegt doch der Hase im Pfeffer. Jede Kammerversammlung schafft sich die Wahlordnung, die die jeweilige Mehrheit für die Durchsetzung ihrer Interessen braucht. Eigeninteresse nenne ich das! Dieses Eigeninteresse unterstützen Sie. Das hat nichts mit Freiheit zu tun. So hat die Ärztekammer zurzeit noch elf Wahlbezirke. Für die nächste Wahl sollen es sechs Wahlbezirke sein, bloß nicht weniger, weil dann die Interessenvertretung, wie sie zurzeit von der Ärztekammer und ihrer Geschäftsführung gewollt ist, nicht mehr stimmig sein könnte. Dann könnten plötzlich die nicht gewollten Minderheiten und ihre Listen, bestimmte Facharztgruppen oder der öffentliche Gesundheitsdienst mehr
Stimmen bekommen. Wie schon beim letzten Plenum gesagt: Dann könnten die alten Männer plötzlich Frauengesellschaft bekommen, die sie bisher doch so erfolgreich mit Ihrer Unterstützung abgewehrt haben.
Meine Damen und Herren, die Grünen wollten zusammen mit der SPD einen Schritt nach vorne gehen. Wir wollen den berechtigten Interessen von Frauen und Minderheiten eine Stimme geben. Wir wollen die alten Zeiten mit dem Alleinvertretungsanspruch der tonangebenden Mehrheiten beenden. Wir wollen einen zeitgemäßen und den verschiedenen Gruppen unter den Ärzten angemessenen Wahlmodus im Kammergesetz. Wir wollen ein Kammergesetz für Heilberufe, das gesellschaftliche Verantwortung für alle ärztlichen Gruppen ermöglicht und mehr demokratische Teilhabe bietet. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, haben sich mit Ihrer Haltung zu den Fürsprechern der tonangebenden Mehrheiten gemacht und drängen damit kleine Fachgruppen weiter an den Rand.
So zementiert man alte Herrschaftsverhältnisse, Herr McAllister. Sie lassen doch mit Ihrer Blockadehaltung zu, dass eine Körperschaft vom Gesetzgeber eingesetzt wird, die selbst darüber bestimmt, wie sie ihre Mehrheiten regelt. Das ist in hohem Maße undemokratisch. Selbstverwaltung ja, aber wenn sie Minderheitenrechte beschneidet und Mehrheiten weiter zementiert, dann muss auch die Selbstverwaltung auf ein demokratischeres Gleis gesetzt werden.
Meine Damen und Herren, schon die letzte Novelle des Heilkammergesetzes war keine Ruhmesblatt, die Ablehnung heute ist dies auch nicht. Aber die nächste Novelle kommt bestimmt. Ich sage Ihnen schon heute: Wir werden unsere alten, aber richtigen Anliegen weiter einbringen. - Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser an sich nicht spektakuläre Tagesordnungspunkt ist ein Paradebeispiel dafür, wie Sie zwischenzeitlich mit Minderheiten umgehen und wie Sie darüber hinaus auch mit der Opposition hier im Landtag umgehen. Insofern hat das schon einen gewissen Stellenwert.
- Mit Tränen brauchen Sie mir nicht zu kommen. Ich finde das toll, wie Sie das machen, weil Sie die Machtarroganz relativ schnell eingeholt hat, schneller, als ich es vermutet hatte, meine Damen und Herren.
Wir bekommen Briefe von Ärzten, die schreiben - ich zitiere -: Der Vorschlag, bei der Wahl zur Kammerversammlung auch Landeslisten zulassen zu sollen, soll nach den uns vorliegenden Informationen im Ausschuss wohl keine Mehrheit gefunden haben. Leider steht damit zu erwarten, dass kleinere Gruppen der Möglichkeit beraubt werden, die Berufspolitik mitzugestalten. Dies wird die Tendenz verstärken, dass die Kammerversammlung nicht die Zusammensetzung der Mitglieder widerspiegelt. Zurzeit stellen die niedergelassenen Ärzte 35 % der Kammermitglieder, aber 65 % dieser 35 % Ärzte stellen die Delegierten. Oder anders gesagt: Ein Drittel der Ärzte besetzt zwei Drittel aller Plätze. - So weit aus Briefen von betroffenen Ärzten.
In der Tat hat Frau Janssen-Kucz Recht: Es bestand ausweislich des Protokolls vom 1. Dezember 2004 Einigkeit im Ausschuss zwischen den Fraktionen darüber, dass dieses Unverhältnis in Ordnung gebracht werden soll. Zum damaligen Zeitpunkt wollten die Koalitionsfraktionen sogar prüfen, ob eine Änderung als Artikelgesetz an das Verwaltungsverfahrensgesetz angefügt werden sollte. Sie wollten sich diesbezüglich mit uns in Verbindung setzen, damit das gegebenenfalls ein gemeinsamer Antrag werden kann, so Ihr damaliger gesundheitspolitischer Sprecher Dr. Winn. Seit diesem Zeitpunkt haben wir zu diesem Thema von Ihnen nichts mehr gehört; offenbar wollte die Koalition nur ungern daran erinnert werden.
Meine Damen und Herren! Frau Siebert, Sie haben es deutlich gemacht: Sie setzen hier eindeutig auf das Instrument der Vergesslichkeit. Selbstver
ständlich hat es Sie gestört, dass wir das Thema hier wieder aufgenommen haben, weil Sie selbst dazu nicht in der Lage waren; denn Tatsache ist, dass Herr Dr. Winn noch im Dezember 2003 hier im Plenum erklärt hat: „Wir sind... bereit, eine Anpassung... vorzunehmen und über notwendige Änderungen nachzudenken. Wir sind also bereit, über Anträge im Sozialausschuss sachlich zu beraten.“
Meine Damen und Herren, Sie waren stattdessen einer sachlichen Beratung zu keinem Zeitpunkt zugänglich. Sie haben das im Sozialausschuss inhaltlich überhaupt nicht diskutiert. Sie haben erstaunliche Erinnerungslücken deutlich gemacht, was die bisherige Diskussion zu diesem Thema ausgemacht hat. Sie haben auch keine ernsthaften Argumente für Ihre wirklich ausgesprochen wendige Argumentation vorgebracht. Sie sollten einfach einmal den wahren Grund sagen. Der wahre Grund ist ein ganz anderer: Die Koalition wollte das, aber die Sozialministerin hat sie zurückgepfiffen. Die Sozialministerin hat deutlich gemacht, dass sie weiterhin dazu beitragen will, dass die niedergelassenen Ärzte eine völlig überproportionale Mehrheit im Ärzteparlament haben.
Die Sozialministerin lässt des Weiteren zu, dass die Minderheit eben die Mehrheit stellen soll. - Sie hat sich ja gemeldet. Vielleicht wird sie uns nachher gleich erklären, wie es zu dieser wundersamen einseitigen Zuneigung kommt.
Jedenfalls steht fest, dass die Facharztgruppen und die Krankenhausärzte dieses Ausgrenzen schlicht als unmöglich empfinden, dass sie deutlich machen, dass sich das zugunsten der niedergelassenen Ärzte weiter verstärken wird und so einseitig Standesinteressen in der Kammer durchgesetzt werden.
Ich gestehe zu, das ist in der Regel eine Klientel, die nicht besonders der Sozialdemokratie zugeneigt ist. Was Sie, meine Damen und Herren, mit den unterschiedlichen Arztgruppen machen, ist schon eine tolle Nummer.
Es geht ja noch weiter: In wirklich blindem Gehorsam gegenüber der Ministerin sind Sie noch nicht einmal in der Lage, diesen Antrag dazu zu nutzen, die aufgrund des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes dringend notwendige Novellierung des Kammergesetzes vorzunehmen. Ich frage mich, ob
Sie auch das aussitzen wollen oder ob Sie wenigstens zu diesem Teil in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen werden.
Ich finde, es ist ein sehr einprägsames Beispiel dafür - das ist nicht zum ersten Mal der Fall -, dass sich die CDU/FDP-Koalition als gestaltendes Element in der Sozialpolitik für Niedersachsen völlig abgemeldet hat und statt dessen lieber nur als Statthalterin der Ministerin fungiert.
Das ist auch ein Beispiel dafür, was Ihre Zusagen im Sozialausschuss wirklich wert sind bzw. wert zu sein scheinen, nämlich gar nichts mehr. Sie können sicher sein, wir werden dies künftig zu würdigen wissen. Wenn Sie uns wieder irgendeine Zusage machen, können Sie davon ausgehen, dass wir gelernt haben, dass das bei Ihnen noch nicht einmal so lange hält, wie die Sitzung dauert. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wundere mich ein bisschen über die beiden Reden, die ich eben von Herrn Schwarz und von Frau Janssen-Kucz gehört habe.
Herr Schwarz, dass wir, wie Sie sagen, vergessen hätten, was wir versprochen haben, halte ich für ein Gerücht. Als wir im Dezember 2003 über die Novelle zum Heilkammergesetz gesprochen haben, bezog sich ein Versprechen z. B. darauf, dass die Tierärzte gesagt haben, sie wollten als Möglichkeit der Organisationsform die der PraxisGmbH haben. Damals war es nicht möglich, dem zu entsprechen, weil bundesgesetzlich noch vorgearbeitet werden musste. Inzwischen ist das passiert. Jetzt sind wir dabei, das entsprechend zu ändern. Es kommt also eine weitere Novelle.